ISS mit DSLR Tutorial und Jupiter

BLOG: Pictures of the sky

Eine fotografische Reise durch's All
Pictures of the sky

Da der Mond am 9.4.2017 zu über 90% beleuchtet erschien, war an Deep-Sky-Beobachtung nicht zu denken. Stattdessen konzentrierte ich mich auf die Objekte, denen ein aufgehellter Himmel rein gar nichts ausmacht: An diesem Tag war das eben der Mond als Übeltäter selbst, Jupiter, der zurzeit der hellste sichtbare Planet ist, und die Internationale Raumstation ISS bei ihrem Überflug gegen 20:50 Uhr Ortszeit (18:50 UT).

Bei jeder Beobachtungsnacht, bei der die ISS mit auf dem Plan steht, regeln ihre zeitlich begrenzten Überflüge den Ablauf. Beim ca. 5 Minuten dauernden Überflug muss mit der Technik alles stimmen, wenn man Fotos oder gar Videos der ISS erstellen möchte. Zeit für nachträgliche Korrekturen, wie zum Beispiel ein erneutes Scharfstellen am Okularauszug  oder ein Verändern der Kameraeinstellungen, hat man einfach keine, denn man ist damit beschäftigt, die ISS im Gesichtsfeld des Teleskops zu halten.

Aus diesem Grund werden die Vorbereitungen mit einer Vorlaufzeit von etwa 30 Minuten durchgeführt – vorausgesetzt, das Teleskop ist schon komplett aufgebaut und akklimatisiert (zum Verhindern von Spiegelspannungen und Tubusthermik bei Spiegelteleskopen).  Diese Vorbereitungen beziehen sich auf die Kameraeinstellungen und das perfekte Scharfstellen.

Ich entschied mich an diesem Tag für eine Spiegelreflexkamera (Canon Eos 7d mark ii), da ich seit langem einmal wieder farbige Bilder der ISS erzeugen wollte und zurzeit keine Farb-CCD Kamera einsatzbereit ist. Zwar ist der mechanische Klappspiegel der DSLR ein Verschleißteil und eine ISS Fotojagd durch viele Bilder pro Überflug eine relativ große Belastung dafür, doch wenn man es nicht übertreibt und nur mit der DSLR arbeitet, überlebt die Kamera das schon.

Der Isowert der Kamera betrug 1600, da sich hier für das verwendete Modell das optimale Signal/Rauschverhältnis befindet. Alles darüber ist zu stark verrauscht und bringt keine großen effektiven Vorteile mehr zur Reduktion der Belichtungszeit und bei kleineren Isowerten wird die Belichtungszeit einfach zu groß. Des weiteren wird die Kamera auf hohe Bildrate gestellt und im Manuellen Bildmodus betrieben. Zum Auslösen verwende ich hier einen normalen Kabelfernauslöser.

Um die ISS nicht nur als winzigen Punkt auf dem Kamerachip darzustellen, muss noch die Brennweite des Teleskops verändert werden. Dafür verwendete ich eine 2x Barlowlinse, sodass die Brennweite nun 2 Meter betrug.

Die ISS sollte bei dem Überflug eine Helligkeit von -2,5 Magnituden erreichen. Daher suchte ich zum Scharfstellen und der anschließenden Einstellung der Belichtungszeit einen möglichst hellen Stern. Zunächst wird mittels einer Bahtinovmaske und dem Live-View der Kamera so fokussiert, dass das Muster, das sich durch die Bahtinov-Fokussierhilfe ergibt, möglichst symmetrisch ist. Danach werden der Fokus fixiert (durch eine Sicherungsschraube, die den Okularauszug am exakten Ort festklemmt) und die Bahtinovmaske wieder entfernt. Nun wird noch die Belichtungszeit eingestellt. Da ich anhand des Sterns Prokyon mit der Helligkeit von +0,46 Magnituden fokussiert habe, der also um einiges dunkler ist als die ISS, stellte ich die Belichtungszeit so ein, dass dieser Stern gerade noch so auf dem Testbild zu erkennen ist. Dies geschah bei einer Belichtungszeit von 1/2500 s.

