Nochmal Willensfreiheit: Ist es nicht gerade das Wollen, das uns unfrei macht?

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Tun zu können, was man will, ist eine knappe Beschreibung unserer alltäglichen “Freiheit”: die ungehinderte Ausführung der eigenen Handlungsabsichten, Abwesenheit von Zwang oder Behinderung. Die meisten dieser Handlungen folgen dabei vermutlich guten und schlechten Gewohnheiten; so oft müssen wir gar nicht entscheiden. Der Wille bzw. Wollen werden in Bezug auf das eigene Handeln eigentlich nur angesichts von äußeren und inneren Widerständen gegen eine beabsichtigte Handlung bewusst erlebt: Die Ausführung der Absicht stößt auf Hindernisse, sodass die Aufrechterhaltung der Absicht, die geplante Handlung trotz dieses Hindernisses auszuführen, nun Anstrengung und besondere Aufmerksamkeit verlangt; die Metapher der “Willenskraft” kommt hier ins Spiel. Obwohl sich eine leichtere Handlungsalternative anbietet oder die nun anstrengend gewordene Handlung schlicht beendet werden könnte, zwingt man sich selbst (was bemerkenswert und dualistisch klingt!) mit Gewalt zur Aufrechterhaltung der ursprünglichen Absicht. Je weniger die Handlung situativ erzwungen wird, desto stärker kommt der eigene Wille ins Spiel (z.B. Kraftsport). Freiheit meint dann die Unabhängigkeit von situativen Triggern; sie bezeichnet die Fähigkeit, eine ursprüngliche Absicht gegen Ablenkung oder Behinderung aufrecht zu erhalten und die beabsichtigte Handlung tatsächlich auszuführen.

Wollen bezieht sich in erster Linie aber gar nicht auf Handeln (als Volition), sondern auf Objekte, die wir mit Lust begehren. Wenn wir in diesem Zusammenhang von Wollen sprechen, meinen wir ein intensiviertes Wünschen, ein Wünschen, dem die Realisierung nicht im Grunde gleichgültig ist (“es wäre schön, wenn …”), sondern das zu gezielten Handlungen führt, durch die eine Erfüllung des Begehrens wahrscheinlicher wird. Auch Volition kann man jetzt noch einmal unter diesem Gesichtspunkt betrachten, dass Motive, die unserem Handeln zugrunde liegen, eben genau die Objekte anzeigen, die wir begehren und durch die Handlung bekommen wollen; denn nur selten ist die Handlung selbst ihr eigenes Ziel, Handlungen haben in der Regel einen instrumentellen Charakter, sie verfolgen einen Zweck. Uns fehlt etwas, das wir wollen, und zwar so sehr, dass wir uns aktiv darum kümmern, vielleicht sogar gegen Widerstände.

Während nun für die einen die Erfüllung eines intensiven Begehrens oder einer Leidenschaft durch eigenes Handeln der Inbegriff von Glück und auch von Freiheit und Mut ist, sind die meisten Religionen, aber auch die Stoa und Philosophen im Gefolge Kants der Meinung, dass Freiheit gerade darin besteht, von jeglichem Begehren loszukommen. Das heißt dann buddhistisch “der achtfache Pfad zur Überwindung des eigenen Begehrens als Ur-Übel allen Leidens”, “Nicht mein, sondern Dein (göttlicher) Wille geschehe” in der christlichen Variante oder bei Kant die totale Abstraktion von der eigenen Person und ihren individuellen Absichten durch vollständige Ausrichtung des eigenen Handelns an einem allgemeinen Gesetz, also an der Pflicht, oder kurz: die Ersetzung des eigenen Wollens durch allgemeines Sollen. “Nicht mein, sondern Euer Wille geschehe” – wobei hier die zweite Person Plural nicht unbedingt die faktische, sondern eine vorgestellte ideale moralische Gesellschaft ist. Selbstüberwindung, Loskommen von sich selbst, vor allem loskommen von den eigenen Leidenschaften, vom Begehren und zwar durch Hingabe an ein übergeordnetes geistiges Prinzip, das fortan mein Handeln leitet: das scheint die Grundkonstante in diesen Weltanschauungen und Inbegriff ihres Verständnisses von wahrer Freiheit und Befreiung zu sein.

Das christliche Liebesgebot beispielsweise wäre absurd, verstünde man Liebe so, wie wir es normalerweise tun: Wie könnte man jemanden verpflichten, jeden Nächsten in Liebe zu begehren oder doch zumindest bestimmte liebevolle Gefühle für ihn zu hegen (Eros, Philia)? Man kann seine Gefühle nicht absichtlich bestimmen, schon gar nicht ehrliche Gefühle. Also kann man auch nicht moralisch darauf verpflichtet werden, irgendetwas für irgendwen zu fühlen (auch nicht für Gott!). So also kann es gar nicht gemeint sein! Gemeint ist vielmehr – um nicht zu sagen: ganz im Gegenteil! – das völlige Loskommen von jeglichem spontanem, natürlichen Begehren und Wollen zugunsten des erkannten übergeordneten geistigen Prinzips, christlich z.B. die allgemeine Gotteskindschaft und damit die universale Geschwisterlichkeit aller Menschen (“Reich Gottes”): Wer dies erkennt und auch bejaht (d.h. wer im christlichen/jesuanischen Sinne glaubt), empfindet fortan in der logischen Konsequenz dieser Erkenntnis zu jedem Menschen geschwisterliche Liebe (Agape) und verhält sich auch entsprechend: “Was ihr dem geringsten meiner Brüder (nicht) getan habt, das habt ihr mir (nicht) getan” (Mt 25). Die extreme Selektivität des egoistischen Eros in der Zuweisung von Liebe an attraktive Personen, die möglichst auch noch meinen sozialen Status verbessern, und seine notorische hedonistische Instabilität und Sprunghaftigkeit, die so viel Leiden mit sich bringt (“Leidenschaft, die Leiden schafft”), werden einem Christenmenschen fortan höchst suspekt sein; er wird Menschen, die noch dem Eros verfallen und die durch ihr eigenes unstetes Wollen und Begehren bestimmt sind, für in höchstem Maße unfrei halten: Erst die Wahrheit wird sie frei machen (Joh), frei machen “von sich selbst”. Buddhistisch sähe das ziemlich ähnlich aus, und auch Kant würde wohl nur mit dem Kopf schütteln, sähe er einen von seinen Leidenschaften getriebenen Menschen.

