Wo ist eigentlich der “Westen”?

In der Astronomie sprechen wir – auch in der IAU – mitunter von “Western Astronomy”. Das hat natürlich nichts mit Bonanza zu tun, aber was genau das sein soll, erscheint etwas nebulös und ist jedenfalls kontextabhängig. Ein Begriff, der nicht genau bestimmt ist, ist m.E. unnütz und sollte daher nicht verwendet werden. Hier sind die Gründe. 

Umgangssprachlich/ Zeitgeschichtlich

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Deutschland (und kurzfristig auch Österreich) unter den Alliierten Besatzungsmächten aufgeteilt. Die meisten von uns Erwachsenen im reifen Alter (ü40) in Deutschland haben noch ein diese Teilung noch livehaftig erlebt und mindestens von den Eltern/ Erziehern und Lehrkräften (egal ob schulisch oder außerschulisch) mitbekommen. Im Sprachgebrauch ist daher für uns “der Westen” eben das, was früher “Westberlin” war oder im politisch korrekten Sprechen “die alten Bundesländer” genannt wird. Der Osten wären demnach “die neuen Bundesländer” und “Ostberlin”. 

Auch in der globalen Geschichte, wenn man zum Beispiel US-Historiker reden hört, ist “der Osten” irgendwie mit Osteuropa und Russland (frühere Sowjetunion und Warschauer Pakt) verknüpft. Der aktuelle Konflikt in der Ukraine (geographisch: Osteuropa) ist effektiv (neben dem Kulturkonflikt der in der ukrainischen Geschichte seit Jahrhunderten verankert ist und den zahlreichen anderen Faktoren) auch ein Ost-West-Konflikt, weil der geographische Westen des Landes (polennah) und der geographische Osten des Landes eben seit Jahrhunderten wirklich sehr verschiedene Kulturen haben. Der Osten des Landes war über die Jahrhunderte häufiger unter russischer Kontrolle – bereits im Zarenreich stärker von der russischen als von der ukrainischen Kultur geprägt und in den Jahrhunderten mal ideologisch-kulturell näher am einen, mal näher am anderen Land bzw. administrativ im Lauf des letzten Millenniums mal dem einen, mal dem anderen zugeordnet. 

Nach dem Zerfall des “Ostens” (SU, Warschauer Pakt und zahlreicher künstlicher Räte-Staat-Konglomerate wie Tschecheslowakei oder Jugoslawien) in den 1990er Jahren, als Deutschland beschloss wieder zusammenzuwachsen und sogar eine deutsch-russische Freundschaft in “westlichem” Wertesystem (nicht als “großer Bruder SU”, sondern als Austausch auf Augenhöhe) neu zu errichten, verschob sich die ideologische Ostgrenze nach Ostasien. Nachdem nun seit Jahrzehnten in den Köpfen verankert war “Osten gleich Kommunismus” und dies in Europa nicht mehr zutraf, wurde gedanklich als der “(Rest vom) Osten”, also China und Nordkorea etabliert. Das traf sich ganz gut, weil erstens China sowieso stets etwas exotisch war – dort findet man andere Religionen, während Russland zumindest noch abrahamitisch ist – und zweitens man geographisch nun den riesigen eurasischen Kontinent wirklich nach geographischen Richtungen (allerdings asymmetrisch) aufteilt. Der Westen wäre in dieser Sprechweise also zumindest ganz Europa (mit oder ohne Russland, was irgendwie mehr für sich selbst steht, also “zwischen” Ost und West liegt – gedanklich).

Meinen wir das mit “western astronomy”? NEIN, natürlich nicht: keine dieser Auslegungen. 

Kolonialgeschichtlich 

In den Amerikas und Australien, die eine hochmoderne Astrophysik betreiben, aber auch vor einem halben Jahrhundert von Europäern kolonialisiert worden waren, ist “western astronomy” oft ein Kontrast zu “indigenous astronomy”. Hier meint “western astronomy” einerseits die moderne Astrophysik / Astroinformatik, andererseits eben den Kontrast zu naturkundlichen Astronomie der Ureinwohner (müsste ich hier “Ureinwohnende” schreiben? oder Eingeborene? ich lasse einfach die Genderei und meine trotzdem alle).   

