• Von Gunnar Ries
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Schädigt das Herbizid Glyphosat den Boden?

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Glyphosat schädigt den Boden, so lautet ein oft gehörtes Schlagwort in der Diskussion um das bekannte Herbizid Glyphosat. Doch was steckt wirklich dahinter?
Glyphosat ist immer gut für Schlagzeilen und Diskussionen. Das Herbizid ist sehr umstritten. Manchmal aus wissenschaftlich nachvollziehbaren Gründen, viel öfter aber aus Gründen, die sich der wissenschaftlichen Vernunft nicht wirklich erschließen. Man denke nur an die merkwürdige Geschichte von Glyphosat in Bier oder anderen Lebensmitteln, die immer mal wieder durch die Presse geht.
Und machen wir uns nichts vor, Glyphosat wirkt, das soll es auch. Es ist schließlich ein Herbizid. Es wird eingesetzt, um eine Wirkung zu erzielen. Alles, was eine Wirkung hat, hat neben den erwünschten Wirkungen sicherlich auch unerwünschte Nebenwirkungen. Es sollte also bei jedem Mittel immer eine Abwägung zwischen erwünschter Wirkung und negativen unerwünschten Wirkungen geben. So viel vorab.
Die Frage, um die es mir hier geht, ist: Schädigt Glyphosat die mikrobiellen Gemeinschaften im Boden? Schauen wir uns das etwas genauer an.

Das Mikrobiom des Bodens

Die Gesundheit der mikrobiologischen Gemeinschaften im Boden ist von entscheidender Bedeutung für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Pflanzen, die im Boden wachsen. Ihre Bedeutung für die Pflanzenernährung, aber auch für den Hormonhaushalt ist nicht zu unterschätzen [1] [2] [3] . Trotz dieser enormen Bedeutung wurde das Bodenmikrobiom bisher weitgehend vernachlässigt. So ist unser Wissen über die Auswirkungen des intensiven Einsatzes von Düngemitteln, aber auch der vielen Pflanzenschutzmittel in unserer intensiven Landwirtschaft bisher vergleichsweise gering [4] [5] .

Hier wäre ein besseres Verständnis der Auswirkungen verschiedener Bodenbearbeitungsmethoden, unterschiedlicher Feldfrüchte und der eingesetzten Dünge- und Pflanzenschutzmittel sicherlich hilfreich, um unsere Landwirtschaft weltweit sicherer, produktiver und vor allem nachhaltiger zu machen [6].

Der Einfluss der Bodenbearbeitung

Die Verbreitung von Herbiziden und resistenten Kulturpflanzen hat enorme Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Auch wenn es in der landläufigen Darstellung oft nicht so aussieht, gibt es auch positive Folgen. So wird die Anwendung der Direktsaat erleichtert, einer Anbaumethode, bei der auf Bodenbearbeitung, Pflügen und Ähnliches weitgehend verzichtet wird [7].

Diese pfluglosen Verfahren minimieren die Gefahr der Bodenerosion, insbesondere auf sandigen oder trockenen Böden in entsprechender Hanglage. Außerdem erhöht sich die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens. Organische Substanzen werden vermehrt im Boden gehalten. Insgesamt wird die Vielfalt ökologischer Nischen im Boden erhöht und die Bodenbiologie verbessert [8] [9].

Herbizide in der Direktsaat

Bei der konventionellen Direktsaat werden meist Herbizide gegen unerwünschte Unkräuter eingesetzt, damit die Kulturpflanzen konkurrenzlos wachsen können. Während kaum jemand die Vorteile der Direktsaat bestreiten möchte, werden immer wieder mögliche negative Auswirkungen dieser chemischen Mittel auf die Bodenbiologie befürchtet [10] [11].

Andererseits gibt es Studien, die keinen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Glyphosat bei glyphosatresistenten Pflanzen und der Anfälligkeit für Pflanzenkrankheiten nachweisen konnten [12]. Es gibt aber auch widersprüchliche Studien, wie z.B. [13] .

Um zu klären, welche Auswirkungen der Einsatz von Glyphosat auf die mikrobiellen Gemeinschaften im Boden von Glyphosat-resistenten Pflanzen hat, wurde nun eine umfassende zweijährige Feldstudie in Beltsville, MD und Stoneville, MS durchgeführt. Dabei wurden Mais und Sojabohnen in verschiedenen Bodentypen und 6 verschiedenen ökologischen und konventionellen Anbaumethoden untersucht, um ein möglichst breites Spektrum landwirtschaftlicher Praktiken abzubilden [14]. Die Bodenmikrobiome der Studie stammen sowohl aus Böden, die jährlich Glyphosat ausgesetzt waren, als auch aus Böden, die nicht mit dem Herbizid in Kontakt kamen.

Durch Sequenzierungsanalysen wurden 68964 pilzliche und 72454 prokaryotische Amplikonssequenzvarianten identifiziert. Die Untersuchungsflächen in Beltsville und Stoneville wiesen 13964 prokaryotische und 5740 pilzliche Taxa auf, wobei die Vielfalt der Prokaryoten in Stoneville größer war als in Beltsville. Bei den Pilzen war es umgekehrt, hier zeigte Beltsville eine größere Vielfalt als Stoneville.

Ergebnisse

Die Vielfalt der prokaryotischen und pilzlichen Gemeinschaften in den untersuchten Böden war unbeeinflusst vom Einsatz von Glyphosat. Der Hauptfaktor für die untersuchten Bodenmikrobiome war vielmehr die Art der Bodenbearbeitung.

Es wurden keine negativen Auswirkungen des Gebrauchs von Glyphosat in den typischen Anwendungsraten beobachtet. Mikrobielle Gemeinschaften im Boden gelten zwar als sehr empfindlich gegenüber vielen Störungen[15], jedoch zeigte sich hier kein negativer Effekt. Eventuell könnten spezielle Prokaryoten und Pilze Glyphosat selbst metabolisieren und dadurch einen Schutz bieten [16][17][18].

Glyphosat kann auch über Bodenaggregate im Boden gebunden werden [16][11]. Es ist jedoch noch unklar, inwiefern dies die Bioverfügbarkeit von Glyphosat für Bakterien und Pilze beeinflusst. Die Halbwertszeit in Böden gemäßigter Klimazonen beträgt normalerweise etwa 30 Tage [19]. In dieser Untersuchung konnte kein Effekt von Glyphosat auf die Bodenmikrobiome festgestellt werden. Andere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass Glyphosat in höheren Dosen als empfohlen Effekte haben kann [20] [21]. Es ist daher anzunehmen, dass die angewendete Dosis einen Einfluss hat.

Fazit

Das Interessante an dieser Studie ist, dass zwei geografisch unterschiedliche Standorte mit einer gut dokumentierten Geschichte untersucht wurden. Alles deutet darauf hin, dass Glyphosat keine negativen Auswirkungen auf das Bodenmikrobiom hat. Im Gegenteil: Direktsaat führt im Vergleich zu traditionellen Bodenbearbeitungsmethoden wie dem Pflügen sogar zu einer höheren Artenvielfalt.

References

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  • [21] Schlatter, D. C.; Yin, C.; Burke, I.; Hulbert, S. and Paulitz, T. (2018). Location, Root Proximity, and Glyphosate-Use History Modulate the Effects of Glyphosate on Fungal Community Networks of Wheat, Microbial Ecology 76 : 240-257.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen