Forum Asbest und andere Gebäudeschadstoffe in technischen Anlagen und Bauwerken

Achtung, Asbest!

Jedes Jahr einmal im November treffen sich die Vertreter der Asbestbranche im Haus der Technik in Essen. So auch in diesem Jahr vom 09. – 10. November 2023.

Mittlerweile feiert das Asbestverbot sein 30. Jubiläum, wenn man hier überhaupt von feiern reden kann. Denn auch 30 Jahre nach dem Verbot, Asbest oder asbesthaltige Produkte in Deutschland auf den Markt zu bringen, beschäftigt uns diese ehemalige Wunderfaser immer noch. Und wer jetzt denkt, das wäre doch alles längst ein alter Hut und das Problem längst erledigt, der irrt sich. Noch immer sterben laut offiziellen Zahlen rund 1600 Menschen pro Jahr an asbestbedingten Erkrankungen, die Dunkelziffer liegt mit guter Wahrscheinlichkeit sogar bei gut 15 000. Für die EU sehen die Zahlen noch erschreckender aus. Hier fordert Asbest nach wie vor gut 70 000 Todesopfer pro Jahr.

32. Forum Asbest

Aktuelles aus der Schweiz

Auch in diesem Jahr wurden die aktuellen Entwicklungen aus der Schweiz von Clemens Jehle, Jehle Umweltdienste, vorgestellt.

Richtlinien und Anforderungen

Hier wurden im Jahr 2023 unter anderem der FACH-Leitfaden 2955 in Kraft gesetzt, der die visuellen Kontrollen und Raumluftmessungen nach Asbestsanierungen regeln soll. Dabei besteht eine Pflicht zu visuellen Abnahmekontrollen vor den Raumluftmessungen. Dagegen kann die Anzahl der Raumluftmessungen m´mit einer qualifizierten Fachbauleitung bei einfachen Standardsituationen deutlich reduziert werden. Hier wird grundlegend von den Forderungen der aktuellen VDI 3492 abgewichen.

Des Weiteren wird zurzeit auch die EKAS-Richtlinie 6503 überarbeitet und soll gegen Ende 2023 vorgestellt werden. Diese stellt das schweizerische Gegenstück zur deutschen TRGS 519 dar (die, soweit ich weiß, ebenfalls überarbeitet wird). Darin werden neue Anforderungen an die Asbestsanierungsfirmen gestellt werden. Untersuchungsberichte müssen plausibilisiert werden, es muss eine Gefährdungsabschätzung erfolgen und verschiedene Maßnahmen müssen präzisiert werden (was immer das genau heißen mag).

Auch in der Schweiz sind die Per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) ein Thema. Hier sollen nach Brandschadenereignissen entsprechende Untersuchungen stattfinden. Vergleichbares soll auch für Betriebsstandorte gelten, an denen mit PFAS gearbeitet wird, also für die Papierindustrie, Textil-Chemie, Wäschereien und Reinigungen, Flugplätze und ähnliches. Auch für PAK sollen neue Anforderungen gelten.

Veranstaltungen, Ausbildung, Ringversuche

Auch in der Schweiz wurden wieder verschiedene Fachveranstaltungen durchgeführt, um neue Erkenntnisse und Informationen auszutauschen. Der Termin für die Fachveranstaltung der FAGES (½ Tag) ist der 17.03. 2024, die PolluConf findet am 24.09. 2024 statt.

Mit Ende dieses Jahres endet auch die Übergangsfrist für Diagnostiker, die noch keine Prüfung abgelegt haben. Im Jahr 2023 fanden 2 Prüfungstermine mit ca. 420 Teilnehmern statt. Im Durchschnitt haben ca. 60 % der Teilnehmer die Prüfung bestanden. Der erste Termin für 2024 ist der 23. Februar 2024.

Die bereits etablierte Wissensplattform Polludoc wird weiterhin laufend aktualisiert. Auch im Jahr 2022 fand wieder ein verdeckter Probenversand / Ringversuch durch die SUVA statt. Grundsätzlich stehe ich den verdeckten Ringversuchen positiv gegenüber. Sie zeigen viel besser als die üblichen Ringversuche, wo es im Labor hakt und woran dringend gearbeitet werden muss.

Im letzten Jahr lag der Schwerpunkt auf geringen Gehalten unter 0,1 bis 0,01 Masse-% sowie auf Proben mit Amphibolasbestfasern in unterschiedlicher Ausprägung. In dieser Runde scheint sich die Qualität insgesamt verbessert zu haben, wobei noch nicht klar ist, ob dies ein Trend ist oder nicht.

Stichwort Amphibolasbest

Die SUVA hatte im vergangenen Jahr Proben mit Amphibolasbest in unterschiedlichen Formen an Labore versandt und die Ergebnisse verglichen. Daraus wurde ein Positionspapier Amphibole angefertigt. Dadurch soll die Auswertung dieser asbestiformen Amphibole verbessert werden. Die Ergebnisse sollen auf der DCONex 2024 in Münster vorgestellt werden.

