„Wir schaffen das“ – aus linguistischer Sicht ein genialer Satz

BLOG: Semantische Wettkämpfe

Wie die Sprache, so die Denkungsart
Semantische Wettkämpfe

(Christoph Driessen von der Deutsche(n) Presse-Agentur (dpa) befragte mich zum berühmtesten aller Merkel-Sätze): Kaum ein anderer Satz Angela Merkels hat sich so fest mit einer politischen Agenda verbunden wie der am 31. August 2015 auf einer Pressekonferenz recht spontan geäußerte Ausspruch „Wir schaffen das“. Und da ein bisschen Kontext nie schadet, hier die Herleitung der Äußerung aus Anlass seines fünfjährigen Geburtstages: „Deutschland ist ein starkes Land. Und das Motiv, in dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir schaffen das. Wir schaffen das! Und wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden.“ (Video der Pressekonferenz am 31.8.2015).

Um es vorweg zu sagen: Ich äußere mich hier nicht zu den politischen Inhalten oder zum Erfolg von Umsetzungsstrategien oder dergleichen. Als Sprachwissenschaftler betrachte ich hier ausschließlich den Aspekt, warum gerade dieser Satz eine solche Karriere hingelegt hat, es zu solch einer Prominenz und Bekanntheit bringen konnte – und zwar bei Befürwortern und Gegnern gleichermaßen.

Vorläufer herausstechender Sätze

John F. Kennedy bekannte vor dem Rathaus Schöneberg am 26. Juni 1963 den anwesenden Berlinern „Ich bin ein Berliner“, nachdem Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 auf einer Pressekonferenz noch versprochen hatte: „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten.“ Es handelt sich dabei um zwei Losungen (der Sprachwissenschaftler Josef Klein spricht von salienten Sätzen), die sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben. Der zweite Satz kann wohl als einer der markantesten Wortbrüche der Zeitgeschichte gelten; der erste hingegen avancierte zum geflügelten Wort eines gehaltenen Versprechens, insofern die USA während des Kalten Krieges in Berlin sichtbare Präsenz bewiesen.

Willy Brandt 1969 versprach „Wir wollen mehr Demokratie wagen“, Helmut Kohl 1990 „blühende Landschaften“, die in den östlichen Bundesländern bald entstehen sollten. Ob diese beiden Versprechen gehalten wurden oder nicht, überlasse ich dem Urteil des geneigten Lesers. Ganz so eindeutig wie bei den beiden Sätzen von Kennedy und Ulbricht scheint mir das nicht der Fall zu sein, aber dies bedarf einer politischen Erörterung.

Nicht wahrheitsfähige Sätze der politischen Sprache

Sätze mit politischem Inhalt sollen die Wahrheit ausdrücken – so ein Gemeinplatz. Es gibt aber auch anders gelagerte Satzarten: Präskriptive oder normative Aussagen gelten als nicht-wahrheitsfähige Sätze; sie beschreiben ein „So soll es sein“ oder „Das ist gut so“. So erfüllen die oben erwähnten Aussprüche ebenso wie der Slogan „Yes we can“ von Barack Obama die folgenden Funktionen: Sie sollen die Zuhörerschaft zu einer Einstellung bewegen oder auffordern (direktiv). Des Weiteren drückt der Sprecher damit Gefühle und eine Haltung aus (expressiv), die in eine Verpflichtung (kommissiv) münden. Es handelt sich zum Zeitpunkt der Äußerung weniger um Behauptungssätze als vielmehr um Aufforderungssätze. Insofern kann ein Streit über den Satz und seine Angemessenheit erst im Nachhinein geführt werden – aber auch nur in Bezug auf die Frage, ob die im Versprechen in Aussicht gestellte Wirklichkeit realisiert wurde.

Warum halte ich Merkels Satz für genial?

Die Sentenz halte ich nicht wegen des Inhalts oder der politischen Programmatik für genial, dieser Aspekt ist für eine sprachwissenschaftliche Analyse überhaupt nicht von Belang. Mich interessiert nur, was er im öffentlichen Diskurs ausgelöst hat, welche Reaktionen er initiieren konnte.

