Über das Gender-Urteil nachgedacht: Wozu nutzen Geschlechtsidentitäten überhaupt?

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der heutigen Geschlechtsangaben hat in den Diskussionsforen viel Unverständnis oder gar Verachtung auf sich gezogen: Zuhauf hagelte es Unterstellungen, das Gericht sei befangen gewesen, von Gendertheorikern unterwandert oder habe einen Vorschlag schlicht “abgenickt”, ohne sich der Folgen bewusst zu sein.

Ich habe das Urteil gelesen, kommentiert und halte es für in sich schlüssig und nachvollziehbar, zudem in Übereinstimmung mit neueren ärztlichen und wissenschaftlichen Befunden (Abschied vom binären Geschlechtsmodell). Die wiederholt kolportierte Behauptung, damit gebe es jetzt ein “drittes Geschlecht”, ist aber falsch:

Amtliche Geschlechtsangaben

Es geht schlicht um Geschlechtsangaben im amtlichen Register und der Gesetzgeber hat bis 31. Dezember 2018 auch die Möglichkeit, diese für alle Personen gänzlich abzuschaffen. Gerichte, Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden sind im Übrigen die wichtigsten Pfeiler unseres freien, demokratischen Rechtsstaats, wo Regierungen und Parlamente versagen; daher sollte man sie nicht einfach so verunglimpfen.

Das Abendland wird jedenfalls nicht daran zugrunde gehen, dass bald in einigen Urkunden und Pässen die Geschlechtsangabe “anderes” oder “intersexuell” steht – oder dass solche Angaben gänzlich aus den Dokumenten verschwinden. Dass sich die Betroffenen damit bei Auslandsreisen nicht immer einen Gefallen tun dürften, wurde auch schon angemerkt, ist aber deren persönliches Problem.

Davon abgesehen würde es ja nie eine Veränderung geben, wenn nicht irgendjemand den ersten, oft unangenehmen Schritt machen würde. Dabei wäre Deutschland noch nicht einmal das erste Land mit einer dritten Geschlechtsangabe, nach unter anderem Australien, Indien, Neuseeland und einigen US-Bundesstaaten.

Philosophie der Geschlechtsidentitäten

Neben den formaljuristischen und gesellschaftspolitischen Fragen kann man aber grundlegender philosophisch analysieren, was es mit der Kategorie Geschlecht auf sich hat. Bis auf Weiteres darf man wohl davon ausgehen, dass zur Zeugung eines neuen Menschen eine Ei- und eine Samenzelle unter den richtigen Umständen zusammenkommen müssen. Künstliche Gebärmüttern gibt es meines Wissens noch nicht; aber es ist gut möglich, dass in Samenbanken heute so viel Sperma tiefgefroren ist, dass auch eine Generation von Männern für die Arterhaltung entbehrlich wäre. Ich sage ja nicht, dass das gut oder schlecht wäre, sondern nur, was der Fall ist.

Jedenfalls haben wir damit schon einmal eine Funktion definiert: Für das Fortbestehen der Menschheit – manche bestreiten übrigens, dass das eine gute Sache ist – brauchen wir Ovarien und Spermien und die finden sich in aller Regel in den Menschen, die wir als Frau beziehungsweise Mann bezeichnen.

Funktion der Geschlechterunterscheidung

Wenn man aber weiter fragt, wofür das Unterscheiden von Geschlechtern wichtig wäre, ist die Antwort weit weniger offensichtlich. Die traditionelle Rollenverteilung löst sich heutzutage mehr und mehr auf. Manchen geht das noch nicht schnell genug, andere sehen darin den Zerfall der Zivilisation.

Die Zeiten, in denen beispielsweise nur Männer erben konnten, sind lange vorbei. Allerdings steht bis heute im Grundgesetz, dass nur diese zum Kriegsdienst eingezogen werden können (Artikel 12a). Dass die Wehrpflicht zurzeit abgeschafft ist, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Staat sich im Notfall der Bevölkerung bedienen wird, konkret der Männer. Welche Pflichten hingegen Frauen im Verteidigungsfall hätten, steht in Absatz 4. Der Unterschied ist hochinteressant und hat natürlich historische Gründe. Wann kommt hier das Update?

Im Gesetz werden sich ansonsten nicht mehr so viele Beispiele für die Unterscheidung von Frauen und Männern finden. Diese sollten ja gerade im Sinne der Gleichberechtigung – heute ist eher Sprache von Gleichstellung (merke: das ist nicht dasselbe!) – beseitigt werden. Das schließt allerdings nicht aus, dass das Geschlecht etwa in der Rechtssprechung noch eine Rolle spielt, man denke ans Familienrecht und Sorgerechtsstreitigkeiten.

Geschlechtsunterschiede in den Medien

Davon abgesehen liest man ja in den Medien ständig, dass es Unterschiede gäbe, etwa beim Einkommen, bei Vollzeitbeschäftigungen, bei Schulabbrüchen oder der Lebenserwartung. Hierbei sollte man bedenken, dass diese auf statistischen Erhebungen und Mittelwerten der zwei Gruppen männlich und weiblich beruhen.

Das heißt, dass sie nichts über den Einzelfall aussagen: Genauso wie es Frauen gibt, die mehr als der statistische Durchschnittsmann verdienen, gibt es Männer, die länger als die Durchschnittsfrau leben. Für die meisten Merkmale dürfte gelten, dass der Unterschied innerhalb der Gruppen – also zwischen den Frauen und zwischen den Männern untereinander – größer sind als die Unterschiede zwischen ihnen. Es ist eine Eigenschaft unserer Kommunikation, natürlich vor dem Hintergrund politischer und Machtinteressen, heute eher die Unterschiede als die Gemeinsamkeiten zu betonen.

Frage nach dem Sinn der Unterscheidung

Wenn wir einmal das Thema “Fortpflanzung” außen vor lassen – und wie viel Zeit widmen die meisten Menschen im Leben anderen Dingen wie Freundschaften, Hobbys und Arbeit? –, welchen Sinn sollte eine Einteilung der Menschen in zwei Geschlechter dann haben? Wer hier antwortet, die Natur habe es aber so eingerichtet, der handelt sich zwei Probleme ein:

Erstens ist das gar nicht mehr so klar. Die Schätzungen der Häufigkeit von Intersexualität – also Menschen, die sich nicht eindeutig dem Geschlecht männlich oder weiblich zuordnen beziehungsweise zuordnen lassen – ist abhängig von der Definition und variiert beispielsweise zwischen 2% (laut der Biologin Anne Fausto-Sterling) und 0,02% (laut dem Psychologen und Arzt Leonard Sax).

Dazu kommen Menschen, die transsexuell sind, aber nicht eindeutig von einem zum anderen Geschlecht wechseln wollen. Junge Menschen, die so leben, wurden kürzlich in der niederländischen Dokumentation Genderbende begleitet. Mehr Biologen räumen zudem ein, dass kein binäres Modell, sondern ein bipolares Spektrum die Geschlechtsverteilung besser beschreibt.

Ferner kann niemand von uns heute wissen, ob sich in einer freieren Gesellschaft vielleicht mehr und mehr Menschen dazu entscheiden werden, sich nicht als eindeutig männlich oder weiblich zu identifizieren. Kurzum, weder die Natur, noch die phänotypische Vielfalt, die uns heute in der Gesellschaft begegnen, erzwingen ein strikt männlich/weibliches Modell.

Kein Zwang der Natur oder des Ist-Zustands

Zweitens ist es aber auch so, dass selbst im Falle einer natürlichen Eindeutigkeit daraus keine strikten Konsequenzen für unser Zusammenleben folgen. Früher mögen beispielsweise Vielmänner- oder Vielweiberei “natürlich” gewesen sein; oder “Vergewaltigungen” in dem Sinne, dass es schlicht darum ging, die Zahl seiner Nachkommenschaft zu maximieren, wie es uns Evolutionsbiologen nahelegen. Es ist aber doch gerade Kennzeichen des Menschen, sich seine eigene, zweite Natur zu schaffen: homo sapiens ist ein homo faber, ein schaffender Mensch, oder ein faber mundi, wie es schon in der Renaissance hieß, ein Schaffer oder Herrscher der Welt.

Das heißt, uns als Gesellschaft steht es frei, den Umgang mit den Geschlechtern so zu gestalten, wie wir das wollen. Dass es dabei auch um den Schutz von Minderheiten und Individualrechten gehen muss, ist fest in der freiheitlichen Ordnung unseres Rechtsstaats verankert, etwa in den Grundrechten des Grundgesetzes (Artikel 1 bis 19). Manche mögen jede Änderung des ihnen Bekannten ablehnen und daran festhalten, Menschen durch die Brille des binären Geschlechtsmodelles zu sehen und damit auch bestimmte Erwartungen an das Aussehen und Verhalten zu verknüpfen.

Beispiel Homosexualität

Aber wer hätte es etwa in den 1950er Jahren für möglich gehalten, dass Schwule eines Tages anerkannte Amtsträger und sogar Bundesminister werden können? Noch eine Generation vorher war von Nazis Homosexuellenhass geschürt worden, um beispielsweise die Konkurrenten von der SA unter Ernst Röhm auszuschalten.

Auch nach dem Krieg dauerte es viele Jahre, bis Homosexuelle als Opfer der NS-Diktatur anerkannt wurden. Daher fehlen selbst noch im 1968 errichten Winkelrelief, einem Mahnmal im KZ Dachau, die rosafarbenen Winkel, mit denen schwule Gefangene stigmatisiert worden waren. Dies wurde erst 1987 mit dem Homomonument in Amsterdam korrigiert, ein Beispiel, dem inzwischen viele andere Städte folgten.

Das Winkelrelief in der KZ-Gedenkstätte Dachau aus dem Jahr 1968 ohne die rosafarbenen Winkel. (Foto des Autors)

Wie wir sehen, kann sich in der Gesellschaft die Toleranz gegenüber geschlechtlichen Vorlieben und Geschlechtsidentitäten verändern. 1978 dufte ein Transsexueller nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum ersten Mal seinen Geschlechtseintrag ändern. Nun, im Jahr 2017, wurde festgestellt, dass auch ein Leben außerhalb des binären Modells vom Staat im Sinne des Persönlichkeitsrechts und des Schutzes vor Diskriminierung anerkannt werden muss.

Vermarktung von Geschlechtsidentitäten

Der Widerstand hiergegen ist irrational: Schließlich wird niemand dazu gezwungen, seine eigene Geschlechtsidentität zu hinterfragen oder gar zu ändern. Und wo, jenseits der Fortpflanzung, spielt es noch eine entscheidende Rolle, ob jemand Frau oder Mann ist? Diejenigen, die am binären Modell festhalten, müssten hierfür gute Beispiele bringen.

Dass uns das Denken entlang der traditionellen Geschlechtermatrix so lieb und teuer ist, liegt vor allem an unserer Konditionierung: Schon nach der Geburt wird die Welt sauber in blaue und rosafarbene Wäsche unterteilt. Es gibt Kleidung, Spiel- und Schulsachen für Mädchen und Jungen. Dahinter verbirgt sich geschicktes Marketing. Und ich bestreite nicht, dass sich viele Eltern und Kinder gemäß dieser Matrix entscheiden – wie viel davon angeboren, wie viel angelernt ist, ist eine ewige wissenschaftliche Diskussion. Wahrscheinlich spielt beides eine Rolle.

Aber auch hier gilt wieder: Weder entsprechen alle Menschen eindeutig diesem Schema, noch zwingt uns ein bestimmter Natur- oder Ist-Zustand eine normative Ordnung auf. Man erinnere sich etwa daran, dass die ersten modernen Parfüme (im frühen 18. Jahrhundert) nicht für ein bestimmtes Geschlecht vermarktet wurden; vielmehr ging es um die Frage, wer sich diese Düfte überhaupt leisten kann (eben die reichsten Adligen). Die nun seit Generationen getrennten Abteilungen für Damen- und Herrenmode, getrennte Toiletten für Frauen und Männer – die interessanterweise im Zug oder bei manchen öffentlichen Toiletten entbehrlich sind –, Formulare mit Kreuzchen für “m” und “w” und vieles mehr gibt vermittelt uns kulturell ein binäres Modell.

Wie Rollenbilder uns prägen

Dass Frauen schön sein müssen, ist eine hervorragende Ausgangsbedingung für die Mode- und Schönheitsindustrie; und tatsächlich geben Frauen im Schnitt viel mehr für solche Produkte aus. Dass Männer viel Geld verdienen müssen, ist eine hervorragende Ausgangsbedingung für den Arbeitsmarkt; und tatsächlich arbeiten Männer im Schnitt mehr als Frauen. Solche Rollenbilder lösen sich allmählich auf und es führt zu den allseits bekannten Verwirrungen und Stressreaktionen (Der Preis fürs “perfekte Leben”). Mit anderen Worten: Die Rollenverteilung verliert allmählich ihre Funktion.

Dass auch wir, jeder einzelne Mensch, von solchen Rollenvorstellungen geprägt sind und wir sie auch selbst wieder reproduzieren und damit am Leben erhalten, ist die vielleicht wichtigste Erkenntnis der Gender Studies. Dazu kommt das Wissen, dass nicht nur das Geschlecht, sondern auch die soziale Schicht, die ethnische Herkunft, mancherorts vielleicht noch die Familien- und Religionszugehörigkeit mitentscheiden, wie sich die Gesellschaft uns zeigt, wie sie uns prägt, welches Verhalten und Aussehen sie von uns erwartet.

Wie können wir frei leben?

Damit ist deutlich, dass das Thema nicht nur für Frauen, Bi-, Homo-, Inter- und Transsexuelle von Bedeutung ist, sondern schlicht für jeden von uns. Es geht letztlich um die wesentliche Frage, wie wir frei leben können, frei von den Erwartungen und Vorurteilen, die an uns herangetragen werden. Manche werden das nicht wollen, gar einen großen Widerstand dagegen verspüren. Aber auch diese Menschen werden sich wahrscheinlich eines Tages die Frage stellen: Wofür habe ich eigentlich gelebt? Was war der Sinn meines begrenzten Lebens hier auf dieser Erde, in dieser Gesellschaft?

Die Antwort ist wohl nicht, es allen immer Recht gemacht zu haben, beispielsweise so schön wie möglich, so angepasst wie möglich oder so arbeitsam wie möglich gewesen zu sein. Wenn man Sterbenden zuhört, wie es die Sterbebegleiterin Bronnie Ware getan hat, dann nennen diese ein Leben in Ehrlichkeit mit sich selbst; mit weniger Arbeit; mit dem Mut, seine Gefühle auszudrücken; mit mehr Kontakt zu den Freunden; und schließlich ein Leben, in dem man sich selbst erlaubt, glücklicher zu sein.

Von der Meinungs- zur Lebensvielfalt

Das heißt, selbst wenn jemand seine Geschlechtsidentität nicht hinterfragt, kann er sich doch die Frage stellen, inwiefern sie sein Leben geprägt hat und immer noch prägt. Der geborene Körper hat bestimmte Geschlechtsmerkmale – was daraus in der Gesellschaft gemacht wird, ist jedoch kulturell vermittelt. Hier scheint es zumindest auf den ersten Blick so, dass es heute wenige funktionale Gründe gibt, die Menschen entlang des Frau-Mann-Schemas zu unterscheiden. Die MIT-Philosophin Sally Haslanger schrieb hierzu einmal:

Es gibt viele verschiedene Arten menschlicher Körper; es ist nicht der Fall, dass es eine einzige ‘richtige’ Weise gäbe, sie zu kategorisieren, auch wenn manche Kategorisierungen für manche Zwecke nützlicher sein werden als für andere. Wie wir Körper kategorisieren kann politisch eine Rolle spielen und tut dies auch wirklich, denn unsere Gesetze, sozialen Institutionen und persönlichen Identitäten sind hochgradig mit dem Verständnis des Körpers und seiner Möglichkeiten verbunden. (Noûs, 2000, S. 51-52; Übersetzung S. Schleim)

Dass uns Intersexuelle mit ihrem Kampf um Gleichberechtigung zum Überdenken des bestehenden Schemas bringen, gibt uns interessanterweise die Chance, über den Einfluss gesellschaftlicher Rollenvorstellungen auf unser Leben ganz allgemein nachzudenken. Das heißt, es gibt uns auch die Chance, zu überdenken, was wir aus eigenem Antrieb tun und wann wir vor allem äußere Erwartungen erfüllen.

Toleranz und Meinungsvielfalt in Reaktion auf sinnlose nationale und Glaubenskriege sind ein Kennzeichen des Westens – und sie darf sich natürlich nicht nur auf Papier oder in Diskussionen, sondern auch in wirklicher Lebensvielfalt ausdrücken.

Hinweis: Dieser Beitrag erscheint parallel auf Telepolis – Magazin für Netzkultur.