Häufig wird in diesem Kontext dann ein gewisser Groll gegen die Eroberer ausgedrückt: Obwohl die moderne Forschung ja eigentlich für alle gut ist und von allen ethnischen Gruppen gemeinsam betrieben wird, indem es für die Forschung in Physik/ Mathematik/ Informatik schlichtweg keine Rolle spielt, ob man Aboriginal Australian, American Indigenous oder irgendwann dorthin migriert ist, schwingt hier oft auch mit, dass einst europäische Kolonialherren sich wie die Axt im Wald benahmen. In blinder Zerstörungs- und Unterwerfungswut wurden Menschen, Gruppen, Völker, Kulturen deportiert oder/ und vernichtet. Wer sich jetzt fragt, was das alles mit Forschung zu Schwarzen Löchern, Exoplaneten oder an den Antennenfeldern der Radioastronomie zu tun hat, dem sei erläutert, dass wir Astronomen (w/d/m) gar nicht um diese Fragen herumkommen: Wenn man z.B. eine Bewerbung auf eine Stelle als Astronom in Australien schreibt, muss man im Bewerbungsformular auch angeben, ob man einer Aboriginal- oder Torres Strait-Gruppe angehört: politisch natürlich, um diese nicht länger zu benachteiligen. Während man in Australien die Ethnie also extra abfragt, soll man bei Bewerbungen in den USA explizit (anders als in Europa) KEIN Foto auf dem Lebenslauf haben, was die Ursache in den Vorurteilen vieler Menschen (auch Arbeitgeber sind Menschen) bzgl. verschiedener Hautfarben hat: entweder vorverurteilt man Blondinen oder Menschen mit irgendwie abgedunkelter oder ganz schwarzer Hautfarbe. Zwecks Ausschluss solcher irrationalen Vorurteile soll man ein Foto gar nicht erst mitliefern. Also: natürlich betrifft uns Astronomen all das, was Amateurastronomen gelegentlich als “Schnee von gestern” verstehen, in der alltäglichen Berufspraxis! Es gibt Milliarden von Menschen auf diesem Planeten, aber nur ca. 10.000 Astronomen, so dass wir natürlich global zusammenarbeiten und aufgrund der Wissenschaftskultur eben auch häufig migrieren (müssen). 

Das Wort “western” bezieht sich in diesen Kontexten auf etwas Historisches. Mal ist es “western” im Sinn von nordatlantik-zentrisch (USA+NATO-Bündnispartnerländer), mal ist es Westeuropa (ebro-zentrisch) in Bezug auf die brutale Kolonialisierung. Zufälligerweise liegt auch in diesem Fall die Grenze zwischen Ost und West etwa in Österreich/ Deutschland (das es aber in dieser Zeitscheibe gar nicht als einen Staat gab): die Länder westlich von uns hatten Kolonien in den “neuen Welten”, die Länder östlich von uns nicht: Polen hatte nur ca. eine Woche lang mal eine Kolonie, das dt. Kaiserreich nach seiner Gründung 1871 bemühte sich ums Nachholen des gefühlt vorher Verpassten, aber im Zeitalter der großen Übersee-Eroberungen (16.-18.Jh.) der Portugiesen, Spanier, Briten, Franzosen, Niederländer … waren die Zentraleuropäer weitestgehend mit sich selbst beschäftigt.

Zurück zum Thema “western astronomy”: Beide o.g. Definitionen von “western” haben eigentlich genau nichts mit der Praxis und Methodik der Wissenschaft zu tun. Weder hat Spanien (als Kolonialmacht) die moderne Astrophysik erfunden noch nach Amerika gebracht, noch hängt dies irgendwie kausal zusammen, sondern auch dazwischen liegen Jahrhunderte. 

“Western Astronomy” bezieht sich also auch nicht auf diese Verwendung des Wortes. 

