Im Lavastrom von Mendig

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Lavaströme stellen vielleicht eine der geläufigsten Formen vulkanischer Tätigkeit dar, und wer wollte sich nicht mal einen von Innen anschauen? Niemand käme auf die Idee, in einen noch fließenden Strom einzutauchen. Wenn die Lava jedoch erkaltet ist, könnte man es sicher wagen, doch leider ist aus der ehemals flüssigen Masse ein solides Gestein geworden. Und doch gibt es die Möglichkeit, direkt in einen alten Lavastrom hineinzugehen. Im Stadtgebiet von Mendig zum Beispiel. Dort wurde ein alter Lavastrom bergmännisch abgebaut, um aus dem Material unter anderem Mühlsteine zu fertigen. Heute sind einige der alten Abbauräume als Lavakeller-Museum zugänglich.

Lavakeller Mendig
Modell der Lavakeller von Mendig. Durch enge Schächte mussten die Bergleute das Bergwerk befahren und auch die Mühlsteine heraufgeholt werden. Eigenes Foto.
Lava Dome

Um die Lavakeller zu besuchen, bietet sich ein Besuch des 2005 eröffneten Lava Domes an. Dies ist ein Museum, welches einen sehr schönen Überblick über die geologische Geschichte der Eifel gibt. Einer der Hauptschwerpunkte ist, wie könnte es anders sein, der Vulkanismus. Die Ausstellung ist didaktisch gut gemacht und bietet viel Raum, um durch kleine Experimente und Simulationen die vulkanischen Kräfte zu erfahren. Ein Besuch lohnt sich auch schon deswegen.

Lavakeller

Die alten Lavakeller sind aus Sicherheitsgründen nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen. Dabei sollte man aber ein wenig darauf achten, dass man keinen „He Lücht“ als Begleiter bekommt. Sonst verpasst man unter den ganzen Döntjes die vulkanologischen Erklärungen. Mir ging es jedenfalls so. Vielleicht sehe ich das etwas zu verbissen, aber manche Erläuterungen, wann welcher Film der Vampirschwestern etc. ( ernsthaft: ich wollte nicht mal wissen, ob es einen davon gibt) wo in den Lavakellern gedreht wurde, fand ich jetzt nicht so spannend. Andererseits hat unser guter He Lücht wohl auch die beiden Geologen in seiner Gruppe mehrfach innerlich ob ihrer Klugscheißerei verflucht.

Lavakeller Mendig
Mühlsteine, die aus der Mendiger Lava gefertigt wurden. Der große Stein war auf diversen Weltausstellungen zu bewundern. Eigenes Foto.

 

Untertagebau

Die Keller entstanden durch den unterirdischen Abbau des oberen Niedermendiger Lavastroms, um Mühlsteine zu gewinnen. Weil der untere Lavastrom im Bereich der Stadt Mendig von rund 10 bis 20 m mächtigen Deckschichten bedeckt ist, begann der Abbau erst um die Zeit Christi Geburt im kleineren Maßstab, anders als in Gebieten mit frei zugänglichen Vorkommen. Zu Anfang noch im Tagebau, ging man im Mittelalter zum Untertagebau über. Dazu wurden die Deckschichten mit Schächten durchteuft, durch die dann auch die Werkstücke per Seilwinden hochgezogen wurden. Insgesamt nehmen die Keller rund 3 Quadratkilometer ein und gelten damit als das größte Basaltbergwerk der Welt.

Der Niedergang der Mühlsteingewinnung setzte in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein, als die steinernen Mühlsteine durch Stahlwalzen ersetzt wurden. Da die Bergwerkskammern eine konstante Temperatur von 5-8° C und eine Luftfeuchtigkeit von 72% haben, bot sich eine Nachnutzung als Lagerkeller an, für damals bis zu 28 Brauereien in Mendig. Heute werden die ehemaligen Brauereikeller als Museum genutzt, während weite Teile des Bergwerks verfallen und Einsturz gefährdet sind. Bergschäden sind im Bereich Mendig nicht selten. Außerdem dienen die Keller einer großen Zahl an Fledermäusen als Winterquartier.

 

Wingertsbergvulkan

In den Lavakellern wurde der obere Niedermendiger Lavastrom abgebaut. Der Strom nahm seinen Ausgang am Wingertsbergvulkan, einem ehemals gut 322 m hohen Schlackenkegel, der unter einer mächtigen Bimsdecke begraben war. Heute ist der Berg durch den fortschreitenden Schlackenabbau stark verändert und fast verschwunden. Von diesem Vulkan sind 2 große Lavaströme ausgegangen, die als unterer Niedermendiger Lavastrom und als oberer Niedermendiger Lavastrom bezeichnet werden.
Der untere Lavastrom wird auch als Hartbasalt bezeichnet, da er weniger Gasblasen enthält als der obere. Es handelt sich hier um einen basanitischen Leuzit-Nephelin-Tephrit. Im Niedermendiger Bereich beträgt seine Mächtigkeit rund 20 m. Vom oberen Niedermendiger Lavastrom wird er durch eine 2 m mächtige Lehmschicht und weitere 2 m Phonolithtuffe getrennt.
Der obere Lavastrom erreicht nicht die Ausdehnung des unteren. Die gelben Tuffe gehören wahrscheinlich zu den Tuffen aus dem Riedener Komplex, der auf gut 300 000 Jahre datiert wird. Damit dürfte der untere Lavastrom in Mendig deutlich älter als 300 000 Jahre sein.

