Die Erforschung von Schuttströmen mit Mikroseismik

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Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
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Schuttströme, also Massenbewegungen, bei denen Gerölle, Steine, Sand und Boden zusammen mit Wasser Hang abwärts rutschen, sind eine ernstzunehmende Gefahr für alle Lebewesen, die sich unterhalb davon befinden. Zu ihnen gehören die Muren ebenso wie die Lahare, die nach Vulkanausbrüchen auftreten können.
Ihre Dichte liegt meist zwischen 2 bis 2,5 g/cm3, ihr Wassergehalt bei rund 5% oder darüber. Turbulentes Strömen an ihrer Basis setzt die Reibung herab und größere Gerölle werden durch die Viskosität der Matrix in der Schwebe gehalten. So können Schuttströme durchaus Geschwindigkeiten von 20 Metern pro Sekunde erreichen. Einige bedeutende Schuttströme haben mehr als 10 000 bis 20 000 Todesopfer gefordert, so 1985 in Armero, Kolumbien und 1999 in Vargas in Venezuela.
Vieles an den Schuttströmen, wie sie sich bewegen, wird noch sehr unvollständig verstanden. Wie kann man sich und Bauwerke schützen? Auf der anderen Seite gibt es für diese sehr kurzfristigen Ereignisse meist auch nur eine extrem kurze Vorwarnzeit, um gefährdete Gebiete zu evakuieren. Wenn man also Schuttströme früher aufspüren kann, könnte man sich damit auch zusätzlich wertvolle Reaktionszeit erkaufen, vorausgesetzt, die Infrastruktur zur Warnung der betroffenen Bevölkerung existiert.

Einen interessanten Ansatz verfolgt Kate Allstadt, Geophysikerin vom USGS. Sie untersucht, wie ein Schuttstrom seismische Signale erzeugt, während er sich Hang abwärts bewegt. Diese Mikrobeben entstehen durch die Schläge größerer und kleinerer Gesteinsblöcke im Strom gegen den Untergrund und verraten uns eine Menge über die internen Bedingungen im Strom. In sie können uns helfen, Schuttströme rechtzeitig aufzuspüren, bevor sie in bewohnte Gebiete vordringen.

Zu diesem Zweck wurde eine 95 m lange Rutsche aufgebaut, die mit 31% Gefälle ungefähr die Bedingungen wiedergibt, die sich meist auch an rutschungsgefährdeten Hängen finden.
Entlang der Rutschbahn finden sich 48 Seismometer in 2 Arrays, die unterschiedliche Frequenzen der erzeugten Mikrobeben aufzeichnen sollen. Damit der Aufbau des Untergrundes vor den Experimenten bekannt ist, werden mit Hilfe eines Hammers die seismischen Eigenschaften erforscht. Zusätzlich wird jedes Experiment durch zahlreiche Kameras aufgezeichnet und dokumentiert.

Die Vorbereitungen für ein Experiment dauern rund einen Tag, und wenn alles fertig ist und die rund 20 Tonnen bzw. 10 m3 mit Wasser gesättigtem Sediment an Ort und Stelle sind, kann es endlich losgehen.

Wenn man sich diesen künstlichen Schuttstrom anschaut, fallen einige interessante Dinge auf. Zum einen sind das die größeren Gerölle, die sich vom Hauptstrom getrennt haben und vor ihm zu Tal gehen. Zum anderen kann man hier sehr gut Wellen im Schuttstrom beobachten, welche die Spitze des Schuttstromes überholen. Diese Wellen lassen sich auch bei verschiedenen realen Schuttströmen beobachten. Hier sind sie natürlich weit besser zu sehen und zu verfolgen, als bei realen Schuttströmen, bei denen Kameraposition und -führung immer auch dem Zufall und der Kaltblütigkeit der Filmenden geschuldet ist. Aber dies ist ja auch einer der Gründe, warum man diese analogen Großexperimente überhaupt durchführt. Nur so kann man das Ereignis zeitlich und örtlich so genau abstimmen und die zur Erforschung notwendigen Sensoren vorher an den optimalen Stellen platzieren. Das gilt für Bergrutsche ebenso wie für Grundwassermodellierungen, wie ich sie im Falle des VEGAS beschrieb.

In natürlich finde ich es auch sehr schön, dass uns der USGS hier mit hinter die Kulissen der Forschung schauen und die beteiligten Personen selber zu Wort kommen lässt.

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