Sind wir nicht alle ein bisschen Karoshi?

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Was? Wie? Sie kennen den Begriff Karoshi nicht? In Japan ist es eine anerkannte haftungspflichtige Todesursache. Die Krankheit heißt Tod durch Überarbeitung.
Laut Wikipedia haben sich vierzig japanische Kliniken auf potentiell betroffene Personen spezialisiert. Angehörige können die Firmen auf Entschädigungen verklagen, wenn die  Arbeitsüberwachungsbehörde den Fall als berufsbedingten Tod anerkennt.

Karoshi-gefährdet wirkt auch eine Bekannte, die gerade neben mir sitzt und bis tief in die Nacht besessen an ihrer Präsentation arbeiten wird. Den Gegenpart zu diesem Fall stellt auf den ersten Blick der Absentismus dar. Unter dieser Bezeichnung wird ein motivational bedingter, durch das Individuum entscheidbarer Entschluss zur Arbeitsabwesenheit verstanden, der nicht auf tatsächliche Krankheit zurückzuführen ist.

Warum aber kommt es zu diesem sozial unerwünschten Verhalten? Möglicherweise sind Betroffene  stark überarbeitet und dem Zustand der völligen Erschöpfung nahe. Dies wird im ICD-10 als Burnout-Syndrom bezeichnet. Dieser schillernde Begriff nahm sehr schnell Einzug in die Alltagssprache. Ein Indiz für ein öffentliches Interesse, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Quelle: Telepolis: „Wer fertig ist, kann gehen“, Comic aus Hannoversche Allgemeine Zeitung mit freundlicher Genehmigung von Dithard von Rabenau 

 

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Veröffentlicht von

Katja Schwab ist Diplom-Psychologin, Kommunikations- und Verhaltenstrainerin, systemische Körperpsychotherapeutin und zur Zeit in Ausbildung zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapeutin.

5 Kommentare

  1. Karoshi finde ich großartig. Der Name klingt für meine snobistischen westeuropäischen Ohren auch so herrlich niedlich, lädt geradezu zu einer Externalisierung ein. So wie “der kleine Hunger” oder sowas. Klingt ja auch ein bißchen wie “Tamagotchi”. Und um das muss man sich auch kümmern, es füttern, hegen und pflegen. Ich will auch eins! Oh. Wahrscheinlich wohnt es schon heimlich im Schrank meines Büros oder der untersten Schreibtischschublade. Da muß man aufpassen…

    Aber:

    Als Z-Diagnose ist das Burn-Out-Syndrom ja keine “echte” Erkrankung sondern ein “Einflussfaktor”. Eigentlich bin ich darüber ganz froh, denn der Begriff begegnet mir im klinischen Alltag eigentlich viel zu oft als Euphemismus oder Metapher für die verschiedensten Ausprägungen interpersoneller Schwierigkeiten am Arbeitsplatz und sich in der Konsequenz entwickelnden depressiven oder sonstigen Symptomen. “Burn-Out” weckt so viele verführerische Assoziationen über “leere Batterien” und “wieder auftanken müssen”, die einen kritischen Blick auf die zugrundeliegenden Mechanismen seitens der Patienten/Klienten allzu oft vernebeln und an dessen Stelle vereinfachende Pseudo-Kasualitäten setzen. Der “Ausgebrannte” fühlt sich dann schnell auch als Opfer, dem etwas “angetan” wird, ohne dass interaktionelle Prozesse wirklich raum haben dürfen. Das steht ihnen zu und ist auch nachvollziehbar – der Burn-Out-Begriff lädt aber meiner Meinung nach sehr dazu ein. Danke für Beitrag und Comic, finde das Thema ausgesprochen wichtig und diskutierenswert.

  2. Burnout

    Wer in die Thematik noch tiefer einsteigen möchte, dem sei dieser Burnout-Artikel aus Gehirn&Geist (pdf, freier Download) ans Herz gelegt. Ich fand damals, als ich ihn das erste Mal las, vor allem die Liste mit den Symptomen (zum Selbstcheck) sehr hilfreich.