Altertum

Im Altertum, als in Mitteleuropa noch keine Schrift existierte und wir daher nicht wissen, was die Leute gemacht haben (Stonehenge hat höchstwahrscheinlich nichts oder wenig mit Astronomie zu tun und auch die Himmelsscheibe von Nebra ist nicht beschriftet), ist es sehr viel ergiebiger für die historische Forschung, sich mit dem Mittelmeerraum zu beschäftigen.

Nachgetragener Hinweis von Gudrun Wolfschmidt: Die Worte “Ost” (asu) und “West” (ereb) der Phönizier, die sich auf die etwaigen Bereiche des Sonnenauf- bzw. -untergangs am Horizont bezogen, waren namensgebend für die Landmassen. Unser eurasischer Kontinent wurde ja nach den Prinzessinnen (der griechischen Mythologie) Asia und Europa benannt, wobei sich diese beiden Namen der mythologischen Gestalten von den phönizischen Vokabeln ableiten. Demnach wäre Asien (von asu) Osten und “der Westen” wäre Europa (von ereb). Diese Bedeutung war aber bereits vergessen, als man aus den fremdsprachlichen Vokabeln die mythologischen Prinzessinnen machte. 

Das griechische Imperium von Alexander dem Großen erstreckte sich von Makedonien bis zum Hindukusch und bis Ägypten – also über das Gebiet, das heute landläufig als “Der Orient” (Osten) bezeichnet wird; dort wurde eine gemeinsame kulturelle Identität neu erfunden: “Das Griechische”, ein Sammelbegriff für Multikulti. Das römische Imperium eroberte die meisten dieser Gebiete und den gesamten europäischen Mittelmeerraum; Ägypten war (zeitweilig) Bestandteil, aber der Rest Nordafrikas nicht unbedingt (siehe Punische Kriege). In der landläufigen Rezeption (vor allem durch die Kirchentradition mit dem Zentrum des römisch-katholischen) ist das antike Rom die Wurzel unserer mitteleuropäischen Kultur. Demnach wäre dann das frühere Alexander-Reich im Orient “der Osten” und Rom “der Westen”. Das ist aber ca. zwei Millennien her – und zu einer Zeit, als die meisten Landteile der Erde noch nicht bekannt waren. Noch bis zum Behaim-Globus aus den 1490ern waren Amerika und Australien nicht auf europäischen Karten verzeichnet und auch weite Teile Afrikas waren nicht erschlossen.

Weil diese Denkweise aber eben auch seit ca. 700 Jahren (Marco Polo) oder 600 Jahren (Columbus, Vespucci) überholt ist und mit der Kolonialgeschichte einen üblen Beigeschmack bekommt, beginnt man weltweit Forschungsinstitute für die Erforschung des Altertums, der Assyriologie etc. von “Proche Orient” oder “Near East” umzubenennen in “… zur Erforschung der Geschichte des Mittelmeerraums”. Letztes Jahr besonders prominent in den Medien die Umbenennung des entsprechenden Instituts in Chicago. 

Abgrenzung “high tech” versus “naturkundlich”?

Wenn man mit “western astronomy” einfach die Verwendung von cutting-edge-Technologie meint, also z.B. “multiwavelength astronomy” oder “multimessenger astronomy”, wenn man die Daten von Satellitenteleskopen auswertet, die nicht nur Radio- und optisch können, sondern auch UV-, Röntgen-, Gamma- u.a. oder die gigantischen Superteleskope mit Riesenspiegeln, aktiver und adaptiver Optik, Interferometrie im elektromagnetischen Spektrum (durch das Zusammenschalten der vier Subaru-Riesenspiegel oder mehrerer über die Erde verteilter Radioteleskope) oder zur Detektion von Gravitationswellen, oder wenn man meint, dass die Daten nicht nur von Menschen auf Millimeterpapier, sondern computergestützt oder nicht nur mit Lochkarten, sondern mit Künstlicher Intelligenz ausgewertet werden… 

Wenn es das ist, was wir mit “western” meinen, weil es oft die USA oder westeuropäische Länder waren, die damit als erste damit in die Öffentlichkeit rückten (was nicht heißt, dass der Osten es nicht hätte, weil man nie weiß, was in der SU oder China geforscht wurde/wird, weil die PR-Politik eine andere war/ ist), dann wäre “western” vielleicht besser mit “heutigem Stand der Wissenschaft/Forschung” oder “cutting edge-technology” zu ersetzen oder mit “hochtechnologischer Forschung”. 