Folgende Eigenschaften weist er aus linguistischer Perspektive auf: Er ist diskursinitiierend, positionsstrukturierend und meinungsfördernd. Aufgrund seiner einfachen syntaktischen Struktur und der leichten Verständlichkeit lädt er zu einer Stellungnahme ein, die sich zunächst am Satzbau selbst orientiert – unabhängig davon, ob man der Maxime zustimmt oder ihr widerspricht. Jeder Einzelne kann problemlos inhaltliche Erweiterungen und Abwandlungen auf Grund seines Bekanntheitsgrades vornehmen (z.B. der folgenden Art: wir müssen/können/sollen/wollen das schaffen – oder in seiner verneinten Form).

Was lösen Schlüsselsätze des kollektiven Gedächtnisses aus?

Der Satz beinhaltet trotz seiner Kürze ein politisches Statement, eine relativ klare Programmatik, die mit einer Person und ihrem Amt assoziiert wird. Eine Replik darauf hat es insofern leicht, als – aufbauend auf dem einfachen Originalsatz – die eigene Position ohne großen Aufwand mit wenigen Worten kundgetan werden kann. In der alltäglichen Diskussion kann durch Zitat des Originals oder durch eine moderate, für alle Zuhörer unmittelbar erkennbare Modifikation eine eigene Ansicht preisgegeben werden. Man muss nicht viel erklären, die Umstände sind bekannt.

Dies ist so, weil der Satz eine historische Umbruchsituation verdichtet. Die Prägnanz der Losung erleichtert die Kontrastbildung – dafür oder dagegen. Das hat zur Folge, dass der Leitsatz auch polarisiert – wie vermutlich nur wenige Schlüsselsätze der letzten Jahrzehnte. Angeblich war dieses Diktum Ausgangspunkt von unversöhnlichen und verletzenden Meinungsverschiedenheiten in einzelnen Familien und in Freundeskreisen. Diesen Umstand beurteile ich natürlich nicht positiv, wenn ich den Satz als „genial“ bezeichne. Es handelt sich hierbei um eine begleitende und vielleicht unvermeidbare Nebenwirkung, vor der kein Arzt und kein Apotheker warnt (sog. Kollateralschaden). Dass ein solcher Schaden entstehen kann, zeigt aber die Wirkungskraft des Kernsatzes. Vielleicht hat er zu einer Offenlegung von Positionen beigetragen, auf die der eine oder die andere auch hätte verzichten können.

Kommen wir abschließend zu dem Charakteristikum des verdichtenden Schlüsselsatzes – er schließt etwas auf: Seine Vagheit bzw. Randunschärfe einerseits und seine vermeintliche oder tatsächliche Konkretion andererseits eröffnen in aller Kürze ein thematisch breites und inhaltlich komplexes Spannungsfeld, das nicht leicht in Worte zu fassen ist. Das Zitat offeriert eine Projektionsfläche politischen Abarbeitens: Man kann an ihm und durch ihn Enthusiasmus bekunden oder Luft ablassen – und ist danach vielleicht wieder im psycho-sozialen Gleichgewicht. Eine sachliche Erörterung ist theoretisch auch möglich, aber er lädt vor allem zur spontanen Meinungsbekundung ein. Er bietet sich par excellence als Reibungsfläche an – das macht seine Besonderheit aus.