  3. Balanceverluste beginnen ganz langsam

    Alle Probleme beginnen mit Balanceverlust. Warum verliert der moderne Mensch so oft das Gleichgewicht? Was bringt ihn dazu das System der Ausgewogenheit zu verlassen? Im Tierreich finden wir diese Problematik kaum.
    Beruf – Erfolg – Anerkennung – Belohnungssystem – Engagement – Beförderung – Verantwortung – gesteigerte Leistungserwartung – die Spirale dreht sich –
    Da jeder nur begrenzte Zeit und Energie zur Verfügung hat werden Aktivitäten des Ausgleichs und der Entspannung vernachlässigt. Siehe: http://www.dpast.de/balance4.pdf
    Das eigentliche Problem tritt erst zu Tage wenn in dem Bereich des Übergewichts, der Leistungserbringung Probleme auftreten. Die Freude an dere Arbeit geht verloren – das Belohnungsystem fällt aus.
    Unser Körper mit seinem wunderbaren System der Homöostase passt sich langsam der neu, vom Betroffenen selbst geschaffenen Lebenssituation an. Wenn diese Situation dann plötzlich verändert wird kommt es zur Überreaktion auf die andere Seite. Wenn ich ein Pendel zur Seite ziehe und dann loslasse, ja dann schlägt es erst mal zur anderen Seite aus. Siehe: http://www.dpast.de/selbstregulation.pdf
    Wie verhindert man das Entstehen von Balanceverlusten? Leben Sie nach dem Paretoprinzip: “Mit 20% Aufwand 80% Leistung abrufen”. Stellen Sie die Balance der vier Lebensbereiche her. Leben Sie im Block: Das heißt Projektarbeit und dann wechselnde Aktivitäten.
    Jeder Hochleistungssportler weiß, dass er nicht plötzlich mit Sport aufhören kann wenn er durch jahrelanges Training seine Körperbalance zum Hochleister verändert hat, sondern langsam abtrainieren muß, wenn er kein Problem bekommen will. Das selbe gilt natürlich für den Beruf und andere Bereiche. Ich frage mich muß man immer nach komplizierten Zusammenhängen suchen wenn diese einfach sind?
    Dieter Past

  4. @Papst

    Balanceverlust?

    Im Tierreich finden wir diese Problematik kaum.
    Stimmt! Gefressen werden ist doch ein Recht gemütlicher Vorgang.
    Soziale Rangfolge wird im Allgemeinen, ja in Ruhe ausdiskutiert!

    Wenn ich ein Pendel zur Seite ziehe und dann loslasse, ja dann schlägt es erst mal zur anderen Seite aus.
    Ja, aber ohne Überschwingen.

    Paretoprinzip: “Mit 20% Aufwand 80% Leistung abrufen”.
    Noch besser mit 5% Aufwand, 100% Leistung vortäuschen.

    Ich bin dann doch froh wenn ich nach zwei Stunden Höchstlast, gar nichts mehr machen muss (eine Rauchen gehen kann), auch wenn das nicht so in der Balance sein sollte.

    Gruß Uwe Kauffmann

  5. @ Uwe Kauffmann geb. Riemann

    Ich gehe davon aus das Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Intellekt ausgereicht hätten um meinen Namen, wenn Sie gewollt hätten, richtig zu schreiben. Ihre Polemik ist mir zu billig und möchte Sie bitten auf die Sachebene zurückzukommen.
    “Ich bin dann doch froh wenn ich nach zwei Stunden Höchstlast, gar nichts mehr machen muss (eine Rauchen gehen kann), auch wenn das nicht so in der Balance sein sollte.”
    Das was ich tue muss ich nicht sondern ich will. Rauchen Sie ruhig wenn es ihnen hilft. Ich habe kein Problem und wie gesagt Balanceverluste beginnen ganz langsam für den Betroffenen meist unbemerkt.

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