Avatar-Foto

Die Diskussionen hier sind frei und werden grundsätzlich nicht moderiert. Gehen Sie respektvoll miteinander um, orientieren Sie sich am Thema der Blogbeiträge und vermeiden Sie Wiederholungen oder Monologe. Bei Zuwiderhandlung können Kommentare gekürzt, gelöscht und/oder die Diskussion gesperrt werden. Nähere Details finden Sie in "Über das Blog". Stephan Schleim ist studierter Philosoph und promovierter Kognitionswissenschaftler. Seit 2009 ist er an der Universität Groningen in den Niederlanden tätig, zurzeit als Assoziierter Professor für Theorie und Geschichte der Psychologie.

142 Kommentare

  1. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, dass das Bundesverfassungsgericht auch Inzest rechtlich mit der Heirat von Geschwistern sowie Eltern mit ihren Kindern legitimiert. Eine tolle Zukunft!!!

  2. @Schiffer: Inzestverbot

    Nunja, hierüber hat das Bundesverfassungsgericht erst 2008 geurteilt (hier die Pressemitteilung) und die Strafbarkeit nach § 173 Abs. 2 S. 2 StGB (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe) aufrecht erhalten.

    Diese gilt übrigens nur für leibliche und nicht etwa für Adoptivgeschwister.

    Aber damit ich Ihre Empörung besser nachvollziehen kann: Warum sind Sie denn der Meinung, dass einvernehmlicher Geschlechtsverkehr zwischen – sagen wir der einfachheit halber: erwachsenen – Familienangehörigen strafbar sein sollte?

    Der 2014 verstorbene Richter Hassemer, früher Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, hielt das Verbot übrigens für nicht verhältnismäßig und hat daher eine abweichende Meinung publiziert.

  3. @Schleim

    Inzest “… ist aber deren persönliches Problem.”!?

    Wenn man bedenkt, wie das System schon heute “die persönlichen Probleme” kontrolliert / verwertet, z.B. die genetische Struktur in Bezug auf Bewerbung für einen Arbeitsplatz, dann ist jegliche Freude über die Auflösung von herkömmlich-gewohnten Strukturen ziemlich …!? 😎

    Einige merkwürdige Gestalten des vorteils-/wettbewerbsbedingten Zeitgeistes für wenige, würden euch diese wenig vernünftige Entwicklung sicher auch als Evolution verkaufen!

  4. @Schleim

    “… strafbar sein sollte?”

    Ganz einfach: Weil unser System des nun “freiheitlichen Zusammenlebens” immernoch hauptsächlich bewusstseinsschwache Zeitgenossen produziert.

  5. Schade so zu argumentieren.

    Aepfel haben nun mal nichts mit Computermonitoren zu tun.

  6. Ich glaub, dass wir als Maenner uns auch gar keinen Gefallen tun das alles so hart und klar getrennt zu halten.

    Ich bin zwar gesellschaftlich betrachtet voellig durchschnittlich (als Mann) aber ich bin ja so wie ich bin gepraegt on unserer eigenen Gesellschaft.

    Mich stoehrt das jetzt nicht, dass ich keine Kleider shoppen gehe (ich mag shoppen nicht) aber es gibt eigentlich keinen Grund warum nur Frauen eine viel groessere und ganz andere Auswahl bei Kleidung haben als Maenner.

    Bei der ganzen Genderdebatte redet man immer nur von Femnazi, Frauenrechtlicher und Homosexuellen aber auch wir als Maenner sind gefangen.

    Alphagehabe, Hahnenkaempfe in der Arbeit, Anzug, Rueckhaltung bei Emotionen, eingeschraenkte Berufswahl etc.

    Waerend Frauen gefuehlt sich mehr richtung Asexualitaet entwickelt haben, sind Maenner eher hypersexuel. Auch scheise. ich kann mir als Mann z.B. viele Animes gar nicht mehr ansehen weil jemand denkt, das waere erwuenschenswert staendig auf die Hoesschen von den Hauptdarstellerinnen zu zeigen. Dass Mann vielleicht auch gerne Story haette, pah.

    Wir sollten eigentlich alle dran arbeiten um uns alle zu befreien oder zumindest die naechste Generation.

  7. Wo wir schon bei Gender sind, kommen wir doch mal zur Sprache, also Gendersprache.
    Ein niedlicher Lapsus oder Absicht (?): bei der Gebärmutter handelt es sich nicht um eine kleine gewindeträchtige Einrichtung für die Aufnahme von Schrauben (oder gar schraubenartige männliche Organe), sondern um ein weibliches Organ. Folglich handelt es sich beim Plural nicht um “Gebärmuttern”, sondern um “Gebärmütter”. (Zu finden unter “Philosophie der Geschlechtsidentitäten”, erster Absatz.)

  8. “Und wo, jenseits der Fortpflanzung, spielt es noch eine entscheidende Rolle, ob jemand Frau oder Mann ist?”

    Offenbar ist es 98% der Menschen wichtig, entweder Mann oder Frau zu sein. Die kulturelle Grenze zwischen Mann und Frau können in der Geschichte immer wieder anders gezogen worden sein, die Dichotomie scheint m.W. aber doch ein klarer Befund zu sein. Es gibt Epochen, wo die Differenz weniger betont wird (z.B. Barock), dann wieder Epochen, wo die Unterschiede deutlicher betont werden (z.B. 19. Jh.). Eine Auflösung der Dichotomie ist mir bei keiner Kultur bekannt.
    Ich vermute, es gibt ein natürlich bedingte Tendenz, dass sich Kinder und Jugendlich in der Regel zu einem Geschlecht bekennen, und damit auch zur entsprechenden Kultur des Geschlechts.
    Ohne es beweisen zu können, vermute ich, dass die Geschlechter und ihre jeweilige Kultur komplementär angelegt sind.

    “Der Widerstand hiergegen ist irrational: Schließlich wird niemand dazu gezwungen, seine eigene Geschlechtsidentität zu hinterfragen oder gar zu ändern.”

    “Gezwungen” wird keiner, nur seit Jahren massiv genervt von der inzwischen auch schon stereotypen Aufforderung in den Medien, “Geschechterrollen zu hinterfragen”. So etwas kann auch ein Gefühl der Verunsicherung erzeugen. Und warum soll das ständige Gerede davon, die Geschlechterrollen zu hinterfragen, nicht auch eine Konditionierung sein, wie die Spielzeugauswahl im Spielwarenladen für Kinder?

    Ob nun Rosa für Mädchen und Hellblau für Jungen oder umgekehrt codiert ist, ist eine reine kulturelle Mode, wohl nicht aber, dass es das Bedürfnis gibt, diese Unterscheidung zu treffen.

    Im Übrigen stehe ich voll hinter Entscheidung des Verfassungsgerichtes und finde sie sinnvoll. Die Anerkennung, dass es auch etwas anderes als eindeutig männlich und weiblich gibt, ist richtig und notwendig. Aber es betrifft eben nur 2% der Menschen.

  9. In der Praxis (des Westens) geht es darum, Frauen gleichzustellen und ihnen die gleichen Rechte (und Pflichten?) zu geben wie sie Männer schon immer hatten. Dieses späte Menschenrechts-Projekt strahlt auch auf andere Kulturen aus. Gerade kürzlich sah ich eine Diskussion über den Reformislam und Diskussionspartnerinnen waren unverschleierte Musliminnen, die Imaminnen werden wollten und die einen Reformislam vertraten. Sogar die saudiarabischen Herrscher denken nun über mehr Rechte für Frauen nach, was sich beispielsweise in der kürzlichen Aufhebung des Autofahrverbots niederschlug oder im Wahlrecht auch für Frauen. Eine Aufbebung der Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum ist allerdings in Saudiarabien nicht vorgesehen. Und auch nicht in anderen islamischen Ländern. Dass das vom Westen ausgehende Gleichstellungsanliegen auf andere Kulturen ausstrahlt, ist für mich aber ein Hinweis, dass die Bevorteilung des Mannes in der Gesellschaft auch in anderen Kulturen als ungerecht empfunden wird.
    Gleichstellung und Gleichberechtigung setzt dabei nicht einmal voraus, dass Frauen und Männer in jeder Hinsicht – ausser dem biologischen Geschlecht – gleich sind. Bis heute gibt es jedenfalls in vielerlei Hinsicht unterschiedliche Präferenzen bei Männern und Frauen, beispielsweise in Bezug auf den Berufswunsch oder in Bezug auf Partnerschaftsvorstellungen – allerdings nur im statistischen Mittel, nicht im Einzelfall.

  10. “Natur” ist materialisierte Logik. ALLES in der Natur hat eine Funktion, NICHTS ist Spielerei, NICHTS ist Dekoration.
    Das meiste, vom primitiven Werkzeug, wie Mund oder Hand, bis zum Rezeptor auf Zellebene, hat sogar mehrere Funktionen. Es gibt nur eines nicht in der Natur: KEINE Funktion. (Für soetwas hat ein kleines autarkes “Raumschiff”, das man auf eine Reise von mehreren Milliarden Jahren schickt, einfach keinen Platz).
    In der Natur gibt es für Lebewesen auch nur 2 Gesetze, denen sich alles andere unterzuordnen hat: “Sich selbst und die Spezies zu erhalten”.

    Wenn die Natur es als sinnvoll erachtet, die Gesamtgruppe von Mitgliedern einer Spezies in 2 Untergruppen, genannt “Geschlechter”, zu unterteilen, die über den Fortpflanzungstrieb biologisch aneinander gekettet sind, dann kann das nur einen logischen Grund haben:
    Die Natur erachtet bestimmte inherente Fähigkeiten und Anlagen, die zum Überleben einer Spezies notwendig sind, für so inkompatibel, dass sie sie nicht auf einem Individuum allein “parken” kann.
    Deshalb ist es logisch, den aggressiveren, physisch stärkeren, kämpfenden, mordenden und brandschatzenden Teil einer Spezies nicht mit den hilflosesten, kleinsten und wehrlosesten Exemplaren allein in einem Raum zu lassen. Schon die Logik gebiert es, Kleinkinder und Neugeborene denen zu überlassen, die ihnen durch geringere physische Stärke und höhere soziale Kompetenz weniger schaden können oder wollen. “Aggressivität” und “soziale Kompetenz” sind aber offensichtlich zwei Eigenschaften, die nicht ein und dasselbe Individuum in überlebensnotwendiger Stärke in seinen Genen niedergelgt haben darf. Also behilft man sich mit 2 getrennten “Geschlechtern”.
    Damit scheinen die inherenten Inkompatibilitäten aber schon erschöpft zu sein. Gäbe es mehr davon, hätte die Natur überhaupt kein Problem, 4, 5 oder mehr Geschlechter zu schaffen, und die über den Fortpflanzungstrieb wieder zu einer Überlebensgemeinschaft aneinanderzuketten.
    Das tut sie aber nicht. Genausowenig, wie wir uns über Mitose oder Meiose als geschlechtslose Einzeller fortpflanzen.
    Daraus folgt: bezüglich Geschlecht gibt es in der Natur genau zwei. “Null” und alles größer “zwei” sind evolutionäre Sackgassen, speziesbezogen nicht überlebensfähige Mutationen einer Spezies, niemals ein eigenes “Geschlecht”.
    Das hat mit “schlecht” wohlweislich nichts zu tun.

  11. “Gebärmuttern” – Danke, war weder mir noch dem Duden Korrektor aufgefallen; war jedenfalls keine Absicht. Gebärmuttern sind aber auch eine interessante Idee für ein anderes Mal. 😉

  12. @sigi: “…aber auch wir als Maenner sind gefangen.”

    Ja, auf so eine Schlussfolgerung wollte ich hinaus. Gefangen in Rollenmustern, Vorurteilen, stereotypischem Denken.

    Daher ist dieser Text auch unter der Hauptkategorie “Freiheit” gespeichert.

  13. @Stefan: nach-gedacht

    Offenbar ist es 98% der Menschen wichtig, entweder Mann oder Frau zu sein.

    Wobei wir aber nicht wissen, wie viel davon schlicht ein Ausdruck dieser Kultur ist und wie viel der eigene, reflektierte Wunsch.

    “Gezwungen” wird keiner, nur seit Jahren massiv genervt von der inzwischen auch schon stereotypen Aufforderung in den Medien, “Geschechterrollen zu hinterfragen”.

    Aber dabei geht es doch selten um so ein grundlegendes Hinterfragen, wie jetzt in meinem Text, oder? Die meisten Mainstream-Medien reproduzieren doch nur oberflächliches Wissen der Gender Studies.

    Aber es betrifft eben nur 2% der Menschen.

    Vin denen sich interessanterweise aber mehr als die Hälfte binär einordnen, wenn sie die dritte Alternative haben (laut einer australischen Studie, die immer wieder auf Wikipedia zitiert wird). Wir werden sehen, ob das so bleibt.

  14. @Holzherr: nach-gehakt

    …dass die Bevorteilung des Mannes in der Gesellschaft auch in anderen Kulturen als ungerecht empfunden wird.

    Gehen Sie denn mit, dass das nicht für alle Männer und alle Bereiche gilt? Denken wir an die ärmsten der Armen, nämlich die Obdachlosen; die Schwerstarbeit; die Landesverteidigung; die Lebenserwartung.

    Worauf ich hinaus will: dass es “den Mann” nicht gibt. Im Text schrieb ich ja erst, dass die Unterschiede innerhalb der Gruppe für die meisten Merkmale größer sind als zwischen den Gruppen.

  15. @Marx: nach-gefragt

    Das interessiert mich jetzt aber doch: Wenn Sie so argumentieren, wie viel Prozent Ihres tagtäglichen Lebens haben schätzungsweise mit Fortpflanzung zu tun? Und wie bewerten Sie es, dass Sie die übrigen Prozent nicht im Einklang mit der Funktion leben, die die Natur, wenn ich Sie richtig verstehe, für Sie vorgesehen hat?

  16. Stephan Schleim schreibt hier zwar über Deutschland, aber im Stil als spreche er über die Verhältnisse in der ganzen Menschheit, unabhängig von der Nation und Kultur, wie folgendes Zitat zeigt:

    Die traditionelle Rollenverteilung löst sich heutzutage mehr und mehr auf. Manchen geht das noch nicht schnell genug, andere sehen darin den Zerfall der Zivilisation. Die Zeiten, in denen beispielsweise nur Männer erben konnten, sind lange vorbei.

    Doch das gilt vor allem für Deutschland und den Westen, nicht aber etwa für den islamischen Raum. Die Scharia ist heute in vielen islamischen Ländern rechtswirksam und diese sieht zwar auch Frauen als erbbereichtigt an, doch sie erhalten nur die Hälfte dessen, was ein Mann erhält.
    Hier stellt sich also in Bezug auf Stephan Schleims Text die Frage, ob er über Deutschland und den Westen schreibt oder über ein Menschheitsprojekt mit ethisch/moralischen Forderungen für jede Frau und jeden Mann unabhängig von Land und Kultur.
    Allerdings scheint sich Stephan Schleim schon bewusst zu sein, dass er über den Westen schreibt, ist doch der letzte Satz:

    Toleranz und Meinungsvielfalt in Reaktion auf sinnlose nationale und Glaubenskriege sind ein Kennzeichen des Westens – und sie darf sich natürlich nicht nur auf Papier oder in Diskussionen, sondern auch in wirklicher Lebensvielfalt ausdrücken.

    Hier stellt sich allerdings die Frage was Toleranz und Meinungsvielfalt bedeutet: Bedeutet es, dass nebeneinander unterschiedliche Rollenvorstellungen koexistieren können bis hin zu einem Multikulturalismus, der verschiedenen Gesetzgebungen für verschiedene Bevölkerungsgruppen, erlaubt?

  17. @Schleim

    Diese Rollenmuster, Vorurteile und das stereotypische Denken hat eine ziemlich klare Ursache im System unseres “Zusammenlebens”, die ihr “braven” / karriere… Bürger, im klaren Rollenmuster mit dementsprechenden VORURTEILEN und …, stets systemrational ausklammert und zum Tanz um dem heißen Brei umgestaltet, womit alle Werte, wie Freiheit, Demokratie, Menschenwürde, usw., auch weiterhin nur in Anführungszeichen …!

  18. @Stephan Schleim (Zitat): Worauf ich hinaus will: dass es “den Mann” nicht gibt. . Im Westen gibt es den Mann und die Frau sehr wohl wie sich an der unterschiedlichen Werbung für Männer und Frauen, an für Frauen designten Autos (dabei kommt man mit dem Auto nur von A nach B), an unterschiedlichen Regeln für den Männer- und den Frauensport und an vielem mehr ablesen lässt. Die westliche Waren-und Angebotswelt hat die Unterschiedlichkeit von Mann und Frau über idealtypische (Werbe-)Bilder sogar sichtbarer als je gemacht und sie hat dazu beigetragen, dass sich immer mehr Menschen beispielsweise Schönheitsoperationen unterwerfen, die ihre Geschlechtsmerkmale meist verstärken und nur selten abschwächen. Zunehmender Wohlstand begünstigt auch Individualisierung und die Ausbildung eines persönlichen Stils und fördert die Tendenz nicht irgendeine Frau oder irgendein Mann zu sein, sondern eine Frau oder ein Mann mit einem bestimmten Aussehen und Stil. Mit anderen Worten: Einiges an der modernen Gesellschaft fördert sogar die geschlechtliche Differenzierung. Gleichzeitig aber fördert zunehmender Wohlstand aber auch die Gleichstellungsbestrebungen von Frauen, denn unterscheiden wollen sich die Menschen zwar schon voneinander, aber Rechte sollen sie als Wohlhabende/Wohllebende die gleichen haben.

