Tagung der GDP

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Nicht die Gewerkschaft der Polizei (die sich mit kleinem ‘d’ schreibt), sondern der Gesellschaft deutschsprachiger Planetarien. Unsere GDP tagte dieses Jahr vom 29. April bis 02. Mai in Münster (Westfalen).

Altstadt von Münster bei strahlendem Sonnenschein und T-Shirt-warmem Wetter: der Norden ist großartig!
Altstadt von Münster bei strahlendem Sonnenschein und T-Shirt-warmem Wetter; das brettl-ebene Land lädt zum Radfahren ein: ich liebe den Norden!

Es war ein recht buntes Programm, eine illustre Mischung aus dem Alltagsgeschäft von Planetariern. Da gab es Sessions zu Fulldome-Technologien, Gestaltung von Werbung in Bild und Schrift, Teaser und Ausschnitte für aktuelle Fulldome-Produktionen sowie Vorführungen mit dem Digitalplanetarium für die Kuppel… viele interessante Anwendungen.

Tagungsprogramm (vergrößerbar)
Tagungsprogramm (vergrößerbar)

Am Freitag fanden sich bereits die ersten zu einem (informellen) Abendessen ein, aber so richtig los ging es erst am Samstag. Die Leitungen der Planetarien tagten am frühen Morgen im Sitzungssaal – ein Bild, dass Monika Staesche festgehalten hat, erinnerte an Szenen aus StarTrek:

AG Planetariumsleitungen: ein Bild wie bei einer Sitzung von Vertretern der Föderation der Planeten. :-) credit: Dr Monika Staesche
AG Planetariumsleitungen: ein Bild wie bei einer Sitzung von Vertretern der Föderation der Planeten. 🙂 credit: Dr Monika Staesche

Da sieht man mal wieder, wie schnell Gerüchte entstehen, denn vermutlich haben nicht wir den Anblick der Filme nachgestellt, sondern die Filme den typischen Anblick von solchen Sitzungen (wie sie es gewiss auch schon vor unserer Lebenszeit gab). Das einzige, das bei uns neu und näher dran ist an StarTrek: Bei uns gibt es – mindestens – einen echten Außerirdischen [bekanntlich lebe ich auf dem Planeten Erde, stamme aber eigentlich von einem anderen Planeten]. 😉

Planetarium Münster (Innenansicht)
Planetarium Münster (Innenansicht)

The Dawn of the Meeting. Nach diesem Vorab-Meeting wurde die Tagung durch den Präsidenten der GDP offiziell eröffnet und durch einen Eröffnungsvortrag eines Wissenschaftlers vom ortsansässigen Planetenforschungsinstitut eröffnen. Passend zum Beginn der Tagung und des Vormittags ging es um DAWN, die Planetoidenraumsonde und ihre Ergebnisse zur Erforschung der Zergplaneten und Planetoide zwischen Mars und Jupiter, schwerpunktmäßig Ceres und Vesta.

Eröffnungsvortrag im Plenarsaal des LWL-Hauses in Münster. [Foto: Dr Monika Staesche]
Eröffnungsvortrag im Plenarsaal des LWL-Hauses in Münster. [Foto: Dr Monika Staesche]
Die folgenden Tage boten sowohl Vorträge aus eigenen Reihen der Planetarier – wenn z.B. jemand eine Sache gemacht hat und präsentieren möchte oder einfach ein bestimmtes Thema diskutiert haben möchte – wohl wissend, dass alle oder viele andere das seit langem machen. So brachte bspw. Benjamin Mirwald aus München das Thema der Kindergeburtstagsveranstaltungen auf und wollte dabei verschiedene Formen von Durchführung und Preispolitik diskutieren. Benjamin Husher, der bisherige Leiter des Planetariums Potsdam, der inzwischen nach Berlin gewechselt ist, präsentierte verschiedene Strategien zur Team-Bildung.

Gruppenfoto der GDP-Tagung am Sonntag von Michael Schomann
Gruppenfoto der GDP-Tagung am Sonntag von Michael Schomann

Planetarium Münster bot natürlich auch die eine oder andere Präsentation an, verschiedene Führungen durch die Stadt und das das Planetarium umgebende Naturkundemuseum.