Der Widerspruch könnte also kaum größer sein: Freiheit als Mut, seiner Leidenschaft kompromisslos auch gegen den Strom zu folgen (der Inbegriff von Freiheit in Hollywood-Filmen) und sich seinem Begehren grenzenlos und frei von Angst hinzugeben – d.h. Willensfreiheit als Freiheit zu wollenversus Freiheit als Selbstüberwindung zu einer moralisch verbindlichen, universellen rationalen Prinzipien verpflichteten geradezu überindividuellen Existenz, die jede Regung des eigenen Wollens und Begehrens extrem skeptisch beurteilt – d.h. Willensfreiheit als Freiheit vom Wollen (Kant, Buddhismus). Wäre ein Leben in der christlichen Perspektive universaler Geschwisterlichkeit – wenn diese ehrlich und wahrhaft so erkannt und nicht nur behauptet oder suggeriert wird – kompatibel mit einer unter diesem Vorzeichen dann leidenschaftlichen, hingebungsvollen und dennoch moralischen Existenz: “Christus in mir” quasi als mein im Grunde besseres und “eigentlicheres” Selbst, und der “göttliche Wille in mir” (Gewissen) als der im Grunde mein ureigener Wille, durch den ich meine besten Möglichkeiten realisiere?

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Geboren 1967 in Emsdetten/Westfalen. Diplom kath. Theologie 1993, Psychologie 1997, beides an der Universität in Bonn. Nach einem Jahr am Leipziger Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung (1997-98) bin ich seit Oktober 1998 klinischer Neuropsychologe an der Universitätsklinik für Epileptologie in Bonn. Ich wurde an der Universität Bielefeld promoviert (2004) und habe mich 2015 an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn habilitiert (Venia legendi für das Fach Neuropsychologie). Klinisch bin ich seit vielen Jahren für den kinderneuropsychologischen Bereich unserer Klinik zuständig; mit erwachsenen Patientinnen und Patienten, die von einer schwerbehandelbaren Epilepsie oder von psychogenen nichtepileptischen Anfällen betroffen sind, führe ich häufig Gespräche zur Krankheitsbewältigung. Meine Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen in den Bereichen klinische Neuropsychologie (z.B. postoperativer kognitiver Outcome nach Epilepsiechirurgie im Kindesalter) und Verhaltensmedizin (z.B. Depression bei Epilepsie, Anfallsdokumentation). Ich habe mich immer wieder intensiv mit den philosophischen und theologischen Implikationen der modernen Hirnforschung beschäftigt (vgl. mein früheres Blog WIRKLICHKEIT Theologie & Hirnforschung), eine Thematik, die auch heute noch stark in meine Lehrveranstaltungen sowie meine öffentliche Vortragstätigkeit einfließt.

41 Kommentare

  1. Jetzt mal weg von einer philosophischen Betrachtung zur Realtät.
    Es gibt Menschen, die sind Alphatiere. Die wollen bestimmen und ihren Willen durchsetzen.
    Die erreichen ihre Freiheit, wenn sie ihr Ziel erreicht haben.

    Dann gibt es die Sanguiniker und Phlegmatiker, die wenig Antrieb haben und auch nicht ehrgeizig sind. Und die am liebsten keine Entscheiddungen treffen wollen und sich frei fühlen, wenn andere für sie denken und handeln.

    Der Großteil der Menschen liegt irgendwo dazwischen. Die haben Ziele, die sie verfolgen aber nicht um jeden Preis. Die passen sich den Gegebenheiten an, die sind sozialisiert.

    Ich denke, wir brauchen alle drei Typen. Sonst wird es eng.

  2. Willensfreiheit als Freiheit zu wollen dominiert jedenfalls die Facebook- und Instagram-Generation, deren Wunschberuf der des Influencers ist. Im Prinizip haben die sozialen Medien eine natürliche soziale Tendenz der meisten Menschen und einen geheimen Wunsch vieler ins Extrem gesteigert: Den Wunsch nämlich, “richtig” rüberzukommen, den Wunsch sein Leben den anderen so erzählen zu können, dass die anderen das, was man erzählt (postet) “Liken”. “Gelikt” werden, bedeutet: Du bestehst die Prüfung, der Andere findet Dich so gut wie sich selbst (oder sogar besser).