Kreislaufwirtschaft

Auch in der Schweiz werden große Anstrengungen unternommen, im Bereich der Bauwirtschaft den Gedanken der Kreislaufwirtschaft und des Recyclings zu etablieren. Ein gutes Beispiel war hier der Rückbau einer Kantonschule, bei der etliche ausgebaute Bauteile für den Wiederaufbau von Schulen in der Ukraine verwendet werden konnten.

Aktuelle Themen und Entwicklungen – Deutschland und Europa

Auch in Deutschland bleibt die Zeit nicht stehen. Olaf Dünger von der Arcadis GmbH stellte die neuesten Entwicklungen vor, die nicht nur Asbest betreffen. So werden derzeit die Regelungen zum Mutterschutz bei PCB in der Raumluft überarbeitet.

Die Entwicklung der asbestbedingten Todesfälle zeigt zumindest in jüngster Zeit einen durchaus erfreulichen Trend, wenn auch immer noch auf einem besorgniserregenden Niveau. Für das Jahr 2022 zeichnet sich ein, wenn auch sehr leichter, Rückgang der asbestbedingten Todesfälle von 1646 im Jahr 2021 auf 1345 im Jahr 2022 ab, aber ob dies eine echte Trendwende ist, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Aber vielleicht dürfen wir im 30. Jahr des Asbestverbots ein wenig optimistisch sein.

Impulse aus Europa

Die EU hat eine Initiative ergriffen, um Arbeitnehmer besser vor Asbest zu schützen. Zum einen sollen Asbestopfer bei asbestbedingten Erkrankungen besser unterstützt werden. Zum anderen sollen die derzeitigen Grenzwerte für die Asbestexposition am Arbeitsplatz gesenkt werden. Gleichzeitig sollen Sensibilisierungskampagnen zur sicheren Entfernung von Asbest gestartet werden.

Ein Legislativvorschlag für die Erkennung und Meldung von Asbest in Gebäuden soll vorgelegt und nationale Strategien für die Asbestsanierung entwickelt werden. Auch die Einführung von digitalen Gebäudelogbüchern wird diskutiert. Das wird sicher wieder für einige Aufregung sorgen, hätte aber auch unbestreitbare Vorteile, wenn alle Umbau-, Sanierungs- und sonstigen Tätigkeiten an Gebäuden zentral erfasst und vor allem dokumentiert würden.

Schließlich geht es darum, Asbest aus dem Verkehr zu ziehen. Zu diesem Zweck sollen Protokolle und Richtlinien für den Umgang mit Bau- und Abbruchabfällen überarbeitet werden. Wie soll schließlich mit asbesthaltigen Abfällen umgegangen werden? Dazu soll eine Studie über die besten Praktiken im Umgang mit Asbest erstellt werden. Ziel ist es, dass die EU im Kampf gegen Asbest eine Vorreiterrolle einnimmt.

Senkung der Grenzwerte

Ich habe mir die vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer noch einmal genauer angesehen. So sollen die Arbeitgeber verpflichtet werden, die Exposition der Arbeitnehmer gegenüber Asbestfasern so weit wie möglich zu reduzieren. Der Arbeitsplatzgrenzwert soll ohne Übergangsfrist von 0,1 auf 0,01 Fasern/cm³ gesenkt werden (entspricht einer Senkung von 100.000 Fasern/m³ auf 10.000 Fasern/m³). Nach einer Übergangsfrist von höchstens 6 Jahren müssen die Mitgliedstaaten die Elektronenmikroskopie als Methode zum Nachweis von Asbestfasern eingeführt haben, um auch die als besonders krebserzeugend geltenden dünneren Fasern mit einem Durchmesser von weniger als 200 nm zu erfassen. Ohne den Nachweis dünner Fasern muss der Wert auf 0,002 Fasern / cm³ (2000 Fasern / m³) abgesenkt werden, mit dem Nachweis dünner Fasern gilt 0,01 Fasern cm³ (10 000 Fasern / m³).

Irgendwann war, wenn ich mich richtig erinnere, auch eine Absenkung auf 1000 Fasern / m³ im Gespräch. Mir ist jetzt nicht ganz klar, ob das jetzt vom Tisch ist.

Hier haben wohl die Franzosen ein wenig die Feder geführt, die ihre Transmissionselektronenmikroskope (TEM) etwas relevanter machen wollten. Aber auch die in Deutschland gebräuchlichen Rasterelektronenmikroskope (REM) dürften problemlos mithalten können. Interessant wäre aber auch hier ein noch notwendiger unterer Wert für den Faserdurchmesser, denn auch wenn man eine Faser im Mikroskop erkennen kann, hat die Erkennung der Faserchemie mit EDX eine Grenze.

Unternehmen, die Abbruch- oder Sanierungsarbeiten mit Asbest durchführen, benötigen eine Genehmigung der nationalen Behörden. Arbeitgeber müssen Maßnahmen ergreifen, um möglicherweise asbesthaltige Materialien zu identifizieren, bevor sie mit Arbeiten an Gebäuden beginnen, die vor dem jeweiligen nationalen Asbestverbot errichtet wurden.

Die Maßnahmen umfassen auch Vorschläge zur Expositionsvermeidung, wie z. B. persönliche Schutzausrüstung, sichere Reinigung von Kleidung und Dekontaminationsverfahren. Damit soll die sekundäre und passive Exposition auch von Familienmitgliedern vermieden werden.

Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein Register der ärztlich diagnostizierten asbestbedingten Berufskrankheiten zu führen.

Emissionsarme Verfahren

Im Jahr 2023 wurden einige emissionsarme Verfahren neu eingeführt oder aktualisiert.

Darunter BT1 zum Anbohren von Asbestzementrohren in erdverlegten Wasserleitungen mittels Anbohrarmatur zum Anschluss von Hausanschlüssen,

BT 11 zum Entfernen von asbesthaltigen Vinylbodenbelägen (Floor-Flex) auf asbestfreien oder asbesthaltigen Bitumenklebern mittels Handspachtel.

BT 30 zur Herstellung von Bohrlöchern bis 12 mm Durchmesser für die Montage von Installationen an Wänden und Decken mit asbesthaltigen Verkleidungen

BT 55 zur Herstellung von Kernbohrungen in asbesthaltigen Fußbodenkonstruktionen zur Entnahme von Proben. Anwendung bei Fußbodenaufbauten mit asbesthaltigen Estrichen, mit und ohne asbesthaltigen Floor-Flex-Platten und entsprechenden Bitumenklebern.

AHO Heft 43

Martin Kessel von der Arcadis GmbH übernahm das Wort und stellte einige Entwicklungen im Bereich der Richtlinien und Hilfestellungen vor. Begonnen wurde mit dem AHO Heft 43 – Fachplanungsleistungen zu „Schadstoffen in Objekten“ bauliche und technische Anlagen, welches im Februar 2023 erschienen ist. Hier geht es unter anderem um die Klärung der Motivation bzw. Aufgabenstellung sowie um die Ermittlung von Leitparametern für die Honorierung. Dazu wurden insgesamt 86 Schadstoffsanierungsprojekte untersucht, bei denen alle Leistungsphasen ganz oder zumindest teilweise bearbeitet wurden.

VDI Richtlinie 6202 Blatt 4 – SVOC

Die Arbeiten an der VDI Richtlinie 6202 Blatt 4 schreiten voran. Hier geht es um schwer flüchtige organische Verbindungen,. Zu den prominentesten Vertretern dieser Schadstoffe gehören die polychlorierten Biphenyle (PCB) und die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK).

Einige Definitionen werden hier gefasst, z.B. die Verdachtsstelle. Hiermit wird möglicherweise schadstoffbelastetes Material bezeichnet, das an einem Bauteil lokalisiert wird. Diese kann dabei sowohl flächig, linienförmig oder punktuell sein.

Der Verdachtsmoment. Dieser bezeichnet ein möglicherweise schadstoffhaltiges Material, das an einem oder mehreren Bauteilen gleichartig lokalisiert wird. Somit kann ein Verdachtsmoment aus mehreren Verdachtsstellen bestehen.

Der Verdachtsraum ist ein hinsichtlich eines Stoffes oder einer Stoffgruppe als möglicherweise mit auffälligen Innenraumkonzentrationen vermuteter oder sensorischen Auffälligkeiten lokalisierter Raum oder eine Raumzone. Ein Verdachtsbereich kann sich dann wieder aus einem oder mehreren Verdachtsräumen zusammensetzen.

Angekündigt ist die VDI Richtlinie 6202 Blatt 4 für 2025.

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ATV DIN 18448

Es folgten zwei Beiträge zur neuen ATV DIN 18448 Arbeiten an schadstoffbelasteten baulichen und technischen Anlagen – Werkvertragliche Regelungen für Planung, Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung von Schadstoffsanierungsarbeiten. Diese neue DIN gilt ab dem 01.10.2023.

Bernd Sedat vom Sachverständigenbüro Dr. Sedat begann mit den vergabe- und vertragsrechtlichen Fragen. In der ATV-Reihe (Allgemeine Technische Vertragsbedingungen, ca. 50 DIN-Normen von 18300 (Erdbau) bis 18459 (Abbruch und Rückbau), in denen die Grundlagen für die Ausschreibung und Abrechnung von Bauleistungen festgelegt sind) fehlten bisher die Regelungen für Arbeiten an schadstoffbelasteten Bauteilen.

Anschließend ging Christoph Hohlweck von der Kluge Sanierung GmbH bzw. vom Gesamtverband der Schadstoffsanierer GVSS e.V. auf die Ausführung und Abrechnung nach DIN ATV 18448 ein.

Neue Entwicklungen im Gefahrstoffrecht

Andrea Bonner von der BG Bau konnte wieder einmal über einen echten Dauerbrenner berichten – die Neufassung der Gefahrstoffverordnung. Diese ist schon lange überfällig und sollte eigentlich längst vorliegen. Hoffen wir, dass sie uns auch irgendwann erreicht. Bisher ist zumindest der Referentenentwurf vom 03.03.2023 veröffentlicht, der Regierungsentwurf aber noch nicht verabschiedet. Und wann das sein wird, wissen nur die Götter. Aber man kann, wie hier schon mehrfach geschehen, zumindest einige Eckpunkte benennen, die sich in der zukünftigen Asbestverordnung wiederfinden werden.