Ich verrate Ihnen auch noch ein “Geheimnis”: Auch die Staaten des sog. Westens, die als Epizentrum dieser Art der Forschung betrachtet werden, haben ihre jeweilige individuelle Geschichte. Staaten auf modernen Landkarten sind menschliche Erfindungen und die in diesen Grenzen lebenden Völker/ Ethnien/ Kulturen haben jeweils ihre eigenen historischen Astronomie(n). Sie alle haben schon immer den Himmel beobachtet und die regelmäßigen Takte “da oben” zur Bestimmung von Zeit und zur Navigation verwendet. Ich wage sogar beweislos zu behaupten, dass es wsl. keine Kultur gibt, die das nicht gemacht hätte. Es gilt also auch für jede (west-)europäische Gruppe von Menschen, dass hier natürlich eine gewaltige Migrationsgeschichte (Völkerwanderung!) vorliegt, aber jede der Volksgruppen auf eigene Sternbilder/ Navigationshilfen/ raumzeitliche Bezugssysteme am Himmel etc. zurückblicken kann.  

Herkunft der IAU-Kultur

Mit dem Schrecken des ersten Weltkriegs im Nacken, gründeten die Astronomen im Jahr 1919 eine globale Organisation der Fachastronomie. Ziel war es, erstens die Fundamentalastronomie zu standardisieren, d.h. z.B. das Einführen von international einheitlich verwendeten Sternbildgrenzen (die nicht mehr irgendwelche Götter repräsentieren, sondern Flächen am Himmel, die man zur Nomenklatur der Veränderlichen Sterne brauchte, dem damals aktuellsten “cutting-edge”-Forschungsgebiet), von einheitlichen metrischen Systemen für Zeit und andere Koordinaten. Zweitens ist es bei der geringen Anzahl von Kollegen (w/d/m) weltweit natürlich auch fatal, wenn Kriege die globale Zusammenarbeit behindern. Das war schon in früheren Jahrhunderten immer wieder der Forschung auf die Füße gefallen (siehe Venustransit-Expeditionen im 17. Jh.), hatte aber 1919 aber durch den Weltkrieg rezent ungeahnte Ausmaße erreicht (siehe Nachweis der Allgemeinen Relativitätstheorie). Das wollte man künftig unterbinden, also ein Bündnis gegen Wissenschaftsbehinderung durch Weltpolitik (ob das immer klappt/ klappen kann, steht auf einem anderen Blatt und nicht zur Diskussion, ist aber ein edelmütiges Ziel). 

Bei der Einführung der international standardisierten Sternbilder in den 1920er Jahren (in drei Schritten: 1922 die Namen in Latein, ihrer Genitive für Sternnamen und ihrer dreibuchstabigen Abkürzungen, 1925-1928 das Erarbeiten der Grenzlinien, die 1928 auf der Generalversammlung akzeptiert wurden, 1930 die Publikation des Atlas mit diesen Linien) hatte man sich entschieden, auf der Almagest-Kultur aufzubauen. Der Almagest ist ein Buch, das “Ptolemäus von Alexandria” als Autor nennt. Er hat dieses Buch möglicherweise nicht allein geschrieben, sondern steht als Herausgeber eines Werks des “Museion” (der “Schule von Alexandria”, dem damals größten Forschungszentrum) auf dem Buch, deren Leiter er war, aber das viele Mitarbeiter hatte. Er stammt aus einer Familie mit Migrationshintergrund: Sein Name ist klar griechisch (ptolemaios) und seine Ahnen kamen nach Alexander dem Großen als Könige des ägyptischen Teils dies neuen, “griechisch” genannten Reiches; sie regierten das Land (bevor die Römer kamen). Unser Astronom – oder eigentlich Universalgelehrter – Ptolemäus lebt aber in römischer Zeit unter der Regentschaft von Kaiser Hadrian (Rom). Er ist ein Gelehrter, dessen Familie seit einem halben Millennium (500 Jahren!) in Nordägypten lebt. Er schreibt griechisch, weil das die Sprache der Wissenschaft war, aber er hätte sich selbst vermutlich genauso wenig als Grieche bezeichnet wie ich mich nicht als Engländer bezeichne, nur weil ich meine Fachpublikationen auf Englisch mache, damit sie international gelesen & rezipiert werden können. 