    Leute die für Willensfreiheit als Freiheit vom Wollen stehen, kenne ich dagegen ausserhalb der Philosophie kaum. Am nächsten unter den aktuell wirkmächtigen Lebenshaltungen kommen diesem Anspruch noch die Anthropotechniker, die Peter Sloterdjik in seinem Buch Du musst dein Leben ändern beschreibt, die Menschen also, die sich „spirituellen Übungssystemen“ hingegeben haben um das Menschsein zu übersteigen, die Akrobaten, die wie Nitzsches Seiltänzer, die Schwere überwinden wollen, dabei aber das Risiko eingehen, abzustürzen. Doch auch diese Menschen mit einer Vertikalorientierung wollen etwas, nämlich ihr fast aussermenschliches Ziel erreichen, ihm mindestens immer näherkommen.

  3. Der Freiheitsbegriff kann nur sinnhafterweise negativ formuliert werden, wenn jemand, frei -Jenau!- zum Wollen ist, nicht positiv, in dem Sinne, dass Bestimmtes gewollt werden darf.

    Interessant immer auch das Antonym.

    Hier das Ertragen, also auch das Ertragen vom Wollen anderer einschließend, in gewissen Grenzen, bspw. darf nicht gewollt werden, dass andere nicht wollen (dürfen).

    Das Ertragen, das Leiden, ist interessant, Stichwort : Pathozentrismus, Steve Singer und d-sprachig Karim Akerma (vermutlich ein Pseudonym), haben sich hier “einen abgeschrieben”.

    Und das Antonym zum Leiden ist die Freude.

    Zum Religiösen :
    Wie immer klug bemerkt, die christliche ‘Geschwisterlichkeit’ oder ‘Nächstenliebe’ kann “nicht wirklich” funktionieren.
    Insofern macht der Schreiber dieser Zeilen auch eher in Humanismus, ohne hedonistisch und sein antikes, jüdisches und christliches Erbe, auch nicht sein aufklärerisches, verleugnend zu werden.

    Zur Frage zurückkommend, zu dieser – ‘Ist es nicht gerade das Wollen, das uns unfrei macht?’ – das Wollen ist das Leben.
    Klar, das Wollen macht in gewisser Hinsicht unfrei, es muss z.B. gebärt werden, damit Gesellschaften ihren Bestand wahren können, es muss wehrhaft geblieben werden, um sittliche Niedrigkeit abzuwehren, und es muss in gewisser Hinsicht auch einfach geblieben werden, um den Nächsten ansprechen und vielleicht auch leiten zu können.

    MFG
    Dr. Webbaer

  4. Leute die für Willensfreiheit als Freiheit vom Wollen stehen, kenne ich dagegen ausserhalb der Philosophie kaum.

    Buddhisten womöglich, die nennen diese Freiheit dann aber nicht Willensfreiheit.
    Die Willensfreiheit meint die Freiheit zu wollen.
    Hier leidet dieser dankenswerterweise bereit gestellte WebLog-Eintrag an der Überschrift bereits womöglich.
    Bereits etymologisch klar.

    Herr Dr. Hoppe will hier wohl gegenreden, immerhin.
    Ansonsten, ursisch-zynisch formuliert, wird das Leben einen Weg finden.
    (Wobei Dr. W nicht so dem Gesamt-Geschwätz bei “Jurassic Park” beigesprungen ist, diese Aussage nur gut fand.)

    MFG
    Dr. Webbaer

  5. Alles was ihr wollt
    Wer gegen Widerstände seine Wünsche und seine (Lebens-)Ziele (sein Wollen) erreichen kann, der blickt später oft auf ein gefühlt erfülltes und erfolgreiches Leben zurück. Er hat sich nämlich die Freiheit genommen, das was er wollte in die Tat umzusetzen und das, obwohl es einen einfacheren Weg – den Weg der Trägheit – gegeben hätte. Doch gerade der Einsatz, der sich gelohnt hat verschönt den Rückblick. Ähnlich muss sich ein Investor fühlen, der sein ganzes Vermögen in ein schwieriges Projekt investiert hat und der nach Anfangsprobleme schliesslich eine grosse Ernte einfahren kann.
    Wem alles in den Schoss fällt, der hat es schwieriger zufrieden zu werden – ausser er sei von Natur aus ein Phlẹgma und Geniesser. Doch davon gibt es in der Kultur von Mittel- und Nordeuropa nicht allzu viele.

    Das zu bekommen was man will ist also gerade und vor allem dann mit guten Gefühlen verbunden, wenn das Ziel nur mit einem gewissen Risiko und Aufwand zu erreichen war.

    Nicht zu wollen, auf das Wollen zu verzichten, ist dagegen ein Verzicht auf das Ego, ist ein Verzicht auf die Ausschüttung von selbst belohnenden Glückshormonen.

  6. Martin Holzherr,
    …….Nicht zu wollen, auf das Wollen zu verzichten, ist dagegen ein Verzicht auf das Ego, ist ein Verzicht auf die Ausschüttung von selbst belohnenden Glückshormonen.

    Genau das Gegenteil stimmt. Kultur ist bestimmt durch Triebverzicht. Nur wer bewusst verzichtet, der entwickelt sich weiter. “Willenstärke” nennt man das.

    Allerdings hätten Sie an dieser Stelle ein paar konkrete Beispiele nennen sollen, sonst reden wir aneinander vorbei.

  7. @ Herr Holzherr :

    Nicht zu wollen, auf das Wollen zu verzichten, ist dagegen ein Verzicht auf das Ego, ist ein Verzicht auf die Ausschüttung von selbst belohnenden Glückshormonen.

