AstroGeo Podcast: Fehlende Neutrinos – als die Sonne kaputt war

Eine kolorierte Aufnahme einer Bubble Chamber zeigt einen gelben Hintergrund mit blau eingefärbten Teilchenspuren, die teilweise gebogen und spiralförmig sind.

Warum scheint unsere Sonne? Antwort: Kernfusion! Tief in ihrem Innern verschmelzen also unter anderem Atomkerne des Wasserstoffs- zu Helium. Doch Forschende wollten sich in den 1960er Jahren nicht nur mit schönen Erklärungen begnügen, sondern eine so schlüssige Erklärung auch experimentell überprüfen: zum Beispiel mit einem unterirdischen Tank in der Homestake-Mine in South Dakota, der, gefüllt mit chemischem Reinigungsmittel, darauf wartete, dass ab und an ein Neutrino von der Sonne vorbeikäme.

Denn unsere Sonne erzeugt bei der Kernfusion auch Neutrinos – und diese wollten Forscherinnen und Forscher finden und zählen. Das gelang ihnen auch. Doch leider kamen in den irdischen Neutrinodetektoren nur rund ein Drittel der erwarteten Neutrinos an. War gar die Sonne kaputt? Hatte man doch nicht verstanden, warum die Sonne scheint? Oder war das Problem ganz woanders zu verorten – vielleicht waren die Neutrinos selbst schuld?

Franzi erzählt Karl in dieser Ausgabe des AstroGeo Podcasts vom Rätsel der fehlenden Sonnen-Neutrinos – und zur Beruhigung: Nein, unsere Sonne war wohl doch nicht kaputt.

Alle Folgen des Podcasts gibt es auf unserer Archiv-Seite.

Folge dem Podcast auf: Apple Podcasts | Spotify | Amazon Music | Google Podcasts | RTL plus | Wissenschaftspodcasts.de | Fyyd

Weiterhören bei Astrogeo

Weiterführende Links

Quellen

Episodenbild: CERN

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

https://www.astrogeo.de

Karl Urban wäre gern zu den Sternen geflogen. Stattdessen gründete er 2001 das Weltraumportal Raumfahrer.net und fühlt sich im Netz seitdem sehr wohl. Er studierte Geowissenschaften und schreibt für Online-, Hörfunk- und Print-Publikationen. Nebenbei podcastet und bloggt er.

7 Kommentare

  1. Aus Laiensicht,
    Beim Beta minus Zerfall zerfällt ein Neutron in ein Proton und ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino.
    Wenn wir also weniger Neutrinos messen , dann kann man daraus schließen, dass der Beta-minus-Zerfall aus irgendeinem Grunde verlangsamt wurde.
    Wenn es weniger Elektronen gibt, dann gibt es auch weniger Sonnenflecken ??

  2. Karl Urban schrieb (15. Nov 2023):
    > […] Tank in der Homestake-Mine in South Dakota, der, gefüllt mit chemischem Reinigungsmittel darauf wartete, dass ab und an ein Neutrino von der Sonne vorbeikäme.

    Das Warten darauf, dass (wieder mal) ein Neutrino von der Sonne im Detektorvolumen (PCE-Tank) “vorbeikäme”, war vergleichweise kurz — denn es kamen ja jede Sekunde Milliarden Neutrinos von der Sonne dort vorbei.

    Wesentlich länger, nämlich im Durchschnitt etwa zwei Tage (ganz abgesehen davon, dass jeder Aufzeichnungs-“Run” jeweils erst nach ca. 60 Tagen überhaupt ausgewertet wurde), wartete der Tank darauf, dass ab und an eines der vielen von der Sonne vorbeigekommenen Neutrinos in mit der konkreten Methodologie des Homestake-Experiments nachweisbarer und so erwarteter Weise mit dem Tankinhalt wechselwirkte.

    > […] Doch leider kamen in den irdischen Neutrinodetektoren nur rund ein Drittel der erwarteten Neutrinos an.

    Es waren im Verlauf des Homestake-Experiments zwar doch (zumindest ungefähr) so viele Neutrinos von der Sonne vorbei- und somit angekommen, wie anhand von Modellen der Fusionsprozesse in der Sonne zu erwarten war.

    Aber die Rate nachgewiesener Wechselwirkungen von Neutrinos mit dem Tankinhalt erwies sich als nur rund ein Drittel der entsprechend (jedoch ohne Berücksichtigung von Neutrino-Oszillation) erwarteten Rate.

  3. F.Wappler
    in dem Podcast wird die Verringerung damit begründet, dass die Detektoren nur eine bestimmte Neutrinoart nachweisen kann. Und da sich die Neutrinoarten der Theorie nach ineinander umwandeln können, gibt man als Grund an, dass die Gesamtmenge der erzeugten Neutrinos konstant bleibt, aber man eben nur die “falschen” Neutrinos messen konnte.
    Du schreibst das ganz kurz als “(jedoch ohne Berücksichtigung von Neutrino-Oszillation)”
    Als Außenstehender kann ich nicht beurteilen, ob diese Logik zwingend ist.

  4. Neumann schrieb (15.11.2023, 18:54 Uhr):
    > in dem Podcast wird die Verringerung damit begründet, dass

    Die “Verringerung” ??
    Wohl eher: die (verhältnismäßig große) Differenz zwischen

    – (ohne Berücksichtigung von Oszillation) erwarteter Detektions-Rate und

    – tatsächlich ermittelter Detektions-Rate.

    Trotzdem:
    Jedenfalls vielen Dank für dieses zumindest Bruchstück-hafte Transkript dessen, was “Franzi Karl erzählt[e]” (wie im obigen SciLog-Artikel angegeben).