Die Vertreter der Kleinplanetarien trafen sich am Montag in einem separaten Meeting, in dem verschiedene Schwierigkeiten der kleinen angesprochen wurden, die anders als die der der großen Kuppeldurchmesser sind. Ich bin im Grunde dankbar für diese Zusammenkunft, weil ich mir dadurch ein Stimmungsbild machen konnte. Unterm Strich stellte es sich für mich aber als Tohuwawohu von Wehwehchen und Gejammer einzelner dar und ich finde, wir Kleinplanetarier sollten mit dem Gejammer aufhören und in sich ändernden Zeiten Anpassungsfähigkeiten geweisen anstatt sich nur über Änderungen zu beklagen. Ich beabsichtige, mich für diese – mir im Grunde seit Jahren sehr am Herzen liegende Gruppe der kleinen Kuppelbauten – künftig mehr zu engagieren. Ich denke, die GDP gibt mir das Forum und die medialen Möglichkeiten (d.h. via fb-Gruppe, mailinglisten etc. pp.), zunächst einmal hier einige Daten zu erheben, diese zu analysieren und anschließend daraus Konsequenzen abzuleiten für Planetarien. Machen wir mal ein kleines Mini-Forschungsprojekt, also eher eine Studie… 🙂 Das wird sicher ein Spaß, zumindest für eine von uns! 🙂
Eine Masterarbeit gibt’s wohl schon zu dem Thema (von der Tochter eines Kleinplanetariers), ich hoffe, dass ich diese bald bekomme und dann lesen kann.

Verteilung der Klein- und Großplanetarien im deutschsprachigen Raum - Grafik von der GDP-Webseite.
Verteilung der Klein- und Großplanetarien im deutschsprachigen Raum – Grafik von der GDP-Webseite.

Mein persönlicher Beitrag zur GDP-Tagung war ein fachwissenschaftlicher. Ich war das erste Mal auf dieser Tagung und nehme bei solchen Gelegenheiten immer gern zunächst eine Beobachterrolle ein. Erst, wenn ich meine Nische im Gesamtgefüge gefunden habe und etwas beitragen kann, melde ich mich gerne (und mitunter vorlaut) zu Wort und dazu muss ich die Nischen ja erstmal entdecken. Ein Nebenprodukt meiner Doktorarbeit über Astrometrie im Altertum war eine Neudeutung der babylonischen Sternbilder und daher habe ich darüber einen Kurzvortrag gehalten.

Der alte Planetariumsprojektor (Knochen) steht in der Ausstellung, während der modernere (innen) wie ein Ei aussieht.
Der alte Planetariumsprojektor (Knochen) steht in der Ausstellung, während der modernere (innen) wie ein Ei aussieht. [Planetarium-im-Zentrum-der-Galaxis-Foto: Dr Monika Staesche]
Das Beste ist aber, dass Planetarium Münster diese Sternbilderfiguren fürs Digitalplanetarium im Rahmen einer neuen Show bereits produziert hat. Wir konnten also an der Kuppel den ganzen Tierkreis in zwei – oder eigentlich sogar drei – historischen Entwicklungsstufen vorführen! Das war wunderbar und mit dieser Produktion haben mir Björn Voss und sein Grafiker, Herr Perdok, eine besondere Freunde gemacht. Ebenso ließ mein Herz höher schlagen, dass danach mehrere Planetarier anderer großer, mittlerer und kleinerer Häuser auf mich mit der Idee zukamen, damit einmal eine Show zu produzieren: JA! Liebend gern, liebe Kollegen, denn in der Tat reite ich dieses Steckenpferd ja schon seit 18 Jahren in meinen Planetariumsvorführungen, Karawanen und anderen Sternbilderklärung-Einheiten für die Öffentlichkeit – nur jetzt eben forschungsbedingt mit viel fundierterem und neuerem Wissen als früher – und ich weiß sehr gut, dass dies ein ganz klassisches Thema ist, dass sich viele unserer Planetariumsbesucher wünschen!

