Fruchtbarer Glauben im Focus

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Fakten, Fakten, Fakten – und an die Leser denken. Getreu ihrem Motto enthält die heute (11.04.09) erschienene Ausgabe von Focus zwei Seiten zur Evolutionsforschung zur Religiosität. Dass der Wissenschaftsjournalist Christian Pantle promovierter Humanbiologe ist, zeigt sich dabei wohltuend. In Anlehnung an das Magazinmotto, für Leser des Artikels und natürlich auch sonstige Interessierte hier ein paar weiterführende Links sowie die Antworten zu drei häufig gestellten Fragen.

Weitergehende Darstellungen der Evolution von Religiosität finden Sie (per Klick ->) in "Homo religiosus" in Gehirn & Geist 03/2009 sowie, etwas trockener und umfangreicher, (per Klick ->) in Band 29 der Mitteilungen der BGAEU.

Religionsdemografische Daten z.B. zum Vergleich Europa – USA und Muslimen in der Türkei und Deutschland finden Sie z.B. im "religionsdemografischen Fanpost".

Einige weitere Fallstudien behandeln
die Mormonen (kinderreich)
die Amischen (extrem kinderreich)
die Shaker (kinderlos)

Auch gibt es einen Beitrag zur Gretchenfrage (dem Vergleich des religiösen Verhaltens von Frauen und Männern).

Und wussten Sie schon, dass auch der Neandertaler religiöses Verhalten evolvierte?

Einen umfassenden Einblick in den Forschungs- und Diskussionsstand zu den genannten und vielen weiteren Themen bietet das Buch "Gott, Gene und Gehirn" von Rüdiger Vaas und mir, erhältlich u.a. im Buchhandel, im hiesigen Science-Shop und bei amazon.de.

Gott, Gene und Gehirn (GGG) von Rüdiger Vaas & Michael Blume

Häufig gestellte Fragen

1. Beweist oder widerlegt die Evolutionsforschung zur Religiosität die Existenz Gottes?

Weder – noch. Wie jede empirische Wissenschaft bietet die Religionswissenschaft und Evolutionsforschung insgesamt nur immer weiter verbesserte Hypothesen auf Basis beobachteter (also stets vergangener!) Befunde, die dann durch noch bessere Hypothesen auf Basis auch neuer Befunde abgelöst werden. Absolute Wahrheiten können sie also gar nicht liefern. Die Evolutionsforschung zur Religiosität erkundet auch nicht die Existenz von Ahnen, Geistern, Göttern, Gott, sondern die biologischen Funktionen des beobachtbaren (und, wie wir inzwischen wissen, insgesamt erfolgreichen) religiösen Verhaltens.

Und die Diskussion hat gerade erst begonnen, ob und ggf. welche erkenntnistheoretischen, philosophischen und theologischen Folgen sich aus den Erkenntnissen ergeben.

2. Kommt es denn nur darauf an, wie nachdrücklich Religionsgemeinschaften ihre Anhänger zu Kinderreichtum auffordern?

Nein – sondern auch darauf, ob sie die Familien dann auch unterstützen.

Religionsgemeinschaften, deren Lehren sich zu Kindern gleichgültig oder gar ablehnend verhalten, überaltern ebenso wie solche, die Familien überfordern. "Ihr sollt viele Kinder haben, die Mutter für diese auf Karriere verzichten, der Vater alleine das Geld heranschaffen und in der Woche sind mindestens zwei Gottesdienste zu besuchen." führt beispielsweise in Industrie- und Wissensgesellschaften ohne flankierende Förderung schnell in den Geburtenrückgang, wie bei den europäischen Gemeinden der Neuapostolischen Kirche und Zeugen Jehovas zu beobachten. Dauerhaft hohe Geburtenraten erreichen nur jene Gemeinschaften, die zusätzlich zu Familienwerten auch Familieneinrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Stipendien usw. bereit stellen wie beispielhaft jüdische Gemeinden, einige Freikirchen usw.

3. Könnte Deutschland seine Geburten steigern, wenn die Deutschen wieder zu mehr Religiosität gezwungen würden?

Nein, im Gegenteil. Staatlicher Zwang ist der schnellste Weg, um religiöses Leben abzutöten. Heute ist z.B. im Iran die Religiosität viel schwächer ausgeprägt als in der Türkei. Warum?

Einerseits verlieren religiöse Signale wie Gebete, Kleidungs-, Speise- und Zeitgebote ihre Signalwirkung, wenn sie erzwungen werden – sie zeigen nur dann die Haltung der Glaubenden an, wenn sie freiwillig befolgt werden. Und zum zweiten erstarren Kirchen und Religionsgemeinschaften, wenn sie durch den Staat vor Konkurrenz geschützt werden. Warum auch sollten sie sich anstrengen (z.B. durch neue Gottesdienstformen und Familienangebote), wenn sie doch ohnehin ein Monopol haben? Erst im Wettbewerb setzen sie sich in Bewegung und gleichzeitig werden erfolgreiche Strategien voneinander abgeschaut.

Am Beispiel der USA ist sehr schön zu sehen: Auf Dauer entfaltet sich (auch demografisch) dynamische Religiosität am Besten unter den Bedingungen von Religionsfreiheit und gleichen Wettbewerbsbedingungen für alle Gemeinschaften.

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

84 Kommentare

  1. @ – Michael Blume: “FOCUS”

    Ist der Beitrag im FOCUS wirklich lesenswert? Ließe er sich eventuell auch als “Seminartext” verwenden?

  2. @ – Michael Blume: USA

    Da Du von der religiösen Vielfalt in den USA sprichst: Was müsste in Deutschland geschehen, um eine ähnliche Vielfalt zu erzeugen? Den christlichen Großkirchen ihr Monopol und ihre Privilegien nehmen? Also zum Beispiel die “Kirchensteuer”, die “Konkordatslehrstühle” und die “Theologenausbildung” abschaffen?

  3. @ Dahl

    “Den christlichen Großkirchen ihr Monopol und ihre Privilegien nehmen? Also zum Beispiel die “Kirchensteuer”, die “Konkordatslehrstühle” und die “Theologenausbildung” abschaffen?”

    Lieber Herr Dahl. Hoffentlich nerve ich Sie nicht -Sie müssen sich ja schon fast verfolgt vorkommen 🙂

    Zum Thema: Warum etwas wegnehmen, aus der Welt nehmen, was in sich ohnehin keinen Bestand hat, da ein Reich immer an seinen Widersprüchen zugrunde geht? Was aber, wenn in der Theologie ein Rätsel verborgen ist, das es zu lösen gilt? Wenn ein Reich bestehen bleibt, stimmt etwas mit dem Widerspruch nicht!

  4. @ Edgar: Ja und Nein

    Lieber Edgar,

    die Kooperationen zwischen Kirchen und (demokratischem) Staat “zähmen” die Religionen, stärken also differenzierte und z.B. nicht-kreationistische Strömungen, lähmen aber natürlich auch den Wettbewerb und die Vielfalt, da sich neue Strömungen eher in die schon bestehenden Strukturen einbringen. Aus einer universitären Theologie gehen natürlich andere Sorten von Predigern und Seelsorgern hervor wie aus einer spendenfinanzierten Bibelschule.

    Die strikte Trennung von Kirchen und Staat wie in den USA führt also auf Dauer tatsächlich zu mehr Wettbewerb und dynamischen Religionsgemeinschaften – aber damit eben auch zu mehr Spaltungen, Abgrenzungen und Fundamentalismen. Interessanterweise hat schon Adam Smith die entsprechenden Überlegungen in seinem “Wealth of Nations” angestellt und daher für eine Kooperation zwischen Staat und Religionsgemeinschaften im Bereich der Bildung geworben. Ich würde ihm zustimmen, unser partnerschaftliches Verhältnis zwischen Staat und Religionen hat auch ganz klare Vorteile!

  5. Zu Focus

    Lieber Edgar,

    also, ich finde den Focus-Artikel ebenso knapp wie hervorragend! Der Autor hat es geschafft, nicht nur ein Sahnestückchen rauszupicken, sondern durch die Kombination von Text, Grafiken und Bildern eine erstaunlich breite und verständlich formulierte Übersicht auf wenig Raum zu leisten. Dass er selbst promovierter Biologe ist, hat sichtbar bei Verständnis und Wiedergabe der Thesen geholfen! Bin begeistert.

    Herzliche Grüße!

  6. @ – Michael Blume: FOCUS

    Ich habe gerade gesehen, dass der Text nur zwei Seiten hat. Hast Du zufällig einen Scan dieser Doppelseite als PDF?

  7. @ – Michael: Kirchliche Privilegien

    Über die staatlich überwachte Ausbildung von Theologen kann man meines Erachtens vielleicht noch diskutieren. Doch die vom Staat eingezogene Kirchensteuer und die Konkordatslehrstühle halte ich für vollkommen indiskutabel. Gemeinsam mit Michael Schmidt-Salomon bin ich ja auch an der gegenwärtigen “Konkordatdslehrstuhlklage” beteiligt. Ich halte es für ein Unding, dass man der katholischen Kirche in einem säkularen Staat gestattet, über die Besetzung einer Professur für Praktische Philosophie zu entscheiden. Seit wann brauchen Philosophen den Segen eines Bischofs, um an einer staatlichen Universität unterrichten zu können?

  8. seit wann, Edgar?

    Ich möchte annehmen, seit gut und gerne mindestens 1500 Jahren …

    Letztlich muß es ja bei diesen Fragen zur Trennung von Staat und weltanschaulichen Gruppierungen doch eine Beurteilung dahingehend geben (und fließt wohl auch immer mit ein – auch bei Michael’s), für wie förderlich oder rückschrittlich man eine bestimmte Weltanschauung für die weitere Entwicklung der Gesellschaft ansieht.

    Hier in Berlin treten da die ProReli-Anhänger ganz schön großkotzig auf, muß ich sagen. Sie scheinen noch viel weniger öffentlich bekannten Rückenwind zu spüren …

    Man glaubt wunders was für eine aufrechter Konservativer zu sein, wenn man sich heute noch für das Christentum einsetzt. Dabei: man möchte schon bitten …

    1500 Jahre REICHEN.

  9. @ – Ingo B.: “Pro Reli”

    “Seit wann, Edgar? Ich möchte annehmen, seit gut und gerne mindestens 1500 Jahren…”

    Mit der Frage “Seit wann” hätte ich mich natürlich nicht an einen Historiker wenden sollen!

    Ich habe übrigens einen Professor aus Berlin zu einem Gastbeitrag zu “PRO RELI” eingeladen. Ich hoffe, dass er ihn noch vor der anstehenden Abstimmung schickt.

  10. @ – Michael: Theologenausbildung

    Als ich schrieb, dass man über die Ausbildung von Theologen durchaus noch diskutieren könnte, hatte ich die Praxis in der DDR im Hinterkopf.

    Obgleich ein “atheistischer” Staat, hatte die DDR die Theologischen Fakultäten doch nicht von den Universitäten entfernt. Die meisten Theologen sind daher tatsächlich an den staatlich finanzierten Universitäten ausgebildet worden.

    Es hätte aber keineswegs sein müssen, denn neben den staatlich finanzierten Theologischen Fakultäten gab es auch fünf kirchlich finanzierte “Theologische Seminare” in der DDR – zwei in Berlin, eines in Leipzig, eines in Erfurt und eines in Naumburg. (Ich selbst war in Erfurt.)

    Die katholischen Priester sind sogar allesamt nur am sogenannten “Philosophisch-Theologischen Studium” in Erfurt ausgebildet worden, einer vom Vatikan finanzierten Hochschule direkt hinter dem Erfurter Dom. (Als “Ökumenebeauftragter” war ich als vermeintlicher “Protestant” oft bei den “Katholiken” und habe gemeinsame Veranstaltungen organisiert.)

    Wie auch immer, der Punkt ist: Die Kirchen haben ihre Pfarrer hervorragend ausgebildet. Es bedurfte keiner Kontrolle durch den Staat.

