Sternbilder-Transformation 1

Unsere Sternbilder sind nicht in Stein gemeißelt, sondern sie wurden im  Lauf der Jahrtausende verändert. Es sind Strukturen, die das menschliche Gehirn erfindet, weil Menschen auf Mustererkennung “dressiert” sind. Natürlich kann man als Muster nur das sehen, was man in natura kennt – also wer niemals ein Kamel gesehen hat, den wird es auch überfordern, es sich in den Sternen (oder Bergen oder Wolken…) vorzustellen. 

Am Frühlingshimmel steht das Frühlingsdreieck aus den Sternen Spica-Regulus-Arkturos hoch.

Spica in der Jungfrau

Spica liegt fast direkt auf der Ekliptik und kann oft von Mond und anderen Objekten des Sonnensystems bedeckt werden. Der Name des Sterns “Spica” ist Latein und bedeutet “Kornähre”. Er ist eine wörtliche Übersetzung aus dem Griechischen (stachys), das wiederum eine wörtliche Übersetzung aus Keilschrift-Texten ist. Diese Bezeichnung ist bereits seit dem 2. Jahrtausend BCE kontinuierlich belegt. 

Das Sternbild hingegen hieß früher “Ackerfurche”. Es war einer Göttin zugeordnet. Es ist nicht überliefert, wie diese Zuordnung gemeint ist, aber sicher ist die Göttin kein Sternbild gewesen – sie wurde es aber im folgenden -1. Jahrtausend (zumindest mancherorts: in Babylon selbst wahrscheinlich nicht, aber in Uruk). 

ich habe Ihnen diese Transformation mal visualisiert;
das animierte GIF habe ich erstellt, die Sternkarte ist von Stellarium, die Zeichnungen sind teilweise von Robert Perdok (LWL Planetarium Münster), teilweise von mir.

Man sieht an dieser Animation auch die Flächen der Tierkreis-Sternbilder hervorgehoben. Längst bekannt ist die SternBILDER-Lücke im Tierkreis, während die Sternzeichen ein Kontinuum sind. Ich hatte in diesem Blog schon oft von dem Phänomen berichtet, aber hier sehen Sie es nebenbei auch.

Regulus im Löwen

Regulus – der Königsstern ist übrigens ein Sternname, der ähnlich lange tradiert ist. Auch dieser Stern, heute “der kleine König” oder das “Königlein” genannt, hieß auf Griechisch “Prinz” und in der Keilschriftliteratur, auf Akkadisch und Sumerisch, “der Königsstern”.

Arkturos – im Bootes

Bootes wird auf deutsch meist als “Bärenhüter” bezeichnet. Römisch war es aber ein Ochsentreiber, griechisch und babylonisch ein Pflüger – ein Landarbeiter.

Der helle Stern zwischen seinen Beinen wurde mit dem griechischen Wort “arkturos” bezeichnet, wörtlich: der Wächter … das kann ein Hirte sein, aber auch ein anderer Aufpasser. Weil das Wort griechisch ist, schreiben wir es im Deutschen korrekt mit “k”, denn ein “c” gab es im Altgriechischen nicht. 

Auf Englisch schreibt man “Arcturus”, weil man die latinisierte Version nimmt. 

 

Fortsetzung folgt …

Sternbilder-Transformationen 2 wird im Mai erscheinen, aber dann erst wieder im August: ist schon gesetzt und geplant – nur, dass Sie sich nicht wundern, dass jetzt erstmal ganz viel anderes kommt. 

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

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