  19. Ergänzung: This ‘Car For Women’ Designed By Cosmopolitan Is About A Billion Steps Backwards zeigt ein Auto für Cosmopolitain-Leserinnen und wird vom Cosmopolitain-Magazin in Bezug auf seine weibliche Käuferschaft so beworben (übersetzt von DeepL):

    Ihr Auto ist ein Ort für spontane Karaoke-Performances, kurzfristige Garderobenwechsel, dramatische Klatsch-Sitzungen und Notfall-Mittagessen-Stunden-Kips. Es macht also Sinn, dass es sich persönlich und speziell anfühlt – als ob es nur für Sie entworfen wurde.

    Singen, SichInSchickenGarderobenKleiden, Klatschen, DiätHalten werden in diesem Text dem weiblichen Geschlecht zugeordnet und das für dieses weibliche Geschlecht entworfene Auto muss das alles unterstützen.

  20. Ja ein sich selbst erfuellender Kreis den es einfach mal zu durchbrechen gilt.

    Wie waere es mit weniger ‘ist so’ und mehr ‘sollten wir mal hinterfragen und aendern’

  21. @Holzherr

    Es ist zwar populär von Toleranz und Meinungsvielfalt zu sprechen, aber in einem System von “Wer soll das bezahlen?” und “Arbeit macht frei”, ist das doch nur “Toleranz” und “Meinungsvielfalt” – Konfusion, Kommunikationsmüll, geistiger Stillstand!? 😎

    Diese Welt- und “Werteordnung” wird sich nicht durch unterschwelliges und intrigantes Verhalten zur wirklichen Wahrhaftigkeit wandeln!!!

  22. @Holzherr: kulturelle Unterschiede

    Ich schreibe natürlich aus der Perspektive “des Westens” – im Text finden Sie ja auch einen expliziten Hinweis darauf, dass sich die Länder unterscheiden (mit einer schönen, farbigen Landkarte, wenn Sie darauf klicken).

  23. @Thomas Marx

    Danke für diesen erheiternden Beitrag!

    ALLES in der Natur hat eine Funktion, NICHTS ist Spielerei, NICHTS ist Dekoration.« … 🙂 …zu lustig… )

  24. Ich denke, dass es noch nicht abschätzbar ist, welche Konsequenzen die Anerkennung der Auffächerung der Geschlechteridentitäten haben wird. Praktisch jede gesellschaftliche Entwicklung hält für manche Menschen positives und für andere Menschen negatives bereit.
    Die aktuelle Entwicklung und die dazu gehörende Debatte in den Leitmedien läuft zumindest in meiner Wahrnehmung immer wieder auf das folgende hinaus:
    Während bei Männern alles “weibliche” als positiv und Vorteilhaft eingestuft wird, wird alles “männliche” als toxisch und negativ beschrieben. Gleichzeitig versuchen immer mehr Frauen so zu werden wie Männer in der Vergangenheit sein sollten.
    Dieses Verhalten wird dann aber bei den Frauen als fortschrittlich und vorbildlich kolportiert.
    Auch wenn ich dem Autor recht gebe, dass es eher ein bipolares Spektrum gibt (wenn auch ein extrem polares), als ein binäres, führt diese Entwicklung dazu, dass die Jungen in unserer Gesellschaft abgehängt werden und diskriminiert werden. Praktisch jede Gesetzesverschärfung richtet sich gegen eher männliche als weibliche Verhaltensweisen. Was auch dazu führt, dass diese Debatte von sehr vielen Männer eher als Bedrohung denn als Bereicherung empfunden wird.
    Denn die Mehrheit der Männer fühlen sich nun mal in der heterosexuellen männlichen Rolle wohl. Diese wird gesellschaftlich angegriffen. Es ist also ein Angriff auf einen Großteil der Männer. Natürlich kommen gebildete wohlhabende Menschen mit Veränderungen besser zurecht als weniger begüterte. Daher wird diese Entwicklung vor allem bei den erst genannten begrüßt und bei letztgenannten abgelehnt.
    Was dazu führt, dass dies nicht nur ein Angriff auf das heterosexuelle männliche Geschlecht ist, sondern auch ein Angriff auf die sozial und wirtschaftlich schwachen.

    Das was der Autor schreibt, dass ja niemandem etwas genommen wird, ist schlicht nicht wahr. Alleine die Heftigkeit der Gegenwehr, sollte hierbei nachdenklich stimmen.

    Was gerne ignoriert wird, ist dass Männer und Frauen zum Teil sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben. Ob eine Gesellschaft gerecht ist oder nicht zeigt sich nicht darin, ob alle das gleiche Gehalt beziehen, sondern darin, ob möglichst viele Bedürfnisse von möglichst vielen Menschen befriedigt werden können. Eine ernsthafte Debatte darüber, habe ich bis jetzt nicht wahrgenommen.

    Die Einseitigkeit der Debatte in den Leitmedien zeigt sich auch an einem anderem Punkt: Die Frage des Gender-pay-gaps ist oder andere Frauenspezifische Probleme werden immer wieder und bis zum Exess durch die Medien getrieben. Aktuelles Beispiel ist #metoo und die Reaktionen darauf.
    Aber gab es in dieser Zeit auch nur ein spezifisch männliches Problem das auch nur ansatzweise in dieser Heftigkeit thematisiert worden ist? Wie zum Beispiel die deutlich höhere Selbstmordrate von Männern und Jungen? Oder die 20 fach höhere Inhaftierungsrate? Oder die einseitige Rechtslage beim Sorgerecht? Es gibt etliche Probleme die Männer deutlich häufiger betreffen als Frauen. Aber diese werden dann praktisch immer als Whataboutism delegitimiert.

    Ich bin gerne für Gleichstellung und Gleichberechtigung zu haben. Aber dabei müssen die Bedürfnisse beider Hauptgeschlechter als gleichberechtigt und gleichwertig anerkannt werden. Alles andere ist sexistisch.

  25. Ein drittes, viertes, fünftes,… Geschlecht passt eigentlich gut in unsere Waren- und Konsumwelt als zusätzliches Mittel zur Differenzierungung, zur Sinngebung und Abhebung von der breiten Masse. Denn gehobener Konsum dient wie schon bei den Adligen vergangener Zeiten auch dazu, sich selber zu definieren, sich selber zur Marke zu machen – und was könnte dazu besser geeignet sein als ein selbst definiertes Geschlecht. Wenn man das Geschlecht aber als Differenzierungsmittel sieht, dann bedeutet es eben nicht, dass die Geschlechtsunterschiede tendenziell verschwinden werden, sondern eher, dass Geschlechtsunterschiede in Zukunft einen spielerischeren Charakter haben werden. Im Sinne von: Ich spiele jetzt mal diese Art von Frau/Mann oder von Geschlecht X und zwar ohne dass ich damit irgendwelche Einschränkungen hinnehmen will, die mit der von mir angenommenen Geschlechterrolle früher einhergingen. Zudem: jederzeit in eine andere Rolle schlüpfen zu können wird ja typischerweise als Zeichen der Freiheit gesehen.

  26. “Worauf ich hinaus will: dass es “den Mann” nicht gibt. Im Text schrieb ich ja erst, dass die Unterschiede innerhalb der Gruppe für die meisten Merkmale größer sind als zwischen den Gruppen.”

    Bis zum Ende des 20ten Jahrhundert gab es eine ganze Menge Studien, die zeigten wie groß die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind. Immer wieder wurden deutlich Unterschiede gefunden. Dann kam immer deutlicher die Gender-Ideologie in den Vordergrund. Plötzlich sind diese alten Studien alle schlecht und nur die neuen, die angeblich keine Unterschiede mehr feststellen können (wollen) gelangen an die Öffentlichkeit. Ein wenig unglaubwürdig ist dies schon, meinen Sie nicht?
    Um so unglaubwürdiger, wo es praktisch allen eigenen Erfahrungen widerspricht, die alle darauf hindeuten, dass die Verhaltensunterschiede nicht klein und unbedeutend sind sondern das genaue Gegenteil.
    Ein weiterer Grund warum ich der Genderforschung nur geringes Vertrauen entgegen bringe ist, dass heterosexuelle Männer in dieser Forschungsrichtung praktisch nicht vertreten sind. Was aber in der Soziologie erforscht wird ist sehr stark vom Blickwinkel des Forschenden abhängig. Fehlt der heterosexuelle männliche Blickwinkel, ist diese Forschung für mich wertlos. Denn ich fühle mich von dieser Forschungsrichtung nicht vertreten. Die wissenschaftlichen “Wahrheiten” die dort produziert werden, sind nicht meine Wahrheiten.

  27. @Balanus

    Was ist denn daran so erheiternd???

    Von der materialistischen Seite her hat er doch recht. Und wenn ich bedenke auf welche “Werte” die “Perspektive des Westens” / die Leitkultur im “Recht des Stärkeren” des nun “freiheitlichen” Wettbewerb um … basiert, dann wundert mich das auch nicht, sondern macht es mich eher sauer, auf die Profitler dieses konfusionierenden Systems.

    Wir leben in einer Zeit des ignorant-arroganten Zeitgeistes, der denkt es wäre Vernunft die uns leitet, selbst wenn die destruktive Auflösung unserer Menschlichkeit immer deutlicher wird, bevor wir überhaupt …

  28. Völlig richtig argumentiert – es geht um eine Durchsetzung der Interessen einer verschwindenden Minderheit am Parlament vorbei durch Lobbyisten. Das ist mehr als besorgniserregend. Auch die Argumentation, das sei jetzt eben der neueste Stand der Wissenschaft (vorher gab es keine Intersexuellen, Tuner-Syndrom-Leute ??) und “davon gehe das Abendland nicht unter” (Autor Schleim) ziehen hier nicht. Statt Schleimspurfahren wäre eine klare Kritik an den korrupten Verfassungsrichtern am Platz gewesen.

  29. Dann mal eine Gegenfrage: Wieso sollte denn Polygamie oder Sodomie, Inzest oder schlicht ein Kegelclub nicht auch als eingetragene Lebensgemeinschaft denkbar sein, das wäre doch wirklich erst “Ehe für alle”. Die Frage wäre natürlich auch, wer dann in Zukunft noch so blöd sein wird, Kinder grosszuziehen, währenddessen auf Gehalt zu verzichten, damit bei der Verrentung dann andere, Kinderlose, von meinen Kindern ihre höhere Rente / Pension bezahlt bekommen ? Vermutlich noch weniger als heute schon. Das heisst im Umkehrschluss aber auch, dass traditionellere Gesellschaften in Arabien oder Afrika darwinistisch den “hochentwickelten” westlichen haushoch reproduktiv überlegen sein werden.

  30. Wir Männer sind vor allem gefangen darin, dass wir diesen Femischrott nachsprechen sollen, unsere eigenen (v.a. reproduktiven) Interessen vergessen – – und wenn nicht, als Nazis, hatespeecher, Rechte etc. verunglimpflicht werden.

  31. Ich sags mal mit großen Bob Marley:
    “Emancipate yourselve from mental slavery
    None but ourselves can free our minds”
    LG, Gerhard

  32. Och, MArx, wie süss … Deshalb ist es logisch, den aggressiveren, physisch stärkeren, kämpfenden, mordenden und brandschatzenden Teil einer Spezies nicht mit den hilflosesten, kleinsten und wehrlosesten Exemplaren allein in einem Raum zu lassen. Schon die Logik gebiert es, Kleinkinder und Neugeborene denen zu überlassen, die ihnen durch geringere physische Stärke und höhere soziale Kompetenz weniger schaden können oder wollen. “Aggressivität” und “soziale Kompetenz” sind aber offensichtlich zwei Eigenschaften, die nicht ein und dasselbe Individuum in überlebensnotwendiger Stärke in seinen Genen niedergelegt haben darf.

    Da ist Ihre Phantasie mit ihnen durchgegangen, und vermutlich ihre Gendersozialisations (alleinerzogen? evang. Pfarrer?) Dass man Männer nicht mit Kleinkindern alleinlassen kann ist Genderideologie pur, hat mit der Realität nichts zu tun. Männer reproduzieren sich wie Frauen zu etwa 50% in ihren Kindern und haben an deren Überleben einen gleichhohen Anteil, auch wenn sie hierzu verschiedene Strategien verfolgen. Ich empfehle Ihnen Voland, Soziobiologie zu lesen: Male competition vs. female choice hat nun wirklich nichts mit “morden und brandschatzen” zu tun, das passt er in Hollywoodfilme oder auf Femiseminare.

  33. @hto

    »Was ist denn daran [an Thomas Marx’ Kommentar] so erheiternd??? «

    Eigentlich fast alles. Ich muss immer noch lachen, wenn ich ihn Revue passieren lasse (ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es beabsichtigt war, Erheiterung auszulösen).

    Wenn „ALLES in der Natur eine Funktion [hat]“, wie @Thomas Marx schreibt, dann ja wohl auch die zwei Prozent der Menschheit, die sich nicht in das Zwei-Geschlechter-Schema pressen lassen.

  34. @Günter Buchholz

    Der Biologe Prof. Dr. Ulrich Kutschera hat, wie es bei Biologen fast immer der Fall ist, zweifelsohne recht: Es gibt nur männliche oder weibliche Keimzellen—und nichts dazwischen.

  35. Das war natürlich etwas überspitzt, ich habe vergessen “Ironie aus” zu schreiben, ich dachte, das merkt man auch so.
    Das dürfen Sie deshalb nicht wörtlich nehmen und sein Sie nicht so aggressiv, sonst sag’ ich’s meiner Mama!

  36. @Balanus

    Mit der Definition eines dritten Geschlechts, bewegen wir uns nicht mehr in der Natur – die “Natur des Menschen” aber, die sich NATÜRLICH (wie selbstverständlich?) UNABÄNDERLICH im “gesunden” Konkurrenzdenken des “freiheitlichen” Wettbewerbs befindet, macht es sich mal wieder MERKWÜRDIG einfach!?

  37. Nennen Sie mir irgendetwas in der Natur, dass sinnfreie Spielerei, nutzloser Zierrat ist. Ich bin gespannt.

  38. Muss eine Krankenschwester oder ein Maurer, die sich durch ihre Arbeit an der Erhaltung der Spezies Mensch verdient machen, am laufenden Bande fortpflanzen?
    Kann Fortpflanzung , zum Beispiel durch Überbevölkerung, nicht auch Schaden anrichten?

    Ich habe nirgendwo gesagt, dass man dauernd hoppeln muss, wie die Karnickel.

    Aber nennen Sie mir irgendetwas, das nicht zur Erhaltung unserer Art oder unserer Selbst dient: “Lust” dient der Arterhaltung, “Hunger” und “Durst” der Erhaltung der Integrität des eigenen Individuums.
    Soziale Strukturen, das Recht, die Ethik und die Religionen dienen letztendlich dazu, dass man sich nicht gegenseitig ausrottet.

    Das heiß für mich: den beiden Prinzipien, “sich selbst und die eigene Spezies zu erhalten”, ordnet sich der ganze Rest unter.
    Beweisen Sie mir das Gegenteil.

    Eine Rolle spielt das zum Beispiel beim “Ödipuskomplex”, den es meiner Meinung nach nicht gibt, jedenfalls nicht physiologisch.
    Das ist gegen die Logik der Natur. Mit so etwas spielt die Natur nicht. Auch die allerkleinste Chance, dass ein paar Halbstarke Erfolg bei ihren Bemühungen hätten, könnte über die ganz lange Distanz zum Aussterben einer Spezies führen.
    Warum sollte die Natur so etwas machen?
    Hier hat Freud einen pathologischen Mechnanismus mit einem physiologischen verwechselt. Wie soll man als Erstentdecker auch wissen, was “normal” ist, und was nicht.

  39. Diese “dritten” oder “vierten” oder “fünften” “Geschlechter sind ja nicht 24 Stunden am Tag damit beschäftigt, sich über ihr “Gender” Gedanken zu machen.
    Die haben ja auch Beschäftigungen, Berufe oder leisten andere sinnvolle Beträge zur Erhaltung unserer sozialen Systeme und damit zur”Arterhaltung” (und wenn sie “nur” Konsumenten sind).
    Deren Beitrag zur Erhaltung dieser Spezies ist eben etwas anderes als “Fortpflanzung”. Es muss ja auch nicht jeder Krankenschwester oder Maurer sein. Wir leben in einem sozialen System, da kann man Dinge delegieren.
    Oder wollen Sie behaupten, Homosexuelle leisteten keine sinnvollen Beiträge zur Gesellschaft, nur weil sie homosexuell sind?
    Das ändert aber nichts an den Grundprinzipien der Natur. Und dazu gehören zwei Geschlechter.
    Was man heute mit dem Begriff “Geschlecht” belegen will, hat man früher als “Spleen”, “Macke”, “Interessengruppe”, “Geheimgesellschaft” oder “Herrenfussballverein” bezeichnet.
    DAS ist das Problem.