    Klingt halbwegs zustimmungsfähig, wobei A) der angebliche Verzicht auf das Wollen selbst ein Wollen ist B) auf das ‘Ego’ würde in diesem Sinne nicht ‘verzichtet’ werden und C) es sind nicht nur die Hormone (vgl. mit der ‘Lust’ im Artikel-Text) sind, sondern auch die Ratio, die das Wollen anleiten und so befriedigt werden, so versucht werden zu befriedigen.

    Das Wollen ist kulturell gebunden, die ‘Lust’ bleibt so zu lenken, das Wollen ist ein sozialer Akt, weil das Individuum sozial gebunden ist.
    ‘Willensfreiheit als Freiheit zum Wollen’, klingt hier also weiterhin cooler, eben weil die ‘Willensfreiheit als Freiheit vom Wollen’ selbst ein Wollen ist, weil es nicht ohne Wollen geht.
    Die soziale Verantwortlichkeit darf gerne betont bleiben.

    MFG + schönes Wochenende schon einmal,
    Dr. Webbaer

  8. Bonuskommentar :

    Diesem buddhistischen Ansatz – ‘Selbstüberwindung, Loskommen von sich selbst, vor allem loskommen von den eigenen Leidenschaften, vom Begehren und zwar durch Hingabe an ein übergeordnetes geistiges Prinzip, das fortan mein Handeln leitet: das scheint die Grundkonstante in diesen Weltanschauungen und Inbegriff ihres Verständnisses von wahrer Freiheit und Befreiung zu sein.’ – stehen natürlich die Bilder von buddhistischen Mönchen entgegen, die mit allem, was sie haben, auch mit ihrem Leben, ihre Klöster, ihr ‘Begehren’ verteidigten.
    Durchaus vergleichbar mit bestimmten Pazifisten, dann “Pazifisten”, die sich erregen und drohen einen (Welt-)Krieg anzuzetteln und diesen siegreich zu Ende zu führen, um den Pazifismus endgültig durchzusetzen.
    Aus diesem ‘Begehrens’-Dilemma kommen beide Gruppen nicht heraus, wenn sie sich und ihre philosophische Position verteidigen wollen.
    Wollen sie dies nicht, könnte ihnen sinnhafterweise unterstellt werden, dass sie ihr eigenes Ableben und das ihrer Ideen ‘begehren’.
    ‘Begierde’ als Passivität, die dann vielleicht sogar, den Menschen stets als soziales Wesen vorausgesetzt, Masochismus genannt werden könnte.
    Oder Nihilismus, denn Meinung ohne Handeln kann kaum anders verstanden werden.

  9. UNEIGENNÜTZIGES Wollen, für / in nicht intriganter / eindeutiger Wahrheit, dann klappt’s auch mit beständiger Kultur / zweifelsfreier Wertigkeiten 😎

  10. hto,
    …..uneigennütziges Wollen,
    das ist der Schlüssel zum Heil . Wer betet um uneigennützige Ziele zu erreichen, dessen Wünsche werden erfüllt werden. Nichts anderes behauptet die Bibel. Wer Gott anruft, der bekommt von ihm eine Antwort.

  11. Dr. Webbaer,
    …..Wollen zur Selbstüberwindung,
    vielleicht kommt man aus dem Widerspruch heraus, wenn man das Individuum nicht isoliert betrachtet, sondern als soziales Wesen, das sich selbst eingebettet in einer Gruppe sieht.
    Kultur funktioniert so, dass sich der Einzelne dem ganzen freiwillig unterordnet. Mehr gibt es da nicht.
    Die Bezeichnung Masochismus oder Nihilismus für fehlende Aktivität sind da überzogen.

    Goethe hat es treffend formuliert: alles Wollen ist nur ein Sollen.

  12. Zitat:

    Willensfreiheit als Freiheit vom Wollen (Kant, Buddhismus). Wäre ein Leben in der christlichen Perspektive universaler Geschwisterlichkeit – wenn diese ehrlich und wahrhaft so erkannt und nicht nur behauptet oder suggeriert wird – kompatibel mit einer unter diesem Vorzeichen dann leidenschaftlichen, hingebungsvollen und dennoch moralischen Existenz: “Christus in mir” quasi als mein im Grunde besseres und “eigentlicheres” Selbst, und der “göttliche Wille in mir” (Gewissen) als der im Grunde mein ureigener Wille, durch den ich meine besten Möglichkeiten realisiere?“

    Folgendes zum Bezug von Buddhismus bzw. indischer Philosophie zum Christentum, hier als „Wollen“. Hans Joachim Störig stellt in seinem Werk „Kleine Weltgeschichte der Philosophie“ (Frankfurt/M. 1987) eine tiefe Wesensverwandschaft zwischen Plotins Lehre von der Vereinigung mit dem Göttlichen und der Alleinheit der indischen Philosophie fest (S. 205), während er an anderer Stelle schreibt, dass dagegen die Vorstellung einer weiten, unüberbrückbaren Kluft zwischen Gott und Mensch besonders den Religionen der semitischen Völkern eigen ist; „sie stammt aus dem alten Judentum“ (S. 213).
    Wie sind vor diesem Hintergrund die getätigten Aussagen „Christus in mir“, mein im Grunde besseres und “eigentlicheres” Selbst, und der “göttliche Wille in mir” zu verstehen?