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Ekkehard Felder ist Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Heidelberg. Er initiierte 2005 die Gründung des internationalen und interdisziplinären Forschungsnetzwerks Sprache und Wissen. Diese Forschungsgruppe untersucht diskurs- und gesellschaftskritisch die sprachliche Zugriffsweise auf Fachinhalte in zwölf gesellschaftlichen Handlungsfeldern – sog. Wissensdomänen (z.B. Recht, Wirtschaft, Medizin, Politik, Naturwissenschaft und Technik). Da Fachinhalte durch die Wahl der Worte geprägt werden und widerstreitende Positionen eine andere Wortwahl präferieren, ist ein Streit um die Sache auch ein Streit um Worte bzw. ein semantischer Kampf um die richtige Sichtweise. Deshalb heißt sein Blog bei SciLogs „Semantische Wettkämpfe – Wie die Sprache, so die Denkungsart“. Seine Forschungen beschäftigen sich mit der Fachkommunikation, der sozio-pragmatischen Diskursanalyse und der Untersuchung von Sprache als Indikator für Identität, Mentalität und Authentizität. 2010 gründete er mit den Kollegen Ludwig M. Eichinger und Jörg Riecke das Europäische Zentrum für Sprachwissenschaften (EZS). Als Fellow des Institute for Advanced Studies in Heidelberg (2008, 2020/21) und STIAS in Stellenbosch / Südafrika (2009) widmete er sich dem diskursiven Wettkampf um erkenntnisleitende Konzepte („agonale Zentren“). Felder ist Autor von sechs Monografien und (Mit-)Herausgeber diverser Sammelbände. Besonders bekannt ist die von ihm herausgegebene Reihe „Sprache und Wissen“ (SuW) bei de Gruyter und die dort mit Andreas Gardt herausgegebenen „Handbücher Sprachwissen“ (HSW).

19 Kommentare

  1. Um es vorweg zu sagen: Ich äußere mich hier nicht zu den politischen Inhalten oder zum Erfolg von Umsetzungsstrategien oder dergleichen. Als Sprachwissenschaftler betrachte ich hier ausschließlich den Aspekt, warum gerade dieser Satz eine solche Karriere hingelegt hat, es zu solch einer Prominenz und Bekanntheit bringen konnte – und zwar bei Befürwortern und Gegnern gleichermaßen.

    Selbstverständlich hat auch Dr. Webbaer derart notieren können, die Parallele zu “Yes, we can!” ist offenbar.
    Danke für die Verweisführung, die im dankenswerterweise bereit gestellten Inhalt erfolgt ist.

    Narrative sind OK. es ist möglich ein Problem, pardon!, eine Herausforderung sachlich zu bearbeiten, gar bearbeiten bis lösen wollen zu suchen, oder alternativ wegzuquatschen suchen.

    Beides ist aus diesseitiger Sicht OK (“oll korrekt”), Dr. Webbaer ist Konstruktivist, mag derartige Aussagen, wie sie auch in seiner Erfahrungswelt im höheren Management der Wirtschaft vorgekommen sind.
    Der CEO vertellt sozusagen, spricht, eher randseitig einen sog. Paradigmenwechsel aus, der sozusagen besonders gut sei, obwohl er wenig zeitversetzt zuvor noch ganz anders geredet hat.

    KA, war der Satz ‘genial’, der von Merkelchen, die ja, wie vielleicht allgemein behauptet werden darf, nicht zu freier Rede fähig ist, wenn vom Teleprompter abgewichen wird? (Dr. W kann hier Beweisführung antreten, er hat einige Transkripte verfasst, die Merkelsche freie Rede notieren, sollen die an dieser Stelle eingespielt werden?!)

    Korrekt, Dr. Webbaer mag Dr. Angela Dorothea Merkel (ehemals : FDJ) nicht so-o, fragt insgesamt an dieser Stelle gerne an, ob sich Memes, ein sog. Meme liegt vor, Dawkins folgend, nicht vielleicht doch, konträr zur Sacharbeit, nicht womöglich a bisserl ungünstig ausgebreitet haben, bundesdeutsch?

    Die Liberale Demokratie ist ja insofern grausam, als dass sie auch andere, abweichende Meinung, in diesem Fall, zum “Wir-Schaffen-Das” Komplex zulassen, gerne auch in anderer liberaler Demokratie als der bundesdeutschen.

    Marketing, darf dieser Begriff vielleicht an dieser Stelle eingeführt werden, also sozusagen marketing-technisch war bei der hier gemeinten Merkelschen Aussage wohl alles OK.