  40. Ja, man verordnet ein neues Gesetz, dann haben vor allem die, denen man heute den Spleen, die Macke, das ewig GESTRIGE, usw. zuordnen will, wieder ihre Ruhe und das “Problem” kann sich, wie die zeitgeistlichen Reformierer, weiter in … austoben.

  41. Wir leben ja nicht in einem Land , fern von Europa, sondern wir leben in der EU.
    Also, egal , wie die Regelung aussieht, sie sollte im Einklang mit unseren EU-Partnern erfolgen.

  42. @Thomas Marx

    »Oder wollen Sie behaupten, Homosexuelle leisteten keine sinnvollen Beiträge zur Gesellschaft, nur weil sie homosexuell sind? …«

    Bitte nicht das Thema wechseln. Es geht darum, dass Sie behauptet haben, ALLES in der Natur habe eine Funktion. Jetzt sagen Sie mir bitte, welche Funktion z. B. die Homosexualität (als solche) hat. Das Homo- ebenso wie Heterosexuelle wertvolle Beiträge zum Erhalt einer Gesellschaft leisten können, ist ja sonnenklar.

    Welchen Zweck erfüllen die Ohrläppchen? (außer, dass man Ringe dranhängen kann).

    Welchen Zweck erfüllt der Darwin-Höcker? Welchen blaue Augen, oder blonde Haare?

    (Bitte verwenden Sie nicht die Antwortfunktion. Hier auf dem Blog wird dankenswerterweise die rein chronologische Abfolge der Kommentare favorisiert.)

  43. @ Stephan

    Ich entnehme Deinem Text vor allem zweierlei: Das Abendland wird nicht untergehen, und die angestrebte Überwindung der Geschlechterunterschiede geschieht im Namen der Freiheit. Nun werde immer skeptisch, wenn mich jemand „befreien“ will von etwas, woran ich gar nicht leide. Der Kampf gegen die Geschlechterstereotype, wie es ja immer bezeichnet wird, ist doch bekanntermaßen vornehmlich ein Projekt erstens von Frauen und zweitens von überwiegend lesbischen. Das lässt natürlich aufhorchen, wessen Interessen damit gedient werden soll. Nach meiner Einschätzung ist die Ursache vor allem ein Unbehagen dieser relativ kleinen Klientel an der gegebenen Normalität („Zwangsheteronormativität“, wie das einschlägige Wortungetüm lautet). Die dabei angewendete Denkfigur ist so einfach wie aberwitzig: Man setzt den ganzen Rest der Welt ins Unrecht und dichtet ihm an, ihre wahrgenommene Identität wäre nur eine Konstruktion, die auflösbar sei und auch aufgelöst werden solle: Im Namen der angeblichen Freiheit des Individuums und der Gerechtigkeit. Hier verbinden sich also Interessen homosexueller Frauen mit dem feministischen Projekt der Patriarchatskritik, welche grundsätzlich eine Opferliteratur darstellt. In einem größeren Rahmen betrachtet ist es eine Facette des westlichen historischen Trends zur Auflösung von Grenzen, Hierarchien und Unterschieden, welche spätestens im 18. Jhd. Fahrt aufgenommen hat. Man muss das nicht begrüßen, denn damit geht ein dramatischer Abbau kultureller Höhe einher, bis alle nur noch vereinzelte Subjekte sind, und damit Sklaven eines kalten ökonomischen Systems. In einer echten Kultur werden Unterschiede gemacht, es gibt Werktage und Feiertage, es gibt Sakrales und Profanes, es gibt das Eigene und das Andere, klug und dumm, es gibt Hochstehendes und Triviales, und, ja, es gibt auch Herr und Knecht. Dass wir dies nicht mehr beim Namen nennen wollen, ändert dabei nichts an der Tatsache. Wenn Unterschiede gemacht werden, gibt es immer Betroffene, für die das bitter ist. Wenn alle Unterschiede bestritten bzw. unsichtbar gemacht werden sollen, dann ist der Preis dafür eine unsägliche Banalität des Daseins. Wenn hier mit Freiheit argumentiert wird, dann ist das in meinen Augen eine Mogelpackung, denn in Wahrheit geht es um Gleichheit, welche mit äußeren Zwangsmaßnahmen und erzieherisch erzeugt werden soll (An dieser Stelle die Nebenbemerkung: Es sind dieselben Köpfe, die einerseits Gleichheit und andererseits „Vielfalt“ und „Buntheit“ fordern). Dafür gibt es unzählige Beispiele, drastisch etwa die Abschaffung der geschlechtsspezifischen Ansprache in machen schwedischen Schulen und Kindergärten. An solchen Orten wird tabuisiert, dass die allermeisten Kinder sich aktiv und freiwillig mit ihrer Geschlechtsidentität und der damit verbundenen Rolle identifizieren. Da muss man nur Jugendliche auf dem Schulweg beobachten um Zeuge zu werden, wie sich die verhassten Stereotype immer wieder spontan bilden.

    Was hier ärgerlich ist, ist das ungefragte Eingreifen in die Entwicklung der Selbstwahrnehmung. Es ist eine abstruse Idee, dass über gewisse pathologische Fälle hinaus Geschlechteridentität der Beliebigkeit unterworfen wäre. Ein Blick auf die Kulturen und auf die Geschichte belegt doch, dass etwa die Arbeitsteilung erstaunlich konstant ist. Da der Mensch in gewisser Weise frei ist, bleibt es auch nicht aus, dass sich Sonderformen ausbilden, aber im Wesentlichen organisieren Gesellschaften ihre Geschlechterordnung in sehr ähnlicher Weise. Dies wird umso deutlicher, wenn man es in Kontrast setzt zu Herrschaftsformen oder Gesellschaftsordnungen: Hier ist eine schier unendliche Bandbreite gegeben, was ein Hinweis darauf ist, dass wir hier weit weniger von der Natur bestimmt werden.

    Auch wenn das Abendland nicht untergeht mit der Einführung eines dritten möglichen Eintrags im Ausweis, so haben wir es dennoch mit einer Veränderung zu tun in Hinblick auf das Menschenbild, das in unserer Gesellschaft leitend ist. Ich selbst verstehe mich in der Hinsicht als Konservativer, als ich glaube, dass eine Gesellschaft sich am besten entwickelt, wenn sie ihre Sitten, Traditionen und Überzeugungen aus sich selbst hervorbringt. Wertvolle Errungenschaften sind dabei der Rechtsstaat und Prinzip der Solidarität. Die andere Variante, Menschen und Gesellschaften am Reißbrett zu erfinden, geht fast hundertprozentig schief. Es wird schon seinen Grund haben, wenn die Zweigeschlechtlichkeit das absolut leitende Modell ist.
    So, nun bin ich mit Sicherheit etwas über das Thema hinausgegangen, aber es scheint mir zu kurz gedacht, es nur aus dem Blickwinkel des Wohlbefindens von vielleicht zwei Zehntausendstel unserer Bevölkerung zu betrachten.

  44. @Balanus;
    … Und die Brustwarzen des Mannes dienen nur der Dekoration. Die komplexe Natur des Lebens kennt keine scharfen Grenzen, selten ein entweder-oder, sondern meist Toleranzen, fließende Übergänge und dergleichen. Die Geschlechter haben spezifische, biologische Merkmale, aber es gibt eben auch ein dazwischen, weil das Geschlecht ein kompliziertes und präzise koordiniertes Bündel von Eigenschaften und Funktionalitäten ist. “Fehlentwicklungen” – als Abweichungen von einem fiktiven Standard – im Verlauf eines Lebens gehören zur Komplexität des Lebens selbstverständlich dazu und sind alltäglich beobachtbar. Manche werden toleriert, andere dagegen werden irrational bekämpft, oftmals mit der Begründung über traditionelle Moralvorstellungen.

    Es ist erschreckend, wieviele sachfremde und unsachliche Kommentare hier zu lesen sind, sei es aus Unwissenheit oder ideologischer Borniertheit. Das ist nur psychologisch erklärbar. Es geht nicht um eine Revolution der Kultur, es geht nicht um eine Manipulation oder Umerziehung der Gesellschaft, es geht nicht um die Abschaffung der zwei Geschlechter, es geht einzig und allein um eine Anerkennung der Fakten einer differenzierten Zwischengeschlechtlichkeit und ihrer Konsequenzen für die Betroffenen. Herr Schleim hat das sehr zutreffend und nüchtern dargestellt.

  45. @fegalo: verdreht und Selbstreflexion

    Danke erst einmal für die Mühe, dein Denken in diesem ausführlichen Kommentar zu präzisieren.

    Mir kommt das aber etwas verdreht vor: Ich will Menschen allenfalls dazu einladen, über ihre Geschlechtsidentität, insbesondere aber über die damit verbundenen Rollenvorstellungen zu reflektieren.

    In der vergangenen Welt, über die du schriebst, in der angeblich die Männer die Herrschaft hatten (korrekt ist: manche adlige Männer; manchmal auch Frauen), war es für die meisten Männer üblich, für Pflicht und Vaterland zu sterben, Funktion stand über der Person. Die Soldatengräber zeugen davon noch heute. Wann wäre so etwas von Frauen verlangt worden? Frauen und Kinder wurden doch immer zuerst gerettet.

    In diesem Zusammenhang verweise ich noch einmal auf den Artikel im Grundgesetz über Zwangsdienst für Männer und erinnere ich an die Forderung der Frauenbewegung: “Mein Körper gehört mir.”

    Mit anderen Worten: Wessen Leben lebt man hier überhaupt? Wenn Leben, wenn nicht das Eigene? Dabei geht es nicht nur um die Geschlechtsrolle; die ist aber ein guter Einstiegspunkt für die Reflexion, weil sie noch am ehesten sicht- und greifbar ist.

  46. @Buchholz: Kutschera und Geschlechtsidentitäten

    Ich habe den Artikel gelesen.

    Er übergeht die wesentliche Frage, ob mit den Geschlechtsangaben in Dokumenten ein rein biologisch verstandenes Geschlecht oder eine breiter verstandene Geschlechtsidentität gemeint ist.

    Wenn das entscheidende Kriterium ist, ob ein Körper Eizellen oder Spermien produziert, dann wären alle Männer mit entsprechenden Erkrankungen oder Verletzungen und alle Frauen nach den Wechseljahren eigentlich Intersexuelle.

    Das scheint mir nicht logisch.

  47. @fegalo;
    Woher kommt denn das “absolut leitende Modell der Zweigeschlechtlichkeit”? Von der Natur kommt es nicht, denn diese kennt ganz offensichtlich eben auch differenziertere Geschlechtlichkeiten. Die Kulturgeschichte ist dafür kein Maßstab, denn Kultur stammt vom Reißbrett. Es ist allein Ihre unbegründete und stumpfsinnige Behauptung, mit der Sie Ihren Kampf gegen die Fakten rechtfertigen und führen wollen.

    Auch wenn die Betroffenen nur eine Minderheit sind, haben sie das Recht auf die Anerkennung ihrer Geschlechtlichkeit, genauso wie Behinderte oder andere Menschen, die biologisch von der großen Mehrheit abweichen, einen Anspruch auf Würde, Gleichberechtigung oder Gleichstellung haben. Genau das gebieten der Rechtsstaat und die Solidarität. Sie sollten Ihr antiquarisches Weltbild gründlich überdenken.

    Im übrigen ist es ein grobes Missverständnis der Evolutionslehre, die Fortpflanzung zur Arterhaltung als Ziel der Evolution zu deklarieren. Mit diesem Argument dürfte es Abweichungen von der “normalen” zweigeschlechtlichen Sexualität gar nicht geben!

  48. @ Stephan

    Deinen Punkt habe ich glasklar verstanden, und versuche nur dagegen geltend zu machen, dass der Freiheits- und Selbstbestimmungsaspekt hier mit dem Aspekt der Kultur kollidiert, und da ist gar nicht vorgegeben, welchem man den Vorrang geben sollte. Sehr wohl bemerke ich, dass das Kulturelle hinter dem Anliegen der Selbstbestimmung heutzutage zurückgedrängt wird. Ich will gar nicht bestreiten, dass auch ich in meinem täglichen Leben überwiegend praktizierender Hedonist bin, aber in meinem geistigen bin ich es vielleicht noch nicht ganz.

    Du schreibst:
    Wessen Leben lebt man hier überhaupt? Wenn Leben, wenn nicht das Eigene?

    Ich antworte mit Cicero: homo non sibi soli natus est, sed patriae et suis.
    (Der Mensch ist nicht nur für sich selbst geboren, sondern für das Vaterland und für seine Familie.)

    Wir sind eben eingebunden in einen Zusammenhang der Gesellschaft, der Verwandtschaft, der Freunde, und daraus ergeben sich natürliche Verpflichtungen. Und genau hierin liegt eine wesentliche Quelle der Erfahrung von Lebenssinn, im Unterschied zum bloßen hedonistischen Selbstverbrauch der eigenen Lebenszeit.

    Ich glaube nicht, dass wir innerhalb einer Gesellschaft herauskommen aus Rollen und Funktionen. Umso wichtiger ist es doch, dass wir es zulassen, dass sie sich jeweils ausstatten mit Stolz, Wohlgefühl und Anerkennung, und so entwickelt es sich auch einer Kultur. Das Gegenmodell ist, all das zu zerschlagen im Namen einer abstrakten Vorstellung von Gleichheit.

  49. Bitte verzichten Sie auf einen beleidigenden Stil. “Unbegründet” ist eine inhaltliche Kritik; “stumpfsinnig” nicht.

    Auch jemandem, der sich hier immerhin offen und mit Argumenten der sachlichen Diskussion stellt, ein “antiquarisches Weltbild” zu unterstellen, entspricht nicht dem guten Ton.

  50. @fegalo: Kultur und Autonomie

    Cicero war nicht nur Philosoph, sondern auch Staatsmann und Herrscher. Wenn so jemand von der Verpflichtung gegenüber Familie und Vaterland schreibt, dann hat er offensichtlich einen Interessenkonflikt – immerhin geht es auch um eine Verpflichtung gegenüber ihm.

    Die Römer haben wohlwahr ihre Zivilisation verbreitet; aber auch mit zahllosen Kriegen. Krieg ist die Geißel der Menschheit und setzt voraus, dass es Völker, religiöse Gruppen usw. gibt, die sich als getrennt voneinander und als Feinde sehen. Ich betone dahingegen die Gemeinschaft aller Menschen. Dass man dieser Gemeinschaft gegenüber Verpflichtungen hat, ist für mich selbstverständlich; diese bestehen aber nicht darin, für einen Teil von ihr in den Krieg zu ziehen.

    Du spielst Kultur und Selbstbestimmung gegeneinander aus; dabei ist die Autonomie im Sinne der Aufklärung fester Bestandteil unserer Kultur. Deren Gedanken gewährleisten, dass wir hier als vernünftige Menschen in Freiheit unsere Ideen miteinander austauschen können, wie es etwa Popper mit seinem kritischen Rationalismus oder Habermas mit seiner Diskursethik weiter ausformuliert hat.

  51. @Schleim

    Es gibt kein richtiges / kein eigenes Leben im falschen – Mensch bedeutet ALLE, als eigenes!

    Gewinner & Verlierer, arm & reich, Herr & Knecht, vor diesem falsch gestalteten Verantwortungsbewusstsein als Mensch werde ich niemals kapitulieren.

  52. @Schleim

    “… diese bestehen aber nicht darin, für einen Teil von ihr in den Krieg zu ziehen.”

    Der nun “freiheitliche” Wettbewerb und seine globalisierende Symptomatik des “gesunden” / “vernünftigen” Konkurrenzdenkens ist aber auch schon Krieg!

    Die Differenzierungen des “aufgeklärten” Wohlstands- und Gewohnheitsmenschen sind doch sehr heuchlerisch!?

  53. @hto: Krieg

    Ich sehe da schon einen qualitativen Unterschied zwischen einem Krieg mit mörderischen Waffen oder einen Konkurrenzkampf um Wohlstand.

    Es ist ein Zeichen unserer Zeit, alles so zu dramatisieren; alles ist Krise, alles ist Skandal. Die Koalitionsverhandlungen sind gescheitert? Na und! Manche Probleme werden erst herbeigeschrieben.

  54. @fegalo: persönlich

    Ohne dir zu nahe treten zu wollen und ich kann mich freilich auch irren, doch ich kriege den Eindruck, dass du hier vielleicht so hart reagierst, weil du dir selbst ein Leben jenseits der Erwartungen anderer nicht gegönnt hast. Kann das sein? Und es ist übrigens nie zu spät, damit anzufangen.

  55. @Schleim

    “qualitativer Unterschied”

    Mit der “Entwicklungshilfe” kommen gleichzeitig die Waffenlieferungen – man sollte NOCHMAL nachzählen, wie hoch die Zahlen der Toten durch absolut vermeidbaren Hunger, Krankheit, Armut in “Friedenszeiten” ist!?

    Diese Welt- und “Werteordnung” im TITTITAINMENT (seit 1996 neues Wort für Brot & Spiele) ist im GLEICHBLEIBENDEN Verhältnis von 1:5 (1 für Wohlstand!) der Weltbevölkerung definiert – wer das noch als gesunden Konkurrenzkampf empfindet, der …!?