    Oder anders ausgedrückt: Ich sehe noch nicht so recht, dass es eines Rests von Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche bedarf. Denn die Finanzierung und die Ausbildung der Theologen kann durchaus von den Kirchen übernommen werden. Und sie achten bereits ihrerseits darauf, dass sie keine “Fundamentalisten” oder selbsternannte “Heiligen” ausbilden. Zudem: Bilden die Neuapostolen nicht beispielsweise ihre “Apostel” auch selbst aus?

  11. @ Edgar: Theologenausbildung & Pro Reli

    Lieber Edgar,

    wie geschrieben: Es ist kein Verstoß gegen die Religionsfreiheit, Staat und Religionen auch in der Theologenausbildung strikt zu trennen, wie es in den USA geschieht. Die religiöse Landschaft wird dadurch farbiger, bunter, aber eben auch in Teilen fundamentalistischer.

    Wenn aber der Staat selbst im Zuge eines Zwangsunterrichtes Werteerziehung “gegen” die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften einrichtet, wird es kritisch. Und dass die SED-Nachfolgepartei dabei eine führende Rolle spielt, ist nicht sehr überraschend – die Kirchen und Religionen sollen mit Staatsmitteln verdrängt werden.

    Allerdings bin ich auch da nicht alarmistisch: Schon jetzt hat das Vorgehen des Berliner Senates zu einer Mobilisierung der Religiösen beigetragen. Ob sie ihre Wahlfreiheit noch einmal verteidigen können, ist zwar fraglich, aber das Bewusstsein für den Wert der eigenen Freiheiten bleibt gestärkt. Die Religionsfreiheit wird als ein zentrales Menschenrecht erkannt.

    Aber das können wir ja dann in Deinem Blog diskutieren – wobei ich gespannt bin, ob Du Dich gegen den staatlichen Zwangsunterricht und also für die Wahlfreiheit der (Anders-)Glaubenden einsetzen wirst.

  12. @ Ingo B.: Alternative?

    Lieber Ingo,

    das Christentum ist ja schon so oft totgesagt worden… Ich hätte nur die Frage: Wenn Du findest, dass es “reicht”, was sollte denn dann Deiner Meinung nach an die Stelle des Christentums treten?

  13. @Blume

    “das Christentum ist ja schon so oft totgesagt worden…”

    Es gibt nur ein einziges Argument, welches überleben wird, der gegen das Christentum spricht, ein Argument, welches ein Frage ist: und das soll eine “frohe Botschaft” sein? Alles andere Hedonismus, Materialismus, Atheismus, Naturalismus -alles alter Quark! Hatten wir schon! Und die, die sich dieser Begriffe mit samt der Definitionen noch bedienen, sind Trittbrettfahrer vergangener Zeiten, die nur ihre Eitelkeiten bedienen!

  14. @ Michael

    Ich sagte es zu Edgar Dahl’s letztem Blog-Beitrag auf Seite 6 der Kommentare vor kurzem:

    Es sollte angeknüpft werden bei solchen Leuten wie Rilke, Hölderlin, Schiller, Nietzsche etc. etc. pp ppp. Die europäische Hochkultur um 1800 und um 1900 hatte eine FÜLLE von Ansätzen und Perspektiven und Horizonten.

    Die heutigen Argumente der Atheisten – etwa eines Richard Dawkins – wären ihnen viel zu banal gewesen. Die waren da schon weit drüber hinaus. Die hatten das – zu größeren Teilen – gar nicht mehr NÖTIG, diese dauernde bloße Abstoßung. Ihnen war vor ALLEM wichtig: Wo wollen wir hin.

    Oder etwa Jacob Burckhardt. Die haben doch ALLE gesehen, daß der Materialismus, der Atheismus eine riesen Gefahr darstellen, daß man dem etwas entgegenstellen muß.

    Aber es war ihnen klar: “Frei wovon? Was schiert das Zaratusthra! Hell aber soll mir dein Auge künden: Frei wozu!” (Nietzsche)

    DA könnte und sollte auch religionswissenschaftliches und religionsdemographisches Fragen ansetzen und einsetzen. Da wäre diese Religiosität der europäischen Hochkultur um 1800 und um 1900 erst einmal zu umreißen und zu bestimmen, genauer zu analysieren. Wo wollten die denn alle hinaus? Was hatten die denn alle im Sinn? Was war ihnen gemeinsam? (Aber jetzt sage bitte bloß nicht so was Banales wie “Glaube an übernatürliche Akteure”, Michael, dann kann man’s gleich sein lassen.)

    Was für eine Religiosität HATTE Rilke?

    Tja. DA fängt “Studium generale” an … Da würden plötzlich die Geisteswissenschaften eine gesellschaftliche Aufwertung erfahren, von denen sie sich schon seit Jahrzehnten nichts mehr zu träumen wagen. Germanistikprofessoren wichtiger als Theologen für gesellschaftliche Selbstfindung? Soso …

    Oder wie sagte Goethe so klassisch und treffend:

    „Wer Wissenschaft und Kunst besitzt/ Hat auch Religion; Wer jene beiden nicht besitzt/ Der habe Religion.“

    Den Satz lasse man sich mal auf der Zunge zergehen. Er weist WEIT, WEIT in die Zukunft, tatsächlich über die nächsten 15 Jahrhunderte hinweg.

  15. @ – Michael: “Pro Reli” vs. “Pro Ethik”

    “Aber das können wir ja dann in Deinem Blog diskutieren – wobei ich gespannt bin, ob Du Dich gegen den staatlichen Zwangsunterricht und also für die Wahlfreiheit der (Anders-)Glaubenden einsetzen wirst.”

    Wie schon erwähnt, habe ich einen befreundeten Professor aus Berlin gebeten, einen Gastbeitrag zu “Pro Reli” zu schreiben. Da er nicht vor Ort sitzt, sondern auch der Humanistischen Union angehört, kennt er sich in der Thematik weit besser aus als ich. (Da ich nach wie vor nicht alle relevanten Fakten kenne, bin ich gegenwärtg noch
    unentschieden.)

  16. @ – Michael: Theologenausbildung

    “Es ist kein Verstoß gegen die Religionsfreiheit, Staat und Religionen auch in der Theologenausbildung strikt zu trennen, wie es in den USA geschieht. Die religiöse Landschaft wird dadurch farbiger, bunter, aber eben auch in Teilen fundamentalistischer.”

    Ich bin da etwas skeptischer. Ich kann mir, ehrlich gesagt, nicht wirklich vorstellen, dass Fundamentalisten und Scharlatane vom Schlage eines Benny Hinn in Deutschland großen Erfolg haben könnten.

    Zudem: Je fundamentalistischer sich die “Christen” gebärden, desto mehr diskreditieren sie sich selbst – ein Umstand, der mir als Atheisten eigentlich nur entgegenkommen kann.

    Gibt’s hierzulande beispielsweise Leute, die mit Plakaten a lá “God Hates Fags!” auf die Straße gehen?

  17. Alternative zum Christentum?

    Wenn Du mich fragst:

    Sigrid Hunke “Europas andere Religion” IST NICHT SO SCHLECHT. Da steht VIEL drin. Aber ist natürlich AUCH nur einer der vielen ersten Ansätze, die weiterzuentwickeln sind. Immerhin schon einmal ganz gut in einem ersten Wurf zusammen gefaßt diese vielen Ansätze.

    Aber das Wesentliche ist: Das muß von unserer Gesellschaft im kreativen Prozeß ERARBEITET werden, in Auseinandersetzung mit solchen Fragen muß unsere Gesellschaft REIFEN. DA fängt an, Kulturleben überhaupt Kulturleben zu sein, wenn solche Fragen bearbeitet werden (eben so wie um 1800 oder um 1900 oder etwa in der Renaissance um 1500). Kulturleben und nicht das heutige Pseudo-“Kulturleben”, auf das man überall stößt.

    Auch Religionswissenschaftler können an diesem kreativen, kulturellen Suchprozess mitarbeiten. Z.B. indem sie – etwa – die Anthroposophen und ähnliche Gruppierungen religionsdemographisch auswerten und nicht immer nur das Null-Acht-Fünfzehn-Programm durchziehen. …

  18. @ – Ingo B.: “Atheismus”

    Was meintest Du mit der Behauptung:

    “Oder etwa Jacob Burckhardt. Die haben doch ALLE gesehen, daß der Materialismus, der Atheismus eine riesen Gefahr darstellen, daß man dem etwas entgegenstellen muß.”

    Das verwirrt mich? Bist Du etwa der Ansicht, dass der Atheismus eine “Gefahr” darstellt?

  19. @ Elsa: …

    Für so dumm und kindisch und geistig-moralisch unbedarft darf man die Menschheit NICHT halten. Man DARF es nicht. Daß sie das noch mal 1500 Jahre macht: MAN – DARF – ES – NICHT.

    Es gibt eine ethische Pflicht, die Menschheit für intelligenter zu halten.

    Es ist verboten, sozusagen (will heißen: aus intellektueller Redlichkeit heraus), mit der Lüge zu leben. Und das Christentum IST heute eine Lüge – seinem Wesen nach. Und zwar, wo immer man es auch nur berührt, anfaßt.

    Nur als Eklatantestes (worüber aber bezeichnenderweise von Christentums-Kritikern kaum gerdet wird): Religiosität muß auf gesellschafltiche Wirklichkeit reagieren. Bei all dem z.B., was nur einen Klick weit von hier entfernt ist, wird ein altüberkommener Begriff wie “Sünde” zu einer Trivialtität, wie es noch nie eine Trivialtität gegeben hat. Daß das Christen, wohlgemerkt: Christen nicht merken (nicht zu merken scheinen), damit fängt das Ungeheuer an. Die Lüge.

    Denn wenn sie die Ungeheuerlichkeit gemerkt hätten, hätten sie schon längst, schon längst Revolution gemacht. DA sie es aber nicht gemacht haben, die Christen, seit Jahrzehnten nicht (spätestens Helmut Kohl nicht, nachdem er die “geistig-moralische Wende” hatte einleiten wollen), und da nicht im GERINGSTEN Revolutionsbereitschaft unter ihnen zu spüren ist, leben sie eben mit der Lüge weiter. Aber mit WAS für einer Lüge … Ich bitte doch: Mit WAS für einer Lüge.

    Schüttel.

    Noch mal genau, konkret: Was ist die Lüge? Daß es einen zentralen christlichen Begriff gibt wie den der Sünde gibt, den auf heutige gesellschaftliche Wirklichkeit anzuwenden nur noch Absurditäten hervorbringt, der es aber nicht mehr SCHAFFT, ihnen gerecht zu werden (obwohl er es müßte, weil er zentral ist, nämlich für das Wesen des Christentums und für seine geistig-moralisch REDLICHE Existenz. Fortexistenz.)

    Es geht nicht mehr um die moralischen Übertritte einzelner Priester. Um Christi Geburt sind religiöse Reformer schon um viel banalerer Dinge willen viel fantatischer geworden als heute auch der engagierteste Christ gesellschafltichen und religiösen und moralischen Reformwillen entfaltet im Angesicht HEUTIGER gesellschaftlicher Wirklichkeit. DA fängt es eben an, so ganz und gar ins Absurdistan abzutauchen.

    Daran wird eben erkennbar, daß aus dem Christentum nicht mehr die geringsten gesellschaftlichen Reformkräfte überhaupt herovrgehen. Noch nicht mal eine Eva Herman findet bei ihnen, bei den Christen genügend Schutz und Rückhalt, um sich mit ihrer Hilfe auch nur ANSATZWEISE gesellschaftlich durchzusetzen. Wie LÄCHERLICH. NOCH NICHT MAL: SIE. Ein weiterer solcher Punkt.

    Es ist völlig und absolut ins Bodenlose abgerutscht. Und die Gründe sind nicht, können nicht bloß oberflächlicher Art sein.

  20. @ Edgar

    Aber NATÜRLICH. NATÜRLICH stellt der Atheismus eine Gefahr dar. Atheisten destablisieren Gesellschaften weltweit. Zwar nur wenig mehr als all die Namenschristen (heute) aber immerhin, deutlich meßbar.

    Atheismus ist aber auch eine Gefahr für jede mögliche Form von Redlichkeit in menschlichem Denken. Ich wußte das früher immer, mir wird das jetzt erst allmählich wieder bewußt.