    Ich behaupte ja immer, dass der leider der Inquisition zum Opfer gefallene Meister Eckhart in seiner negativen Theologie zwar christliche Begriffe wie Vater, Sohn usw. benutzt, dass aber das, was er damit aussagt, neuplatonische Philosophie ist. So sagt er zu der Vorstellung „Christus in mir“: „Wollt ihr Gott erkennen, so müsst ihr dem Sohne nicht allein gleich sein, sondern ihr müsst der Sohn selber sein“ und: „Wo der Vater seinen Sohn in mir gebiert, da bin ich derselbe Sohn und nicht ein anderer“.

    Zu den Vorstellungen “eigentlicheres Selbst“ und “göttlicher Wille in mir” ist in seiner Armutspredigt zu lesen:
    „Ich habe vorhin gesagt, das sei ein armer Mensch, der nicht (einmal) den Willen Gottes erfüllen will, der vielmehr so lebe, daß er seines eigenen Willens und des Willens Gottes so ledig sei, wie er’s war, als er (noch) nicht war. Von dieser Armut sagen wir, daß sie die höchste Armut ist.“
    Weiter heißt es dort:
    „So denn sagen wir, daß der Mensch so arm dastehen müsse, daß er keine Stätte sei noch habe, darin Gott wirken könne. Wo der Mensch (noch) Stätte (in sich) behält, da behält er noch Unterschiedenheit. Darum bitte ich Gott, daß er mich Gottes quitt mache; denn mein wesentliches Sein ist oberhalb von Gott, sofern wir Gott als Beginn der Kreaturen fassen. In jenem Sein Gottes nämlich, wo Gott über allem Sein und über aller Unterschiedenheit ist, dort war ich selber, da wollte ich mich selber und erkannte mich selber (willens), diesen Menschen (= mich) zu schaffen.“

    Wie verhält sich das nun mit dem „übergeordneten geistigen Prinzip, christlich z.B. die allgemeine Gotteskindschaft und damit die universale Geschwisterlichkeit aller Menschen (‚Reich Gottes’)“?
    In der Vorstellung dieses Gottes-Reiches bleibt die „Kluft“ erhalten, d.h. sowohl die bestimmte Vorstellung oder das bestimmte Bild des Gottes als auch die durch bestimmte Rituale und Vorstellungen bedingte Verbindung über die Kluft hinweg, die darin die ewige Existenz der „Gotteskinder“ ermöglichen soll.
    Eckhart überwindet dagegen ganz im Sinne des Neuplatonismus die bestimmte Gottesvorstellung („quitt machen“) und damit auch die „Kluft“ – sowie die ewige Existenz des kreatürlichen oder weltlichen Seins. Mit der Überwindung der bestimmten Gottesvorstellung als „quitt machen“ werden auch die religiösen Widersprüche und Spaltungen überwunden, d.h. nur in dieser negativen Theologie ist eine „universale Geschwisterlichkeit aller Menschen“ möglich, während alle positiven Vorstellungen von Bezügen zu bestimmten Gottesbildern zu genau den Verhältnissen führen, die besonders zwischen und in den semitischen Religionen im sogenannten „Heiligen Land“ seit 2000 Jahren bis heute herrschen.

    Die genannte „christliche Perspektive universaler Geschwisterlichkeit“ ist daher gerade nicht eine „Willensfreiheit als Freiheit vom Wollen (Kant, Buddhismus)“, sondern vielmehr die „Willensfreiheit als Freiheit zu wollen“ – weil darin sowohl am Willen zu einem bestimmten Gottesbild als auch „mit einer unter diesem Vorzeichen dann leidenschaftlichen, hingebungsvollen und dennoch moralischen Existenz“ (auch als Rettung durch dieses Gottesbild) festgehalten wird. Unter diesen Vorzeichen wird es die „christliche Perspektive universaler Geschwisterlichkeit“ nie geben, nicht einmal innerhalb der christlichen Kirche als Überwindung der Spaltungen.

  13. Im Buch ´The Brain´(deutsche Ausgabe, ISBN: 978-3-570-55288-9) wird ab Seite 120 der Fall einer Frau Tammy beschrieben. Nach einem Unfall mit Kopfverletzung erreichte sie den Zustand der kompletten Willensfreiheit: das Gehirn gibt ihr keine Vorgabe, wie sie entscheiden soll.
    Für eine bestimmte Situation ist sie zwar in der Lage, Vor- und Nachteile klar zu benennen. Aber kann sie sich dann zu keiner Entscheidung durchringen – da jede Möglichkeit für sie gleichwertig ist. D.h. sie kann nichts wollen – und somit weder eine positive noch eine negative Entscheidung treffen. Sie ist dadurch handlungsunfähig geworden.

    Dieses schlimme Schicksal zeigt, dass ein vom Gehirn beeinflusstes ´wollen´ nicht unfrei macht.

  14. Und Shakespeare rief : “Was ihr wollt”…

    Man muß jetzt wohl fragen, wessen Wille ist es, wenn “ich” (was) will?

    Und dann sehe ich mir islamische Fundamentalisten oder derselben “Terroristen” an.

    Wessen Wille tun sie, wenn nicht ihre eigenen?

    Wenn wir die Borg im Star Trek-Universum mit dem Ideal der christlichen “Vereinigungs-Theologie” vergleichen, und den “heiligen Geist” (Borg-Königin) vom “Leib Christi” (assimilierte Drohnen) trennen, schwahnt mir übles und absurdes.