    Mit freundlichen Grüßen und ein schönes WE
    Dr. Webbaer

    • @ Kommentatorenfreund ‘hto’ :

      Klingt nicht schlecht, so ist womöglich die Wirkung, Herr Ekkehard Felder war so freundlich die Wirkung des Satzes differenzierter zu beschreiben, Dr. W stimmt da grundsätzlich zu, also Herrn Ekkehard Felder, müsste aber noch, lol, eine Definition von ‘Genialität’ zur Hand bekommen, um das angeblich Geniale am Satz besser verstehen zu lernen, ansonsten findet er den Satz erst einmal grob populistisch. [1]

      MFG
      Wb

      [1]
      Darüber, was der Popul-Ismus meint bzw. meinen könnte, könnten Bücher geschrieben werden, dieser Begriff muss nicht negativ konnotiert werden, der Populus spielt in einer liberalen (es gibt auch andere) Demokratie eine besondere Rolle.

    • Zitat Wikipedia:

      Yes We Can (englisch für „Ja, wir können“; sinngemäß „Ja, wir schaffen das“, auch: „Doch, das können wir“) war der Wahlkampf-Slogan des früheren US-Präsidenten Barack Obama.

      Gemäss deutschsprachiger Wikipedia hat Barack Obama also den Satz „Ja, wir schaffen das“ als Wahlkampfspruch benutzt, während Angela Merkel damit ganz konkret die Aufnahme von hunderttausenden Flüchtlingen im Jahre 2015 meinte.

      Damit erhalten die beiden inhaltlich identischen Sätze aber eine ganz andere Bedeutung. Barack Obama meinte mit „Ja, wir schaffen das“ gemäss Wikipedia: wie man die großen weltpolitischen Probleme lösen, ob man Gerechtigkeit, Wohlstand, Weltfrieden schaffen könne: Als Antwort wiederholte er immer wieder: „Yes, we can“.. Barack Obama hatte also die Rolle der USA in der Welt im Auge und sagte im Prinzip: die USA können schlicht alles. Die USA unter Barack Obama also als Salvator mundi. Barack Obama erhielt wegen den Erwartungen und Hoffnungen, die er weckte, den Friedensnobelpreis noch bevor er irgend etwas in die Tat umsetzte und in der Bilanz von Obamas Präsidentschaft wird sogar klar, dass die Rolle der USA als Salvator Mundi unter Barack Obama sogar kleiner wurde, gerade auch weil Barack Obama erkannte, dass die USA in der Welt viel weniger unbezweifelbar Gutes tun konnte, als die meisten Amerikaner annehmen.

      Angeka Merkel‘s Satz „Ja wir schaffen das“ hatte und hat aber eine viel konkretere Bedeutung als Barack Obamas „Yes, we can“. Er passt gut zum Selbstverständnis vieler Deutscher, die mit ihrer Tüchtigkeit die Welt ganz konkret verändern und beispielsweise dort wo früher (Kriegs-)Trümmer lagen , Häuser wieder aufbauten.

      Und im Rückblick vieler Zeitungen und vieler Kommentatoren haben die Deutschen ja viele der Aufgaben, die sich durch die Flüchtlingskrise und die Aufnahme von hunderttausenden von Flüchtlingen ergaben, auch tatsächlich gelöst – viel besser jedenfalls gelöst als viele andere europäische Länder – auch wenn die Gesamtbilanz durchaus gemischt ist. Denn der Flüchtlingsstrom hat auch der AfD geholfen und hat indirekt die bestehende Parteienlandschaft zerrüttet.

      Fazit: Im Rückblick haben sowohl Barack Obama als auch Angela Merkel die Erwartungen, die in sie gesetzt wurden nur teilweise erfüllt. Und in beiden Fällen könnte man das so beurteilen, dass die Welt heute zu kompliziert und zu blockiert ist, als dass man sie mit einem einfachen Appell wieder in Ordnung bringen könnte.