  56. @hto: Ich habe den Eindruck, dass Sie immer und immer wieder dieselben Punkte machen – und zwar schon seit geraumer Zeit.

    Dass unser ökonomisches System viele Schattenseiten hat, ist tragisch; aber es ist eher am Rande nur ein Thema dieses Blogs.

  57. Mir ist das völlig egal. Sollen sich die Leute doch nennen wie sie wollen.
    Aber wier spreche ich die denn an? Mehrfach zig Mails am Tag zu verfassen ist nunmal Alltag vieler. Sehr geehrtes Wesen Musterneutrum?
    Wie werden Websites denn aufgebaut? Bekleidung -> Männer, Frauen & Andere?
    Ich sehe mehr ein Problem im Umgang damit, als von der Akzeptanz.

  58. @Schleim

    “… schon seit geraumer Zeit.”

    Tja, die Wahrheit bleibt immer und immer wieder am Rand. Manchmal gelingt es mir wenigstens, euch Surfer auf dem Zeitgeist so zu stören, dass ihr die drei Affen 🙈🙉🙊 vergesst und … 😎

  59. @J.H.: Vorschläge

    Sehr geehrte Damen, Herren und andere Personen…
    Sehr geehrte Interesexuelle…
    Liebe Menschen…

    Schwieriger wird es bei den Pronomina: er, sie… sein, ihr… Wir dürfen auf Vorschläge gespannt sein.

    Aber noch einmal grundlegender: Warum gibt es überhaupt getrennte Abteilungen für Frauen- und Männerkleidung?

  60. @Schleim

    “Warum gibt es überhaupt …”

    Weil Mensch lieber in der konfusionierten Spaltung des “Individualbewusstseins” lebt, weil er somit die imperialistische Hierarchie lebt/spielt und den daraus resultierenden Kommunikationsmüll liebt, so dass wirkliche Wahrhaftigkeit Utopie in UNWAHRHEIT bleibt 😎

  61. Zum Thema Utopie, kann ich euch das Buch “Planet der Habenichste”, bzw. wie es auch heißt: “Die Enteigneten”, von Ursula K. Le Guin empfehlen. Die Hauptfigur ist übrigens ein theoretischer Physiker 😎

  62. @ Stephan

    mein Leben jenseits der Erwartungen anderer…

    Lieber Stephan, Du könntest falscher nicht liegen. die Wahrheit ist, dass ich mit zunehmendem Alter einen Blick dafür bekommen habe, dass die grenzenlose Emanzipation von allen Grenzen und Strukturen eine hässliche Kehrseite hat. Eine gewisse kulturelle Höhe ist anstrengend, aber es lohnt sich. Ich will an dieser Stelle nur diese Perspektive etwas geltend machen.

  63. Evtl. wegen des etwas anderen Körperbaus? Schlanke Männer mit voluminösen Vorbau sind doch eher selten. Bei Frauen sieht das doch anders aus. Es gibt doch auch eigene Abteilungen für Kinder und manchmal auch für Übergewichtige.

  64. @fegalo: (Kehr-) Seiten

    Du bist hier auch willkommen, hier diese Perspektive geltend zu machen.

    Mir ist aber immer noch nicht klar, worin der Vorteil deiner “kulturellen Höhe” und worin der Nachteil der “grenzenlosen Emanzipation” bestehen soll.

    Was ich in den mir bekannten Gesellschaften im Westen vor allem sehe ist, dass sich Menschen an ihren Verpflichtungen kaputtarbeiten (Arbeit, Familie, Pflege…). Ich sage nicht, dass das alles verkehrt ist, sondern dass man sich die Frage stellen soll: Wofür tu ich das alles? Und für wen? Und muss das alles so sein? Wer oder was kommt dabei zu kurz (siehe die Beispiele von Bronnie Ware oben)? Was kann ich vielleicht loslassen? Wer bzw. was kommt auch ohne mich ganz gut zurecht?

    Nicht unreflektiert das Leben mit Dingen füllen, die man tut, “weil das alle so tun” oder “weil das immer so getan wurde”.

  65. @ Stephan

    „der Vorteil deiner “kulturellen Höhe”…“

    Die Frage finde ich doch reichlich seltsam. Sie kommt mir vor wie die Frage „Was hast du eigentlich vom Glücklichsein?“ Wie soll man argumentieren, wenn jemand sagt, es sei doch egal, ob man auf dem blanken Fußboden schläft oder in einem frisch gemachten Bett? Natürlich macht das Bett Arbeit, der Fußboden nicht, aber wo sind wir denn angekommen, wenn hier noch eine Begründung gefordert wird?

    Daher scheint mir die Frage nach dem Vorteil der Kultur also falsch gestellt zu sein. Denn Kultur ist bereits der Vorteil. Sie ist sinntragend. Was würdest Du jemandem erwidern, der sagt, warum man seiner Mutter nicht aufs Maul hauen dürfe, wenn sie einen nervt? Hier ist doch jedes Argumentieren zu Ende, weil jemand den Grundkonsens verlassen hat, der bei einer moralischen Argumentation überhaupt vorausgesetzt wird und vorhanden sein muss. Es handelt sich also um die Frage, wofür was man die aus sich heraus sinnstiftende Kultur eintauscht. Und da ist meine Antwort: Für die Abschaffung von Widerständen, Grenzen und Unbequemlichkeiten. Aber wohlgemerkt: Diese Genüsse werden um den Preis der Kultur erworben und sind darin nicht einfach eine Zusatzoption. Man erleichtert einigen Kindern den Schulunterricht, indem man auf das Erlernen der Schreibschrift verzichtet (Beispiel Hamburg). In der Folge lernt kein Kind mehr eine ansehnliche Schrift etc. Dergleichen Beispiele gibt es ohne Ende, und es ist ein Trend, der nur eine Richtung kennt.

    Seit einigen Jahren bemerke ich bei Dir ein zunehmendes Kokettieren mit der Genderideologie, und das finde ich ein bisschen bedauerlich, fast möchte ich sagen, unter Deiner intellektuellen Würde. Umgekehrt verwundert es mich, was Du in meine Aussagen psychologisch hineinprojizierst. Und weiter wundert mich, dass Du meine Argumentation als „hart“ empfindest.

  66. Wenn wir einmal das Thema “Fortpflanzung” außen vor lassen – und wie viel Zeit widmen die meisten Menschen im Leben anderen Dingen wie Freundschaften, Hobbys und Arbeit? –, welchen Sinn sollte eine Einteilung der Menschen in zwei Geschlechter dann haben? Wer hier antwortet, die Natur habe es aber so eingerichtet, der handelt sich zwei Probleme ein: […]

    Ja, ja lieber Herr Dr. Schleim.

    Das “Thema Fortpflanzung” ist halt der Grund dafür, dass überhaupt dieser Sonderpunkt sozusagen erörtert wird, auch öffentlich.

    Wie heißt es so schön ?

    No Sex, we are british!

    Insofern könnte die Sache klar sein, das Wir meinend, das nicht im Ich besprochen werden muss.

    Auch Sie könnten noch beizeiten fruchtbar werden.


    Und ansonsten :
    Diese Sache ist ganz einfach, wer wie gewohnt persistiert / repliziert, bleibt als Frau oder Mann fruchtbar.
    Ahnen werden dbzgl. womöglich danken, in der sich ergebenden Web-Archäologie und sicherlich auch Ihnen, Herr Dr. Schleim, sollte es beim “Golfen” gelegentlich klappen.
    Wir memorieren : In der Scheiße anderer herumzustochern bleibt eben etwas für die anderen.
    Merksatz.


    Hmm, die Sache ist eigentlich klar, oder ?
    Geschlechtlichkeit kann sich auch beim hier gemeinten Primaten in ganz ganz seltenen Fällen unzureichend herausbilden.

    Abär nicht i.p. Zwitterwesen.

    Woll?!

    Also, wir merken uns :
    Das eine oder andere Männchen oder Weibchen ist i.p. Ausbildung der Geschlechtsorgane, die sogenannte Fortpflanzung bleibt gemeint, zeugungsfähig bis gebärfähig und in ganz ga-anz seltenen Fällen nicht.

    Dir Zuordnung “männlich / weiblich” kann bis muss so erhalten bleiben.

    HTH (“Hope to Help”)
    Dr. Webbaer

  67. Bonuskommentar hierzu :

    Das heißt, uns als Gesellschaft steht es frei, den Umgang mit den Geschlechtern so zu gestalten, wie wir das wollen.

    Aber nur, wenn es sich geziemt und so die sexuelle Fortpflanzung sicher gestellt bleibt.

    Ansonsten läge bei derartiger Theoretisierung, wissen Sie ja auch, Herr Dr. Schleim, Nihilismus vor, der edel gerne auch Relativismus genannt werden darf.

    Sie selbst sind noch nicht fruchtbar geworden, woll?!
    Haben noch nicht korrekt eingegolft, sozusagten?

    Tja, falls dem so sein sein sollte, dürfen Sie dann gerne auch sparsamer bleiben in Ihren Überlegungen,
    so richtig prall kam die in Ihnen wohnende Verständigkeit ja nicht hervor, in Texten wie diesen…

    Wie wollen alle besser werden,

    MFG
    Dr. Webbaer

  68. @ Kommentatorenkollege ‘fegalo’ :

    Seit einigen Jahren bemerke ich bei Dir ein zunehmendes Kokettieren mit der Genderideologie, und das finde ich ein bisschen bedauerlich, fast möchte ich sagen, unter Deiner intellektuellen Würde.

    Sein essen Seele auf, sozusagen.
    Herr Dr. Schleim ist idT zu verständig in “Gender” machen zu können.
    So zumindest die auf der Hand liegende Außensicht.

    Tja, wie kann so mit jener Person verfahren bleiben ?!

    MGH
    Dr. W

  69. @ Herr Dr. Schleim :

    Was ich in den mir bekannten Gesellschaften im Westen vor allem sehe ist, dass sich Menschen an ihren Verpflichtungen kaputtarbeiten (Arbeit, Familie, Pflege…). Ich sage nicht, dass das alles verkehrt ist, sondern dass man sich die Frage stellen soll: Wofür tu ich das alles? Und für wen? Und muss das alles so sein? Wer oder was kommt dabei zu kurz (siehe die Beispiele von Bronnie Ware oben)? Was kann ich vielleicht loslassen? Wer bzw. was kommt auch ohne mich ganz gut zurecht?

    Unmittelbar vor nach 1945 haben sich einige schwer verausgabt, um die aufklärerischen Gesellschaftssysteme mit aufbauen zu helfen, das sogenannte Wirtschaftswunder, in der BRD.

    Was Sie meinen, geht ins Psychologische, da fühlen sich aus Ihrer Sicht einige nicht wohl, wenn sie arbeiten, geben auch so Sachen an wie Burnout.
    So etwas sind Anliegen, die zuvörderst davon künden, dass es einigen zu gut geht.

    Das Leben ist halt so eine Sache, es beginnt, mündet in Arbeit und endet, idR : ohne Arbeit, verköstigt und an Knochen nagend, bildlich gesprochen.
    Opi W weiß hier Bescheid.

    Also mal “anti-kapitalistische” Aussagen für die anderen sein lassend, nicht hier publizieren, aufklärerische Gesellschaftssysteme haben auch über Sozialleistungen hochgradig in der Breite abgedeckt.
    Verständige Personen müssen hier nicht nachkarten, sondern könnten einfach sagen :

    Aufklärung ?! – Find ich gut!

    MFG
    Dr. Webbaer

  70. @Stephan Schleim: “Wenn das entscheidende Kriterium ist, ob ein Körper Eizellen oder Spermien produziert, dann wären alle Männer mit entsprechenden Erkrankungen oder Verletzungen und alle Frauen nach den Wechseljahren eigentlich Intersexuelle.” Die Begriffe “Erkrankung” und “Verletzung” setzen voraus, dass es einen “gesunden” Menschen gibt. Das Geschlecht wird am gedachten “gesunden” Menschen festgesetzt, auch dann, wenn das Exemplar nur in kranker oder verletzter Form existiert.

    Oder plakativer: Ein Auto wird durch Abschrauben eines Rades nicht zum Dreirad.

  71. @Schleim

    “Nicht unreflektiert …”

    Was ich bei dir jetzt ganz deutlich sehe: Bewusstseinsbetäubung und Kapitulation vor dem “ökonomischen” System (weil das ja “alle tun”), falsch (systemrational) / egoisierend (der funktionierenden Masse entsprechend normal) reflektierendes “Individualbewusstsein”.

    “… das sich die Menschen an ihren Verpflichtungen …”

    Verpflichtungen die dem “Rest der Welt” sehr viel mehr Belastung sind und mit unseren IGNORANT-ARROGANTEN nicht sein müssten!!!

  72. @fegalo: Denkverbote?

    Mir scheint, dass du hier – auf freundliche und subtile Weise – ein Denkverbot installierst; damit unterstelle ich dir keine böse Absicht und will ich dich auch nicht provozieren. Lass es mich erklären:

    Die Fragen, warum man lieber im (auch noch: frisch gemachten!) Bett schläft als auf dem kahlen Fußboden, kann man doch sehr einfach beantworten; allein schon wegen der Bequemlichkeit. Wer daran zweifelt, der möge eine Nacht auf dem Fußboden schlafen, wenn er oder sie dann überhaupt viel schläft, und die Schmerzen am Körper wahrnehmen und mit der Nacht im Bett vergleichen. Als ich vor fast genau 20 Jahren auszog, dachte ich auch, man könne so schlafen (hatte wohl zu viel an die Kung-Fu-Filme geglaubt), mir dann aber doch recht schnell ein Bett oder jedenfalls ein Schlafsofa angeschafft.

    Ebenso lässt sich die Frage beantworten, warum man Menschen nicht einfach so schlägt (und dann auch noch die Mutter): Gewalt ist i.d.R. schlecht. Warum? Weil sie leiden erzeugt. Gewalt gegen die Mutter hätte noch einmal eine besonders schlimme Qualität, weil man sagen würde (das gilt nicht für alle Mütter aber gehen wir mal vom Allgemeinfall aus): Dieser Mensch hat so liebevoll für dich gesorgt und jetzt schlägst du ihn?

    Der Unterschied ist: Bei mir sind alle Fragen erlaubt; du schließt einige Fragen aus, weil sie für dich selbstverständlich sind. Das entspricht aber nicht dem Maßstab der Philosophie, wie er sich in unserer Kultur (und sagtest du nicht etwas vom Wert der Kultur?) durch die Jahrtausende zieht, nämlich das Geben von Gründen, griechisch logon didonai, lateinisch rationem reddere.

    Freilich gib es immer einen letzten Rest, den man nicht vollständig begründen kann; aber auch darüber bin ich offen und ehrlich. Tja, wenn jemand nicht glaubt: Ungerechtfertigtes Leiden ist schlecht. Dann kann ich immer noch einige Argumente liefern, die sind dann aber nicht zwingend. So ist das mit der Meinungsfreiheit.

    Und dass du von “Genderideologie” sprichst, entlarvt vor allem Vorurteile. Ich schaue, was ist dran an der Gendertheorie (Beispiele hier oben im Text). Darum gehe ich aber nicht alles mit, was manche in der Tat idiologisch motiviert aufzwängen.