Die IAU entschied sich für diese Kultur von Sternbildern, weil sie seit dem 2. Jh. in allen abrahamitischen Kulturen genutzt wurde und seit den Jesuiten (also ebenfalls bereits seit Jahrhunderten) auch in China. Auf dem gesamten eurasischen Kontinent hatte man also um 1920 bereits eine relativ einheitliche Grundkultur von Sternbildern, so dass es als sinnvoll erschien, diese einmal konkret zu definieren (die Grenzen als “gerade” Linien festzulegen). Es war expressis verbis die Aufgabe damals, dass man alle politischen und religiösen Anspielungen der vergangenen Jahrhunderte nun herauslassen wollte und “zurück zu den Wurzeln” im Almagest gehend mit Ergänzungen auf der Südhalbkugel gehen wollte. Politische Sternbilder wie der Poniatovski-Stier für den König von Polen oder die Friedrichsehre für den von Preußen wurden absichtlich obsolet gemacht. 

Woher kommt diese Almagest-Kultur? 

Der Almagest gehört in den Bereich der enzyklopädischen Werke. Er basiert bereits auf einem halben JahrTAUSEND Vereinheitlichungs-, Zusammenführungs- und Standardisierungsgeschichte, die seit dem ersten Multikulti-Reich von Alexander dem Großen (selbst Makedone) praktiziert wurde. Die Wurzeln der Kultur, die im Almagest repräsentiert wird, liegen also in sehr verschiedenen Bereichen: Die Tierkreis-Sternbilder waren um 400 v.u.Z. eine direkte Übernahme aus Babylon (Irak), vom Rest sind einige syrische, hethitische, ägyptische oder griechische Namen erhalten, mitunter auch kulturell missverstanden oder amalgamisiert. 

Der Almagest, also die Basiskultur für die IAU, kommt aus Afrika (weder aus Europa noch aus Asien) und ist eine Amalgamisierung vieler historischer Kulturen des Mittelmeerraums, Nordafrikas und Westasiens.

Was sehen wir an dieser Auflistung? 

Die Sternbilder, die in den 1920er Jahren unter Federführung eines Belgiers (ok, Westeuropa) international standardisiert wurden, haben ihren Ursprung in der Gegend, die man eurozentrisch “Naher Osten” oder Latein “Orient” nennt. Die “westlichen Sternbilder” kommen also “aus dem Osten”…. ex oriente lux.  

Ich hoffe, jetzt sind auch die letzten überzeugt, dass die Phrase “western astronomy” oder “western constellation” höherer Quatsch ist. Wenn eine Vokabel dermaßen viele Bedeutungen haben kann und jede einzelne davon nicht wirklich Sinn ergibt, sollte man vielleicht die Vokabel sein lassen, da sie der Kommunikation (die nach Schulz von Thun ja eh stets mehrschichtig ist) nicht zuträglich oder gar abträglich ist.  

Und wo ist jetzt also Westen?

Nun, Westen ist immer da, wo der Westwind herkommt. Und der Westwind kommt aus der Richtung, in der die Sonne zu den Tagundnachtgleichen (Äquinoktien) untergeht. So ist es zumindest bei Aristoteles im -4. Jh. definiert (und da hat er Recht: Es gilt damals wie heute überall auf der Erde). Es ist eine relative Ortsangabe und kein Ort auf der Landkarte. 

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

1 Kommentar

  1. Der “Westen” ist eine Metapher, die die Europäische Aufklärung meint, nicht “wirklich” überraschend auch zum Beispiel in den US, in Canada, in Israel und in Süd-Korea und Japan gefunden werden kann, könnte, wenn sich auf diese Metapher eingelassen wird.

    MFG
    WB

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