      • @ Herr “Holzherr”(die doppelten Anführungszeichen nur deswegen, weil Sie nicht so heißen und ein als solches unerkennbares Pseudonym benutzen, was (einigen) im Web, da ganz draußen sozusagen, als unschicklich gilt) und hierzu kurz :

        Ange[l]a Merkel‘s Satz „Ja wir schaffen das“ hatte und hat aber eine viel konkretere Bedeutung als Barack Obamas „Yes, we can“. Er passt gut zum Selbstverständnis vieler Deutscher, die mit ihrer Tüchtigkeit die Welt ganz konkret verändern und beispielsweise dort wo früher (Kriegs-)Trümmer lagen , Häuser wieder aufbauten.

        Auch der sog. (US-)amerikanische Exzeptionalismus ist angesprochen worden, dieser darf womöglich an dieser Stelle erklärt werden :

        US-Amerikaner stellen eine Auswahl von Einwanderern dar, die als sozusagen besonders produktiv und ihrer Herkunft absagend soz. mit der Hand an der Picke Neues erschaffen haben, in einer neuen Welt, die auch soz. extra-demokratisch ist, anderen Herrschaftsformen soz. extra abhold.
        Idealtypisiert.

        Im Deutschen ist die Stringenz, soz. besondere Tüchtigkeit meinend, äh, gemeint, der Deutsche gilt ja als sozusagen jemand, der eine Sache wegen ihrer selber durchführt.
        Als sog. Organisationsweltmeister.
        Böse formuliert.
        Und wiederum : idealtypisiert.

        Dr. W ist kein X-Ist, sondern nur im Kulturellen aufmerksam, will nicht sozusagen böse herumreiten.
        Sondern gut.

        Es liegen, bei “Wir schaffen das” wie bei “Yes, we can” aus diesseitiger Sicht Blöd-Sätze vor, die Dr. W in ihren Konsequenzen an dieser Stelle nicht näher bearbeiten wird.

        MFG
        Wb

  2. Den Ausdruck “genial” würde ich mit “bahnbrechend” näher charakterisieren wollen – oder “ein Satz bricht sich Bahn”.

    • ‘Atemberaubend’ fiele Dr. W noch d-sprachlich ein, ‘genere’ ist sicherlich der Ursprung der hier gemeinten Erscheinung, vgl. auch mit ‘Phänomen’, dann diesbezüglich und wohlmeinend auf Individuen bezogen adjektivistisch und im übertragenden Sinne verwendet.

      Vielen Dank für Ihre Toleranz btw, Herr Ekkehard Felder, hoffentlich ist Dr. W nicht allzu ungut, äh, aufgestoßen.

      ‘Semantische Wettkämpfe’ können schon cool sein.

      Mit freundlichen Grüßen und weiterhin viel Erfolg
      Dr. Webbaer

    • Bahnbrechend“Es war seit jeher den Epigonen vorbehalten, befruchtende Hypothesen des Meisters in starres Dogma zu verwandeln und satte Beruhigung zu finden, wo ein bahnbrechender Geist schöpferische Zweifel empfand.” Rosa Luxemburg

      • Die ignorante Arroganz des Lobbyismus bricht sich Bahn, im Glauben daran, daß alle Meister der wirklich-wahrhaftigen Schöpfung systemrational assimiliert sind.

  3. Die Pfarrerstochter hat zum rechten Augenblick den richtigen Ton getroffen. Wer da noch das Haar in der Suppe sucht, der irrt. Für die Flüchtlinge war Frau Merkel die Rettung und für die Deutschen ist sie Teil der Wiedergutmachung, die wir zu leisten haben.

    • @hwied: Zitat:

      Die Pfarrerstochter hat zum rechten Augenblick den richtigen Ton getroffen. Wer da noch das Haar in der Suppe sucht, der irrt.

      Nun, das Haar in der Suppe ist das Geld, welches die Türkei für das Fernhalten von Flüchtlingen von der europäischen Grenze erhielt. Damit wurde Deutschlans Öffnung der Grenzen 2015 zur Ausnahme und die Festung Europa zur Regel gemacht.