    Atheismus ist eine Gefahr, weil er so banal ist. Weil er substanz- und aussagelos ist. Perspektivlos. Geistlos. Unendlich viele Gründe.

    Wie kann ein Atheist lieben? Ich weiß es nicht. Er KANN es nicht. Liebe IST Religion. Das heißt: Wenn ein Mensch liebt, WIRKLICH liebt, kann er nicht Atheist sein. Unmöglich. Unmöglich. Ich wußte es immer. War aber nicht immer verliebt genug. DAS ist die Gefahr. Mangelnde Liebe. Sie erzeugt Atheisten. Sonst nichts.

  21. Pro Reli

    Lieber Edgar,

    bei Pro Reli wußte ich lange Zeit auch nicht, wie ich mich entscheiden sollte. Insgesamt kam mir die Debatte zu BLÖD vor. (Welche Bedeutung hat HEUTE denn noch so ein oder zwei Wochenstunden Ethik- oder Religionsunterricht für Schüler bei DERartigen sonstigen Miterziehern in den Massenmedien.)

    Was mich aber schließlich ABGESTOSSEN hat, das war die Arroganz der ProReli-Vertreter, die so tun, als hätten sie die gesellschaftliche Weisheit mit Löffeln gefressen. Und was HABEN sie gefressen? GAR nichts. GAR nichts.

    In der Radio-Diskussion, die ich neulich hörte, haben mir die ProEthik-Leute VIEL besser gefallen. Sie sagten vor allem: ALLE Schüler müssen lernen, Werte und Normen SÄKULAR zu begründen, zu formulieren, zu diskutieren. GENAU DAS KÖNNEN (!!!!), ich sage: KÖNNEN aber oft Theologen gar nicht. Sie sind also ganz und gar fehl am Platz.

    Die Theologen sollen die FREIHEIT haben (ja, Michael) ihr zusätzliches (merkwürdiges, abstruses, ja) Programm anzubieten, ja. Aber den SÄKULAREN Diskurs, von diesem darf kein Schüler ausgeschlossen werden, dadurch daß er an einem im Kern ANTI-säkularen Diskurs teilnimmt. (- Anti-logischen Diskurs zudem, nicht wahr, Michael?)

    Das wurde mir klar. Ist von meiner Seite mehr ne Sache von “Stimmung” als wirklich klarer Rationalität. Die Rationalität sagt sich dauernd nur: Haben die nichts Wichtigeres, über was man abstimmen könnte? Wirklich nichts Wichtigeres?

  22. Hallo, Michael.
    Hoffe, du läßt es dir während der Feiertage gut gehen. Es ist zwar nicht mein Fachgebiet, aber ich möchte dieses Mal auch was zur Diskussion in den Kommentaren schreiben.

    Zitat Michael Blume:“Wenn aber der Staat selbst im Zuge eines Zwangsunterrichtes Werteerziehung “gegen” die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften einrichtet, wird es kritisch.” Entschuldigung, aber ist das nicht auch das Argument, welches die Kreationisten in Amerika bezüglich der Evolutionstheorie verwendet haben? Klingt für mich irgendwie danach … aber vielleicht bin ich in dem Punkt auch nur hypersensibel.

    Daß eine größere Religionsvielfalt mehr Fundamentalisten zur Folge hat, halte ich persönlich für eine gewagte These. Schließlich kann es im Gegenzug auch passieren, daß ein einzelner Führer einer etablierten Weltreligion plötzlich behauptet, daß Kondome nicht gegen die Ausbreitung von Aids helfen. Wie viele Gläubige können durch diese einzelne Aussage zu Schaden kommen oder sterben, weil sie auf Kondome verzichten? Wäre da nicht eine größere Streuung der Religionen sinnvoll, damit nicht zu viele auf solche “Weisungen” von oben hören?

    Was gaaanz anderes: Du gehst ja immer gern darauf ein, daß religiöse Menschen mehr Nachwuchs haben. Das läßt mir jetzt schon seit Wochen(!) keine Ruhe und ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen. Es gibt tatsächlich eine Gesellschaftsgruppe, die unabhängig zum persönlichen religiösen Stand in ihrer Reproduktion im Vergleich sehr aktiv sind: LehrerInnen – da LehrerInnen in der Regel von Berufswegen kinderlieb sind (oder sein sollten). Hah! 😉

    Liebe Grüße und frohe Ostern!

  23. neue Gottesdienstformen?

    Gottesdienst ist lt. Überlieferung:

    Witwen, Waisen, Gefangene, Kranke, Fremde, aufsuchen,

    Jak 1,27; Mt 25,36; Mt 25,43;Lk 1,68; Lk 7,16; Mt 25,36; Mt 10,8;

    bzw. sie auch ins eigene Haus einladen.

    Lk 14,21

    Kinderbetreuung ergibt sich im Tausch.

    Der Staat mit der geringsten Geburtenrate ist der Vatikanstaat, mit 1-5 Kinder jährlich. Katholisch-Viagra gibt es nicht

    Shalom

  24. @ – Ingo B. “Atheismus als Gefahr”

    Das kann doch wohl nicht ihr Ernst sein! Werfen Sie einen Blick auf die atheistischsten Staaten Eurpoas, auf Dänemark, Norwegen und Schweden, – sind die dem Untergang geweiht?

  25. @ – Ingo B.: Banalität

    “Atheismus ist eine Gefahr, weil er so banal ist. Weil er substanz- und aussagelos ist. Perspektivlos. Geistlos. Unendlich viele Gründe.”

    Das macht doch wohl wenig Sinn, oder? Wenn etwas wirklich “banal” ist, ist es doch bedeutungslos und kann daher auch keine Gefahr darstellen.

  26. @ – Ingo B.: “Liebe ist Religion!”

    Dies müssen Sie wohl etwas näher erläutern. Ist zum Beispiel jede Mutter, die ihr Kind liebt, “religiös”? Und wenn ja, welcher “Religion” gehört sie dann an – dem Judentum, dem Christentum, dem Islam, dem Jainismus, dem Hinduismus, dem Buddhismus…?

  27. @ – Ingo B.: Und schließlich…

    “Wie kann ein Atheist lieben? Ich weiß es nicht. Er KANN es nicht.!”

    Aha! Das heißt also, dass eine Frau, die Atheistin ist, weder ihren Mann noch ihr Kind lieben kann.

    Ihre “These” würde eine prima Titelgeschichte für den SPIEGEL abgeben.

    Sind Sie Christ? Und meinen Sie dann, dass es vor dem “Kreuzestod Jesu” keine Liebe gegeben haben kann? Und die griechischen Dramatiker wussten nicht, wovon sie schrieben?

  28. @ – Ingo Bading: “Pro Reli”

    Wie gesagt, will ich eigentlich erst noch den Gastbeitrag zu “Pro Reli” abwarten, bevor ich mich zu diesem Thema zu Worte melde. “Intuitiv” bin ich aber folgender Auffassung:

    Wie in Berlin, so sollte auch in allen anderen Bundesländern ein Weltanschauungsunterricht eingeführt werden. Deser Unterricht sollte über alle maßgeblichen Weltanschauungen, einschließlich der Weltreligionen, informieren, und zwar in neutraler, sozusagen religionswissenschaftlicher Weise. Im Zuge dieses Unterrichts werden die Schüler dann auch mit den Wert- und Moralvorstellungen der diversen Religionen vertraut gemacht. Letztlich sollte das Schwergewicht aber darauf beruhen, die Schüler auf eine pluralistische, freiheitlich-demokratische Gesellschaft vorzubereiten.

    Der eigentliche Religionsunterricht sollte dagegen außerhalb der Schule von den entsprechenden Religionsgemeinschaften organisiert, durchgeführt und finanziert werden. Wer Christ ist, schickt sein Kind in die Christenlehre; wer Muslim ist, schickt sein Kind in die Koranschule usw.

    Wäre dies nicht eine Lösung, mit der wir alle leben können?

  29. @ Edgar – Pro Reli

    ja, Edgar, das ist genau das, was die Mehrheit des Berliner Senats auch möchte und wogegen Pro Reli Sturm läuft. Pro Reli will die WAHL-Möglichkeit, das heißt, daß Schüler ENTWEDER Ethik-Unterricht ODER Religionsunterricht wählen können sollen. Also STATT Ethik-Unterricht Religionsunterricht als Option wie in den alten Bundesländern.

    Übrigens: Ingo B. = Ingo Bading.

    Der Atheismus wird heutzutage viel zu wenig von Nichtchristen kritisiert. Deshalb glaubt er sich so in einer selbstverständlichen intellektuellen Allmacht-Position zu befinden (da ja christliche Gegenargumente ihm nicht wirklich etwas anhaben können).

    Da gibt es unglaublich viel, was einfach erst einmal nur gesprächlich aufbereitet werden muß, was durch die dauernden Kontroversen zwischen Atheisten und Monotheisten VÖLLIG ausgeblendet worden ist und wird. Habe mich natürlich dauernd nur ganz verkürzt ausgedrückt. Das bedürfte noch umfangreicher Klarstellungen.

    Aber das sind ganz tiefe Strömungen in der kulturellen Entwicklung. Ich behaupte, daß die großen Denker um 1900, um 1800 alle kirchenfrei waren aber KEINE Atheisten. War Hermann Hesse Atheist? War Jacob Burckhardt Atheist? War Rilke Atheist? War Theodor Storm Atheist? Usw. usf.. Noch nicht mal Nietzsche war Atheist. Man lese doch seine Gedichte. Unsere Kultur lebt aus ganz anderen weltanschaulichen Motivlagen (soweit sie noch lebendig IST).

    Ach, ein riesen Thema. Es wird zu viel Mißbrauch mit dem Wort Gott getrieben. Das haben die großen Denker alle vermieden. Das heißt aber nicht, daß das benannte Phänomen so leicht hinwegzudiskutieren ist.

  30. @ Petra Zugschwerdt

    Liebe Petra,

    danke für Deinen Beitrag und Deine Fragen, auf die ich gerne eingehe.

    (Staatlicher Zwangswerteunterricht). Entschuldigung, aber ist das nicht auch das Argument, welches die Kreationisten in Amerika bezüglich der Evolutionstheorie verwendet haben? Klingt für mich irgendwie danach … aber vielleicht bin ich in dem Punkt auch nur hypersensibel.

    Die USA sind ein schönes Beispiel dafür, dass eine strikte Trennung von Kirche(n) und Staat eher verbindlichere (auch: extremere) Gruppen begünstigt. So gibt es keinen schulischen Religionsunterricht, der wird privat und auf Spendenbasis organisiert. Und mehr noch: Wer mit dem ganzen Schulsystem unzufrieden ist, hat auch das Recht auf Home Schooling. Die Folge: Kreationismus ist in den USA sehr viel stärker vertreten als in Deutschland, wo ihm z.B. auch Religionslehrer entgegen wirken.

    Allerdings tun wir den USA umgekehrt Unrecht, wenn wir ihnen vorwerfen, sie würden z.B. Religion und Naturwissenschaft nicht trennen. Sowohl im Scopes-Prozeß 1926 (vs. Kreationismus) wie auch im Dover-Prozess 2005 (vs. Intelligent Design) wehrten Gerichte Versuche ab, Religion in den Biologieunterricht einzuschmuggeln.

    Daß eine größere Religionsvielfalt mehr Fundamentalisten zur Folge hat, halte ich persönlich für eine gewagte These. Schließlich kann es im Gegenzug auch passieren, daß ein einzelner Führer einer etablierten Weltreligion plötzlich behauptet, daß Kondome nicht gegen die Ausbreitung von Aids helfen. Wie viele Gläubige können durch diese einzelne Aussage zu Schaden kommen oder sterben, weil sie auf Kondome verzichten? Wäre da nicht eine größere Streuung der Religionen sinnvoll, damit nicht zu viele auf solche “Weisungen” von oben hören?