Da sind zum einen die Mitwirkungs- und Informationspflichten für den Verursacher von Tätigkeiten sowie die Verbote entsprechend den Beschränkungen der REACH-Verordnung. Ausnahmen gelten weiterhin nur für Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten. Weiterhin risikobezogene Regelungen zu Schutzmaßnahmen, Erlaubnis und Anmeldung sowie aufgaben- und risikobezogene Qualifikationsanforderungen.

Mitwirkungs- und Informationspflicht

Vielleicht noch einmal ein paar Worte zu den Mitwirkungs- und Informationspflichten, weil das hier seit einiger Zeit auch durch die Presse geht. Sie besagt, dass derjenige, der Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen veranlasst, die Gefahrstoffe enthalten können, die durch diese Tätigkeiten freigesetzt werden und zu besonderen Gesundheitsgefahren führen können, besondere Informations- und Mitwirkungspflichten hat.

Dazu gehört auch, vor Aufnahme der Tätigkeiten zu ermitteln, ob aufgrund der Nutzungs- oder Baugeschichte des Objektes Gefahrstoffe, insbesondere Asbest, vorhanden oder zu vermuten sind. Dabei wird das Vorhandensein von Asbest in der Regel vermutet, wenn der Baubeginn des Objektes vor dem 31. Oktober 1993 liegt. Diese Vermutung kann durch eine umfassende historische oder technische Untersuchung widerlegt werden.

Hier scheinen die Probleme zu beginnen. Denn aus irgendeinem seltsamen Grund scheint hier der Arbeitsschutz (vor Asbest) mit den anstehenden und oft auch dringend notwendigen energetischen Sanierungen zu kollidieren. Machen wir uns nichts vor. Beides ist enorm wichtig und sollte auf keinen Fall gegeneinander ausgespielt werden. Ich persönlich kann auch überhaupt nicht nachvollziehen, wie man auf die Idee kommen kann, dass das eine gute Idee wäre.

Verwendungs- und Tätigkeitsbeschränkungen

Verwendungs- und Tätigkeitsbeschränkungen gelten für die Gewinnung, Aufbereitung, Wiederverwendung und Weiterverarbeitung natürlich vorkommender mineralischer Rohstoffe sowie daraus hergestellter Gemische und Erzeugnisse mit einem Massengehalt von mehr als 0,1 % Asbest.

Ferner für die Weiterverwendung von asbesthaltigen Materialien, denen Asbest absichtlich zugesetzt wurde und die bei Tätigkeiten anfallen, zu anderen Zwecken als der Abfallbehandlung und -beseitigung.

Sowie alle Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien in oder an baulichen oder technischen Anlagen, einschließlich Geräten, Maschinen, Fahrzeugen und anderen Erzeugnissen.

Manch einer mag sich an dieser Stelle fragen, warum Asbest in natürlichen Rohstoffen nicht gänzlich verboten ist. Das liegt ganz einfach daran, dass man hier nicht einfach auf „Null“ gehen kann. Asbest bzw. die 6 Minerale, die wir als Asbest kennen, sind natürliche Minerale, die in sehr vielen Gesteinen vorkommen. In Gesteinen, die wir normalerweise als relativ unverdächtig ansehen würden. Eine absolute „Null-Asbest“-Strategie würde auf einen Schlag zu einer extremen Rohstoffknappheit führen. Aber das wäre ein Thema für einen eigenen Beitrag.

Von diesen Tätigkeitsverboten gibt es, wie eingangs erwähnt, Ausnahmen. So sind weiterhin erlaubt:

Abbrucharbeiten, d.h. das vollständige Entfernen asbesthaltiger Bauteile und Materialien,

Sanierungsarbeiten, Maßnahmen zur Vermeidung von Gefahren für die Nutzer sowie Sofortmaßnahmen, wie z. B. die Sicherung beschädigter asbesthaltiger Bauteile, wenn eine Entfernung nicht möglich ist. Zulässig ist auch die Instandhaltung, d.h. die Wartung und Inspektion von asbesthaltigen Teilen baulicher oder technischer Anlagen. Darunter fallen auch Tätigkeiten der funktionellen Instandhaltung im Rahmen der laufenden Nutzung. Ebenso die Anpassung an den Stand der Technik. Nicht darunter fallen alle Tätigkeiten, bei denen die asbesthaltigen Materialien repariert werden. Dies ist verboten.

Außerdem dürfen Instandhaltungsarbeiten nicht im Hochrisikobereich durchgeführt werden. Das asbesthaltige Material darf seine Nutzungsdauer noch nicht überschritten haben und muss daher noch seine Funktion erfüllen. Vorhandenes asbesthaltiges Material darf nicht verdeckt, seine spätere Erkennung und Entfernung nicht verhindert oder wesentlich erschwert werden.

Auch hier gibt es Ausnahmen. So sind notwendige Vorbereitungsarbeiten im Rahmen von Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten zulässig. Ausnahmen gelten auch für Tätigkeiten zu Forschungs-, Entwicklungs-, Analyse-, Prüf- und Messzwecken.

Verboten sind auch feste Überdeckungen oder Überbauten von Asbestzementdächern, Wandverkleidungen und Deckenbekleidungen sowie Bodenbelägen und Fugenmassen. Gleiches gilt für Reinigungs- und Beschichtungsarbeiten an nicht vollständig beschichteten Asbestzementdächern und -wandverkleidungen.