      • Es geht nicht nur um die Festung Europa, es geht denen um das System von Ausbeutung, Unterdrückung und heuchlerisch-verlogene “Sozial-/Entwicklungshilfe”, es geht denen darum, daß möglichst alles so bleibe wie es bisher im Kreislauf war.
        Und ja, die schaffen das, weil die konfusionierte Überproduktion von Kommunikationsmüll immernoch systemrational-gebildet wird/funktioniert.

  4. “Die Sentenz halte ich nicht wegen des Inhalts oder der politischen Programmatik für genial, dieser Aspekt ist für eine sprachwissenschaftliche Analyse überhaupt nicht von Belang. Mich interessiert nur, was er im öffentlichen Diskurs ausgelöst hat, welche Reaktionen er initiieren konnte.”

    Aber erst der politische Kontext der Krise gab diesem Satz das Gewicht, um berühmt zu werden. Vermutlich wurde er zuvor schon x-mal in Kontexten von irgendwelchen Arbeitsaufträgen gesagt, die aber keine bundesweite, politische Bedeutung hatten.

  5. Seit dem ich lt. Herrn Kohl in “Blühenden Landschaften” lebe, können mich solche Sätze (Plattitüden) einer Pfarrerstochter, Herr Wied, nicht mehr erreichen. Diese Art der sozialen Herkunft muss ja nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal sein, wenn ich den Volksmund “Pfarrerskinder und Müllers Vieh- geraten nie” nehme. Vielleicht sollte man mal-und das wurde hier vergessen- eine Bestandsaufnahme dieses genialen Schlüsselsatzes machen um sich nicht in den Blühenden Landschaften von weltfremden Träumern zu verlieren. Mein Problem bei diesem Satz war immer: Bezieht sich dieses “Wir schaffen das” auf vier Millionen oder auf vierzig Millionen Flüchtlinge ? Da Frau Merkel hierauf keine Antwort hatte und wahrscheinlich durch die Grenzschließungen einiger Ostblockländer vor einer solchen gerettet wurde, haben WIR es geschafft das immerhin ca. 74 % dieser Flüchtlinge noch keine Arbeit haben, dass zunehmend Parallelgesellschaften entstehen bzw. das ich jetzt wie jeder zweite Deutsche bei diesem Thema lieber den Mund halte bzw. lieber die öffentlich gewünschte Meinung vertrete. So sehen immerhin 23 % der Deutschen diese damalige Entscheidung von Frau Merkel durchaus positiv (Siehe MDR von heute) Die anderen 73 % haben einfach den Schlüssel für diesen Schlüsselsatz verloren. Warum wohl ?

  6. Mag sein, daß der Satz vieles auslöst, was hier als positiv bewertet wird, aber ist die unabdingbare Spaltungsfolge, die auch sprachlich schon im Satz angelegt ist, wirklich die Aufgabe einer Kanzlerin?
    Ein wesentlicher, auch sprachlicher Fehler ist das “wir”, das schlicht und einfach falsch ist.
    Der mittlere und untere Teil der Bevölkerung ist es, wo die kulturellen Probleme ankommen, der untere alleine muß die massive Verschärfung der Probleme auf dem Wohnungsmarkt ausbaden.
    Der Satz entspricht auch sprachlich dem üblichen Minus-Standard der aktuellen politischen Klasse, Rhetorik ersetzt Realität.

  7. “Wir schaffen das“ und die Macht der guten Absicht
    „ Yes, we can“ und „Wir schaffen das“ haben eines gemeinsam: sie machen das Gute zum greifbaren Ziel, zum durch Sterbliche erreichbaren, was sich in folgender Formel ausdrücken lässt: Das Gute kann von uns erarbeitet, ja geschaffen werden.