    Oh ja, da gebe ich Dir völlig Recht – in den religiös vielfältigen USA sind zum Beispiel der Respekt und die Integrationsbereitschaft gegenüber Islam & Muslimen sehr viel größer als im säkularen Deutschland! (Vgl. Artikel “Yes, we believe” dazu hier im pdf:
    http://www.gehirn-und-geist.de/artikel/982255 )

    Meine Sorge bezüglich Fundamentalismus bezog sich also in keiner Weise auf Vielfalt, sondern auf eine Abschaffung der staatlich mitfinanzierten, theologischen Fakultäten. An ihre Stelle würden privat organisierte und spendenfinanzierte Bibel-, Koran- etc.-Schulen treten.

    Was gaaanz anderes: Du gehst ja immer gern darauf ein, daß religiöse Menschen mehr Nachwuchs haben. Das läßt mir jetzt schon seit Wochen(!) keine Ruhe und ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen.

    Freut mich, dass Dich die Forschungsergebnisse so interessieren!
    🙂

    Es gibt tatsächlich eine Gesellschaftsgruppe, die unabhängig zum persönlichen religiösen Stand in ihrer Reproduktion im Vergleich sehr aktiv sind: LehrerInnen – da LehrerInnen in der Regel von Berufswegen kinderlieb sind (oder sein sollten). Hah! 😉

    Daten dazu liegen mir nicht vor – aber ich würde jede Wette eingehen, dass auch in der Lehrerschaft Kirchenmitglieder durchschnittlich kinderreicher sind als Konfessionslose und Religions- als Ethiklehrer. 😉

  31. @ – Michael: Religionsunterricht

    “Meine Sorge bezüglich Fundamentalismus bezog sich also in keiner Weise auf Vielfalt, sondern auf eine Abschaffung der staatlich mitfinanzierten, theologischen Fakultäten. An ihre Stelle würden privat organisierte und spendenfinanzierte Bibel-, Koran- etc.-Schulen treten.”

    Was ist daran auszusetzen, dass die Religionsgemeinschaften ihren Religionsunterricht selber organisieren und finanzieren? Ein “fundamentalistischer Erdrutsch in Deutschland? Aber welche Indizien sprechen dafür?

  32. @ Edgar: Erdrutsch

    Lieber Edgar,

    von einem “Erdrutsch” habe ich auch nichts geschrieben, sondern von einem absehbaren Erstarken verbindlicher und mittelbar auch fundamentalistischer Strömungen.

    Dafür sprechen die Erfahrungen sowohl aus den USA, teilweise aus Israel wie auch aus dem laizistischen Frankreich, in dem die Trennung von Kirche und Staat ebenfalls zu einem Nebeneinander säkularer und fundamentalistisch-abgeschlossener Milieus geführt hat (auch die Pius-Bruderschaft ist nicht zufällig vorwiegend französischsprachig begründet worden). Dass Präsident Sarkozy nun mit seinem Konzept des “positiven Laizismus” inkl. der halbstaatlichen Organisation auch des Islam die Wiederannäherung von Staat und Kirche(n) betreibt, ist wahrlich kein Zufall.

    Ohne besondere Überraschung nehme ich wahr, dass Du Dich (schon in der weltanschaulichen Auswahl des Gastbeitragenden zu ProReli) einerseits für einen staatlichen Zwangs”werte”unterricht, andererseits gegen den die gleichberechtigte Wahlfreiheit von Eltern und Schülern zwischen Ethik und Religionsunterricht an den Schulen positionierst. Die Regierung (in Berlin maßgeblich auch durch die SED-Nachfolgepartei geprägt) soll also wieder bestimmen dürfen, welche Weltanschauung den Kindern per Zwang, ohne Wahlmöglichkeit und mit versetzungsrelevanter Benotung vermittelt wird…

    Mach das ruhig – aber benutze bitte, bitte dann nicht auch noch das freiheitliche Wort “libertär” für ein Konzept, in dem sich der Staat auch noch die Werteerziehung per Zwang und auch gegen den Willen von Eltern und Kindern an sich reißt…

  33. @ – Michael: Religionsunterricht

    “…benutze bitte, bitte dann nicht auch noch das freiheitliche Wort ‘libertär’ für ein Konzept, in dem sich der Staat auch noch die Werteerziehung per Zwang und auch gegen den Willen von Eltern und Kindern an sich reißt…”

    Lieber Michael, dies ist starker Tobak. Und das weisst Du auch. Erinnern wir uns doch einmal daran, wie alles anfing. Es fing damit an, dass die Kirche den Staat erpresst und dazu genötigt hat, allen Kindern “Religionsunterricht” zu erteilen. Als sich mehr und mehr Eltern dafür aussprachen, dass der staatlich verordnete Religionsunterricht fakultativ sein sollte, hieß es, dass Kinder dann – und nur dann! – vom Religionsunterricht befreit werden dürfen, wenn sie stattdessen Ethikunterricht nehmen. Die Implikation war klar: Ohne Religion kann man keine Moral haben – es sei denn, man zwingt den Kindern der Atheisten einen eigenen “Werteunterricht” auf.

    War das liberal? War das fair? War das rechtsstaatlich?

    Auch als Liberaler sehe ich nicht, dass der Staat die Freiheit seiner Bürger ungebührlich beschneidet, wenn er ihren Kindern in der Schule neben Mathematik und Deutsch auch die Grundwerte vermittelt, die unserer Verfassung zugrunde liegen, und dies um so mehr, als die Zahl der Einwanderer, die mit den Werten freiheitlicher Demokratien nicht vertraut sind, ständig wächst.

    Welches Problem hast Du damit?

  34. @ – Michael: Fairness

    Vielleicht bin ich ja überempfindlich, doch mitunter habe ich den Eindruck, dass Du mir gegenüber nicht ganz fair argumentierst. Als ich Prof. Lehnert dazu eingeladen habe, einen Gastbeitrag zu “Pro Reli vs. Pro Ethik” zu schreiben, hatte ich noch in keiner Weise Partei ergriffen. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass ich noch unentschieden bin, weil ich nicht alle relevanten Fakten kenne. Dass ich mit Lehnert ein Mitglied der Humanistischen Union eingeladen habe, erlärt sich einfach daraus, dass ich naturgemäß eher Atheisten kenne und er zudem aktiv an der Diskussion beteiligt ist. Ich bin sicher, es wird eine gute Diskussion. Und Du kannst dann Prof. Lehnert, unsere Leser und mich mit Argumenten von “Pro Reli” überzeugen, ohne zu Tiefschlägen anzuholen, wie mich in die Nähe ehemaliger SED-Leute zu rücken.

  35. @ Edgar: Grundwerte

    Lieber Edgar,

    selbstverständlich ist gegen die Vermittlung von “Grundwerten” überhaupt nichts einzuwenden – wohl aber gegen vollumfänglichen, versetzungsrelevanten und staatlich verordneten Weltanschauungsunterricht, von dem man sich (im Gegensatz zum Religions- bzw. Ethikunterricht nach unserem Grundgesetz) dann eben “nicht” mehr abmelden kann, zu dem es keine Wahlfreiheit mehr gibt. Ein Stück Zwang wird wieder eingeführt, wie es ihn zuvor nur in den beiden deutschen Diktaturen gegeben hat – und auf Betreibuen einer Partei, deren Vorläuferin eine dieser Diktaturen direkt verantwortete. Wie bringst Du die Unterstützung dieser Forderung ernsthaft mit einem Bekenntnis zur Freiheit, ja zum staatskritischen Libertarianismus zusammen, Edgar? Es ist das Ende von einem (weiteren) Stück Freiheit von Eltern, Kindern, Familien. Sie sollen von der Religion befreit und in Richtung einer “besseren” Weltanschauung erzogen werden, ob sie das wollen oder nicht.

    Aber mit dem Focus-Artikel hat das ja nun wahrlich nichts mehr zu tun. Lass uns das Thema doch am Besten ausführlich diskutieren, sobald der humanistische Gastbeitrag in Deinem Blog erschienen ist.

    Herzliche Grüße!

  36. @ Edgar: Libertär & SED

    Lieber Edgar,

    habe Deinen letzten Beitrag gerade gelesen. Nein, selbstverständlich rücke nicht ich Dich in die Nähe von SED-Leuten (wir bzw. unsere Familien haben schließlich beide unter dieser Diktatur gelitten), sondern beobachte nur Dein Ringen zwischen der Abneigung gegen Religion(en) und der Wertschätzung von Freiheit. Letztlich befindest Du Dich derzeit in dem sehr interessanten Spannungsfeld, das F.A. von Hayek zwischen dem kontinental-rationalistischen und angelsächsischem Freiheitsbegriff gesehen hat:
    http://docs.mises.de/…litischer_Liberalismus.pdf

    Ich sehe, wie sich die Waagschale beginnt zu neigen (von Dir sehr schön formuliert: Als Atheist kennst Du eben v.a. Vertreter dieser Richtung) und bin voller Respekt und Sympathie gespannt, wohin Diskussion und Weg führen.

    Herzliche Grüße!

  37. @ – Michael: Liberalismus

    “Wie bringst Du die Unterstützung dieser Forderung ernsthaft mit einem Bekenntnis zur Freiheit, ja zum staatskritischen Libertarianismus zusammen, Edgar? Es ist das Ende von einem (weiteren) Stück Freiheit von Eltern, Kindern, Familien. Sie sollen von der Religion befreit und in Richtung einer “besseren” Weltanschauung erzogen werden, ob sie das wollen oder nicht.”

    Ich denke, ich habe diese Frage bereits beantwortet. Ich verstehe nicht, warum Du Dich in dieser Angelegenheit so schwer tust. Erstens nimmt niemand den Eltern die Freiheit, ihre Kinder in ihrem Glauben zu erziehen. Christen können ihre Kinder christlich, Muslime können ihre Kinder muslimisch und Juden können ihre Kinder jüdisch erziehen. Der Staat mischt sich in die religiöse Erziehung der Eltern überhaupt nicht ein. Zweitens will der Staat niemanden von der Religion “befreien”. Er hält es lediglich für geboten, dass Kinder neben ihrer religiösen Erziehung auch eine säkulare Erziehung erhalten, die sie mit den Grundwerten unserer Verfassung vertraut macht – dazu gehören Toleranz, Religionsfreiheit, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Gegen eine solche Erziehung ist kaum etwas einzuwenden, zumal wir alle wissen, dass sich die Religionen mit der Praxis der Toleranz und der Respektierung der Menschenrechte eher schwer tun.

  38. @ – Michael: “Fruchtbarer Glaube”

    Lieber Michael, ich will Dir Deine Diskussionsrunde hier nicht streitig machen, doch ich setze jetzt einen kurzen Kommentar zu dem FOCUS Artikel auf meinen Blog. Ich betrachte dies als einen ersten Schritt auf dem Wege zu unserer geplanten Debatte bei “Aufklärung und Kritik”.

  39. Auf zu Runde 2!

    Habe mir wirklich lange genug den Kopf darüber zerbrochen und DU bist dran schuld 😀

    “Daten dazu liegen mir nicht vor – aber ich würde jede Wette eingehen, dass auch in der Lehrerschaft Kirchenmitglieder durchschnittlich kinderreicher sind als Konfessionslose und Religions- als Ethiklehrer. ;-)” DAS sollte erstmal geprüft werden 😉

    Allerdings sollte man vielleicht bei einer Zählung des Nachwuchs der religiösen Menschen nicht die Geographie der Religion vergessen. Sehr religiöse Menschen leben nach meinen Erfahrungen häufig in eher ländlichen Gegenden (wo der Hase und der Fuchs sich noch “Gute Nacht!” sagen) … dort gibt es oft nicht viel Freizeitbeschäftigungsmöglichkeiten.

    Dieses BabyBoom-Erlebnis 2006 neun Monate nach dem wochenlangen Stromausfall in NRW zeigt, was mangelnde Freizeitgestaltung zur Folge haben kann. Ob da Religion eine Rolle spielte, wage ich zu bezweifeln. 🙂

    Ansonsten stimme ich Edgar Dahl bei seinem zuletzt genannten Argument zu “Er hält es lediglich für geboten, dass Kinder neben ihrer religiösen Erziehung auch eine säkulare Erziehung erhalten, die sie mit den Grundwerten unserer Verfassung vertraut macht – dazu gehören Toleranz, Religionsfreiheit, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Gegen eine solche Erziehung ist kaum etwas einzuwenden, zumal wir alle wissen, dass sich die Religionen mit der Praxis der Toleranz und der Respektierung der Menschenrechte eher schwer tun.” DAS ist ein wirklich guter Punkt in der Angelegenheit!