Als letztes darf man natürlich nicht vergessen, das Fadenkreuz des Suchers mit dem Gesichtsfeld der Kamera abzugleichen. Dazu wird der Stern einfach in das Zentrum des Kamerabildes gesetzt und dann der Sucher mit den dafür vorgesehenen Schrauben so verstellt, dass der Stern im Zentrum des dortigen Fadenkreuzes ist.

Nun hieß es nur noch warten, bis die ISS hinter dem Hausdach aufging.

In den 5 Minuten Überflug, von denen ca. 2 Minuten fotografisch geeignet sind, weil die ISS hoch genug über dem Horizont steht, wird nun versucht,  das Teleskop per Hand so nachzuführen, dass sich die ISS im Sucher immer möglichst nah am Zentrum des Fadenkreuzes. Ist dies der Fall, kann man getrost mehrere Bilder auslösen.

So entstanden ca. 110 Fotos, von denen auf 106 Bildern die ISS zu sehen war. Das ist bisher mein bester Schnitt und hat mich selbst sehr überrascht. Das beste Foto der Serie ist folgendes:

Credit: Kevin Gräff ISS Einzelbild

Dieses Bild ist mit Ausnahme des Einfügens eines Rahmens und Textes, sowie dem ausschneiden nicht nachbearbeitet. Es wurde auch nicht nachträglich skaliert, sondern kam mehr oder weniger so aus der Kamera.

Deutlich sind die rötlichen Solargeneratoren zu erkennen, die an den Truss-Structures befestigt sind. An eben diesen befinden sich auch die Radiatoren zum Wärmeaustausch mit der Umgebung. Es sind die weißlichen Strukturen, die horizontal oberhalb und unterhalb der Druckmodule liegen. Der untere Radiator zeigt sogar eine Hell-Dunkel-Struktur, die auf die Faltung der einzelnen Platten zurückzuführen ist.  Die Druckmodule, in denen sich das Leben abspielt, befinden sich auf der Symmetrielinie. Auf der linken Seite ist nach oben hin das japanische Forschungsmodul Kibo mit der externen Experimentierplattform zu erkennen und nach unten zeigt das europäische Forschungsmodul Columbus.

Da so viele Bilder vom Anfang bis zum Ende des Überflugs existieren, habe ich mittels Startrails eine kurze Animation erstellt:

Als nächstes plane ich, die ISS durch eine 5x Barlowlinse mit 5 Metern Brennweite abzulichten.  Dabei werden sicherlich nicht mehr so viele brauchbare Bilder entstehen, aber der Kamerachip wird noch besser ausgeleuchtet.

Nach dem erfolgreichen Überflug habe ich dann noch Jupiter gefilmt. Hierfür verwendete ich die DMK 21AU618.AS mit Astronomik Farbfiltern. Verwendet wurde das IR-RGB-Verfahren. Zur Bildverarbeitung wurde wie immer Autostakkert, Fitswork und Registax verwendet.

Credit: Kevin Gräff Jupiter am 9.4.2017 mit 2m Brennweite

 

Credit: Kevin Gräff Jupiter am 9.4.2017 mit 5m Brennweite

Man erkennt sehr schön die drei ähnlich aussehenden dunklen und hakenförmigen Wolkenstrukturen, die wie ich finde, neben dem großen roten Fleck zu den eindrucksvollsten Strukturen auf dem Jupiter zählen.

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Ich bin 1992 geboren und besuchte bis zum Abitur das "Gymnasium Gernsheim". Dort war ich in den Leistungskursen Mathe und Physik. Zur Zeit studiere ich Physik an der Technischen Universität in Darmstadt. Ich interessiere mich schon sehr lange für allerlei Wissenschaften, was wohl auch die Studienfachwahl begründen dürfte. Seit Ende 2006 beschäftige ich mich aktiv mit der Astronomie, worauf bald die Mitgliedschaft bei der Arbeitsgemeinschaft Astronomie und Weltraumtechnik Darmstadt folgte. Kevin Gräff

2 Kommentare

  1. Wenn eine Canon Eos 7 solche tollen Aufnahmen schafft, was schaffen dann erst die Kameras der ISS, wenn sie auf die Erde gerichtet sind. Das ist faszinierend und erschreckend zugleich.

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