Arbeitgeber müssen eine umfassende Gefährdungsbeurteilung durchführen. Dazu gehört die Plausibilitätsprüfung der vorliegenden Erkundungsergebnisse, die Prüfung, ob die geplanten Arbeiten zulässig sind und ob sie zu einer Freisetzung von Asbest führen. Wenn ja, ob sie im Bereich geringer, mittlerer oder hoher Gefährdung durchgeführt werden und welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind.

TRGS 519

Auch die TRGS 519 wird überarbeitet, um, nicht zu sagen, rundum-erneuert. Dabei werden sich zum Beispiel die Schutzmaßnahmen, die sich bislang an der Bindungsform der Asbestprodukte und der Art der Tätigkeit (Abbruch, Sanierung oder Instandhaltung) orientierten, in der künftigen Fassung wohl risikobezogene Schutzmaßnahmen sein.

Auch die Mitwirkungs- und Informationspflicht wird in der zukünftigen TRGS 519 konkretisiert werden.

EU Asbestrichtlinie

Auch hier war die neue EU-Asbestrichtlinie und die von ihr vorgeschriebenen niedrigeren Grenzwerte für die Exposition ein Thema. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, wie ich finde. Auch die Verpflichtung, zukünftig elektronenmikroskopische Methoden für die Asbestanalytik zu benutzen und die immer noch in vielen Ländern gerne verwendete Phasenkontrastmikroskopie nicht mehr als Standardmethode zu sehen, halte ich für richtig. So sind die dünneren Fasern besser zu erfassen. Wobei ich immer noch eine Definition für „dünne Fasern“ vermisse. Wir brauchen auch hier einen unteren Wert. Ich hatte das weiter oben bereits erwähnt.

Fasermessung und Diagnostik

Martin Hönig von der Wessling GmbH stellte Neuerungen in der Messtechnik und Diagnostik vor.

Künstliche Inteligenz und maschinelles Lernen

Auch hier werden künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen neuronaler Netze in nicht allzu ferner Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Dabei wird auf geräte- und herstellerunabhängige Lösungen gesetzt. Dies dürfte eine bessere Lösung sein, als wenn jeder Hersteller seine eigene Lösung präsentiert, die zudem nicht unbedingt auf die speziellen Fragestellungen der Faseranalytik spezialisiert ist, sondern für viele Anwendungen einsetzbar sein soll.

Hier wird voraussichtlich die Software Fibre Detect der BAUA-Fachgruppe Materialien und partikelförmige Schadstoffe die Grundlage für die geplante Software Asbestos detect bilden. Dabei handelt es sich um ein manuell trainiertes neuronales Netz. Die Voraussetzungen für den Einsatz dieser und weiterer automatischer Auswertungen sollen in die Neufassung der VDI 3492 einfließen.

Asbestrichtlinie der EU – dünne Fasern

Auch hier war die neue Asbestrichtlinie der EU ein Thema. Hier soll der Expositionsgrenzwert von 0,1 Fasern/cm³ (entspricht in Deutschland der Akzeptanzkonzentration von 100.000 Fasern/m³) auf 0,01 Fasern/cm³ (entspricht 10.000 Fasern/m³) abgesenkt werden. Dies habe ich oben bereits erwähnt. Dabei sollen auch sogenannte „dünne Fasern“, also Fasern mit einem Durchmesser von weniger als 0,2 µm, berücksichtigt werden. Dabei soll es zwei Möglichkeiten geben, nämlich dass die „dünnen Fasern“ berücksichtigt werden, dann gilt der Grenzwert von 10.000 Fasern/m³. Oder die „dünnen Fasern“ werden nicht berücksichtigt. Dann gilt, da die Fasern nicht berücksichtigt werden, nur ein Grenzwert von 2000 Fasern/m³. Als Übergangsfrist sind 6 Jahre vorgesehen.

Welche Relevanz hat diese Regelung? Hierzu ist zu sagen, dass in der derzeit gültigen VDI 3492 für Luftfilter Fasern mit einem Durchmesser von weniger als 0,2 µm zwar erfasst und im Bericht angegeben werden müssen, aber nicht in das berechnete Messergebnis eingehen.

Je feiner die Fasern sind, desto größer ist der Aufwand. sie zu finden und richtig zu identifizieren. Letztlich dürften die Ergebnisse bei „dünnen Fasern“ sehr stark von der Qualität der jeweiligen Mikroskope und EDX sowie von der Sorgfalt und dem Aufwand bei der Auswertung abhängen. Ich erwähne dies auch deshalb, weil (nach meiner Erfahrung) manche Auftraggeber hier manchmal der Meinung zu sein scheinen, dass eine solche Auswertung beliebig schnell erfolgen kann. Und ja, auch die Qualität und Sorgfalt der Probenahme dürfte eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Auch hier gilt, dass Sorgfalt, gute Planung und ein vernünftiger Zeitansatz dem Auswerter nicht nur das Leben leichter machen, sondern eine qualitativ gute Auswertung überhaupt erst ermöglichen.