  40. @ Petra: Urbanität

    Liebe Petra,

    danke für Deine Überlegungen, auf die ich gerne wieder eingehe!

    Allerdings sollte man vielleicht bei einer Zählung des Nachwuchs der religiösen Menschen nicht die Geographie der Religion vergessen. Sehr religiöse Menschen leben nach meinen Erfahrungen häufig in eher ländlichen Gegenden (wo der Hase und der Fuchs sich noch “Gute Nacht!” sagen) … dort gibt es oft nicht viel Freizeitbeschäftigungsmöglichkeiten.

    Auch das haben wir selbstverständlich schon überprüft. So wird in einer Auszählung der australischen Volkszählung die Kinderzahl Religiöser und Konfessionsloser in der Bundeshauptstadt Adelaide und zusätzlich nach Bildung untersucht. Ergebnis: Mit steigender Bildung und “gerade” in den Städten wächst der Reproduktionsvorteil der Religiösen. Denn es gilt ja gerade Deine Vermutung: Wo es viele Karriere- und Freizeitmöglichkeiten gibt, wird es immer “mehr” zur Wertentscheidung, ob man zugunsten von Kindern noch darauf verzichten mag. Siehe z.B. hier, Grafik 4 (und Link):
    http://www.chronologs.de/…on-iq-und-religiosit-t

    Ein schönes Gegenbeispiel sind übrigens auch die Schweizer Juden, die höhere Geburtenraten in der Großstadt als auf dem Land aufweisen. Warum? Weil die Gemeinden in den großen Städten leben und entsprechend dort Gemeindeleben gepflegt und Familienunterstützung organisiert wird.

    Zu säkularer Bildung: Ich wüßte nicht, mich jeweils gegen säkulare Bildung ausgesprochen zu haben – im Gegenteil! Um was es in Berlin aber geht, ist eine (weitere) Einschränkung der Wahlfreiheit der Eltern und Kindern zugunsten eines politisch verordneten Weltanschauungsunterrichtes. Das halte ich für problematisch – wie Hunderttausende Berliner auch, die ein Volksbegehren dagegen organisiert haben.

  41. @ Edgar: Aufklärung & Kritik

    Lieber Edgar,

    was mich gerade auch online immer wieder verblüfft ist die Leichtigkeit, mit der religiöse Menschen in Deutschland herunter gemacht werden. Siehe Ingos Beiträge über die “Dummheit” der Christen hier, denen abgesehen von Elsa niemand widersprach. Und auch Du schreibst hier lustige Sätze wie “Je fundamentalistischer sich die “Christen” gebärden, desto mehr diskreditieren sie sich selbst – ein Umstand, der mir als Atheisten eigentlich nur entgegenkommen kann.” Sei ehrlich: Es gibt schon längst eine Gewöhnung, gegen glaubende Menschen und Religionsgemeinschaften mächtig auszuteilen.

    Umgekehrt scheint es aber eine große Wehleidigkeit zu geben, wenn ich es auch nur mal wage, sanft Argumente gegen diese zunehmend aggressive Religionsfeindlichkeit anzubringen. Die Verdrängung von Religionsfreiheit ging weltweit stets von totalitären Ideologien (religiöser und eben auch säkularer Art) aus. Und gerade in Berlin haben Atheisten religiöse Menschen im Namen der Aufklärung und des Humanismus noch vor wenigen Jahrzehnten verfolgt! Und nun strebt die Berliner Regierung mit der Diktatur-Nachfolgepartei wieder die Einschränkung von Religionsfreiheit von Familien und Kindern an! Und ein von Berlinern ausgehendes Volksbegehren dagegen wurde (auch hier im Blog) gleich ebenfalls verspottet – als ob sich die Menschen nicht mal wehren dürften. Mir macht das Klima der Verhöhnung von religiösen Menschen und der Einschränkung ihrer Grundrechte in Deutschland Sorgen – und darauf weise ich hin. Gerne dann auch in der Diskussion zu Deinem (natürlich, was sonst) religionskritischen Gastbeitrag.

  42. @ – Michael: Fundamentalisten

    “Und auch Du schreibst hier lustige Sätze wie ‘Je fundamentalistischer sich die “Christen” gebärden, desto mehr diskreditieren sie sich selbst – ein Umstand, der mir als Atheisten eigentlich nur entgegenkommen kann.’ Sei ehrlich: Es gibt schon längst eine Gewöhnung, gegen glaubende Menschen und Religionsgemeinschaften mächtig auszuteilen.”

    Dies ist wieder nicht ganz fair. Du hast meinen Satz vollkommen aus dem Kontext gerissen. Ich habe ihn in Entgegnung auf Deine “Warnung” geschrieben, dass eine strikte Trennung von Staat und Kirche zu einem Anwachsen des religiösen Fundamentalismus führen könne. Und ich habe entgegnet, dass ich mir darüber wenige Sorgen mache, als sich Fundamentalisten selbst diskreditieren. War dies ein Angriff auf ehrbare und rechtschaffene Christen?

  43. @ – Michael Blume: Relionsfreiheit

    Lieber Michael, manchmal weiß ich wirklich nicht, wovon Du redest. Wo siehst Du denn in Deutschland eine “Verdrängung der Religionsfreiheit” und sogar eine “Einschränkung ihrer Grundrechte”? Vielleicht lebe ich ja im sprichwörtlichen Elfenbeinturm, doch von alledem habe ich bislang noch nichts gehört, gesehen oder gelesen.

  44. @ Edgar: Einseitig?

    Lieber Edgar,

    stell Dir mal vor, ich würde Sätze schreiben wie: Umso extremer sich “Atheisten” gebärden, umso besser, denn umso mehr diskreditieren sie sich selbst und zeigen der Welt, wie totalitär die Sehnsucht nach der Abschaffung von Religion(en) ist.

    Ganz ehrlich: Du würdest Dich empören, oder!? Aber Religiöse haben es klag- und widerspruchslos einzustecken?

    Erinnere Dich: Du hast mich gefragt, ob für die Staat-Kirchen-Kooperationen auch Argumente sprechen und ich habe darauf verwiesen, dass diese Kooperationen helfen, Fundamentalismus zu verhindern. Einmal begründest Du mit Fundamentalismus Deine religionskritische Haltung; dann wieder ist Dir Fundamentalismus ganz Recht, weil er die Religionen diskreditiert…

    Und ich soll als “ehrbarer, rechtschaffener Christ” (danke) auch noch klaglos akzeptieren, dass (wieder!) Staat und Parteien per Zwang Kinder mit der jeweiligen, politisch beschlossenen Weltanschauung indoktrinieren. Auch da: Was wärest Du (und wäre ich!) empört, würde jemand umgekehrt verpflichtenden Religionsunterricht für alle fordern!

    Was würdest Du, was würdet Ihr, was würden wir (ich mit!) dagegen im Namen der Freiheit toben! Aber umgekehrt kannst Du keine Einschränkung der Religionsfreiheit erkennen – selbst dann nicht, da sich deswegen doch bereits auch Hunderttausende Berliner wehren! Klar, aus Deiner Sicht sind das ja alles nicht sonderlich ernstzunehmende (weil religiöse) Menschen, aber ein Volksbegehren von Hunderttausenden zugunsten einer Wahlfreiheit könnte man als freiheitlicher Philosoph doch mal wahrnehmen…

    Zuletzt: In Deinem letzten Blogbeitrag hast Du erfreut ein Filmplakat gepostet, in dem je ein Affe mit Davidstern, Kreuz und Halbmond auftritt. Auch da sei wieder gefragt: Wie “fair” fändest Du z.B. ein Plakat, in dem Atheisten als Verlierer der Evolution vorgeführt würden? All das mache ich ja gar nicht und habe es auch nicht vor. Aber mächtig austeilen, dafür nicht einstecken können gilt einfach nicht. Religionskritik wird m.E. steril, wenn sie nicht auch manchmal Selbskritik übt, oder sich wenigstens mit den Argumenten auch der Verhöhnten ernsthaft auseinandersetzt.

  45. @ Edgar: Versöhnlich

    Lieber Edgar,

    und weil ich ja so ein unrettbar-naiver Lass-uns-drüber-diskutieren-Typ bin, hier nochmal zurück zu unserer Debatte einen aktuellen Bericht aus dem Wall Street Journal über die Polarisierung des religiösen Marktes in den (Kirchen und Staat strikt trennenden) USA – “God Still Isn’t Dead”:
    http://online.wsj.com/…1768295037.html#printMode

    Dem Bericht ist aus meiner Sicht nicht viel hinzu zu fügen – erzeigt aber eben m.E. auch, warum unser deutsches Kooperationsmodell vielleicht so schlecht gar nicht ist.

  46. @ – Michael Blume: Empörung

    “Stell Dir mal vor, ich würde Sätze schreiben wie: Umso extremer sich ‘Atheisten’ gebärden, umso besser, denn umso mehr diskreditieren sie sich selbst und zeigen der Welt, wie totalitär die Sehnsucht nach der Abschaffung von Religion(en) ist.

    Ganz ehrlich: Du würdest Dich empören, oder!? Aber Religiöse haben es klag- und widerspruchslos einzustecken?”

    Erstens, würde ich mich nicht empören. Und zweitens kenne ich niemanden, der die Religionen abschaffen will. Die politische Macht der Kirchen zu beschneiden ist etwas ganz anderes als sie abschaffen zu wollen.

  47. @ – Michael Blume: Fundamentalismus

    “Einmal begründest Du mit Fundamentalismus Deine religionskritische Haltung; dann wieder ist Dir Fundamentalismus ganz Recht, weil er die Religionen diskreditiert…”

    Das ist nicht wahr. Ich habe Dir mit der Behandlung von Witwen im Hinduismus und der Behandlung von Ehebrecherinnen im Islam zwei praktische Gründe dafür genannt, warum ich die Religionskritik für notwendig erachte.

    Ist Dir eigentlich schon einmal aufgefallen, dass wir seit einigen Jahren religiöse Positionen als “fundamentalistisch” bezeichnen, obgleich sie vor einigen Jahrzehnten durchaus noch hoffähig waren? Wie sind Frauen, die abgetrieben haben, Männer, die homosexuell sind, Paare, die sich scheiden lassen haben, von der Kirche gebrandmarkt worden! Und warum hat sich dies wohl geändert? Sicher, andere Zeiten, andere Sitten – doch die Fortschritte, die wir erzielt haben, gehen zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auch auf die Religionskritik zurück.

    Ich glaube, dass Fundamentalisten hierzulande einen schweren Stand haben. Mit dem, was sie sagen, schreiben und tun, diskreditieren sie sich selbst. Und daher mache ich mir keine großen Sorgen über ein Anwachsen des Fundamentalismus in Deutschland. Ich spreche hier allerdings ausschließlich von einem christlichen, nicht von einem muslimischen Fundamentalismus, der weit mehr Gefahren bergen mag.

  48. *Hand heb*

    @Michael Blume und Edgar Dahl: Es steht mir eigentlich nicht zu, in eure persönliche Debatte dazwischen zu funken und es tut mir auch leid, euch zu stören, aber es muß einfach gesagt werden, daß ihr zwei scheinbar gerade ziemlich aneinander vorbei redet.

    Also bitte beide einmal tief durchatmen, nochmal lesen und darüber nachdenken, was der andere eigentlich sagen wollte.

  49. @ – Michael: Religionsunterricht

    “Was wärest Du (und wäre ich!) empört, würde jemand umgekehrt verpflichtenden Religionsunterricht für alle fordern!”

    Aber das ist doch die Situation, die wir gehabt haben! Jeder besucht den Religionsunterricht – wer aufgrund seines Atheismus nicht mag, MUSS dann Ethik machen, weil er sonst nicht zwischen Gut und Böse zu unterscheiden vermag.