    > damit begründet, die Detektoren nur eine bestimmte Neutrinoart nachweisen kann.

    Na, so ungefähr.

    Der Detektor, der im Homestake-Experiment eingesetzt wurde, konnte von all den Neutrinos, die ihren Ursprung in den Fusions-Prozessen in der Sonne hatten, schon aus Prinzip nur diejenigen registrieren (und davon auch nur einen winzigen, aber einigermaßen bestimmten Bruchteil) die als “Elektron-Neutrinos” an- bzw. vorbeikamen.

    (“Myon-Neutrinos” oder gar “Tau(on)-Neutrinos” hätten die Nachweisreaktion, nämlich die Umwandlung eines Chlor-Atomkerns zu einem Argon-Atomkern, verbunden mit der Umwandlung des Neutrinos zu einem Myon bzw. Tauon, nur dann überhaupt auslösen können, falls sie mit entsprechend mehr Energie angekommen wären; denn ein Myon ist wesentlich schwerer als ein Elektron, und ein Tauon erst recht.
    Aber derart energetische Neutrinos werden in der Sonne (so gut wie?) gar nicht erzeugt.)

    > Und da sich die Neutrinoarten der Theorie nach ineinander umwandeln können, gibt man als Grund an, dass die Gesamtmenge

    … Rate !?! …

    > der erzeugten Neutrinos konstant bleibt,

    … und jedenfalls vom Solar-Standard-Modell weitgehend richtig modelliert ist …

    > aber man eben nur die “falschen” Neutrinos messen konnte.

    Im Homestake-Experiment (das in den 1960-er Jahren geplant wurde) eben nur Elektron-Neutrinos.

    Modernere Neutrino-Detektoren können auch die anderen Neutrino-Arten nachweisen (zum Beispiel); insbesondere auch wenn diese (von der Sonne her) mit vergleichsweise geringer Energie ankommen.

  5. Frank Wappler,
    Danke, für ein einmaliges Lesen war die Zusammenfassung doch recht ordentlich .
    Was meinen Sie zum vermuteten Zusammenhang von Sonnenflecken und Verringerung der Strahlungsrate von Elektron-Neutrinos ?

  6. Neumann schrieb (16.11.2023, 20:13 Uhr):
    > […] Was meinen Sie zum vermuteten Zusammenhang von Sonnenflecken und Verringerung der Strahlungsrate von Elektron-Neutrinos ?

    Von dieser Vermutung hatte ich bisher zwar ohnehin so gut wie gar nichts gelesen, geschweige denn mir eine Meinung dazu gebildet. …

    Aber es lässt sich ja recht einfach eine einigermaßen aktuelle und augenscheinlich kompetente Meinung dazu finden. Kurz und bündig (ganz am Ende des betreffenden Artikels):

    In summary, we emphasize that the conditions for emergence of [… those] resonances [
    … in which left-handed electron neutrinos transition to various right-handed neutrino species … provided they’re all Dirac neutrinos …] contains two uncertainties, namely,
    the value of the magnetic field above the [coupled sunspots] providing the [solar flare] source, and the values of the neutrino multipole moments.
    Therefore, knowledge of these parameters will allow us to give the ultimate answer, whether it is possible or not to predict the [solar flares] by observing solar neutrino fluxes.

    Ist dazu noch eine zweite (möglichst vergleichbar kompetente) Meinung gewünscht ?
    (Dann müsste und würde ich mich u.a. erst noch mal genauer mit dem MSW effect befassen, der im o.g. Artikel natürlich auch behandelt aber für nicht direkt relevant befunden wird.)

    p.s.
    Im o.g. Artikel (und an vielen “Stellen” darüberhinaus) wird der Begriff “flavor” in Bezug auf Neutrinos leider nicht im selben Sinne verwendet, wie er in Bezug auf Quarks verwendet wird (und mir insbesondere von daher vertraut und sinnvoll ist);
    also nicht (so wie für Quarks) als synonym zu “Partikel bestimmter, messbarer, Typ-spezifischer Masse” (anhand derer sich bestimmte Partikel-Typen im Prinzip unterscheiden und identifizieren ließen, was für Quarks insbesondere der zweiten und dritten Generation rein experimentell ganz selbstverständlich ist, dagegen für Neutrinos praktisch so gut wie unmöglich);
    sondern als synonym zu “neutraler Partner eines bestimmten geladenen Leptons, vermittels der elektro-schwachen charged current Wechselwirkung”.

    D.h. obwohl sich alle darin einig sind, dass jedes Quark und die drei Arten von geladenen Leptonen (Elektron, Myon, Tauon) alle einen bestimmen “flavor” im Sinne (synonym zu) einer bestimmten Typ-individuellen Masse an sich haben,
    soll der (von einigen so genannte) “flavor” eines Neutrinos dagegen nur mittelbar dadurch bestmmt sein, in genau welches geladene Lepton es sich ggf. per W-Boson-Zu- oder -Abgabe wandeln würde.

    Meine Meinung dazu: ganz abscheulich!

    Dieser inkonsistente “Gebrauch” (eher: Missbrauch) von Terminologie ist wohl nur deshalb eingerissen, weil die korrekte Bezeichnung “weak eigenstate” für manche zu viele Silben hat …

  7. Frank Wappler
    “these parameters will allow us to give the ultimate answer, whether it is possible or not to predict the [solar flares] by observing solar neutrino fluxes”
    UND WAS IST DIE ULTIMATE ANSWER ?

Schreibe einen Kommentar