2. Berliner Bauherrentag

Der 2. Bauherrentag fand am 28. November 2023 in Berlin statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die aktuellen Herausforderungen der Bauwirtschaft in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft sowie die ökologische Bau- und Wärmewende. Veranstaltungsort war das alte Hubertusbad in Berlin-Lichtenberg, ein ehemaliges Jugendstilbad aus den 1920er Jahren.

2. Berliner Bauherrentag
von Außen etwas unscheinbar, wir mussten etwas suchen, da der Eingang in einer kleinen Seitengasse hinter einem Tor versteckt lag. Eigenes Foto

Was macht man auf einer Tagung, auf der sich vor allem Bauherren, Architekten, Ingenieure und Studenten sowie Vertreter der Bauwirtschaft treffen? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Immer dann, wenn es um Bauen im Bestand geht, wie energetische Sanierung oder ähnliches, fallen uns unsere alten Bausünden wieder auf die Füße und wir begegnen all den Schadstoffen wieder, die wir so im Laufe der Jahre in die Gebäude eingebracht haben. Und welche Dimensionen das annehmen kann, haben wir gerade beim letzten Asbestforum gesehen. Doch während sich dort meist nur die Fachleute treffen, wollten wir diesmal die Verantwortlichen ansprechen, um auch hier ein Bewusstsein für die lauernden Gefahren zu schaffen.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch den Vorsitzenden der Fördergemeinschaft Bauwesen, Bernd Ahlsdorf, die Schirmherren Martin Sowinski von der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) und Prof. Kai Kummert von der Berliner Hochschule für Technik.

2. Berliner Bauherrentag
Der Veranstaltungssaal ist in das kleine Schwimmbecken hineingebaut, wobei das Becken erhalten blieb und man am Rand hineinsehen kann. Faszinierend. Eigenes Foto

Sanierung, Rückbau und Recycling

Bernd Ahlsdorf von der UCL begann die Vortragsreihe mit der Rolle des Bauherrn bei Sanierung, Rückbau und Recycling. Hier ist besonders auf eine möglichst sortenreine Trennung beim Rückbau zu achten. Denn die meisten Baustoffe haben hochwertige Eigenschaften, die bei einer unsauberen Trennung beim Rückbau verloren gehen. Die Gewinnung hochwertiger Recyclingbaustoffe wäre dann nicht mehr möglich. Ziel sollte es sein, ein möglichst hochwertiges Recyclingprodukt zu erhalten, das in der Qualität neuen Baustoffen in nichts nachsteht.

Darüber hinaus ist es zwingend erforderlich, für Mensch und Umwelt schädliche Stoffe aus dem Kreislauf zu separieren und zu entsorgen. Dazu sollte bereits vor Beginn der Baumaßnahmen ein Rückbau- und Entsorgungskonzept die Art und Menge der anfallenden gefährlichen und nicht gefährlichen Abfälle enthalten. Als Grundlage für die Anforderungen an den Arbeitsschutz, die Verwertungs- und Entsorgungswege sowie die Recyclingfähigkeit der anfallenden Abfälle ist es sinnvoll, bereits im Vorfeld ein Schadstoffkataster des Gebäudes zu erstellen.

Ähnliches gilt für den Verkauf und vielleicht noch mehr für den Kauf einer Immobilie. Denn Schadstoffe können den Wert einer Immobilie erheblich mindern. Eine Schadstoffanalyse kann hier vor bösen Überraschungen schützen. Sie sollte vor Abschluss eines Kauf- oder Mietvertrages ebenso durchgeführt werden wie vor jeder größeren Baumaßnahme. Wer hier an die Kosten einer Untersuchung denkt, kann sich vorstellen, was eine Bauverzögerung oder ein Rücktritt vom Kauf kosten kann.

Auch die Rechtsprechung geht immer mehr in die Richtung, dass letztlich der Bauherr dafür verantwortlich ist, auf die Gefährdung durch Schadstoffe hinzuweisen. Dieses Thema der sogenannten Bauherrenverantwortung hatte ich, wenn ich mich richtig erinnere, auch schon mehrfach in den Beiträgen zur DCONex und zum Asbestforum angesprochen.

2. Berliner Bauherrentag
Das Ambiente war schön, aber wie es eben in Schwimmhallen ist, die Akustik dafür suboptimal. Eigenes Foto

Update für das Bauen im Bestand

Christoph Hohlweck von der Kluge Sanierung GmbH stellte die neuen Regelungen im Abfallrecht, Arbeitsschutz und Werkvertragsrecht vor. Auch hier ging es beispielhaft um Gebäudeschadstoffe wie Schwermetalle, Asbest, KMF oder Holzschutzmittel. Insbesondere um den Klassiker Asbest. Leider waren und sind viele vielleicht immer noch der Meinung, dass Asbest schon seit 30 Jahren (nämlich seit 1993) verboten ist und daher eigentlich kein Thema mehr ist. Weit gefehlt, denn der überwiegende Teil des Gebäudebestandes wurde vor dem Asbestverbot errichtet und steht daher im Verdacht, diesen Schadstoff in der einen oder anderen Form zu enthalten.

Hierzu gibt es einige neue bzw. aktualisierte Regelwerke wie die LAGA M 23 und die VOB/C: ATV DIN 1844 Arbeiten an schadstoffbelasteten baulichen und technischen Anlagen (siehe Beitrag zum Asbestforum). Hinzu kommt aller Voraussicht nach im ersten Quartal 2024 die novellierte Gefahrstoffverordnung (auch darüber hatte ich bereits ausführlich berichtet).