  50. @ – Michael: Kirchliche Privilegien

    “Aber umgekehrt kannst Du keine Einschränkung der Religionsfreiheit erkennen – selbst dann nicht, da sich deswegen doch bereits auch Hunderttausende Berliner wehren! Klar, aus Deiner Sicht sind das ja alles nicht sonderlich ernstzunehmende (weil religiöse) Menschen, aber ein Volksbegehren von Hunderttausenden zugunsten einer Wahlfreiheit könnte man als freiheitlicher Philosoph doch mal wahrnehmen…”

    Nein, ich kann hier wirklich keine “Einschränkung der Religionsfreiheit” sehen! In Berlin kann nach wie vor jeder glauben, was er will, und seine Kinder in jeder Religion erziehen, wie er will.

    Wenn man den Kirchen die politischen Privilegien, die man ihnen über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte hinweg eingeräumt hat, wieder nimmt, ist das keine “Beschränkung der Religionsfreiheit” – denn die Kirchen hatten nie einen rechtlichen Anspruch auf diese staatlichen Privilegien!

  51. Edgar Dahl Kirchliche Privilegien

    Hallo Herr Dahl und Hallo Herr Bading, nachdem ich mir den Artikel im FOCUS “Fruchtbarer Glaube” durchgelesen habe und nach Empfehlung den hier laufenden Internetblog zugemüte geführt habe, wollte ich nun doch kurz einen Kommentar abgeben.
    Ein schmunzeln sei mir gegönt. Welches Ziel soll mit dieser Diskussion erreicht werden?
    Herr Dahl, Ihre Aussage fand ich besonders Interessant:
    “Wenn man den Kirchen die politischen Privilegien, die man ihnen über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte hinweg eingeräumt hat, wieder nimmt, ist das keine “Beschränkung der Religionsfreiheit” – denn die Kirchen hatten nie einen rechtlichen Anspruch auf diese staatlichen Privilegien!”
    Dabei sollte man mit erwähnen, wenn wir nur vom Christentum sprechen, Grundlage also die Bibel, dann DÜRFTE sich die Kirche gar nicht staatlich oder politisch einsetzen. Warum tut Sie es trotzdem?
    Weil ihr der Einfluss und die Darstellung wichtiger ist als das einalten christlicher Grundlehren! Würde das Christentum so leben wie es ihrer Glaubenslehre entspricht, behaupte ich frei heraus: Es würde keine Atheisten geben?

    Warum ist denn ein Atheist ein Atheist?
    Hat dieser keinen Glauben?
    Ist die Evolution Tatsache oder Theorie?

    Werde oder bin ich von etwas enttäucht, befasse ich mich nicht damit. Und seit wie vielen Jahrhunderten wird man von den Religionen enttäuscht?

    Würde sich die Christenheit so verhalten wie es ihrer geziemt, dann wäre zwischen ihr und dem staat so ein großer Unterschied wie zwischen heiß und kalt. Weil sie aber keinen Unterschied macht, sondern lau ist, evrurteilt sie sich anhand der Bibel selbst.

    Ich hoffe, mein Gedanke war verständlich ausgedrückt und nachvollziehbar.

  52. Versachlichung

    Und ich soll als “ehrbarer, rechtschaffener Christ” (danke) auch noch klaglos akzeptieren, dass (wieder!) Staat und Parteien per Zwang Kinder mit der jeweiligen, politisch beschlossenen Weltanschauung indoktrinieren.

    Aus dem Schulgesetz:

    “Das Fach Ethik orientiert sich an den allgemeinen ethischen Grundsätzen, wie sie im Grundgesetz, in der Verfassung von Berlin und im Bildungs- und Erziehungsauftrag der §§ 1 und 3 niedergelegt sind. Es wird weltanschaulich und religiös neutral unterrichtet.”

  53. Hallihallo Herr Dr. Blume

    Ich bins, ihr sapere aude. Ich will mich doch auch hier mal äußern, wo ich es doch auf Ihrem privaten Blog nicht mehr darf.

    Zwei kleine Punkte zu Ihrer Diskussion mit Edgar Dahl:

    1. Sie werden es nicht glauben, aber nicht mal ich will Religionen verbieten lassen.

    2. Zu Ihrem Focus-Artikel: Wenn ich das in Edgar Dahls Blog richtig gelesen habe, war der mit Ihrem Co-Autor nicht abgestimmt? Sowas. Nein.

    Und noch was: Schauen Sie doch mal fix bei mir im Blog vorbei. Ich hätte da noch eine Frage zum Thema “Cyberstalking”. Sie wissen schon ;o)

  54. @ – kamenin: Schulgesetz

    Danke für den Auszug aus dem Schulgesetz!

    Wie stehst Du zu der Frage, ob die Steuerzahler eines säkularen Staates den Religionsunterricht katholischer, evangelischer oder muslimischer Kinder bezahlen sollen?

  55. @ kamenin

    Ein “neutraler Werteunterricht” ist m.E. ein Oxymoron. Ich hattte ja selbst Ethik und erinnere mich noch sehr gut an die real existierende Praxis. Und damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich finde Ethik Klasse, solange Eltern und Kinder Wahlfreiheit haben. Es ist aber nun einmal eine Einschränkung bürgerlicher Freiheiten, wenn der Staat Weltanschauungsunterricht verpflichtend macht. Und diese Einschränkung von Freiheit wird von vielen bejubelt, nur weil sie sich auch gegen religiöse Menschen richtet. Schade. (Wird aber ja dann in Edgars Blog diskutiert.)

  56. @ Petra: Ja! 🙂

    Liebe Petra,

    danke für Deine versöhnlichen Worte! Du hast ja auch völlig Recht. Edgar und ich lieben die Debatte, aber wir können uns menschlich sehr gut leiden.

    Herzliche Grüße!

  57. @ Sapere Aude

    1. Sie werden es nicht glauben, aber nicht mal ich will Religionen verbieten lassen.

    Es freut mich zu lesen, dass Sie die Menschenrechte auch für Andersdenkende und -glaubende aufrecht erhalten wollen!

    2. Zu Ihrem Focus-Artikel: Wenn ich das in Edgar Dahls Blog richtig gelesen habe, war der mit Ihrem Co-Autor nicht abgestimmt? Sowas. Nein.

    Wie meinen? Den Focus-Artikel habe nicht ich, sondern hat ein Journalist (und übrigens ein promovierter Humanbiologe) über unser Buch geschrieben. Dieser musste ihn also mit niemandem, auch nicht mit mir, abstimmen.

    Und noch was: Schauen Sie doch mal fix bei mir im Blog vorbei. Ich hätte da noch eine Frage zum Thema “Cyberstalking”. Sie wissen schon ;o)

    Nein, danke. Ich hoffe ja immer noch, dass Sie von Ihrer seltsamen Obsession von meiner Person, die Sie über viele Stunden und Beiträge hinweg “pflegten” loskommen und lieber selber etwas Konstruktives leisten, anstatt Andersdenkende zu verfolgen und zu beleidigen. Dann – und erst dann – schaue ich auch gerne mal wieder vorbei.

  58. kamenin

    Es ist aber nun einmal eine Einschränkung bürgerlicher Freiheiten, wenn der Staat Weltanschauungsunterricht verpflichtend macht. Und diese Einschränkung von Freiheit wird von vielen bejubelt, nur weil sie sich auch gegen religiöse Menschen richtet.

    Michael, wir leben ja nun nicht mehr im dunklen 20. Jahrhundert. Das Schulgesetz, das Unterrichtskonzept und die Lehrpläne stehen alle online. Zeig mir doch einfach die gefährlichen weltanschaulich indoktrinierenden Inhalte, die sich gegen Religiöse richten.

    Wenn es wirklich die Bürgerfreiheit Religiöser einschränkt, sich mit den freiheitlichen Grundsätzen unseres Landes auseinandersetzen und sie diskutieren zu müssen, dann entzieht man damit der Religionsfreiheit die Grundlage, durch die sie erst begründet wird. Ich kann nicht eine Bürgerfreiheit für mich in Anspruch nehmen, den Vermittlungsanspruch des Staates hinsichtlich dieser Freiheiten aber als Widerspruch gegen meine Religion ablehnen. Und der Religionsunterricht war hinsichtlich der Einführung von Ethik keinerlei Änderung unterworfen; niemandem wird Religionsunterricht verwehrt oder der Zugang dazu erschwert.

    Das Bundesverfassungsgericht hat sich in der Sache ebenfalls so geäußert: Im Rahmen des staatlichen Erziehungsauftrags
    darf der Landesgesetzgeber mit Rücksicht auf die tatsächlichen
    Gegebenheiten und die religiöse Orientierung der Bevölkerung daher die
    Einführung eines gemeinsamen Ethikunterrichts für alle Schüler ohne
    Abmeldemöglichkeit vorsehen, um so die damit verfolgten legitimen Ziele
    gesellschaftlicher Integration und Toleranz zu erreichen und den
    Schülern eine gemeinsame Wertebasis zu vermitteln.

    Auch als Berufspessimist bin ich hinsichtlich der Abstimmung in letzter Zeit vorsichtig optimistisch, seitdem ich zum Beispiel mitgekriegt habe, wie sich durchaus religiöse Menschen entschieden gegen ProReli ausgesprochen haben. Zum einen weil sie den gemeinsamen Ethikunterricht für wichtig halten, zum anderen, weil sie in der Gemeinde miterlebt haben, wie kritische evangelische Pfarrer von oben zurechtgestutzt wurden, um die Kampagne zu unterstützen.
    Die Zuspitzung AntiEthik, pardon, ProReli oder Diskriminierung von Religiösen wird nicht mal von den Religiösen in Berlin geteilt.

  59. @ Edgar

    Davon bin ich zwar kein großer Fan (und auch in Berlin wird der jeweilige freiwillige Unterricht fast vollständig vom Senat bezahlt), verblasst aber für mich vor dem anderen Berg an finanziellen Zuwendungen und Privilegien, die Kirchen hier eingeräumt werden, die weit über die Kirchensteuereintreibung des Staates hinausgeht — insbesondere die Sonderrecht im Tarifrecht und die daraus abgeleitete Diskriminierung der Angestellten, die nicht nach kirchlichem Lebensmodell leben wollen oder können. Kirchen können von mir aus gerne Wiederverheiratete oder Homosexuelle nicht beschäftigen wollen; dann aber selbstfinanziert. Wenn ein Gewerbebetrieb staatliche Zuschüsse in Anspruch nimmt, müssen auch staatliche Normen im Diskriminierungsschutz gelten.

    Für den lieben Frieden bin ich dann auch eher bereit, freiwilligen Religionsunterricht mitzutragen, wenn der allen Religionen und Weltanschauungen offen steht und die Lehrinhalte dafür, wie bisher, behördlich kontrolliert werden.

  60. @ kamenin: ProReli & Finanzierung

    Lieber kamenin,

    auch ich gehe davon aus, dass es ProReli schwer haben wird – auch wegen der trickreichen Verlagerung der Abstimmung auf einen chancenarmen Sonntag. Und die Welt wird wegen Zwangsethikunterricht auch nicht untergehen. Aber schade finde ich (als Vater) die zunehmende staatliche Bevormundung schon – und bin froh, dass sich Hunderttausende Berliner dem tapfer entgegenstellen. Das ist Demokratie!

    Zur Finanzierung: Dann darf ich also davon ausgehen, dass Du und Edgar Dahl auch die Zuwendungen an die Humanistischen Verband in Berlin ablehnen!? Der erhält (mit rund 4.000 Mitgliedern) derzeit allein für seinen Lebenskunde-Unterricht 12 Millionen Euro pro Jahr, plus weiterer staatlicher Zuwendungen in Millionenhöhe! Und das bei gerade einmal knapp über 4.000 Mitgliedern! (Abgesehen davon, dass der HVD-Vorsitzende Osuch derzeit unter gravierenden Verdacht geraten ist…)

    Wenn wir einmal einen Beitrag von Dir oder Edgar zur Abschaffung der staatlichen Finanzierung auch des Humanistischen Verbandes lesen würden, wäre Eure Kritik auch an den staatlichen Kirchenzuschüssen viel glaubwürdiger! Und die USA zeigen ja: Eine strikte Trennung von Kirche(n) und Staat schadet den Religionen ganz und gar nicht…

    Lasst uns die ProReli-Debatte also doch bitte mit dem Gastbeitrag in “Libertarian” weiterführen. Ich sehe wirklich nicht, wo sie noch mit der Evolutionsforschung zur Religiosität zu tun hätte!

