Grüner Blitz

Stellen Sie sich vor, Sie stehen am (West)Rand der Welt, schauen nach Westen, beobachten den Sonnenuntergang und dann dieses seltene Erlebnis: ein grüner Blitz

Angeblich – sagt der Aberglaube – soll er Glück bringen, der grüne Blitz. Fakt ist, dass es etwas Glück bedarf, um ihn zu sehen. Dieses atmosphärische Phänomen gehört zu den seltenen und es ist nicht abschließend geklärt, wann und wie er auftritt. 

Was wir wissen: In der Erdatmosphäre wird das Licht (wie in jedem Medium) gebrochen. Die Brechung ist wellenlängenabhängig und daher bei blauem Licht stärker als bei rotem (sehen Sie auch auf dem Pink Floyd-Logo). Wenn die Sonne am Horizont steht, verfärbt sie sich rot, weil die kuren Wellenlängen (blau) zur Seite weggestreut werden (was wir übrigens tags als Himmelsblau sehen) und nur das Rote direkt in unser Auge trifft. Den gleichen Effekt der Rötung am Horizont sieht man übrigens auch beim Mond, Planeten und hellen Sternen – aber bei der Sonne ist er am bekanntesten. Klar ist auch: je näher das Gestirn zum Horizont kommt, desto stärker ist dieser Effekt. Am Beispiel der Sonne: ihr unterer Rand ist röter als der obere. Das lässt sich auch auf Fotos dokumentieren – wobei meist der obere Rand eher gelblicher als quietschgrün erscheint. Wir verstehen also, warum die Sonne am Horizont rot wirkt und warum der blaue Lichtanteil fehlt. 

Manchmal – und wirklich nicht immer – sieht man aber das letzte Reststück der Sonne, wie auf dem obigen Foto gezeigt, grün aufleuchten. Grün liegt in der Mitte des für Menschen sichtbaren Lichtspektrums und es leuchtet zwar irgendwie ein, dass dies je nach Atmosphärenzusammensetzung (Dunst, Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Aerosole…) mal mehr und mal weniger in Beobachterrichtung gebrochen wird, aber wir wissen nicht wirklich, welche Ursache es hat. Häufiger wird das über dem Meer beobachtet, weil man dort freie Horizontsicht hat, aber da der grüne Blitz – im Fall von freier Horizontsicht – auch an Land auftritt, kann er nicht ursächlich mit dem Meer zu tun haben. 

Ein alter Piraten-Aberglaube besagt wohl, dass ein grüner Blitz bedeutet, dass eine Seele von den Toten zurückkommt. Unter Hobby-Astronomen (die ja oft etwas romantisch veranlagt sind) kursiert eher die Idee, dass man sich nie wieder in der Liebe irrt, wenn man einmal einen grünen Blitz gesehen hat. Egal, was man damit verbindet (Glück, Liebe oder Klabauter): Es ist ein unvorhersagbares, daher stets überraschendes und wunderschönes Naturerlebnis. 

Ich selbst habe schon wirklich viele Sonnenauf- und -untergänge gesehen, weil ich es liebe, einfach die Stille und Ruhe der Natur in allen ihren Bereichen zu genießen. Aber nie zuvor habe ich den grünen Blitz so intensiv wahrgenommen wie auf Honolulu letztes Jahr. Es war wirklich ein grüner Blitz so intensiv wie der Blitz eines Modefotografen oder eines Flitzerblitzers im Straßenverkehr – ich war buchstäblich “geflasht”.

Sonnenuntergang am Strand von Honolulu

Um es später anderen zeigen zu können, habe ich die Angewohnheit, zuhause auf einer großen Landkarte mit Nadeln zu markieren, wo ich war. Dabei fiel mir auf, dass auf unseren eurozentrischen Karten Honolulu tatsächlich am Westrand der Welt ist. Von Mitteleuropa 11 Zeitzonen entfernt (bzw. von Warschau, auf dessen Zeit wir im Sommer umstellen, sogar 12 Stunden). Es liegt am Wendekreis (u.a. daher die großen Sternwarten dort), etwas südlicher als die Kanaren. 

Da die Erde eine Kugel ist, wäre also “linksrum” oder “rechtsrum” etwa gleich weit. Man ist dorthin tatsächlich 1.5 bis 2 Tage unterwegs und ehrlich: es gibt entspanntere Reisen. Wenn es sich nicht gerade beruflich ergibt, gibt es auch nähergelegene schöne Reiseziele, wo Sie den grünen Blitz beobachten können.

am linken Bildrand (Stern) wäre der Aufnahmeort einzutragen. Meine Spielerei mit verschiedenen Kartenprojektionen, um diese Karte zu erzeugen, gibt’s dann nächste Woche hier.

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

3 Kommentare

  1. Ist der Blitz auch bei Sonnenaufgang beobachtet worden? Wenn nicht, müsste noch ein “Tagsüber-Faktor” untersucht werden, z.B. der Einfluss unterschiedlicher Erwärmung in div. Luftschichten und am Boden, bzw. Meer.

  2. Auf den Kanaren habe ich den grünen Blitz schon oft gesehen. Die besten Blitze waren sogar etwas bläulich, aber dafür waren offenbar spezielle Bedingungen erforderlich, so zum Beispiel warme Luftschichten direkt über dem Ozean nach sehr heißen Tagen.

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