Aber was ist mit den vorhandenen Geräten überhaupt möglich? Ich gehe davon aus, dass Fasern bis 0,1 noch relativ gut nachweisbar sind. Mit nicht zu stark belegten Filtern und unter guten Bedingungen sollten Fasern bis 0,05 µm gerade noch nachweisbar sein. Für EDX dürfte aber meist schon bei 0,1 µm die Grenze erreicht sein. Darunter wird es in der Regel sehr schwierig. Sehr stark belegte Filter würden hier schneller zu Problemen führen, da dann die umgebenden Partikel die Erkennung und Identifizierung der Fasern erschweren oder gar unmöglich machen.

Das gilt in erster Linie für die Rasterelektronenmikroskopie, da ich hier die größte Erfahrung habe. Aber auch Transmissionselektronenmikroskope, wie sie in Frankreich eingesetzt werden, dürften hier an vergleichbare Grenzen stoßen, zumal auch hier die EDX wohl der stärker limitierende Faktor ist. Wir brauchen also unbedingt ein Abschneidekriterium nach unten für „dünne Fasern“.

VDI 3492

Wo gerade die VDI 3492 erwähnt wurde. Ja, auch die ist dringend renovierungsbedürftig. Die zur Zeit gültige Fassung ist von 2013. Daher wird diese Norm auch gerade überarbeitet. Ziel ist es, eine Präzisierung der Messplanung zu erreichen. Anders als z.B. der Weg, den die Schweiz beschreiten will (siehe oben), kann dies auch unter bestimmten Szenarien zu einer Erhöhung der Messpunkte führen, z.B. um die Aussagesicherheit zu verbessern. Außerdem soll, wie eingangs erwähnt, auch die Grundlage für den Einsatz digitalisierter Analytik und Auswertung gelegt werden.

Geogener Asbest

Ein sehr aktuelles Thema ist auch die Bedeutung der so genannten geogenen Asbeste. Darunter versteht man die nicht technisch zugesetzten Asbeste, die meist mit den Gesteinskörnungen quasi als Trittbrettfahrer in die Umwelt gelangen. Da die als Asbest bekannten Mineralien alle natürlichen Ursprungs sind, kommen sie auch in vielen Gesteinen vor und können auf diesem Weg ganz unbeabsichtigt in Produkte geraten. Oft, aber nicht immer, unterscheiden sie sich morphologisch von den absichtlich zugesetzten „technischen“ Asbesten (die, man mag es kaum glauben, auch natürliche Asbeste sind).

In diesem Zusammenhang sind mehrere Fragen dringend zu klären.

Welche Konsequenzen hat der positive Nachweis von geogenen Asbestfasern? Wie ist das mit dem Arbeitsschutz geregelt, dazu hatte ich vor einiger Zeit auch mal einen Blogbeitrag gebracht, das Thema dann aber nicht weiter verfolgt. Sollte man vielleicht auch mal machen.

Die entscheidende Frage ist, was genau macht Asbestfasern so gefährlich.Ist es die Länge, das Verhältnis von Länge zu Dicke? Die Langlebigkeit? Die hohe Biopersistenz? Vielleicht doch der Chemismus, oder zumindest Teile davon) Die Steifigkeit und gibt es da einen Unterschied zwischen Chrysotil und den Amphibolen? Wie sieht es eigentlich dort aus, wo unsere Gesteinskörnungen herkommen, also im Steinbruch?

Novellierung der LAGA M 23

Der nächste Beitrag von Sandra Giern vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e.V. befasste sich mit den Auswirkungen der Novellierung der LAGA M 23 auf die Entsorgungspraxis von asbesthaltigen Abfällen.

Bauabfälle sind in Deutschland keine Seltenheit. 2018 fielen 58 Mio. t. Bauabfälle an. Davon wurden immerhin 46,6 Mio. t in irgendeiner Form recycelt und 9,6 Mio. t verfüllt. Nur 6,6 Mio. t mussten schließlich beseitigt werden. Die Zahlen dürften sich in den Folgejahren nicht wesentlich verändert haben. Wenn man bedenkt, dass Gebäude bis zum Baujahr 1995 im Verdacht stehen, Asbest oder zumindest verdeckt asbesthaltige Produkte zu enthalten, und dass gut 80 % des Gebäudebestandes in Deutschland vor dem Asbestverbot 1993 errichtet wurden, kann man sich die Dimension des Problems leicht vorstellen.

Auch im Stahlbetonbau dürften bis in die 1980er Jahre etwa 50 % des Stahlbetons mit asbesthaltigen Abstandhaltern und Wanddicken versehen worden sein. Man kann also ohne weiteres davon ausgehen, dass von den ca. 60 Mio. t. Bauschutt, die jährlich anfallen, ein erheblicher Anteil mit Asbest belastet sein dürfte.

Vor allem Abstandhalter und Wanddicken stellen oft ein großes Problem dar. Sie können zwar, wenn auch mit großem Aufwand, erkundet, aber in der Regel nicht vor dem eigentlichen Abbruch separiert werden. Oft kann man sie erst nach dem Abbruch vor Ort einigermaßen vom Rest trennen.