  61. @ Michael

    Der vom Humanistischen Verband freiwillig angebotene Lebenskunde-Unterricht wird nach demselben Muster finanziert wie alle anderen weltanschaulichen Unterrichte. Er betrifft auch nur den Unterricht, der übrigens (trotz nur 4000 Mitglieder, in dem Zusammenhang vollkommen irrelevant) weit häufiger in Anspruch genommen wird als katholischer, muslimischer oder jüdischer Religionsunterricht. Bezuschusst wird dadurch auch allein der Unterricht, eine “staatliche Finanzierung” des HVD ist das wohl kaum.

    In welche Äußerungen liest Du hinein, dass ich eine finanzielle Bevorzugung des HVD gegenüber den Kirchen von staatlicher Seite vertreten würde? Mit der Finanzierung des Religonsunterrichts fallen natürlich auch alle Anlässe, anderen weltanschaulichen Unterricht nach denselben Regeln zu bezuschussen.

    Es gab nie einen Termin am 7. Juni, sondern nur einen Wunsch von ProReli, also auch keine “Verlagerung” des Termins. “Trickreich” schon gar nicht, weil ein wichtiges Kriterium für einen erfolgreichen Volksentscheid ist, dass genug Leute sich zumindest so sehr für das Thema engagieren, sich in die Wahllokale zu begeben. Eine Zusammenlegung mit anderen Wahlen wäre eine Ungleichbehandlung gegenüber den bisher durchgeführten Volksentscheiden.

    Und zum letzten Punkt: ProReli als mutigen Widerstand Hunderttausender Berliner gegen staatliche Unterdrückung darzustellen, ist eine Illusion. Fakt ist, dass 135.000 Berliner eine einzelne wie auch immer informierte oder überlegte Unterschrift an den unzähligen Ständen in den Fußgängerzonen, U-Bahn-Stationen, vor den Weihnachtsgottesdiensten etc. geleistet haben. Das ist ja bewertender Interpretation offen, aber “mutiges Engagement” und “Hunderttausende, die sich wehren” gegen “Einschränkung der Religionsfreiheit” — scheint mir ein wenig übers Ziel hinauszuschießen.

  62. @ Kamenin

    Schön, dass wir uns in immer mehr Punkten einig werden!

    Wegen Wowereit-“Trickserei” – dafür ist er ja sogar aus der eigenen Partei gescholten worden, zumal der Termin Ende April 1,4 Mio. Euro Extrakosten verursacht (das Jahresnettogehalt Dutzender Facharbeiter!) – und das in einer Stadt, die Jahr für Jahr auf massive Finanzhilfen angewiesen ist!

    Ein Stimmungsbild (mit der Kritik auch aus der eigenen Fraktion) z.B. hier:
    http://www.moz.de/…/Berlin_Brandenburg/id/264521

    Und ist es nicht interessant, dass Du 40.000 Schüler beim humanistischen Unterricht als Erfolg betrachtest (das finde ich auch beachtlich und begrüße den Wettbewerb und die Wahlfreiheit!) – aber 3,5 Mal so vielen, erwachsenen Unterstützern des Volksbegehrens (denn die betroffenen Kinder dürfen ja nicht abstimmen) absprichst, eine wichtige und Ernst zu nehmende Stimme der Berliner Bürgerschaft zu sein? Naja, schon klar – es sind ja nur religiöse Menschen…

    Da diese Diskussionen u.a. in Edgars Blog ja weitergeführt werden und es bei “Natur des Glaubens” um Wissenschaft und nicht um Berliner Stadtpolitik, geht möchte ich noch einmal darum bitten, ProReli und ProEthik anderswo weiter zu diskutieren. Mit dem Focus-Bericht und Evolutionsforschung zur Religiosität hat das alles hier ja beim besten Willen nichts mehr zu tun…

  63. @ Michael

    “Erfolg” habe ich nirgendwo geschrieben — das unterstellst Du mir, genau wie Du mir in Deinem höhnischen Nachsatz was unterschiebst.
    Aber wenn Du vergleichen willst, dann ja: 45.000 aus 330.000 (Gesamtschülerzahl) ist eine deutlich höhere Quote als 135.000 aus 3,4 Millionen. Und das nötige Engagement für den Besuch eines mehrjährigen freiwilligen Unterrichts schätze ich auch höher ein als den für das Ableisten genau einer Unterschrift an einem Straßenstand.

  64. @ kamenin

    Oh, dann gilt das “Engagement” der zehntausenden Kinder, die einen Religionsunterricht besuchen, für Dich auch als bewundernswert? Ach ne, das sind ja wieder nur religiöse Menschen…

    Komm, lassen wir es gut sein. Ich erkenne einfach Dein Vorrecht als Berliner an, mit SPD und SED-Nachfolgepartei die Wahlfreiheiten andersglaubender Menschen einschränken zu dürfen (wogegen ich nur einer der deutschen Steuerzahler bin, der diese Politik Berlins mitfinanzieren darf) und wünsche mir dafür nur, in meinem Blog endlich wieder über Wissenschaft statt Politik diskutieren zu dürfen, okay!? 🙂

  65. @ Michael

    Ja klar. Belassen wir es dabei, dass Du mir gerade noch mal unterstellst, dass ich die Wahlfreiheit Andersgläubiger einschränken will, obwohl niemand die Wahl eines Religionsunterrichts (und auch nicht der ironischerweise genau so betroffenen Humanistischen Lebenskunde) eingeschränkt hat, mir wieder ohne Anlass eine Verhöhnung Religiöser unterschiebst und mich zum Abschluss noch in SED-Nähe zu rücken versuchst. Schönes Schlusswort.

  66. @ kamenin

    Sachliche Feststellung:

    Belassen wir es dabei, dass Du mir gerade noch mal unterstellst, dass ich die Wahlfreiheit Andersgläubiger einschränken will, obwohl niemand die Wahl eines Religionsunterrichts (und auch nicht der ironischerweise genau so betroffenen Humanistischen Lebenskunde) eingeschränkt hat, …

    1. Du unterstützt einen Ethikunterricht, von dem man sich nicht mehr (wie früher und noch immer in den meisten, freiheitlicheren Bundesländern) wahlweise zugunsten beispielsweise des Religionsunterrichts abmelden kann. Das ist eine Einschränkung der Wahlfreiheit von Eltern und Kindern, gegen die sich viele Berliner wehren.

    …mir wieder ohne Anlass eine Verhöhnung Religiöser unterschiebst

    2. Nein, Du verhöhnst religiöse Menschen nicht. Allerdings kannst Du ja selber noch einmal nachlesen, wie Du ihre Unterschriften (als erwachsene Menschen) oder ihren Besuch des Religionsunterrichtes (bei Kindern) im Vergleich zum “Engagement” der Humanisten subtil bewertet hast… Auf diesen Bias habe ich mir erlaubt hinzuweisen.

    …und mich zum Abschluss noch in SED-Nähe zu rücken versuchst.

    3. Ich habe darauf hingewiesen, dass die derzeitige, von Dir unterstützte Regelung von einer Regierung mitbeschlossen wurde, an der die SED-Nachfolgepartei führend beteiligt ist – die noch vor wenigen Jahrzehnten gerade in Berlin Menschen aufgrund ihrer Religion, Weltanschauung oder auch einfach nur Sehnsucht nach Freiheit verfolgen ließ (darunter meine Familie). Die unter atheistischer Ideologie betriebenen Gefängnisse (z.B. Höhgenschönhausen) kann man übrigens besuchen. Dass Du mit einigen religionspolitischen Forderungen dieser Partei konform gehst, nehme ich mit Bedauern zur Kenntnis, unterstelle Dir oder sonstwem aber darüber hinaus keine “SED-Nähe”. Und bin von den neuerlichen Enthüllungen um den Humanistischen Landesvorsitzenden Osuch selbst überrascht und bestürzt, so wie viele Sozialdemokraten und Teile des regierenden Berliner Senates auch:
    http://www.morgenpost.de/…langt_Aufklaerung.html

    Das alles macht keineswegs jeden Humanisten zum SED-Sympathisanten, aber auf die engen historischen, ideologischen und personellen Verflechtungen werde ich wohl doch hinweisen dürfen (ohne sie Dir vorzuwerfen). Ich wünsche mir links und religionskritisch eine ebenso gründliche Aufarbeitung der Geschichte wie rechts und fundamentalistisch, billiger ist Freiheit auch des Andersdenkenden m.E. nicht zu haben.

    Schönes Schlusswort.

    Von mir aus muss es auch kein Schlusswort sein, bei Edgar (“Libertarian”) wird der weltanschauliche Zwangsunterricht doch in einem eigenen Gastbeitrag diskutiert wohlwollend empfohlen werden – und da schreibe ich dann auch gerne was dazu. Es hat nur einfach nichts mit dem Thema hier zu tun.

    Beste Grüße!

  67. @ Michael

    Ich erweis Dir mal einen Liebesdienst und übersetze Deinen SED-Abschnitt ins Umgekehrte. Dann kannst Du vielleicht einerseits überprüfen, was Du hier offensichtlich als sachliche Argumentation meinst, und andererseits Dir Gedanken machen, wieso Du da immer wieder mit Atheisten zusammenrauscht und das Ganze manchmal etwas feindselige Formen annimmt (natürlich nur von den Atheisten). Viel Spaß:

    Ich möchte darauf hinweisen, dass die von Dir gewünschte und in anderen Bundesländern umgesetzte Regelung von Religion als ordentliches Unterrichtsfach von einer deutschen Regierung mitbeschlossen wurde, die noch vor wenigen Jahrzehnten Menschen aufgrund ihrer Religion, Abstammung oder auch einfach nur Sehnsucht nach Freiheit verfolgen ließ, darunter auch Freidenker, Atheisten, Demokraten. Die KZs der das Konkordat verantwortenden Ideologen kann man übrigens besuchen. Natürlich bedauere ich sehr, dass Du mit einigen Regelungen der nationalsozialistischen Religionspolitik konform gehst, unterstelle Dir oder sonstwem natürlich keine Nähe zum Nazi-Regime. Und die Tatsache, dass Du (wie ich) heute als Steuerzahler dafür aufkommen musst, dass unter anderem Politiker der CDU (aufgegangen unter anderem aus dem katholischen Zentrum, den Dafürstimmern des Ermächtigungsgesetzes) die Berliner Banken an die Wand gefahren haben, finde ich mehr als nur skandalös.

    Das alles macht keineswegs jeden Religiösen zum Nazi-Sympathisanten, aber auf die engen historischen, ideologischen und personellen Verflechtungen zwischen Zentrum und CDU und dem Konkordat und den heutigen Religionsgesetzen werde ich doch wohl hinweisen dürfen (ohne sie Dir vorzuwerfen). Ich wünsche mir konservativ und religiös eine ebenso gründliche Aufarbeitung der Geschichte wie links und sozialistisch, billiger ist Freiheit auch des Andersdenkenden m.E. nicht zu haben.

    Klingt das irgendwie absurd, überspannt oder diffamierend? Das wäre doch schade, aber vielleicht mal ein Einblick. Und gegen Polemik habe ich gar nichts, dann aber nicht so tun, als führe man gerade eine sachliche Diskussion.

  68. @ Michael, Nachtrag

    Ach ja, nur als Richtigstellung: ich gehe nicht konform mit Forderungen irgendeiner SED-Nachfolgepartei. Ich unterstütze einen vom Bundesverfassungsgericht als eindeutig verfassungskonform und dem freiheitlichen Staat zur Förderung der demokratisch-freiheitlichen Grundsätze offenstehend beurteilten Status Quo. Es wurde ausdrücklich festgestellt, dass der Ethikunterricht weder die Religionsfreiheit beeinträchtigt, noch der Besuch eines Religionsunterrichts dadurch erschwert würde.

    Ich erinnere dich mal an eine alte Diskussion, in der Du einer Gruppe aufgebrachter Brights Nachhilfe im Verfassungsrecht angeboten hast, weil eine religiöse Praxis an Säuglingen nie beim BVerfG vorliegend und damit nicht verboten war. Vielleicht nimmst Du hier mal zur Kenntnis, dass es eine eindeutige Entscheidung des BVerfG gibt.