Das TXL Projekt

Nach all diesen Überlegungen vor Beginn einer Umbaumaßnahme stellte uns Elmar Rottkamp von der Niederberghaus & Partner GmbH ein Beispiel aus der Praxis vor. Dabei geht es um nichts Geringeres als die Herausforderungen bei der denkmalgerechten Kernsanierung des ehemaligen Flughafens Berlin-Tegel. Das charakteristische sechseckige Terminalgebäude wurde zwischen 1965 und 1975 nach Plänen des Hamburger Architekturbüros Gerkan, Marg und Partner errichtet. Nach der Entwidmung sollte eine adäquate Nachnutzung als Hochschulgebäude gefunden werden.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gebäude bauzeitlich bedingt eine ganze Reihe von Gebäudeschadstoffen enthält, die vor einer Umnutzung dringend zu beseitigen sind.

Eine Nachnutzung als Hochschulgebäude bringt zudem einige größere Eingriffe in die Bausubstanz mit sich, die eng mit den Denkmalschützern abgestimmt werden müssen. Auf der anderen Seite können einige Umbauten, die im Laufe der Zeit den ursprünglichen Zustand aus heutiger Sicht stark verändert haben, wieder rückgängig gemacht werden. Dazu gehört auch die Farbgebung der Innenräume in den charakteristischen kräftigen Farben der 1970er Jahre, die inzwischen einem tristeren Grau gewichen ist.

Ökologische Bau- und Wärmewende

Über die Dringlichkeit einer Bau- und Wärmewende sollten wir uns alle einig sein, vor allem wenn unsere Städte in absehbarer Zeit klimaneutral werden sollen. Dazu bedarf es nicht nur einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft für Baustoffe, die bekanntlich ihre Tücken hat. Die Notwendigkeit wurde auch noch einmal von der Berliner Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, Manja Schreiner, unterstrichen.

Angelika Hoffmann-Nickel von der BIM stellte konkrete Strategien vor, wie der CO₂-Ausstoß des Berliner Gebäudebestandes bis 2045 um bis zu 95% gegenüber 1990 reduziert werden kann.

Ähnliche Ziele verfolgte auch Bernd Hanke von der Deutschen Bahn Station & Service AG. Denn wenn in Zukunft die Mobilität auf der Schiene immer mehr an Bedeutung gewinnen soll, müssen auch die Bahnhöfe noch größere Menschenströme aufnehmen können.

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Die Berliner Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, Manja Schreiner (man möge mir die schamlose Eigenwerbung nachsehen). Eigenes Foto.

BauWerke Exzellenzpreis 2023

Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch der BauWerke Exzellenzpreis 2023 verliehen. Mit diesem Preis sollen herausragende Leistungen in Bachelorarbeiten gewürdigt werden. In diesem Jahr ging der Preis an zwei Studentinnenteams der Hochschule für Technik Berlin, die ihre wirklich beeindruckenden Bachelorarbeiten vorstellen durften.

Der 1. Preis ging an Ida Duge und Lara Marquardt. In ihrer Arbeit ging es um den sozial- und klimagerechten Umbau und die Modernisierung eines alten DDR-Plattenbaus, GT 18/21 in Berlin Fennpfuhl. Auch diese Arbeit unterstreicht die Notwendigkeit einer Kreislaufwirtschaft und eines möglichst CO₂-neutralen Bauens.

Der 2. Preis ging an Josephine Küppers und Lilly Strauß mit ihrer interessanten architektonischen Vision für ein Meditationszentrum, Retreat und Gästehaus im Berliner Westend, überreicht von Fritz Breitenthaler von der BauWerke GmbH.

Beide Beiträge fand ich interessant. Die Idee, auf nachhaltige Baustoffe zu setzen und vorhandene Bausubstanz zu nutzen, sind sicherlich zukunftsweisende Ansätze. Ich gratuliere den Gewinnerinnen.

Fazit

Die Notwendigkeit, unsere Bautätigkeit auf eine ökologischere Basis zu stellen, ist sicher unbestritten. Wenn wir bis zur Mitte des Jahrhunderts auch nur annähernd klimaneutral werden wollen, muss auch im Bausektor viel passieren. Die richtigen Ansätze sind da, aber es gibt noch viel zu tun. Und immer wieder fallen uns unsere alten Sünden auf die Füße. All die Schadstoffe, die wir in den letzten Jahrzehnten leichtsinnig verbaut haben, machen die anstehenden energetischen Sanierungen nicht unbedingt einfacher und vor allem nicht billiger.

Hier ist in der Vergangenheit eindeutig zu wenig geschehen. In vielen Bereichen ist sogar das notwendige Wissen verloren gegangen. Deshalb halte ich es für sehr wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen und auch bei Veranstaltungen wie dieser das Thema zumindest anzusprechen. Abgesehen davon hat es auch viel Spaß gemacht und die persönlichen Kontakte möchte ich auch nicht missen. Mit etwas Glück sehen wir uns also im nächsten Jahr wieder.

2. Berliner Bauherrentag
Die Gewinnerinnen Lara Marquard (l) und Ida Duge (r) mit Fritz Breitenthaler. Eigenes Foto
2. Berliner Bauherrentag
Der alte DDR-Plattenbau, GT 18/21 in Berlin Fennpfuhl im Modell. Eigenes Foto.
2. Berliner Bauherrentag
Der 2. Preis ging an Lilly Strauß (r) und Josephine Küppers (l) mit Prof. Kai Kummert. Eigenes Foto
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Ein Retreat und Gästehaus im Berliner Westend. Eigenes Foto

weitere Bilder auf flickr unter https://flic.kr/s/aHBqjB56mX

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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