VDI 6202 Blatt 3.1 asbesthaltige Brandschutzklappen

Olaf Dünger von der Arcadis Germany GmbH berichtete über die geplante VDI Richtlinie 6202 Blatt 3.1 schadstoffbelastete bauliche und technische Anlagen: asbesthaltige Brandschutzklappen. Diese soll der Erkundung zur Klärung des Asbestverdachts in raumlufttechnischen Anlagen und deren Umfeld dienen.

Es sind ja meist nicht nur die Brandschutzklappen betroffen. Auch in deren Umfeld ist durch den meist jahrelangen Gebrauch , der Wartung und Instandhaltung mit asbesthaltigen Liegestäuben zu rechnen.

Wenn alles glatt verläuft, soll die neue VDI 6202 Blatt 3.1 in 2024 veröffentlicht werden.

RAL Gütezeichen

Der nächste Beitrag kam von Olaf Dünger von der Arcadis Germany GmbH. Hier ging es um das große Thema Gütezeichen und Zertifizierungen. Es ging um das RAL Gütezeichen „Schadstoffsanierung von baulichen und technischen Anlagen im Bestand“, das sich die 2022 gegründete Gütegemeinschaft Schadstoffsanierung e.V. zum Ziel gesetzt hat, um ein Qualitätszeichen im Bereich der Schadstoffsanierung zu etablieren. Das Anhörungsverfahren durch RAL wurde im April 2023 gestartet.

Asbest – Qualifizierung von Personal

Der Beitrag von Martin Kessel, Arcadis Germany GmbH, betraf den Entwurf der VDI 6202 Blatt 20.1 Qualifizierung von Personal – Asbest: Erkundung, Sanierung, Entsorgung. Die Arbeiten an dem Blatt begannen im August 2022, der Gründruck erschien im September 2023 mit einer Einspruchsfrist bis zum 30. November 2023.

Die geplante Richtlinie soll vor allem der asbestbezogenen Qualifizierung von Schadstoffsachverständigen nach VDI 6202 Blatt 1 Abschnitte 6.1 und 6.3.4 dienen. Sie legt die Voraussetzungen und Ausbildungsinhalte zur Erlangung der Qualifikation „VDI-Sachverständiger für Asbest in baulichen und technischen Anlagen“ fest.

Dabei wurde berücksichtigt, dass einzelne Lehrinhalte bereits im Rahmen der Qualifizierung nach TRGS 519, TRGS 524 und DGUV Regel 101-004 vermittelt wurden. Diese sind als bekannt nachzuweisen.

Der Inhaber des Zertifikats „VDI-Sachverständige(r) für Asbest in baulichen und technischen Anlagen“ erfüllt die Anforderungen an eine befähigte Person nach LAGA M23 in der Neufassung vom Mai 2023. Die Gültigkeit dieses Zertifikats ist wie alles auf 3 Jahre befristet.

Digitale Gebäudeschadstofferfassung

Digitale Techniken sind aus vielen Bereichen nicht mehr wegzudenken. Auch im Bereich der Gebäudeschadstofferfassung können sie ein mächtiges Werkzeug sein, wie Jörg Blechschmidt anhand einiger Beispiele aufzeigte.

Diese reichen von der planbasierten Erfassung und Dokumentation über die papierlose Planung und Erfassung bis hin zur Überführung der Daten in ein digitales Schadstoffkataster.

Die vorgestellten Systeme verfügen über eine app-basierte Datenerfassung und können die Daten auch in eine Word- oder Excel-Datei ausgeben. Auch das Hinzufügen weiterer Datenpunkte zu weiteren Verdachtsmomenten bei erneuten Begehungen ist problemlos möglich. Allerdings entsprechen die generierten Listen und Auswertungen derzeit noch nicht den Anforderungen der DIN ISO 17025.

Eine weitere Möglichkeit stellen 3D-Laserscans von Gebäuden dar. Der Abgleich der Bestandsunterlagen mit dem hochauflösenden Scan ermöglicht eine Verschneidung der Daten mit Flächendefinitionen von Schadstoffen, Bauteilbeschaffenheit und ähnlichem.

Ziel ist es, eine hochauflösende Visualisierung zu erzeugen, die vollständig digital begehbar ist und Nachmessungen mit hoher Genauigkeit im Scan ermöglicht.

Die Vorteile liegen in der Transparenz der Planung und der Abstimmung mit dem Bauherrn. Die Visualisierung kritischer Bereiche sowie die Verknüpfung der visuellen Aufnahmen mit technischen Details wie Statik, Materialbeschaffenheit etc. sind weitere Vorteile.

Fachdatenbank Gebäudeschadstoffen

Martin Kessel von der Arcadis Germany GmbH gab ein Update zur Fachdatenbank Gebäudeschadstoffe sowie zur Asbestdatenbank.

Die Datenbank ermöglicht eine einfache Pflege hinsichtlich neuer Schadstoffe, Standorte, Bauprodukte und betroffener Gewerke. Eine redaktionelle Bearbeitung sichert die Qualität der Einträge und gewährleistet die Integration in das Datenbanksystem der BG Bau (WINGIS).