  69. Wer gewinnt?

    http://www.biblebell.org/mbag/mailbagag.html 🙂

    PS: Viel spannender als diese Diskussion finde ich ja die Vorwürfe von Rüdiger Vaas, der unter der Überschrift “KEIN Selektionsvorteil behauptet” dem FOCUS-Autor vorwirft, die Aussagen seines Buches tendenziös verdreht zu haben. (Zitat: “Überhaupt ist ein Sachbuch wie “Gott, Gene und Gehirn” nicht der Ort für persönliche “Behauptungen”. […] Wenn durch sekundäre und tertiäre Rezeptionen (wer hat das Buch eigentlich ganz gelesen?!) und aufgrund von unterschiedlichen Darstellungen und Interessen der Autoren ein anderer Anschein erweckt würde, wäre das bedauerlich.”)
    Ist an diesen Vorwürfen (gegen den FOCUS-Autor) etwas dran? Was meint der Ko-Autor?

  70. @ Kamenin: Nazi-Keule

    Lieber Kamenin,

    1. Wurde und wird religiösen Menschen und Evolutionsforschern sehr gerne von Kritikern Nähe zur NS-Ideologie unterstellt. Das ist ja nun wirklich nicht neu!

    2. Wenn ich die Religionspolitik einer Regierung unterstützen würde, an der die NS-Nachfolgepartei direkt beteiligt ist, würdest Du das sicher erwähnen, nicht wahr? Und die Einführung des Zwangsunterrichtes auch gegen die Proteste von Eltern und Kindern erfolgte nun einmal mit den Stimmen der Linkspartei…

  71. @ Thilo: Einfach zu Ende lesen! 🙂

    Lieber Thilo,

    Rüdiger hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass wir im Buch sehr sorgsam zwischen nachgewiesenen, adaptiven Effekten und der (starken) These, Religiosität wäre eine Adaptation unterscheiden – und das letzte nicht behaupten!

    Entsprechend musste sich Edgar schon im Bezug auf das Buch korrigieren – und auch im Focus-Artikel steht nichts von Adaptation. Ich habe in Edgars Blog inzwischen sogar eine Diskussion mit ihm selbst verlinkt, in dem ich ihm bereits darlegte, warum auch ich ausdrücklich nicht behaupte, die Adaptationshypothese sei erwiesen. Insofern präsentiert “Fruchtloser Glaube” eine klassische Strohpuppe, schade.

    Also: Nichts dran auch an diesen Vorwürfen, im Gegenteil – ein weiterer Fall von: Wissenschaft erst verfälscht darstellen um sie dann zu “widerlegen”…

    Beste Grüße!

  72. @ kamenin: BVerfg?

    Lieber kamenin,

    die Einführung des Zwangsunterrichtes wurde von einer Regierung aus SPD und SED-Nachfolgepartei gegen die Proteste von Eltern und Kindern beschlossen – und wird von Dir, wie Du gerade noch einmal betont hast, unterstützt.

    Was ist denn an dieser Feststellung falsch? Und wo habe ich je behauptet, dass diese m.E. sehr kritikwürdige Einschränkung der Wahlfreiheit von Bürgerinnen und Bürgern gegen die Verfassung verstößt? Dann hätte das BVerfG diese Praxis doch gestoppt und es bräuchte kein Volksbegehren. Demokratie besteht im Regelfall doch darin, dass Alternativen innerhalb des breiten Verfassungsrahmens diskutiert werden.

    Du unterstützt den Beschluss von SPD und SED-Nachfolgepartei, gegen den sich große Teile der Opposition und ein Volksbegehren wehren. Das stellte ich ganz nüchtern und sachrichtig fest und empfehle zum wiederholten Mal, dass wir diese Diskussion dann gerne bei Edgar inhaltlich weiter führen.

  73. @ Thilo: ???

    Rüdiger Vaas schließt im von Ihnen verlinkten Kommentar zu Recht nicht aus, dass ich oder der Wissenschaftsjournalist des Focus zur Adaptationsthese eine andere Auffassung widergeben könnten als in Gott, Gene und Gehirn von uns formuliert. Und selbst wenn es so gewesen wäre, wo wäre denn das Problem???

    Es ist aber nicht einmal so: Weder in meinen Beiträgen noch im Focus-Artikel ist die Rede davon, dass Religiosität erwiesenermaßen eine Adaptation sei, ich habe genau dies in einer Diskussion mit Edgar Dahl sogar erst kürzlich betont:
    http://www.chronologs.de/…taler./page/5#comments

    Vielmehr gilt, was der Rezensent von Spektrum der Wissenschaft auch völlig richtig erkannt hat: Wir betrachten die Adaptationsthese als “nicht widerlegt” und halten i.Ü. weitere Forschung für nötig.

    Im Bezug auf das Buch hat Edgar seinen Irrtum übrigens bereits eingeräumt und ich gehe davon aus, dass er auch die Größe besitzt, auch im Bezug auf den Focus-Artikel und unserer Diskussion zuzugeben, dass da seinerseits etwas falsch aufgefasst wurde.

    Gerne steht es Ihnen im Übrigen auch frei, die Texte selbst einzusehen. Auch an Ihrem Institut ist es doch sicher unüblich, über Texte zu spekulieren, die man selbst gar nicht gelesen hat?

    Freundliche Grüße!

  74. Wissenschaftsjournalismus

    Wenn ein Wissenschaftsjournalist über ein Buch schreibt und dabei andere Auffassungen wiedergibt, als im Buch formuliert, ist das eigentlich schon ein Problem. Denn der Sinn eines solchen Artikels sollte doch eigentlich darin bestehen, auch für diejenigen Leser, die das Buch nicht gelesen haben, einen Eindruck von seinen Kernaussagen zu vermitteln.
    Wenn der Journalist zusätzlich noch seine eigene Meinung darstellen möchte, kann er dies natürlich tun, aber er sollte seine eigene Meinung dann doch von der im Buch vertretenen deutlich abgrenzen. Damit der Leser (auch der, der das Buch nicht gelesen hat) erkennen kann, was die Aussage des Buches und was die persönliche Meinung des FOCUS-Autors ist.

  75. @ Thilo: ???

    Lieber Thilo,

    Wenn ein Wissenschaftsjournalist über ein Buch schreibt und dabei andere Auffassungen wiedergibt, als im Buch formuliert, ist das eigentlich schon ein Problem.

    Zum einen handelte der Focus-Artikel nicht nur von einem Buch, sondern von der Evolutionsforschung insgesamt – es wurde sogar alternativ eine neue Studie eines Psychologen aus Miami zitiert, der im Buch gar nicht vorkommt. Auch wurden Zitate völlig korrekt wiedergegeben.

    Über Adaptationsthese steht im Focus-Artikel nichts und auch im Bezug auf unser Buch hat sich hier ja Edgar Dahl geirrt (und das auch bereits, wie Sie nachlesen können, selbst eingeräumt).

    Gerne könnten wir über mutmaßliche “Probleme” diskutieren, wenn Sie die Texte gelesen hätten und also mutmaßliche Widersprüche benennen könnten. Ganz offensichtlich ist das aber nicht der Fall. So bleibt ein bissle der Eindruck, dass Sie wohl einfach die Resonanz stört, die die Evolutionsforschung zur Religiosität (ganz unabhängig von Personen) aus guten, sachlichen Gründen längst findet. Übrigens auch längst in der Fachwelt:
    http://www.chronologs.de/…u-gott-gene-und-gehirn

    Freundliche Grüße

  76. @ Thilo

    Lieber Thilo,

    danke für Ihre Sorge! Nein, ich nehme es doch nicht übel – ich freue mich über den Focus-Artikel zur Evolutionsforschung der Religiosität sehr! Und finde auch keine Fehler darin.

    Betrüblich finde ich es allenfalls, wenn wissenschaftliche Arbeiten und Hypothesen nicht korrekt wieder gegeben werden und ich das dann mit hohem Zeitaufwand auch noch gerade rücken soll. Wissenschaft verständlich, aber sachrichtig darzustellen – dafür fühlen wir uns sicher beide verantwortlich, (auch) deswegen bloggen wir ja. Und leider gehört auch das zeitaufwändige Aufklären von Falschmeldungen wie der, Rüdiger Vaas & ich erachteten die Adaptationsthese als erwiesen, dazu… Dabei wurden wir in der Spektrum der Wissenschaft-Rezension ja gerade dafür gelobt, eben “keine” überzogenen Schlussfolgerungen formuliert zu haben. Manchmal werden sie offenbar hinein gelesen…

    Ihnen alles Gute, sachlich-konstruktive Diskussionen auch weiter gerne!

  77. So…

    Lieber Thilo, liebe Mitdiskutanten,

    nun ist auch diese Seitendebatte beendet, Edgar Dahl hat sich für die irrtümliche Darstellung unserer Position sowohl bei Rüdiger Vaas wie auch bei mir entschuldigt.
    http://www.wissenslogs.de/…laube/page/2#comments

    Und auch im Focus-Artikel ist von Adaptation oder Anpassung nicht die Rede. Aus meiner Sicht ist (auch) diese Diskussion damit im Guten beendet. Insofern damit deutlich geworden ist, dass die (bisweilen polemische) Polarität von Epiphänomen- und Adaptationsthesen in der Forschung zur Evolution der Religiosität längst dem Interesse an differenzierteren Arbeiten gewichen ist, hat sich das Ganze ja vielleicht auch gelohnt.

    Ihnen allen einen schönen Abend – und danke für Ihr Interesse an Themendiskussionen (das Sie bis hierher hat durchhalten lassen 😉 )!

  78. @ Michael: Religiosität als Anpassung

    Lieber Michael, warum distanzierst Du Dich denn plötzlich von Deiner Überzeugung, dass Religiosität einen (natürlichen und sexuellen) Selektionsvorteil hat, also adaptiv ist?!

    Das ist zwar, wie betont, nicht erwiesen. Aber auch nicht ehrenrührig, wenn man es als Hypothese (und nicht als unumstößliche Tatsache) vertritt. Zumal Du in unseren Diskussionen sowie in Publikationen und zahlreichen Vorträgen den Adaptationismus immer wieder betont und stark gemacht hast.

    Und Du vertrittst den Adaptationismus doch auch dezidiert auf Deiner Homepage:

    Gleich zu Beginn unter der Überschrift “Religiosity is adaptive”.
    Und dann ebenso unmißverständlich im ersten Satz, incl. Fettdruck, wenn Du schreibst:
    “My key observations about Religiosity & Fertility: Religiosity (defined as behaviour toward supernatural agents) is clearly adaptive”.
    (Und begründest das mit demographischen Studien).

    Siehe:
    http://www.blume-religionswissenschaft.de/….html

  79. @ Rüdiger: Tja… 🙂

    Lieber Rüdiger,

    da siehst Du mal, dass unsere Diskussionen bei mir tieferen Eindruck hinterlassen haben, als vielleicht auch von Dir vermutet.

    Religiosität ist derzeit durchschnittlich adaptiv, sie stärkt in vielen (sicher: den meisten, vielleicht gar fast allen) Gesellschaften den Reproduktionserfolg. Aber das reicht noch lange nicht, um sie als Adaptation zu klassifizieren. Lesen und Schreiben sind ja ebenfalls situativ adaptiv, aber deswegen (m.E.) noch keine eigenständige Adaptation. Zwar ist religiöses Verhalten natürlich älter und (im Gegensatz zu Lesen & Schreiben) auch in allen Menschengesellschaften zu finden, aber solange nicht klar bestimmt ist, ab wann ein Merkmal nicht mehr nur Nebenprodukt, sondern Exaptation oder Adaptation ist, halte ich mich an das, was ich belegen kann.

    Du siehst also: Unsere Zusammenarbeit hat (auch?) bei mir mehr als Formelkompromisse hinterlassen! 🙂

    Aber danke, dass Du noch einmal klarstellst, dass es natürlich auch überhaupt kein Problem wäre, wenn wir hier unterschiedliche Hypothesen verträten!

    Beste Grüße!

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