  73. Zitat Fegalo: Das Abendland wird nicht untergehen, und die angestrebte Überwindung der Geschlechterunterschiede geschieht im Namen der Freiheit.
    Zitat Stephan Schleim: Wozu nutzen Geschlechtsidentitäten überhaupt?
    Die Überwindung der Geschlechterunterschiede und der Abschied von festen Rollenvorstellungen, die mit dem Geschlecht verbunden sind/waren, ist nichts neues, sondern kehrt regelmässig zurück. Unisex-Mode gab es schon in den 1980/90ern, Amazonen erfanden schon die Griechen und in Wonder Woman Ist eine Superheldin allen Männern überlegen, wird aber doch von einem Baby erfreut abgelenkt, obwohl sie wichtigeres zu tun hätte.
    Doch das Geschlecht, die Tatsache eine Frau oder ein Mann zu sein verschwindet durch all diese Phantasien nicht. Fast alle Menschen erleben ihre Geschlechtlichkeit als untrennbaren Bestandteil ihrer Identität und einige stören sich zwar daran, was man von ihnen aufgrund ihres Geschlecht erwartet (Vorwurf: „du bist aber kein Mann, der mich (be)schützt“), aber die meisten kommen ganz gut damit zurecht. Zudem: in der modernen Gesellschaft sind die Geschlechterunterschiede nicht kleiner geworden, nur die früher als naturgegeben betrachteten Vorrechte der Geschlechter werden zurecht in Frage gestellt, denn warum sollen Kinder bei Trennungen immer den Frauen zukommen und warum sollen Männer immer das letzte Wort haben, wenn es um Entscheidungen geht, die Geld oder Macht betreffen?
    Die behaupete Aufhebung des binären Geschlechtsmodells durch das Urteil eines Gerichts wird nach meiner Meinung nichts wesentlich ändern, denn sie ändert nicht die Empfindungen und Identitäten aller Menschen, sondern sie regelt lediglich etwas auf der rechtlichen Ebene. Ein weiteres Geschlecht stellt auch nicht Frauen in ihrem Frausein oder Männer in ihrem Mannsein in Frage. Für mich ist es eher umgekehrt: Wer seine Weiblichkeit durch aufreizende Kleidung und ein entsprechendes Verhalten überbetont oder ein übertougher Mann irritiert mich weit mehr als eine Person mit schwer definierbarem Geschlecht. Männlichkeit und Weiblichkeit gibt es nämlich von Natur aus, man muss sie nicht bewusst herausstellen. Und auch Rollen sind nicht allzu fest mit dem Geschlecht verbunden. Das war schon immer so, auch in der erinnerten Geschichte. Jeanne D‘Arc ist eine französische Heldin obwohl sie für eine damalige Frau untypisch gehandelt hat.
    Es gibt auch ein Recht auf die eigene Geschlechtlichkeit als Teil der Identität und Unterscheidungsmerkmal. Sonst könnte man auch anderes in Frage stellen. Warum beispielsweise sollte jemand seine soziale Herkunft ungefragt herausstellen? Stephan Schleim beispielsweise erwähnt immer wieder seine Herkunft aus einfachen Verhältnissen und argumentiert gemäss Klassenunterschieden. Wenn hinter der Idee der Aufhebung der Geschlechterbipolarität die Idee der Gleichheit steht, könnte man auch fordern, dass wir alle unsere Herkunft vergessen müssen, denn die Herkunft unterscheidet uns voneinander, Sogar Namen wie „Stephan Schleim“ wären dann problematisch, denn dahinter verbergen sich ganze Ahnenstammbäume. Wirklich gleich und gerecht wäre es dann jedem Menschen als Namen einfach eine Zufallszahl zuzuordnen. Stephan Schleim wäre dann vielleicht Homo 7207945734. Eine solche Zukunft wäre aber nicht unbedingt besser.

  74. Dr. Webbaer,
    Wozu nützen Geschlechtsidentitäten ist ein provozierender Titel und er hat sein Ziel erreicht.
    Mehr nicht. Er hat meine Einstellung zu Mann und Frau nicht verändert.
    Bedenklich wird es auf der rechtlichen Seite. Wenn Frauen nach einer Scheidung finanziell in Nachteil geraten. Wenn Frauen nach einer Scheidung mit einem Kind den Unterhaltszahlungen des Mannes hinterherlaufen müssen, das stinkt zum Himmel. Und ich denke, die Gleichmacherei bei Gender schadet den Frauen, schadet den Kindern, was ja die Wirklichkeit zeigt.

    Dr. Stefan Schleim,
    auch in einer Demokratie darf man nicht denken was man will. Das ist ein Zeichen von Kultur, dass man sich selbst Grenzen auferlegt, und dass man Tabus einhält. Die Beibehaltung von Mann und Frau ist so ein Tabu.

  75. @Holzherr: Kulturelle Identitäten

    Danke für diese schöne und gelungene Einladung zur Diskussion. Konkret dazu:

    Doch das Geschlecht, die Tatsache eine Frau oder ein Mann zu sein verschwindet durch all diese Phantasien nicht.

    Die Tatsache (merke: Fakt kommt von lateinisch facere = machen) ist aber keine reine Tatsache, sondern eben auch ein kulturelles Konstrukt. Der Körper ist ein Körper (siehe noch einmal das Zitat Haslangers oben) und als solcher schon kulturell geformt (denn auch Gene und Hormone sind von Umwelteinflüssen abhängig).

    Die Kategorisierung ist eine Eigenschaft unserer Kultur, nicht des Körpers.

    Widersprechen Sie dann eigentlich Simone de Beauvoirs berühmter Aussage, zur Frau werde man gemacht, nicht als solche geboren? (Mein Standpunkt ist eben, das auf alle Geschlechter auszudehnen.)

    Fast alle Menschen erleben ihre Geschlechtlichkeit als untrennbaren Bestandteil ihrer Identität… aber die meisten kommen ganz gut damit zurecht.

    Das mag wohl so sein – das ist aber eben auch in unserer Gesellschaft antrainiert.

    Wo gäbe es denn die Gelegenheit, einmal kritisch über seine Geschlechtsidentität und -Rollen zu reflektieren? Das heißt, außerhalb von Gender-Theorie-Seminaren oder MENSCHEN-BILDER. Und Sie sehen ja schon hier, wie viel Widerstand das provoziert.

    Da beißt sich die Katze in den Schwanz; oder anders gesagt: Sie setzen hier implizit als gegeben voraus, worum es in der Diskussion überhaupt erst geht, nämlich wie zufrieden wären die Menschen mit diesen Identitäten, wenn Sie wirklich frei und informiert wählen könnten.

    Die behauptete Aufhebung des binären Geschlechtsmodells durch das Urteil eines Gerichts wird nach meiner Meinung nichts wesentlich ändern…

    Es geschieht Schrittweise; glauben Sie mir, das ist erst der Anfang. In zwanzig Jahren wird man hier schon ganz anders drüber denken; das ist meine Erwartung. An der Philosophischen Fakultät meiner Uni wurde übrigens gerade fast überall die Geschlechtertrennung von Toiletten aufgehoben. Und die sind noch nicht einmal besonders aktiv auf dem Gebiet der Genderforschung; war ein Beschluss des basisdemokratisch legitimierten(!) Fakultätsrats.

    Warum beispielsweise sollte jemand seine soziale Herkunft ungefragt herausstellen? Stephan Schleim beispielsweise erwähnt immer wieder…

    Kurzer Realitätscheck: Wie oft, denken Sie, tue ich das so im Schnitt pro Monat?

    Wenn hinter der Idee der Aufhebung der Geschlechterbipolarität die Idee der Gleichheit steht, könnte man auch fordern, dass wir alle unsere Herkunft vergessen müssen…

    Da muss ich doch einmal hart einhaken: Unterschiede verschwinden nicht dadurch, dass wir sie ignorieren. So denken gerade diejenigen, die keine Veränderung der Verhältnisse wollen. (Merke: Die Privilegien, die man selbst hat, sieht man meistens nicht.) Es geht darum, die Folgen der Herkunft verschwinden zu lassen, sofern wir an der Tatsache dieser Herkunft, die eben Geschichte ist, nichts mehr ändern können.

    Sogar Namen wie „Stephan Schleim“ wären dann problematisch…

    Ich hänge nicht an diesem Namen, der mir von anderen gegeben wurde und in diesem Sinne meiner geworden ist; es ist schlicht eine soziale Konvention, ein Konstrukt. Das weiterzudenken wäre aber etwas für den schon seit ein paar Monaten gewünschten Beitrag über persönliche Identität.

  76. “… nicht denken was man will.”

    So’n Quatsch 😒

    Ich bin auch für die Aufhebung, der Geschlechterrollen, der Ehe, der Konfusion, usw., aber bitte am richtigen / ursächlichen Teil dieser fatal-kreislaufenden Entwicklung anfangen, denn dort besteht ziemlich offensichtlich DAS DENKVERBOT / die größte Unkultur.
    Stephan Schleim hat den Finger in eine so sicher nicht heilende Wunde gesteckt und damit die schwelende “Ordnung” der Konfusion / des Wettbewerbs nur verstärkt.

  77. @Robert: Ihr Demokratieverständnis

    …auch in einer Demokratie darf man nicht denken was man will.

    Wirklich? Also muss man jetzt Medien, Kunst und Literatur zensieren? Und das reicht noch nicht. Man muss auch in die Köpfe gucken können und dort die verbotenen Gedanken herausoperieren?

    Interessant, dass Sie das eine Demokratie nennen; mit den Grundrechten der BRD hat das nichts zu tun, eher mit einer perversen Diktatur.

    P.S. Das erinnert mich an ein Gespräch mit einer Freundin aus der Studienzeit; die war der Meinung, es sei schon verbotenes Fremdgehen, wenn ihr Partner nur an einen Seitensprung denkt.

  78. Zu dieser und weiteren Diskussionen fällt mir Nietzsche ein: “Überzeugungen sind gefährlicher für die Wahrheit, als Lügen”.
    Belogen und/oder weggelogen kann ein indifferentes Geschlecht(-sempfinden/-identitätsbewusstsein) nun zumindest auch juristisch nicht mehr. Überzeugungen nehmen zunehmend ab, wenn man sich der Wahrheit annähern möchte, möchte. Das brauch Zeit und reflektierte Standpunkte.
    Ich erninnere mich an ein Gespräch mit Freunden. Ihnen war nicht bewusst, dass es Intersexulalismus überhaupt gibt. Gemeiner Kommentar: ” Die Armen”!

  79. Sag mal Robert,
    hast du irgendwo einen Eid auf unsere Unkultur geschworen?
    Ich weiß zwar das das Bildungssystem den Denkenden in eine systemrational-schizophrene Situation bringt, aber so deutlich sind doch sonst nur Politiker der CDU/CSU!?

  80. “Dass Frauen schön sein müssen, ist eine hervorragende Ausgangsbedingung für die Mode- und Schönheitsindustrie; …”

    Das Frauen schön sein wollen und sollen ist ein Bestandteil unserer Kultur seit altersher, und höchstwahrschenlich nicht nur unserer, sondern fast aller. Gibt es eine Kultur, in der die weibliche Schönheit für Frauen keine Rolle spielt? Ich kenne keine.

    Das erste literarische Werk des Abendlandes behandelt schon das Thema. Die Ilias erzählt von einem Krieg, der über die schönste Frau ihrer Zeit geführt wurde. Und die Vorgeschichte ist schon vielsagend. Zur Hochzeit von Peleus und Thetis wurde die Göttin des Streits nicht eingeladen. Sie kam trotzdem und warf unter die Gäste einen goldenen Apfel mit der Aufschrift: “Der Schönsten”. Aphrodite, Hera und Athene fühlten sich herausgefordert. Zeus entschied weise, das Urteil einem naiven, jungen Köngissohn zu überlassen, der offenbar zu nichts anderem taugte, als Schafe zu hüten. Der hat sich dann für Aphrodite als die Schönste entschieden, weil sie ihm die schönste Frau der Welt, Helena, als Gattin versprach. Das führte dann schließlich zum Trojanischen Krieg, den Helena war schon die Frau von Menelaos.

    Wenn ein Muster so durchgängig in allen Zeiten und Kulturen auftaucht, wenn auch in unterschiedlichen kulturellen Modifizierungen, dann kann man wohl mit einer gewissen Sicherheit davon ausgehen, dass es sich um eine anthropologische Konstante handelt.

    Schon seinerzeit lautete das einhellige Urteil der Kritik, das Paris eine dumme Entscheidung getroffen hat, die zum Untergang seiner Familie geführt hat. Trotzdem ist das Phänomen nicht verschwunden. Frauen machen sich seit altersher viel Mühe, schön auszusehen, gern verbrämt mit der Aussage “ich fühle mich dadurch besser”.

    Ich warte auf Gender-Studien, die sich ernsthaft mit den Thesen von Biologen und Anthropologen außerhalb der eigenenGender- Wissenschaftsblase zur Partnerwahl auseinandersetzen. Vielleicht gibt es sie, sie kommen aber in der Öffentlichkeit nicht an.

  81. ” An der Philosophischen Fakultät meiner Uni wurde übrigens gerade fast überall die Geschlechtertrennung von Toiletten aufgehoben. ”

    Wenn die Pissoirs für die Männer so situiert sind, dass die Frauen einem nicht beim Pinkeln zuschauen, meinetwegen.
    Allerdings werden Toilleten auch zum Frischmachen benutzt. D.h., mann zieht dort unter Umständen auch schon mal ein Kleidungsstück aus. Wenn den Frauen es nichts ausmacht, dass mann sie im BH sieht, meinetwegen.

  82. Stephan Schleim,
    von der Wahrhaftigkeit,
    wem fühlen Sie sich verpflichtet, nur sich selbst? Ich teile die Meinung des Mädchens mit dem Seitensprung. Wer im Kopf dazu bereit ist, hat ihn schon vollzogen.
    Die Formulierung mit der Demokratie war wirklich unglücklich. Gedankenfreiheit gedeiht in der Diktatur vielleicht sogar besser, weil sich die Menschen auf ihr Inneres zurückziehen müssen. Die großen Romane über Freiheit sind im Hintergrund von Diktatur verfasst worden.

    hto,
    ich schätze ihren unbedingten Glauben an die Vollkommenheit.
    Menschen sind keine Bauklötze, die man neu anordnen kann, wenn das Gebäude “schief” geworden ist.
    Die Unvollkommenheit und die Widersprüche in allen menschlichen Kulturen ist die Folge des Verlustes des Paradieses. Wir müssen alle Fehler durchleben, bis wir selbst die Wahrheit wiedergefunden haben. Das ist unser Weg und unser Schicksal.

    Paul Stefan,
    Toiletten. Das ist die unendliche Geschichte. Die Planer von Toilettenanlagen sind Männer und die haben immer noch nicht gemerkt, dass man doppelt so viel Frauentoiletten braucht. Unisex Toiletten sind nur eine Notlösung.

  83. Im normalen Leben entwickelt sich zwischen zusammen aufwachsenden Geschwistern keine sexuelle Anziehung. Gilt übrigens generell für höhere Säuger.

    Im Fall, auf den sich das Urteil des BVerfG von bezieht, ging es um Geschwister, die räumlich getrennt aufwuchsen und erst erwachsen zueinander fanden.

    Die abweichende Meinung des (vorsitzenden) Richters Hassemer hatte den Tenor, dass Eugenik kein Kriterium für Verfassungsmäßigkeit sein könne.

    War das ein Schandurteil? Ganz sicher ja.

  84. He Robert,
    das Schicksal / die Vorsehung / die “göttliche Sicherung” ist überwindbar, das ist die Botschaft des Jesus! Er war/ist keineswegs der Sündenbock, den sich die Propaganda für ihn ausgedacht hat 😜😎

  85. Wir haben alle Fehler schon durchlebt! Es sind nur STUMPF-, BLÖD- und WAHNSINNIGE Wiederholungen der aus der Propaganda resultierenden Technokratie, im Glauben an “Individualbewusstsein” und zufälliger Einmaligkeit, bis zur finalen – der Kreislauf des geistigen Stillstands seit der “Vertreibung aus dem Paradies” eben. 😏

  86. Zitat:

    Widersprechen Sie dann eigentlich Simone de Beauvoirs berühmter Aussage, zur Frau werde man gemacht, nicht als solche geboren?

    Nein, ich interpretiere diese Aussage nur völlig anders, nämlich nicht als Zweifel am Sinn ihrer Weiblichkeit, sondern so wie im Wikipedia-Artikel Das andere Geschlecht dargestellt, als Kritik an der Definition dessen, was weiblich und was eine Frau ist, durch den Mann. Zitat:

    Sie sagt in diesem Werk auch, dass Frauen von den Männern zum „Anderen Geschlecht“ gemacht worden seien. Dies bedeutet in der existentialistischen Terminologie Beauvoirs, dass sich der Mann als das Absolute, das Essentielle, das Subjekt setzt, während der Frau die Rolle der Anderen, des Objekts zugewiesen wird. Sie wird immer in Abhängigkeit vom Mann definiert. Deshalb hat sie mit stärkeren Konflikten zu kämpfen als der Mann. Wenn sie ihrer „Weiblichkeit“ gerecht werden will, muss sie sich mit einer passiven Rolle begnügen, dies steht aber ihrem Wunsch entgegen, sich als freies Subjekt durch Aktivität selbst zu entwerfen.

    Simone de Beauvoir hat nie die Geschlechtlichkeit an und für sich in Frage gestellt, vielmehr hat sie sogar eine weibliche Sicht beansprucht, in der nicht mehr der Mann bestimmt, was weiblich ist, sondern sie selbst.
    Wer zudem etwas über das Leben von Simone de Beauvoir und ihr Verhältnis zu Jean Paul Sartre und ihre diversen Liebesbeziehungen weiss, kann niemals auf die Idee kommen, Simone de Beauvoir habe ihre Geschlechtsidentität überwinden oder beiseite schieben wollen. Man lese dazu nur Ein Pakt für die Freiheit: Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre

  87. @ Stephan

    Der Vorwurf des Denkverbots geht nun wirklich an die falsche Adresse. Und Dein Hinweis auf die Philosophie ist auch nicht zutreffend. Das mit der Mutter stammt nämlich von Aristoteles. Ich habe es etwas umformuliert (leider kenne ich die Originalstelle nicht, die muss irgendwo im Organon sein, aber die Sekundärquelle – Robert Spaemann – der es häufig anführt, ist sehr zuverlässig). Ferner ist es eine Erkenntnis der Philosophie, dass Argumentieren immer nur ausgehen kann von einem gemeinsam Zugestandenen. Und dies kann man mutwillig oder aus Dummheit überschreiten. Gerade heute ging ein Fall durch die Presse von einem 14-Jährigen, der einen 22-Jährigen fast erstochen hatte. Das war ihm völlig egal. So jemand ist für Argumente nicht erreichbar. Das geht schon damit los, dass man der Überzeugung sein muss, dass rationale Einsicht in ein Argument verpflichtet. Aber was machst Du, wenn jemand sagt: „Dann bin ich halt unlogisch?“

    Meinungsfreiheit: An irgendeiner Stelle wird die Gemeinschaft immer aktiv und stoppt denjenigen, der sich zu viel „Meinungsfreiheit“ gestattet. Selbst Künstlern ist – zurecht – nicht alles gestattet. Es gibt immer einen unaufgebbaren Grundbestand von Überzeugungen, die nicht zur Disposition gestellt werden können, sonst gibt eine Gemeinschaft sich auf. Eine Gesellschaft kann niemals alles zum Gegenstand der Diskussion machen, etwa in einem Habermas’schen „herrschaftsfreien Diskurs“.

