Valentinstag am Sternhimmel

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Am derzeitigen Abendhimmel finden Sie alles, das Sie für eine romantische Liebeserklärung brauchen und am derzeitigen Morgenhimmel alles für die Ehe(schließung). Als hätte es die Kultur absichtlich so eingerichtet, was systematisch über die Jahrtausende gewachsen ist.

Am Abendhimmel haben wir früh noch die Reste des Herbsthimmels: Das Sternbild der “Fische”, das modern (und auch schon griechisch antik) unverständlich ist, weil es ein uraltes babylonisches Sternbild ist, das über die Jahrhunderte verballhornt wurde. Schlussendlich kam dabei eine Figur von zwei Fischen heraus, die mit einem mysteriösen Band verknotet sind: dem Band der Liebe, das die zwei Wesen verbindet.

Sternbild Fische heute (Simulation von Stellarium) Sie sind mit dem “Band der Liebe” verbunden.
Sternbild Fische (Pisces) nach moderner Konvention der IAU, festgelegt nach Delporte, 1930.

Hoch am Himmel steht derzeit der schönste Mann, den der Himmel zu bieten hat: Orion, the sexiest heavenly body. Zu seinen Füßen entspringt ein Fluss, der als Sternbild an den Himmel versetzt wurde. In der Antike war man sich nicht einig, welchen (geographisch existierenden oder mythologischen) Fluss man damit bezeichnen möchte, aber modern heißt das Sternbild (Fluss) Eridanus. Was antik als plätscherndes Wasser interpretiert wurde, ist heute das Liebessymbol schlechthin:

links das Sternbild nach Almagest (ca. 137 n.Chr.) und rechts das Sternbild nach heutiger internationaler Konvention (festgelegt nach Delporte, 1930). Heute reicht es weiter nach Süden, aber man sieht, dass der nördliche Teil – genau der, der bei uns in Mitteleuropa überm Horizont ist – herzförmig aussieht.
Ich habe Ihnen hier mal den südlichen (geraden) Abschnitt des Eridanus abgeschnitten und nur denjenigen Teil gezeichnet, der über unseren europäischen Horizont kommt. Der helle Stern oben links ist Rigel im Orion (Fußstern).

Dieses Sternbild (Eridanus), das aus eher zarten Sternen besteht, aber gleich neben dem Orionfuß leicht auffindbar ist, können Sie also Ihrer Liebsten zeigen, um Ihre Liebe zu verstirnen.

Am Morgenhimmel haben Sie dann auch noch die Brautkrone (Corona Borealis, der Kranz der Ariadne = Archetypus der Braut) und die Locke der Berenike, die als Symbol für (eheliche) Liebe und Treue an den Himmel versetzt wurde: Beides neben einem anderen schönen Mann, der verstirnt wurde: der stattliche Pflüger (grch.: Bootes), der modern manchmal auch als Ochsentreiber, Hirte/ Bärenhüter oder – wie hier mit seinen Jagdhunden abgebildet – als Jäger interpretiert wird. Den hellen Stern “Arkturos” (grch.: der Wächter) finden Sie mit Verlängerung der Deichsel des Großen Wagens und rechts (westlich) von Arktur finden Sie den Sternhaufen “Coma Berenices” und links (östlich) von Arktur den gebogenen Sternkranz, den wir die (Braut-)Krone nennen.

Kurz vor Beginn der Dämmerung geht auch noch das Sternbild Lyra auf und knapp unter dem hellen Stern Wega, zwischen den Sternen beta und gamma Lyrae befindet sich der berühmte “Ringnebel”. Es handelt sich um den Überrest eines sonnenähnlichen Sterns: seine äußere Hülle hat er abgestoßen und im Zentrum bleibt ein Weißer Zwergstern übrig. Weiße Zwerge sind zwar noch sehr heiß, aber sie können keine Kernfusion mehr betreiben. Es sind die verdichteten Kerne von Sternen, die zuletzt Helium zu Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff fusioniert haben. Also große Kugeln aus heißem, stark gepresstem Kohlenstoff – wenn Sie so wollen: Diamanten in Erdgröße (das kann man auch wissenschaftlich beweisen, dass die Kristallstruktur im Zentrum etwa der von Diamant entspricht; nur mit Anreicherung von O und N). Insofern ist unser schöner Ringnebel im Prinzip ein Diamantring – nur, dass der Diamant hier eben im Zentrum sitzt und nicht auf dem Ringrand.


Messier 57, der Ringnebel in der Leier, aufgenommen vom Hubble-Weltraumteleskop;
Erstellt: 1. Oktober 2013, Judy Schmidt, unter CC-BY 2.0 Lizenz.

Nicht die Worte können sagen
was die wahre Liebe schreibt
nicht mit klaren Buchstaben
reden Liebende zu zweit.

Darum schweigt der Dichter hier
wenngleich das Schreiben ihm Pläsier
Doch er weiß, dass Worte stören
wenn zwei nur woll’n einander g’hören.

(Dalena)

Sternbilder Skorpion und Waage umdefiniert zur “Blume”

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als (Kultur)Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Die einleitenden Verse beschreiben eine Grundstruktur in ihrem Denken und Agieren: Physik ist eine Grundlagenwissenschaft, die datenbasiert und mit dem Erkenntnisapparat der Logik ein Verständnis der Natur zu erlangen bestrebt ist. Es gibt allerdings auch Fragen der Welt, die sich der Physik entziehen (z.B. wie wir Menschen auf diesem Planeten friedlich, synergetisch und benevolent zusammenleben können) - darum ist Physik nicht die einzige Liebe der Bloggerin. Sie liebt die Weisheit und hinterfragt die Welt. Das Wort "Philosophie" ist ihr aber zu groß und das populärwissenschaftliche Verständnis davon zu schwammig, als dass sie sich damit identifizieren würde: hier geht's faktenbasiert zu. Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

1 Kommentar

  1. Wenn man sich im Sternenhimmel gut auskennt, dann kann ich mit gut vorstellen, dass sich da auch etwas Anderes und Schönes mit ohne großer Wissenschaft machen lässt. Freut mich die Idee.
    Mein Enkel hatte eine Vergleichbare Himmelsidee. Zum Geburtstag bekam ich einen Bilderrahmen, in dem in einem dunklen Himmelsbild ein kräftiges Geburtstag-Sternenzeichen eingezeichnet war.

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