    Da hilft auch kein Humanismus oder all die anderen Idealvorstellungen, die sich die Menschen so einfallen lassen – wie es scheint. Wo ist da die “Rettung” meiner Seele? Rettung, indem man die Problematik einfach verschweigt und ignoriert? Und dann mit Psychotherapie (oder Psychiatrie) bis zur Anpassung konditioniert? Also mit Einrede und sowieso nebenher bestehender behavioristischer Konditionierung die christliche Nächstenliebe erzwingt – als eh finale Seinsexistenz, der man nicht entkommen kann? Als Leib Christi vom “heiligen Geist” gesegnet (überwältigt und individuel seelisch gelöscht) den “Willen Gottes” leben?

    Hat man also möglicherweise ein Rechtfertigungsproblem, wenn man sich dieser “feindlichen Übernahme” des “Guten” (in der christlichen Theologie) zu widerstehen vermögen will? Kann man “Nächstenliebe” argumentativ in irgend einer Weise ablehnen, weil man sich dadurch in seiner “Individualität” erheblich (um nicht zu sagen: vollkommen) eingeschränkt sieht oder, weil es erst noch geschehen soll, sich in dieser Lage wähnt?

    Können alle humanistischen, atheistischen, sekulären und menschenrechtlichen Ideale angesichts der neuronalen Grundlagen betreffend unseres Bewusstseins überhaupt noch glaubhaft aufrecht erhalten?

    Oder sind ebensolche nur in der Welt, weil sie permanent Mangelware darstellen?
    Und alle theoretische Zielsetzung nur als Anbetung Gottes und also selbsterfüllende Prophezeiung sind?

    Ist das Individualistätsversprechen dieser Welt für 99% der Menschen nur eine Lüge, weil sie alle nur “Subjekte” bleiben müssen?

  15. Sehr schönes Beispiel. Die Abulie ist eine häufige Negativsymptomatik nach frontal verlaufenen Aneurysmarupturen und natürlich auch bei Depression, Schizophrenie usw. In der Tat ist das Wollen von Hirnprozessen abhängig – diese können also nicht als unkontrollierbare Störgröße von außen aufgefasst werden. Und Wollen ist eine biologisch fundierte Fähigkeit, die man auch ausbauen und trainieren kann. Wenn man will. (Vgl. Willpower von Roy Baumeister).

  16. Man kann die Frage der “Willensfreiheit” unendlich perspektivisch durchdenken und stellt immer fest, es besteht Einschränkung. Zumindest der Logik nach – wenn man alle möglichen Bedingungen einbezieht.

    Die kopernikanische Wende, die mit dieser Artikel-Serie in die Welt kommt, ist demnach auch gar keine. Trotzdem erstaunlich.
    Ich konnte früher nicht umhin, meine Willensfreiheit eingeschränkt zu sehen, und komme heute ebenso wenig herum.
    Meine Kritik ist auch nicht direkt auf die Einschränkungen bezogen, sondern auf die “überoptimistischen” Philosophien, die es in der Welt gibt.
    Mit den Einschränkungen umgehen zu können, ist demnach deswegen schwer, weil dieses nicht Teil der Philosophie über die Willensfreiheit sei, sondern Willensfreiheit als Dogma vorrausgesetzt sei (war, vor dieser Artikel-Serie).
    Selbstverständlich ist die “Befreiung” von seinen treibenden “Willen” kaum die Lösung für das Subjekt, sondern für dessen Umfeld. Mit Willenlosen kann man praktischerweise einfacher umgehen. Man kann sie nach seinem “Bilde” formen.
    Und da beginnt es dann auch banal “theologisch” zu werden. Frieden durch Unterdrückung – nach der christlichen Theologie als hocherfreulicher Prozess getarnt – das X für ein U vorgemacht.

  17. ΑΝΑΓΚΗ, Nötigung

    Da ists denn wieder, wie die Sterne wollten:
    Bedingung und Gesetz; und aller Wille
    Ist nur ein Wollen, weil wir eben sollten,
    Und vor dem Willen schweigt die Willkür stille;
    Das Liebste wird vom Herzen weggescholten,
    Dem harten Muß bequemt sich Will und Grille.
    So sind wir scheinfrei denn, nach manchen Jahren
    Nur enger dran, als wir am Anfang waren.

    J. W. v. Goethe: Urworte, orphisch

  18. @ Kommentatorenfreund ‘bote17’ + Huch! :

    Goethe hat es treffend formuliert: alles Wollen ist nur ein Sollen.

    Das Wollen meint das allgemeine Streben des Individuums und das Sollen, was (aus seiner Sicht, eines muss es ja verlautbaren und fordern) allgemein anzustreben ist.

    Was gibt es da sonst noch? Jenau, das Dürfen, das Müssen, die wichtigsten Verben sind womöglich genannt, und, literarisch betrachtet und irgendwie im übertragenden Sinne ginge natürlich auch : ‘Alles Dürfen ist nur ein Müssen.’

    Also Vorsicht bei Goethe, der ein noch begnadeter Schwätzer als der Schreiber dieser Zeilen war – und womöglich noch mehr Unrecht hatte.

    MFG
    Dr. Webbaer (der sich in dieser Sache allerdings im Recht sieht und sich bisher vergleichsweise deutlich ausgedrückt hat, auf besondere Gags verzichtend)

  19. Alles Dürfen ist ein Sollen oder alles Sollen ein Dürfen – und alles Wollen ein Müssen oder alles Müssen ein Wollen?!