Lavakeller Mendig
Im Inneren eines Lavastromes. Nur einige Säulen stützen das Hangende. Eigenes Foto.

 

Oberer Niedermendiger Lavastrom

der obere Lavastrom hat im Stadtgebiet von Mendig ein Mächtigkeit von 15 bis 20 m. Es handelt sich um einen Nephelin-Leuzit-Tephrit. Sein innerer Aufbau ist durch den bergmännischen Abbau relativ gut bekannt. An seiner Basis beginnt er mit einer unregelmäßig zerklüfteten , teilweise plattig ausgebildeten Lava, die auch als Dielstein bezeichnet wird. Er ist unbrauchbar und bildet die Sohle der Gruben. Im Hangenden befindet sich die Niedermendiger Mühlsteinlava, die durch Gasblasen relativ porös ist. Im unteren Bereich bildet sie 1-2 m hohe Pfeiler mit einem Durchmesser von 2-3 m.

Darüber befinden sich die so genannten Schienen, dünnere, 10 bis 15 m hohe Basaltsäulen, welche das Ziel des Abbaus waren. Überlagert werden sie von erneut kleinsäulig ausgebildeter Lava, dem Deckstein oder Siegel, der nicht abgebaut wurde. Die Oberfläche des Stromes ist wieder schlackenförmig und wird als Mucken bezeichnet. Diese schlackenförmigen, zerbrochenen und zerklüfteten Bereiche an den Außenseiten von Lavaströmen können wir auch heute noch häufig bei aktiven Strömen beobachten.

Hin und wieder finden sich eng umgrenzte, schlotartige Gebilde, die schlackenförmig ausgebildet sind und den gesamten Strom durchschlagen. Vermutlich hat die Lava an diesen Stellen Quellen oder wassergesättigte Sedimente überfahren. Der dabei plötzlich entstehende Wasserdampf hat hier den Lavastrom durchschlagen.

Lavakeller Mendig
Die Decke des Lavakellers. Die Säulenform des Basalts ist hier gut zu erkennen. Eigenes Foto.

 

Alter des oberen Lavastroms

Der obere Lavastrom ist von Löss bedeckt. Dabei sind einzelne, durch Frostwirkung abgesprengte Lavastücke durch Kryoturbation bis zu einen Meter hoch in den Löss bewegt worden. Die Oberfläche des Stromes weist keine Verwitterungsspuren oder gar Bodenbildungen auf. Sie wurde also vermutlich sehr rasch nach ihrer Erstarrung von dem Löss bedeckt. Dies deutet darauf hin, dass der Ausbruch während einer Kaltzeit stattfand. In den Lössen finden sich auch bräunliche, entkalkte Bereiche und eventuell sogar Bodenbildungen. Wenn dies Hinweise auf eine Warmzeit sind, dann erkaltete der obere Mendiger Lavastrom während der vorletzten Kaltzeit und ist damit mindestens 150 000 Jahre alt.
Im Hangenden der Lössablagerungen finden sich die Hinterlassenschaften eines weiteren Vulkanausbruches in der Eifel. Der Laacher See Vulkan hat hier rund 10 bis 20 mächtige Bimsablagerungen aufgeschüttet, denen wir in einem eigenen Blogbeitrag über die Wingertsbergwand wieder begegnen werden.
Interessant ist hier, dass sowohl der untere Lavastrom mit einem Alter von rund 300 000 Jahren als auch der wesentlich jüngere obere Strom mit 150 000 Jahren ihren Ursprung im Wingertsbergvulkan haben. Diese Vulkan hat demnach zwischen seinen Ausbrüchen sehr lange geruht.

Lavakeller Mendig
Manche der Säulen halten dem Druck der hangenden Schichten nicht mehr stand und müssen mit Stahlbändern gesichert werden. Eigenes Foto.

 

Lavakeller Mendig
Die lange Treppe zurück ans Tageslicht! Eigenes Foto.

 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

5 Kommentare

  1. Gunnar Ries,
    Gibt es schon irgendwelche Vorstellungen darüber, wann der nächste Vulkanausbruch in der Eifel stattfinden wird?
    Sind solche Überlegungen utopisch oder real? Gibt es auch schon Notfallpläne?

    • Soweit ich weiß, hat man da keine direkten Vorstellungen. Aber der Vulkanismus ist dort sicher noch nicht zu Ende. Ich werde das sicher noch in einem späteren Blogbeitrag ansprechen

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