Große Konjunktion als Weihnachtsstern nicht haltbar

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Ich hatte bereits letztes Jahr geschrieben, dass es für den “Stern von Bethlehem” noch immer mehrere Deutungsmöglichkeiten gibt (Nova, Supernova, Komet, Planetenkonjunktion) … aber dass die weit verbreitete Erklärung mit einer dreifachen Begegnung von Jupiter und Saturn nicht haltbar ist. 

  • Eine Erscheinung von einem “diffusen Stern” berichten eine chinesische und eine koreanische Quelle im Jahr 4 oder 5 v.Chr. Man weiß aber nicht, ob es sich bei diesem Objekt, das ~70 Tage lang sichtbar war, um einen Kometen oder eine Nova gehandelt hat. Interessant ist, dass die koreanische Quelle genau das Datum (31.März) nennt, als der Halbmond in dieser Himmelsgegend steht. Die Erscheinung muss also hinreichend hell gewesen sein. Aus dem nahen Osten und dem römischen Imperium sind aus dieser Zeit keine solchen Berichte bekannt. Die angegebene Sichtbarkeitsdauer von ~70 Tage wäre für eine Nova recht lang und für eine Supernova erstaunlich kurz.
  • Die letzte halbwegs sichere Erwähnung dort ist der “neue Stern”, den angeblich (laut Plinius d.Ä.) Hipparch von Nicäa gesehen haben soll und der ihn veranlasst haben soll, einen Sternkatalog zu erstellen, um künftig solche Neuerscheinungen sicher angeben zu können. Das war aber ca. 120 Jahre zu früh: Mit dem Almagest können wir Hipparch ungefähr datieren und aus dieser Zeit ist nur eine chinesische Gaststern-Beobachtung überliefert. Diese war im Sternbild Fang (Teil von Skorpion) erschienen. Ob dies aber wirklich zu Hipparchs Katalogdaten passt, habe ich in meiner Untersuchung von Hipparchs Himmelsglobus (Springer Verlag, 2017) bezweifelt. 

Es kann natürlich immer sein, dass uns das eigentliche Objekt nicht direkt überliefert ist. Schließlich hat der Zahn der Zeit an allen Texten geknabbert und die meisten astronomischen Beobachtungen (insbes. alle aus Fernost) sind uns nur durch Chroniken überliefert. Im Nahen Osten haben die Astronomen zwar “Tagebuch” geschrieben und sind Originaldaten erhalten, aber sie haben keinen großen Wert auf Neuerscheinungen gelegt. 

Wenn wir aber annehmen, dass die Erscheinung, die den jüdischen Messias ankündigt, besonders auffällig ist, so dass man sie – auch wenn man den Neuerscheinungen keine große Beachtung zollt – leicht wahrnehmen kann, dann wird das Objekt auch im Abendlande beobachtet und verzeichnet sein. Es wäre doch auch sonderbar, wenn die Israeliten etwas sehen, dass der Rest des römischen Reichs gar nicht wahrnimmt.  

Es bleibt daher und aufgrund der römischen Astralreligion dabei, dass Planetenkonjunktionen die wahrscheinlichste Hypothese sind. 

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

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