  20. Dr. webbaer,
    …..alles Müssen ist ein Wollen, (Kim Jong-il) könnte von ihm stammen.
    damit haben wir ja den Gipfel der Harmonie erreicht.
    oder etwas romantischer: “Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist. “

  21. hto, Dr. Webbaer
    …..Individuum,
    alle ethischen Betrachtungsweisen sollten unterscheiden zwischen dem Individuum und dem Kollektiv.
    Das individuelle Wollen ist verschieden von dem kollektiven Wollen, das mehr ein Sollen ist.
    Überhaupt liegt das Problem in dem Begriff “Wollen”.
    Das Wollen eines Kindes in der Trotzphase hat eine andere Motivation als das Wollen eines Jugendlichen in der Pubertät, und das Wollen eines Erwachsenen hat eine andere Zielsetzung als das wollen einer Frau, die Mutter werden möchte z.B.
    Also sollten wir den Mut aufbringen und in anderen Sprachen nachforschen, ob es dort mehrere Begriffe für Wollen gibt.

  22. Bonuskommentar hierzu :

    [A]lles Wollen ist nur ein Sollen.

    Hier liegt natürlich ein Pleonasmus vor, eine eindeutige Referenz des Geschwätzig-Seins, das Nur meinend, vielleicht war Dr. W weiter oben nicht deutlich genug, nicht insgesamt deutlich genug.

  23. Dr. Webbaer,
    ……Pleonasmus,
    hier liegt ein abgrundtiefes Missverständnis vor.
    Das Zusammenführen von zwei verschiedenen! Begriffen bedeutet nicht, dass sie synonym sind, sondern, dass ein Zusammenhang zwischen ihnen besteht. Der Auspruch von Goethe ist auch als Imperativ gemeint und nicht als ewige Wahrheit.

  24. @bote 17

    Es sind DIE “ethischen” Betrachtungsweisen die GRUNDSÄTZLICH (das religiös-unwahrheitliche Fundament!) falsch sind!

    Das “individuelle Wollen” ist KONFUSIONERT und MANIPULIERT, im Sinne der zeitgeistlich-gepflegten Bewusstseinsschwäche seit der “Vertreibung aus dem Paradies” (Mutation / Evolutionssprung!).

    Kann das Individuum PROBLEMLOS selbst- und massenbewusst sein, in einem wettbewerbsbedingt nationalistisch-imperialistisch SOLLEND-FUNKTIONIERENDEM Kollektiv – ist das “gesunde” Konkurrenzdenken geistig-heilend / fusionierend???

  25. @bote17: Wie misst man die Willensstärke? Durch den Marshmallowtest. Ein Kind wird für einige Minuten allein mit 2 Marshmallows gelassen. Es weiss, wenn es durchhält ohne sie sofort zu essen, erhält es ein weiteres Marsmallow, sonst aber – wenn es sie sofort ist -, nicht. Was sagt uns der Marshmallowtest über das, was wir unter Willensstärke verstehen?

  26. @ Hoppe

    ΑΝΑΓΚΗ, Nötigung

    Da ists denn wieder, wie die Sterne wollten:
    Bedingung und Gesetz; und aller Wille
    Ist nur ein Wollen, weil wir eben sollten,
    Und vor dem Willen schweigt die Willkür stille;
    Das Liebste wird vom Herzen weggescholten,
    Dem harten Muß bequemt sich Will und Grille.
    So sind wir scheinfrei denn, nach manchen Jahren
    Nur enger dran, als wir am Anfang waren.
    +++
    Goethe ist ein ganz schlechter Zeuge für den Materialismus.

  27. @ Webbaer

    „Goethe hat es treffend formuliert: alles Wollen ist nur ein Sollen.
    Das Wollen meint das allgemeine Streben des Individuums und das Sollen, was (aus seiner Sicht, eines muss es ja verlautbaren und fordern) allgemein anzustreben ist.“

    Falsch verstanden. Das Sollen ist hier ein individuelles schicksalhaftes Nicht-Anders-Können, das von einer übergeordneten Kraft gestiftet ist. Der Sinn des Gedichts erschließt sich erst im Zusammenhang mit den anderen „Orphischen Urworten“. Hier wird metaphorisch auf die Astrologie verwiesen, als Zugangsform zum individuellen Schicksal.

  28. @ Kommentatorenfreund ‘fegalo’ :

    Der Webbaer ist jetzt nicht so-o der Goethe-Experte.
    Vielleicht meinte Goethe, dass das Sollen ein Müssen ist, Dr. Webbaer sieht dies anders.
    Auch Hume meinend und den sogenannten naturalistischen Fehlschluss (nicht zu verwechseln mit “Hume’s Gesetz”), Dr. W ist hier ausgesprochen sparsam im Wollen / Sollen / Müssen & Dürfen, versucht sich am Wortinhalt, am ursprünglichen, festzuhalten, ist natürlich (noch) kein Literat.

    MFG
    Dr. Webbaer (der sich in diesem Kommentariat auch ansonsten alles durchgelesen hat und nicht undankbar bleibt)

  29. PS :

    Das Sein als fünftes zentrales Verb des hier gemeinten Primaten fehlte natürlich noch, gibt es i.p. Zentrum noch andere Verben, die besonders relevant sind?

  30. @ Webbaer

    Goethe war weniger um Fragen der Moral bekümmert als um die Kräfte, die den Menschen bewegen und antreiben. Wie fegalo hatte er die Intuition, dass sowohl das individuelle Schicksal, die Geschichte und das Weltganze einer sonderbaren Leitung unterliegen, die sich weder auf ein empirisch definierbares Naturgesetz noch auf einen simplizistischen Götterglauben reduzieren lässt.