    Natürlich ist die Frage, wo nun die Grenze liegt, und das kann man thematisieren und verschiedener Ansicht sein, aber eine Grenze gibt es immer. Ich wiederhole mich da, aber die Grenze wird wohl etwas höher anzusetzen sein, wenn man nicht gewillt ist, die komplette Kultur von Bestrebungen der Emanzipation bzw. der Gleichmacherei abräumen zu lassen.

    Genderideologie: Natürlich ist es eine Ideologie. Das ist kein Vorurteil, sondern ein Urteil. Ich kenne den Quatsch genau genug. Ich habe weit mehr gelesen, als es die Zeit wert gewesen wäre. Dein Begriff “Vorurteil” suggeriert, die Ablehnung gründete in Unkenntnis oder Unverständnis, und eine ausreichend tiefe Beschäftigung müsste zur Zustimmung oder mindestens zum Ernstnehmen führen. Muss sie aber nicht. Am Ende kann dennoch einfach die Erkenntnis stehen, dass es Quatsch ist und bleibt.

    Im Internet (im richtigen Leben ist jede Bekanntschaft/Freundschaft beendet, wenn man darüber in ernsthafte Diskussion gerät, darum unterlasse ich es) habe ich sehr viele Versuche gestartet, mit Gendervertreterinnen in die Diskussion zu kommen. Aber es ist unmöglich! Es läuft immer nach dem gleichen Schema ab:

    – Gendertheoretikerin erklärt vollmundig die Welt der Geschlechter

    – fegalo widerspricht relativ zurückhaltend und meldet Skepsis an

    – Gendertheoretikerin plustert sich auf, erklärt Gendertheorie für eine ernsthafte Wissenschaft und baut eine Kompetenzkulisse auf mit vielen Namen und bahnbrechenden Veröffentlichungen

    – fegalo ist gar nicht beeindruckt, sondern kommt mit klaren Argumenten, klaren Fragen, dem Aufweis von haarsträubenden theoretischen Widersprüchen sowie mit historischen und interkulturellen Belegen.

    – Gendertheoretikerin: Sendepause!

    Immer!

    Ideologie ist es, wenn politische Interessen sich ein wissenschaftliches Gewand überwerfen. Wenn man im Namen der eigenen Interessen die gesamte restliche Welt ins Unrecht zu setzen versucht, die stabile bestehende Realität delegitimiert, um eine komplett neue Deutung zu befördern, die genau die eigene Interessenlage zum Zentrum des Normalen erklärt, und dies als Aufklärung verkauft. Das ist ein uraltes Muster, das spätestens mit Marx seinen ersten Großmeister hervorgebracht hat und seitdem unzählige Male methodisch angewandt wurde.

  88. @ Stephan

    Nachtrag und Vorschlag:

    Bringe eine Gendertheoretikerin hier mit in die Diskussion, oder lade eine ein, die sich den kritischen Fragen aussetzt und und auf wissenschaftlichem Niveau Rede und Antwort steht.

    Du wirst keine finden…

    Nicht auf der ganzen Welt.

  89. Wozu dienen Geschlechtsidentitäten überhaupt?

    Kate Manne, Assistenzprofessorin für Moral- und Sozialphilosophie an der Cornell University gibt dieses Antwort:

    “Kate Manne: Meines Wissens handelt es sich um das erste Buch (gemeint ist ihr Buch), das Frauenfeindlichkeit in der Tradition analytisch feministischer Philosophie untersucht. Ich sehe Frauenfeindlichkeit als ein Instrument, um das Bild der Frau als Gebende, Liebevolle und Fürsorgliche zu bestärken. Wenn Frauen sich machthungrig, gefühllos und dominant verhalten, geraten sie in Konkurrenz mit Männern – den historischen Nutznießern weiblicher Wohltätigkeit. Verweigern Frauen ihre “moralischen Güter”, werden sie kritisiert: Sie vernachlässigten die Schutzlosen und griffen nach verbotener Macht. In diesem System müssen sie den Mann auch sexuell umsorgen. Er bestätigt seine Dominanz, indem er das einfordert, und fühlt sich moralisch im Recht.”

    http://www.zeit.de/kultur/2017-11/sexismus-frauenfeinlichkeit-misogynie-kate-manne#comments

  90. Zivilisatorisch positiv eingestufte Teile der Geschlechterrollen sind nicht selten auf der weiblichen Seite zu finden und werden tendenziell heute auch zunehmend vom Mann gefordert, weswegen man zurecht von einer Feminisierung der Gesellschaft sprechen kann. Umgekehrt werden dem männlichen Geschlecht zugeordnete zivilisatorisch positive oder neutrale Charakterzüge auch Frauen zugänglich (auch Frauen dürfen sportlich draufgängerisch werden). Insoweit gibt es in der modernen Gesellschaft eine Aufweichung der Geschlechterrollen.
    Das oben zitierte Bild der Frau als Gebende, Liebevolle und Fürsorgliche ist solch eine zivilisatorisch positiv eingestufte Haltung, die nun auch Männern erlaubt ist oder gar von ihnen erwartet wird (in der Freizeit soll der Manager sich um hungernde Kinder oder um Obdachlose kümmern zumal das dem Firmenimage hilft). Zur Zuordnung des aktiven, dominanten Parts an den Mann und des passiven, gebenden an die Frau finden sich in der Literatur – auch in der alten -, recht viele Frauenfiguren, die nach Dominanz streben, dies aber indirekt über die Beeinflussung ihrer Männer oder über Intrigantentum tun. Beispiel: Shakespeares Lady Macbeth ermordet nächtens den König um ihren Gatten an die Macht zu bringen. Bis heute gibt es recht viele Frauen, die ihre Männer nacherziehen/bessern wollen – auch um gemeinsam als Paar mächtiger zu sein. Was den im verlinkten Artikel erwähnten Schönheitsfimmel und Schönheitszwang (die Frau muss schön sein, sie donnert sich auf) der Frauen angeht, so ist dieses Phänomen in der modernen Gesellschaft nicht kleiner, eher grösser geworden, wobei die moderne Kosmetikindustrie und neuerdings sogar die Chirurgie mithilft. Doch der Schönheitszwang greift nun auch auf die Männerwelt über. Auch Männer müssen nun akkurat frisiert sein, Wildwuchs bei Augenbrauen vermeiden und im Gymstudio eine gute Figur abgeben.
    Fazit: Früher fest einem Geschlecht zugeordnete Rollen werden heute zunehmend zu Ressourcen (zur Spiel- und Knetmasse), die nun tendenziell beiden Geschlechtern offenstehen wobei auch die Gesellschaft, die Zivilisation früher als typisch männlich oder weiblich eingestufte Verhaltensweisen nun bewertet und oft „weibliche“ Züge als zivilisatorisch wertvoll und männliche als „zivilisatorisch“ problematisch einstuft. Der zunehmende Wohlstand und die zunehmende Freizeit ermöglichen es oft überhaupt erst, dass sich Männer und Frauen um ihr Aussehen, ihre körperliche Fitness (im Studio) und ihr Image und Selbstbild (auf Facebook und beim Einkauf) genügend kümmern können. Aussehen wie ein Macho kann heute durchaus das Resultat eines (in der Freizeit absolvierten) Arbeitsprozesses sein, dem man sich unterwirft.

  91. hto,
    das Schicksal ist überwindbar,
    genau, das ist die Botschaft Jesu. Die Liebe kennt keine Grenzen und überschreitet jede Grenze.
    “Ich bin nicht gekommen um Frieden zu bringen, sondern mit dem Schwert zu trennen” (sinngemäß)
    Dieser Auspruch Jesu erschreckt viele Christen, weil sie den Sinn nicht verstehen. Jesus will damit die Familienehre aufbrechen, die jeden jungen Mann zur Blutrache verpflichtete. Jesus will die Menschen befreien von ihren sozialen Fesseln und verlangt nur die Einhaltung einer Maxime. “Du sollst deinen Gott lieben und du sollst die Menschen lieben”.
    Mit dieser Forderung hat er praktisch die Aufhebung der staatlichen Ordnung eingeleitet. Und dafür musste er sterben.
    Ist es das, was du meinst?

  92. Haben Sie die Pointe von Kate Mannes Interpretation mitbekommen? Sie unterstellt den Männern eine systemische moralische Erpressung der Frauen zum eigenen Machterhalt.
    Damit dreht sie den Spieß um und erpresst die Männer moralisch mit dem Vorwurf der Frauenfeindlichkeit.
    Ihre Theorie folgt genau dem Schema, das Fegalo als ideologisch kritisiert hat.

  93. @fegalo: Wert und Gewohnheit

    Tja – es gibt Menschen in der Welt, die Ideen zu Ideologien weiterspinnen. Das war mit der Philosophie, Religion, Psychologie, Biologie (Beispiel: Sozialdarwinismus; Lamarckismus im Landbau) immer so. Ich bedaure, dass du in Diskussionen Menschen begegnet bist, die dogmatisch-ideologisch auftraten und mit denen daher kein Gedankenaustausch möglich war.

    ABER: Was hat das mit unserer Diskussion hier zu tun? Ich habe gerade den Eindruck, dass du hier derjenige bist, der bestimmten, für die Diskussion zentralen Fragen ausweicht. Ich habe beispielsweise immer noch keine gute Antwort auf meine Frage:

    Mir ist aber immer noch nicht klar, worin der Vorteil deiner “kulturellen Höhe” und worin der Nachteil der “grenzenlosen Emanzipation” bestehen soll. (23.11., 17:12 Uhr)

    Mit anderen Worten, du malst hier den Teufel an die Wand – aber ob da wirklich ein Teufel wohnt, das wird mir nicht klar, auch nicht auf Nachfrage. Du scheinst überhaupt nicht für möglich zu halten, dass Menschen nicht nur aus Autoritätsglauben/Traditionsbewusstsein, sondern auch durch kritische Reflexion zu dem Ergebnis kommen können, dass bestimmte Normen und Werte wichtig sind (etwa das Tötungsverbot) – und andere vielleicht eher eine Frage der Gewohnheit sind (bsp. ob man nun den Suppenlöffel in die linke oder rechte Hand nimmt).

  94. @fegalo: Dogmatismus vs. Freiheit

    Ich hatte in meinem Studium zwei ältere Freundinnen/Kommilitoninnen, die mir eine Zeit lang Vorbilder in Sachen Gleichberechtigung waren. Die nannten mich manchmal “Feminist”, wogegen ich mich wehrte.

    Dann machte ich aber Erfahrungen wie diese, dass eine es für völlig natürlich und jenseits der Diskussion hielt, ob ein Kind den Nachnamen von Mutter oder Vater bekommen sollte. “Natürlich den der Mutter, da das Kind der Mutter viel näher ist.” Das mag man vor, während und kurz nach der Geburt vielleicht noch gelten lassen – ein Name gilt aber doch fürs ganze Leben. Die andere nannte ihren Freund “Katze”, was ich in gewisser Weise herabwürdigend fand. Als ich das vor beiden und einer anderen Freundin ansprach, stellte sich heraus, dass der Freund selbst das auch nicht so toll fand, es aber noch nie gesagt hatte. Er meinte dann vorsichtig: “Du musst es ja nicht unbedingt vor anderen sagen.”

    Kurzum, niemand vor uns ist vor Vorurteilen gefeit, jeder irrt sich manchmal; gerade darum ist es aber auch so wichtig, einer kritischen Diskussion gegenüber offen zu stehen. Wenn manche Leute das nicht wollen oder können, dann muss man sie in Ruhe lassen. Idealerweise lernen sie es später selbst.

    Noch ein paar konkrete Fragen:

    Aber was machst Du, wenn jemand sagt: „Dann bin ich halt unlogisch?“

    Das Problem, dass es Menschen gibt, die nicht für Normen und Gesetze ansprechbar sind, wird schon lange in Philosophie und Psychologie diskutiert (manchmal, nicht völlig korrekt, mit Verweis auf “Psychopatehn”). Wenn jemand nach mehreren Argumenten beispielsweise für das Tötungsverbot immer noch sagt, “Warum sollte ich mich daran halten?”, dann bleibt noch das Argument: “Weil sonst, im Falle des Mords, lebenslängliche Haftstrafe droht.”

    Mit anderen Worten: Unsere Normen sind begründbar und für den Fall, das jemand jegliche Begründung ablehnt, haben wir auch vorgesorgt. Dass die lebenslängliche Haftstrafe in gewisser Weise willkürlich ist (warum nicht 15, 20, 25, 30… Jahre?), braucht man nicht geheim zu halten.

    Ohne ein sanktioniertes Tötungsverbot sähe unsere Gesellschaft ganz anders aus. Frau Künast kürzlich im Interview, sie bekomme E-Mails, in denen Leute Dinge schrieben wie: “Ich würde Sie umbringen, wenn es nicht bestraft würde.” Auch wenn mir die Frau in keiner Weise sympatisch ist, gehört sie selbstverständlich als Mensch und Bürgerin zu unserer Wertegemeinschaft, in der sie nach Möglichkeit vor solchen Taten geschützt wird. In der Nazi-Welt war das anders, da war ein Jude beispielsweise weniger Mensch; oder in der Vergangenheit ein Knecht weniger als ein Bürger weniger als ein Fürst. Solche Zustände haben wir mit den Bürger- und Menschenrechten hinter uns gelassen.

    Ich halte es aber für sehr zweifelhaft, dass ein dritter Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde so ein Problem für unsere Gesellschaft wäre wie etwa die Abschaffung des Tötungsverbots. Die Beweislast trägt nun die Gegenseite.

    Meinungsfreiheit: An irgendeiner Stelle wird die Gemeinschaft immer aktiv und stoppt denjenigen, der sich zu viel „Meinungsfreiheit“ gestattet. Selbst Künstlern ist – zurecht – nicht alles gestattet.

    In Kunst und Satire ist aber auch sehr, sehr viel erlaubt; wenn du dir die Rechtssprechung anschaust, wirst du das feststellen. Gerade Personen, die selbst nicht zimperlich mit anderen umgehen, müssen sich auch entsprechende Gegenrede gefallen lassen.

    Vor nicht allzu langer Zeit hatten wir die Diskussion des Blödermann-Gedichts. Für mich war das keine Kunst, sondern Effekthascherei; und der Mann hat es noch nicht einmal selbst geschrieben. Umgekehrt hat auch ein unbeliebter türkischer Präsident eine Würde, die man nicht beliebig durch den Dreck ziehen darf. Meiner Meinung nach geschmacklos. Sollte man es darum zensieren? Ich denke nicht. Eine Schadensersatzzahlung schiene mir aber angemessen.

    Es gibt immer einen unaufgebbaren Grundbestand von Überzeugungen, die nicht zur Disposition gestellt werden können, sonst gibt eine Gemeinschaft sich auf.

    Nein, alles ist begründbar; dass immer ein kleiner Rest der Abwägungsfreiheit bleibt, ist klar. Nenne mir ein Beispiel für eine sinnvolle Norm, die sich nicht begründen lässt.

  95. Thomas Ribis Willkommen in der Kampfzone sieht in der Diskussion um das dritte Geschlecht die Frage der sexuellen Identität angesprochen, wobei letztlich nicht mehr die Biologie, sondern die eigene Wahl bestimmt, welchem Sex man angehört. Denn es gibt nicht nur biologische Grenzfälle wie Intersexuelle, sondern auch Menschen, die Mühe mit ihrem (falschen?) biologischen Geschlecht haben. (Zitat):

    Das dritte Geschlecht zielt einerseits auf Menschen, die genetisch weder eindeutig weibliche noch eindeutig männliche Geschlechtsmerkmale zeigen, also nicht ohne weiteres einem der beiden Geschlechter zugewiesen werden können. Es zielt aber auch auf Menschen, die sich emotional weder weiblich noch männlich fühlen, obwohl sie genetisch klare Geschlechtsmerkmale tragen. Und diese Gruppe ist anscheinend am Wachsen. Rund drei Prozent der Bevölkerung sind es, so wird geschätzt, die in einem Niemandsland zwischen Mannsein und Frausein schweben.