Künftiges Werbeposter mit sehr passendem Slogan
Künftiges Werbeposter mit sehr passendem Slogan

Es erfüllt mich stets mit großer Freude, wenn Menschen aus meiner Live-Show kommen und sinngemäß so etwas sagen wie “ich bin seit Jahrzehnten Hobbyastronom, aber bei Ihnen hab ich über Sternbilder noch etwas Neues gelernt” … das kam in den letzten Monaten nicht nur einmal vor, sondern oft (denn ich habe ja jetzt ganz frische Erkenntnisse dazu) und ich bin sicher, ich kann da noch einiges mehr beitragen, was die Öffentlichkeit interessiert, wenn man mich auch in Zukunft weiterhin an diesem Thema arbeiten ließe – und zwar hauptberuflich als Forscherin, aber in enger Verbindung mit dem Output-Organ = Medium “Planetarium”, denn ich bin nun einmal in einem solchen ausgebrütet worden, damals nachdem das Ei auf die Erde gefallen war, das meine extraterrestrischen Vorfahren gelegt haben. 😉

 

Die GDP ist eine sehr junge Organisation, denn sie wurde in dieser Form erst 2011 gegründet. (Es gab natürlich Vorläuferorganisationen.) Das macht sich dadurch bemerkbar, dass es noch keine besonderen Traditionen gibt und dass sich auch manche Formate erst einspielen müssen. Selbst wenn die Sitzung der Kleinplanetarien keine riesigen Sprünge ergab, so ist es doch m.E. auch wichtig, dass sich die Planetarien – die kleinen wie die großen – in Gestalt der GDP eine Lobby geben, ein paar BasicConcepts zusammentragen und natürlich ein überregionales und sogar internationales Netzwerk zwecks Zusammenarbeit und gegenseitiger Unterstützung bilden!

ÜBRIGENS: Was viele nicht wissen, ist, dass ich erstens seit 2011 Mitglied der GDP bin, weil ich Planetarien auch als individuelles Mitglied und perspektisch durch Output von meiner Forschung unterstützen wollte sowie dass zweitens ich von Anfang 1998 bis Ende 2005 (also geschlagene acht Jahre lang!) hauptberuflich-neben-dem-Studium in Planetarien gearbeitet habe. Da es keine Gewerkschaft für Astronomen gibt, hat auch bisher nie jemand konktrolliert, wieviel ich arbeite und das war damals schon – im Gegensatz zu manch anderen Studis, denn ein Privatleben hatte ich, glaube ich, noch nie – ca. 16 und mehr Stunden am Tag und zwar sogar sieben Tage pro Woche [inzwischen mache ich am siebten Tag weniger: man wird ja nicht jünger]; darum konnte ich das hauptberuflich und trotzdem auch neben dem Vollzeitstudium tun. Ich liebe es nun einmal, hin und wieder meinen (durchaus sehr lieb gewonnenen) akademischen Elfenbeinturm zu verlassen und der Öffentlichkeit einige der Erkenntnisse – sofern sie zuerst in der Community diskutiert worden sind – zu präsentieren. Und zwar nicht nur im Blog, sondern auch durch gelegentliche Live-Performances. 🙂

 

DANKE für die tolle Organisation des Münsteraner Planetariumsleiters Dr Björn Voss
[er scheint die Gabe zu haben, an allen Orten gleichzeitig zu sein:
ich glaube, ich muss an meiner Wellenfunktion noch arbeiten]

und seinem großartigen Team!

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als (Kultur)Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Die einleitenden Verse beschreiben eine Grundstruktur in ihrem Denken und Agieren: Physik ist eine Grundlagenwissenschaft, die datenbasiert und mit dem Erkenntnisapparat der Logik ein Verständnis der Natur zu erlangen bestrebt ist. Es gibt allerdings auch Fragen der Welt, die sich der Physik entziehen (z.B. wie wir Menschen auf diesem Planeten friedlich, synergetisch und benevolent zusammenleben können) - darum ist Physik nicht die einzige Liebe der Bloggerin. Sie liebt die Weisheit und hinterfragt die Welt. Das Wort "Philosophie" ist ihr aber zu groß und das populärwissenschaftliche Verständnis davon zu schwammig, als dass sie sich damit identifizieren würde: hier geht's faktenbasiert zu. Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

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