  31. Ich finde den Beitrag recht gut. Alle tiefblickenden Menschen (exemplarisch Philosophen, Religionsgründer) kommen zum gleichen Ergebnis: Wer glücklich sein will, strebt nicht nach Innerweltlichem.
    Allerdings irrte Kant, wenn er die Pflicht höher achtet als die Liebe. Pflicht ist immer mit Unlust verbunden.
    Die Loslösung von den eigenen Begierden ist nur unter der Vorstellung attraktiv, dass man sich davon eine größere Befriedigung – zu Recht – verspricht. Das ist im Buddhismus die völlige Leidüberwindung und im Christentum die immerwährende Glückseligkeit, die natürlich auch mit der Überwindung der Welt verbunden ist. Beide haben also eine Leidenschaft. Deshalb ist ihr Tun nur exoterisch betrachtet Askese.
    Da ich selbst einen solchen Weg gehe, spreche ich aus Erfahrung. Auch versuche ich auf meinem Blog den “Weg des Lebens”, wie das Christentum diese spirituelle Praxis nennt klar darzustellen: https://manfredreichelt.wordpress.com/2016/04/23/die-taegliche-erhoehung-der-lebensqualitaet/

  32. Was würde ein hochintelligenter Roboter wollen?
    Wenn er völlig unbeeinflusst wäre, dann gar nichts.
    Wenn er beeinflusst wäre, dann genau das, was man ihm einprogrammiert hat.
    Beim Menschen haben die Evolutionsvorgänge das Einprogrammieren übernommen.
    Einige Buddhisten versuchen, etwas dagegen zu unternehmen.
    —–
    Die Differenz von Sollwert und Istwert ist die Regelabweichung.
    Um die unangenehme Regelabweichung zu verkleinern kann man
    entweder den Sollwert verringern, das ist die buddhistische Methode,
    oder den Istwert erhöhen, das ist die christliche Methode.

  33. Kant lehrt, dass unsere Begriffe nur in der Form der Zeit gelten, welche aber die Form ist, in der wir die Dinge wahrnehmen (nicht die Form, in der sie sind). Würde es die Zeit jenseits unserer Sinne tatsächlich geben, dürfte es (laut Kant) nicht die Antinomien geben. (Ich sehe das nicht ganz so.)
    Jenseits der Zeit (wo u.a. der Begriff der Notwendigkeit nicht gilt) vermutet er die “Dinge an sich” – und auch die Quelle der Freiheit, die es im Bereich der “Phänomene” (wo Naturgesetze gelten) scheinbar nicht gibt. Er übersieht, dass der Begriff der Freiheit jenseits der Zeit auch nicht gilt.
    Tatsächlich müssen meine Entscheidungen Anlässe haben und Regeln unterliegen. Im Bereich meiner Wahrnehmung stellen sich die Dinge so dar, dass manche Verlockungen und Hindernisse stark wirken, andere schwach; manche wiegen schwer, manche nicht; manche liegen nah und manche fern. Wie meine Entscheidung fällt, hängt davon ab, wie sich die Dinge im Gesichtskreis meiner Wahrnehmung insgesamt darstellen und welche Vorerfahrungen ich mitbringe.
    Wenn ich nun eine Entscheidung bereue, wünsche ich mir, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Ich würde dann aber nicht anders als zuvor entscheiden, weil sich die Dinge im Gesichtskreis meiner Wahrnehmung wieder so darstellen würden wie zuvor und ich für meine Entscheidung wieder dieselben Gründe hätte. Um anders zu entscheiden, müsste ich die Dinge anders sehen.
    Vollkommen frei von allen möglichen Ursachen wäre eine Entscheidung ohne Gründe, Regeln, Ziele, Zwecke, Anlässe, usw. Eine solche Entscheidung wäre absolut sinnlos. Das mag es wohl geben.

  34. Hallo Edward Krause, Ihre Überlegung, das vorneweg, steht hier neben ca. 180 anderen, sozusagen gleichberechtigt, und ich füge nur so aus reiner Freude an meinem neuen Smartphone, gleich noch eine hinzu, ohne Anspruch auf irgendeine Wahrheit.

    Ich möchte Ihnen nur etwas Mut machen, weiterhin Ihre Entscheidungen auf vernünftige Weise zu treffen. (Zwinker :-))

    Viele Grüsse
    Ein Physiker

  35. Lieber Karl Bednarik,
    Ausserordentlich gute umfangreiche linksammlung auf ihrer webseite !
    Gruesse
    Ein intelligenter nicht-roboter 🙂

  36. Karl Bednarik: Den “hypermoralistisch-resignativ-selbstironischen Disclaimer” unten auf Ihrer Seite, finde ich sehr witzig, gerade, nicht, etwa, dass ich darüber lachen würde, aber es zieht etwas, am Mundwinkel…. :-))
    Wie erklären sie sich das ?
    Grüsse

  37. Herr Holzherr hat die Wahlfreiheit mit der Willensfreiheit verwechselt. Z.B. können wir nicht einfach aus dem Fenster springen oder aufhören, zu Atmen. Könnten wir das , dann hätten wir Wahlfreiheit. Aber wir können selbst einen Willensentschluss fassen, z.B. sehnsüchtig an saure Gurken denken, während man uns eine Salami riechen lässt. Das ist Willensfreiheit.