    Das Paradoxe für mich daran ist, dass die gute Absicht, die sich darin ausdrückt, in gewissem Sinne stärker ist und mehr in Erinnerung geblieben ist als das was wirklich erreicht wurde. Wirklich erreicht wurde zwar in Deutschland Einiges, aber gesamthaft und in Europa Weniges, denn die Folgen vom Flüchtlingsansturm 2015 waren eine zunehmende Abschottung Europas – und das sogar unter Mithilfe von Angela Merkel: dieselbe Angela Merkel, die die deutschen Grenzen für Flüchtlinge/Geflüchtete öffnete, schloss die europäischen Grenzen für Fliehende indem sie Verträge mit der Türkei und Libyen abschloss, die diese Länder belohnten, wenn sie Flüchtlinge von Europa fern hielten.

    Das aber beobachten wir in den letzten Jahrzehnten häufig: Grossfirmen wie google und Staaten wie Deutschland wollen stärker als je zu den Guten gehören. Und sie schaffen das alleine durch Absichtserklärungen selbst wenn ihr aktuelles Handeln den Absichten teilweise widerspricht. Google und Deutschland stellen sich erfolgreich auf die Seite der Guten obwohl Google etwa eine Zusammenarbeit mit dem U.S.-Verteidigungsministerium eingeht oder Deutschland Waffen an Saudi-Arabien 🇸🇦 liefert.
    Nun vielleicht ist das immer noch besser als das was Trump will: eine starke USA nämlich auf Kosten fast aller anderen. Trump ist mit „America First“ in die Vergangenheit zurück gekehrt, in eine Vergangenheit, in der sich noch alle offen zu ihren egoistischen nationalen Zielen bekannten. Und Trump ist damit nicht allein geblieben. Es gibt nun plötzlich eine Vielzahl von Staaten, die sich offen zu ihrem Staatsegoismus bekennen. Allerdings sind das nicht selten Autokratien wie Russland 🇷🇺 , die Türkei 🇹🇷 oder China 🇨🇳. Das Ende der Welt in der Sprüche wie „yes, we can“ oder „wir schaffen das“ verbreitet waren ist zugleich der Neustart einer Welt in der es wieder darum geht zu siegen und das eventuell auf Kosten aller anderen.

  8. “Nicht Mangel an Geist, sondern ein Geist*, der sich ununterbrochen selbst gegenwärtig ist, eine Ausgeglichenheit**, gegen die nichts und niemand ankommt.
    Die Menschen reden, die Karawane zieht vorüber: Die Dummheit erkennt man an jenem ruhigen Fortschreiten eines Wesens, das Worte von aussen weder ablenken noch berühren können. Sie ist nicht das Gegenteil der Intelligenz, sondern jene Form der Intellektualität***, die alles auf ihr eigenes Maß zurechtstutzt und jeden Anfang in einem vertrauten Vorgang auflöst.
    Der Dummheit ist nichts menschliches jemals fremd; die macht – über die Lächerlichkeit hinaus – ihre unerschütterliche Kraft und ihre mögliche Grausamkeit aus.” (Alain Finkielkraut)

    Der imperialistisch-faschistische Kreislauf in der Vorsehung / Schuld-/Sündenbocksuche des geistigen Stillstandes – JA WIR SCHAFFEN DAS 🤑🤥🤪🤢🤮😱

    *reformistischer Zeitgeist / “Individual”-Bewusstsein
    **konsum-/profitautistische Bewusstseinsbetäubung
    ***wettbewerbsbedingt-gebildete Suppenkaspermentalität

  9. Wichtich (mittelniederdeutsch) ist es aus diesseitiger Sicht, Stichwort : Semantische Wettkämpfe, einiges auszuhalten, Dr. W versieht hier mit dem Prädikat “gut”.

  10. Sagen wir es:
    Unter Politkern ist es keine Seltenheit dass sie sich bestens darauf verstehen etwas Negatives mit positiv klingenden Formulierungen als etwas Positives hinzustellen.

    In dem Fall stellt Merkel den Verrat am eigenen Volk als etwas wünschenswertes dar.

    Propaganda und Zensur ist das einzige worauf sich Merkel wirklich versteht.
    Das hat sie nämlich als Funktionärin für Propaganda in der DDR gelernt.

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