Die Eingabemaske wurde in einer Betaversion mit realen Fällen getestet, ein Termin für eine Lenkungskreissitzung steht jedoch noch aus. Außerdem ist die mittel- bis langfristige Finanzierung des Projektes noch nicht gesichert. Es wäre jedoch sehr schade, wenn ein so nützliches Werkzeug aus diesem Grund nicht genutzt werden könnte.

Die Asbestdatenbank enthält mittlerweile rund 780 Objekte aus 640 Projekten mit Schwerpunkt in Süddeutschland. 18932 Verdachtsflächen wurden erfasst. Davon sind gut 21 % asbesthaltig. In 591 von 778 Objekten (76%) wurde mindestens 1 asbesthaltiges Bauprodukt nachgewiesen.

In 325 von 613 Objekten (53%) wurde mindestens 1 asbesthaltiges bauchemisches Produkt nachgewiesen.

Vergleich (DIN) EN ISO 16000-32 und VDI 6202 Blatt2 (Entwurf)

Manchmal scheinen sich die Regelwerke zu überschneiden. Heinz Kropiunik von aetas in Wien hatte hier einen Vergleich der (DIN) EN ISO 16000-32:2014-10 mit den Regelungen der VDI 6206 Blatt 2: (Entwurf 09.2023). Die eine Regelung, nämlich die DIN EN ISO 16000, trägt den Titel „Untersuchung von Gebäuden auf Schadstoffe“, die andere, die geplante VDI 6202 Blatt 2, den Titel „Schadstoffbelastete bauliche und technische Anlagen – Erkundung und Bewertung“.

Zu beachten ist, dass EN für „Europäische Norm“ steht. Das sind Regeln, die von einem der drei europäischen Normungsgremien CEN, CENELC und ETSI ratifiziert wurden. Nach der Ratifizierung müssen diese Normen von den nationalen Normungsorganisationen unverändert als nationale Normen übernommen werden. Entgegenstehende nationale Normen müssen zurückgezogen werden, um eine Doppelnormung zu vermeiden.

In einem nationalen Anwendungsdokument können jedoch weitergehende Festlegungen getroffen werden, soweit dies in der Europäischen Norm vorgesehen ist. Damit können nationale Besonderheiten berücksichtigt werden. Darüber hinaus dient das nationale Vorwort als zusätzliche Informationsquelle zur jeweiligen Norm.

Grundsätzlich scheint mir hier eine Doppelung vorzuliegen.

Entfernung von asbesthaltigen Beschichtungen

Michael Mund vom Ingenieurbüro Mund stellte ein Praxisbeispiel für den Rückbau und die Sanierung von Gebäudeschadstoffen vor. In diesem Fall ging es um die Sanierung asbesthaltiger Beschichtungen in einem großen Verkehrsbauwerk im Rhein-Main-Gebiet. In dem Gebäude wurden bereits seit einigen Jahren umfangreiche Asbest-, KMF- und auch PAK-Sanierungen durchgeführt, wobei es immer wieder zu Unstimmigkeiten bei der Festlegung des Sanierungsumfangs kam.

Eines der Hauptprobleme war eine Brandschutzbeschichtung für Kabel und Elektrotrassen mit einer asbesthaltigen Schutzbeschichtung namens Flamastik. Diese Beschichtung findet sich auf Kabeltrassen, anderen elektrischen Installationen und auch als Spritzschatten und Rückprall. Diese Schatten können mehrere Meter lang sein und führen sehr oft zu unlogischen und sonst unerklärlichen Ergebnissen bei Materialproben.

Korrosionsschutzbeschichtungen an Brückenbauwerken

Ein weiteres Beispiel aus der Praxis brachte Clemens Jehle von Jehle Umweltdienste aus der Schweiz. Hier ging es um die Probleme bei der Sanierung von schadstoffhaltigen Korrosionsschutzbeschichtungen auf Brückenbauwerken. Bereits bei der Planung müssen einige Probleme berücksichtigt werden. Brücken liegen sehr oft in exponierter Lage, sind schwer zugänglich, haben meist nur zwei Zufahrten und überspannen oft auch Gelände, das einen direkten Zugang erschwert, wie Gewässer oder größere Verkehrstrassen.

Sie sind aber auch selbst schützenswerte Verkehrsknotenpunkte und stehen nicht selten unter Denkmalschutz. Gleichzeitig können sie in Naturschutzgebieten liegen und möglicherweise selbst Lebensraum für geschützte Arten wie Vögel, Fledermäuse oder Amphibien sein.

All dies kann die Planung einer Sanierung zu einer komplexen Angelegenheit machen.

Fazit

Auch in diesem Jahr war das Asbestforum wieder eine spannende und lehrreiche Veranstaltung. Auch wenn vielleicht es in diesem Jahr nicht so viele neue Entwicklungen gab, alleine der persönliche Kontakt und die Möglichkeit, sich in den Pausen auszutauschen, ist unschätzbar. Mit hat es wieder sehr viel Spaß gemacht. Die Bilder zum Forum Asbest sind unter https://flic.kr/s/aHBqjB3f6g zu finden.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

1 Kommentar

  1. jetzt schreib ich halt mal ein *dankeschön*.

    Asbest betrifft uns alle, scheint aber auch immer irgendwie unterzugehen.

    vorweihnachtliches grüssle

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