    «Exit gender», aufgefasst als Abschied von einer festen Geschlechtsidentität ist nach Thomas Ribi aber für die Mehrheit der Gesellschaft keine Option, sondern es ist vielmehr eine der Gesellschaft von einer Minderheit aufgezwungene Diskussion, die zudem mit viel Häme und Hass geführt wird (Hass scheint sowieso das stärkste und am längsten anhaltende aller Gefühle zu sein, dagegen muss Liebe klein beigeben). Mit folgender abschliessenden Aussage will Thomas Ribi die Diskussion auf eine sachliche Grundlage zurückführen:

    Männlichkeit und Weiblichkeit sind biologische Tatsachen, die man nicht aus der Welt reden kann. Und es ist richtig: Geschlecht ist eine soziale Konstruktion. Denn welche Merkmale sich eine Gesellschaft aussucht, um ihre Mitglieder danach zu gliedern, ist nicht gottgegeben, sondern beruht auf einem bewussten Entscheid.

  96. Natürlich passt die Rolle der Frau als Gebende, Liebende und Fürsorgliche bestens zu einer Welt, in der die Männer entscheiden und die Fauen für gute Atmosphäre sorgen oder wie Simone de Beauvoir es sieht, wo Männer die Subjekte und Frauen die Objekte sind. Dies zu Ihrer Aussage (Zitat):

    Haben Sie die Pointe von Kate Mannes Interpretation mitbekommen? Sie unterstellt den Männern eine systemische moralische Erpressung der Frauen zum eigenen Machterhalt.

    Männer, die gegenüber Frauen an der Macht bleiben wollen, müssten tatsächlich Frauen einerseits für ihre Unterwürfigkeit loben und sie andererseits mit der Forderung nach weiblicher Fürsorglichkeit moralisch erpressen. Allerdings stimmten schon früher nicht alle Männer darin überein, die passive Rolle der Frau, positiv zu bewerten, vielmehr gab es gerade eine frauenfeindliche Fraktion unter den Männern, die im negativen Sinne vom schwachen Geschlecht sprachen, die sie als geistesschwach verunglimpften und die von Fürsorglichkeit nicht viel hielten. Diese Fraktion bemühte sich in ihren eigenen Augen nicht um Frauenunterdrückung, denn Frauen waren in ihren Augen von Natur aus so schwach, dass sie aktiv gar nicht unterdrückt werden mussten.
    Allerdings kennt die Literatur und auch die Geschichte viele Gegenbeispiele von Frauen, die alles andere als schwach und passiv waren. Sie waren aber meist die Ausnahme, die heute aber nach Absicht vieler zum Normalfall werden soll.

  97. @ Stephan

    Kultur
    Du: „Mir ist aber immer noch nicht klar, worin der Vorteil deiner “kulturellen Höhe” und worin der Nachteil der “grenzenlosen Emanzipation” bestehen soll.“

    Ich habe sehr wohl darauf geantwortet, aber offensichtlich liegen unsere Auffassungen von Kultur so weit auseinander, dass meine Aussagen nicht angekommen sind. Ich versuche es noch einmal: Nach meiner Auffassung ist Kultur ein wesentliches Element (nicht das Ganze!) des Rahmens, innerhalb dessen man überhaupt erst von „Vorteil“ sprechen kann. Eine Kultur, in der die Machtsteigerung und das persönliche Ansehen einen sehr hohen Wert darstellt, wie etwa in der italienischen Renaissance, ist etwas ganz anderes von Vorteil als etwa in einer modernen Demokratie, wo zum Beispiel Gleichheit und Sicherheitsaspekte eine viel größere Rolle spielen. Du setzt anscheinend einen homo brutus voraus, der sich für oder gegen Kultur entscheiden kann, aber auf was referiert seine Frage nach dem „Vorteil“? Vor dem Hintergrund unserer modernen Welthaltung wird die Antwort zwangläufig auf hedonistischen Gewinn hinauslaufen.

    Vielleicht ein Beispiel: Ich bin schon oft in Diskussionen geraten über den Wert des Erlernens der alten Sprachen. Der Wert dieser Bemühung lässt sich jedoch nicht einfach rational vermitteln, sondern den erfährt man erst im vollen Umfang, wenn, man die alten Sprachen kann und davon Gebrauch macht im Zusammenhang mit Geschichte, europäischer Kultur, Philosophie, Wissenschaft, modernen Sprachen etc. Es ist unmöglich, jemandem argumentativ dazu zu bewegen, den Wert dieser Bemühung zu sehen, wenn er folgender Ansicht ist: „Was soll ich mich mit toten Sprachen beschäftigen, da lerne ich doch lieber italienisch, damit kann ich dann was Konkretes anfangen.“ Weiter oben schrieb ich bereits, dass Kultur abhängig von ihrer Höhe aus sich heraus sinnstiftend wirkt. Das gilt vom Abendmahl bis zum Oktoberfest. Wer das zerstört, dem bleibt nur die nackte kalte Ökonomie und die kleinen Lüstchen über die Reizungen diverser Schleimhäute.

    Du musst Dich auf diese Perspektive nicht einlassen, aber es wäre schön, wenn Du sie verstehen würdest.

  98. @ Stephan

    Die konkreten Fragen

    Zitat: „…dann bleibt noch das Argument: “Weil sonst, im Falle des Mords, lebenslängliche Haftstrafe droht.”

    Tja, hier liefert unsere Gesellschaft doch gerade kein Argument, sondern reagiert mit blanker Gewalt! Es ist ja ein unaufhebbares Kennzeichen des Rechtsstaats, dass er nicht nur Gewalt unter Privatleuten verbietet, sondern sich gleichzeitig selbst ein Recht und Monopol zur Ausübung von Gewalt zuspricht! Haftstrafe ist Gewalt, das ist doch klar. Von der argumentativen Struktur her betrachtet ist das nichts anderes als das Prinzip: Lass das, sonst kriegst du aufs Maul!

    (Zum Thema Höhe der Strafe hatte ich mit Bundesrichter Fischer auf ZEIT-online interessante Wortwechsel, aber ich kann keinen link liefern, denn die Kommentarzensurbehörde bei der Zeit schmeißt mich regelmäßig raus, inzwischen bin ich davon weg.)

    Da unsere Diskussion inzwischen weit vom Ausgangsthema abschweift, nur zur Erinnerung: Meine Kernthese war, dass der Eintrag des „dritten Geschlechts“ sicher nicht den Untergang des Abendlandes besiegelt (Deine Worte), aber eben einen weiteren Schritt darstellt im Abbau der kulturellen Höhe darstellt, die nicht auskommt ohne das Setzen von Grenzen und Unterschieden.

    Zitat: „Nein, alles ist begründbar; dass immer ein kleiner Rest der Abwägungsfreiheit bleibt, ist klar. Nenne mir ein Beispiel für eine sinnvolle Norm, die sich nicht begründen lässt.“

    Widerspruch! Keine Norm lässt sich final begründen! Das ist doch gerade das philosophische Problem. Wir können Normen immer nur begründen, indem wir auf andere Normen verweisen, die bereits anerkannt sind. Die Zehn Gebote sind nicht begründet, sondern wurden dekretiert. Du kannst das Tötungsverbot nicht begründen, ohne andere Normen anzuführen. Den Namen Kant will ich hier nur erwähnen, um daran zu erinnern, als wie schwierig er das Thema erfasst hat.

    Die Menschenrechte hängen völlig in der Luft und sind nichts als ein ideologisches Programm des Westens. Weder die islamische Welt noch die asiatische können damit viel anfangen. In der Rechtsphilosophie existiert das nicht lösbare Problem, wie die Geltung von Gesetzen final begründet werden kann (Ich rede nicht von Verordnungen, sondern von Regelungen, die die gefühlte Gerechtigkeit unter den Menschen betreffen).

    Eine letzte Quelle gibt es nicht. Weder Naturrecht noch positives Recht noch göttliches Gebot liefern Antworten. Im Falle der Menschenrechte stehen diese einfach als Programm im Raum. Sie sind nur überzeugend vor dem Hintergrund westlicher Auffassungen von Individuum und Profanität.

  99. Abschließend kann man anhand der hier stattgefundenen “Diskussion” für’s … feststellen: Das HERAUSSTELLEN und BETONEN der ATTRIBUTE / GESCHLECHTERMERKMALE, speziell für das Unterprogramm des Heirats- und Sexmarktes des “freiheitlichen” / entmenschlichen Wettbewerbs, WIRD BLEIBEN, bzw. hat nur eine weitere konfusionierende Spaltung erfahren, denn Mensch ist offensichtlich nicht willens und bewusstseins mäßig nicht fähig den Geist seines Daseins zu erfassen!?

  100. hto,
    die Evolution braucht noch etwas Zeit, bis die Gattung Mensch fähig ist, das zu verstehen.

  101. Robert,

    um damit nochmal auf deine Frage w.o. zu kommen: Stell dir mal vor wie enttäuschend dies für den Typ Jesu schon zu seiner Zeit war! Glaubst dann da noch an einen wie im Schlaraffenland überraschend positiven Ausgang? 😳

  102. hto,
    wenn man für eine Generation 26 Jahre setzt, dann sind seit Christi Geburt noch nicht mal 80 Generationen vergangen. In geschichtlichen Zeiträumen gemessen ist das eine kleine und überschaubare Zahl. Du könntest deine gesamten Vorfahren auf weniger als 1 DIN A4 Seite unterbringen. Der positive Ausgang wird kommen, habe etwas Geduld mit der Menschheit. Vielleicht sind bei der 99 Generation schon Erfolge zu vermelden.
    Die Zeugen Jehovas rechnen ja schon fleißig.

  103. @Robert

    »Du könntest deine gesamten Vorfahren [seit Christi Geburt] auf weniger als 1 DIN A4 Seite unterbringen.«

    Hm, ich schätze, das würde voraussetzen, dass @hto weiblich ist und aus einer Ahnenreihe stammt, in der die Frauen sich allesamt parthenogenetisch fortgepflanzt haben.

  104. Frauen arbeiten also im Schnitt weniger als Männer?
    Was ist das denn für ein fragwürdiges Zitat? Ich schätze mal, da wurde die Hausfrauentätigkeit und die mütterliche Kinderbetreuung und -erziehung vollständig außer Acht gelassen und nicht mit eingerechnet. Denn sonst passt das nicht!
    Und das sagt jetzt mal eine Mutter von zwei Kindern, Akademikerin und Unternehmerin.
    Diese Abwertung der rbeit der Hausfrau und Mutter passt nicht zu dem heute allgegenwärtigen Toleranzgefasel, denn wer nur – ganz klassisch – Hausfrau und Mutter ist, gilt als konservativ und reaktionär. Und da hört dann die vielgepriesene moderne Toleranz auch meistens ganz schnell wieder auf.
    Übrigens: Wer braucht egentlich diesen ganzen Genderzirkus? Konnten wir ohne das alles denn bisher nicht genauso gut leben?

  105. Genauso ist es! Die Menschheit hat den ganzen Genderunfug – wegen ein paar Menschen, die nicht wissen, welches Geschlecht die haben – noch nie gebraucht.
    Derartige Auswüchse eines höchsten Gerichts sind im Grunde unglaublich.
    Die Gehirnwäsche durch einzelne verdrehte Ideologen wirkt sich offenbar immer schlimmer aus. Kann sich niemand mehr normal benehmen?.

  106. @ MCTDCdS

    Ist “Gebärmutter” nicht sexistisch? Der “Gebärvater” könnte sich benachteiligt fühlen, weibliches/intersexuelles Organ hin oder her.

  107. Ganz herzlichen Dank für diesen klugen und humanen Beitrag.
    Wie fanatisch die Verfechter der geschlechtsbinären Welt sind, muß man leider auch hier in den Kommentaren lesen. Soviel Haß und Dummheit ist schwer zu ertragen – aber wie immer geht es auch hier um Deutungshoheit, die Macht undMacht und Privilegien zuweist.
    In der Tat ändert sich einiges, wenn wir Menschen die nicht in dieses binäre Zwangssystem passen die gleichen Rechte zubilligen – man hat “die anderen, die schrägen die Verfehlten, die Minderwertigen, die zweiter Klasse” nicht mehr, die man dringend braucht, um sich selbst aufzuwerten, sich in seiner Herrschaftsposition zu legitimieren. – Das binäre Denksystem überhaupt erlaubt Oben und Unten und ist das Prinzip der sozialen Ungleichheit; seine Vertreter fürchten um ihre Macht.

    Dazu und zu vielem anderen auch auf meinem Blog https://wolfgangbrosche.wordpress.com/

  108. Anderen pauschal “Hass und Dummheit” zu unterstellen ist weder freundlich noch zielführend für eine sinnvolle Diskussion. Wenn Sie sich mehr Toleranz wünschen, dann könnten Sie Ihren eigenen Diskussionsstil auch einmal überdenken.

    Ich erinnere daran, dass ich hier schon Anno 2009 Raum für einen Gasbeitrag über Trans- und Intersexualität gemacht habe: Mann, Frau und das Tabu der Uneindeutigkeit. Damals war das Thema auch neu für mich.

    Es gehört eben (noch) nicht zur Allgemeinbildung. Allen, die es schlicht nicht wissen, pauschal Dummheit zu unterstellen oder gleich die Gleichstellungsbeautragte zu rufen, macht es nicht besser, erzeugt wahrscheinlich ein Teil des von Ihnen kritisierten Hasses und verstetigt die angebliche Dummheit.

  109. „Kulturelle Höhe“

    Es hat schon was, im Zusammenhang mit der Geschlechtlichkeit über die (vermeintliche) „kulturelle Höhe“ zu diskutieren.

    Was der eine als „Abbau“ eben dieser empfinden mag, bedeutet für die andere (Person) gewiss einen Zugewinn.

    Wenn schon ein Gendertheoriekritiker wie Kutschera anerkennen kann, dass es neben männlich und weiblich noch das weite Feld intersexuell gibt und somit die gesetzliche Eintragung „Inter“ auch biologisch begründbar ist (wenn man denn überhaupt eine solche Eintragung vornehmen möchte), dann sollte das anderen Wertkonservativen eigentlich auch möglich sein.

  110. fegalo,
    ….Keine Norm lässt sich final begründen!….
    Das scheint mir etwas zu negativ gesehen. Fast alle Normen haben einen Sinn. Und dieser Sinn gründet in der Natur, der Grundlage unseres Lebens. Rücksichtslosigkeit der Natur gegenüber führt zu ihrer Zerstörung und damit zur Zerstörung unserer Grundlage. Carl Amery hat das in seinem Buch “Natur als Politik” beschrieben. Die Natur liefert alle Normen, man muss nur etwas nachdenken.

    Balanus,
    ….Ahnenreihe….(bezogen auf sich selbst)
    Wenn du nur die Männer nimmst, dann bist du nach 80 Generationen im Jahre 0.
    Um Gender gerecht zu werden, nehmen wir nur die Frauen. Dann hast du immer noch nur 1 DIN A4 Blatt.

  111. Wolgang Brosche,
    ….Mann und Frau….
    Ich bin in einen Künstlerkreis geraten, wo fast alle Beteiligten durch Gendefekt, falsche Erziehung, Hormonstörungen ein gespaltenes Verhältnis haben zur Geschlechtlichkeit. Einer hat sogar eine Geschlechtsumwandlung hinter sich, es sind trotzdem Menschen wie Du und Ich. Sie sind sogar künstlerisch begabt und ausgesprochen” lebensfähig.”
    Soll man diese Menschen bedauern? Ein wenig schon, denn manche leiden an ihrer Andersartigkeit. Aber insgesamt fühlen sie sich am wohlsten, wenn man sie akzeptiert, wie sie sind.

  112. @fegalo: Tradition

    Es gab auch in meinem Studium den einen oder anderen Privatdozenten, der meinte, wenn man nicht erst den ganzen Aristoteles und den ganzen Platon gelesen hätte, die Vorsokratiker nicht zu vergessen, dann brauche man sich erst gar nicht mit der Gegenwartsphilosophie zu beschäftigen.

    Nun, ich muss bekennen, dass mir das bis heute nicht gelungen ist aber ich dennoch der Meinung bin, vielleicht auch aber eben nicht nur philosophischen Unsinn produziert zu haben.

    Meiner Meinung nach spricht aus solchen Regeln vor allem das Denken: Wir haben es schon immer so gemacht und deshalb machen wir es weiter so; was uns nicht geschadet hat, das wird euch auch nicht schaden. Die Welt ändert sich aber.

    Ich hätte mir das Studium nicht mehr finanzieren können, hätte ich erst die ganzen Klassiker lesen müssen. Dass ich davon vielleicht zu wenig gelesen habe, das lasse ich mir gerne vorwerfen; das lag aber auch an dem dogmatischen Auftreten der Altphilologen, die eben mit so einem Gestus daherkamen, entweder ganz oder gar nicht. Tja, irgendwo muss man halt anfangen.

    Du brachtest das Beispiel Schreibschrift in der Schule. Nun, ich finde auch, dass ein Mensch das lernen sollte; das ist ein Kulturgut. Heute vielleicht weniger von Bedeutung, je mehr wir digital kommunizieren, aber es ist immer noch eine Form von Kreativität und Ausdruck. Schreiben mit der Hand ist anders als am Computer. Das gar nicht zu können, halte ich für einen unwiderbringlichen Verlust von Ausdrucksmöglichkeit – und zwar unabhängig vom konkreten Inhalt des Schreibens. Und es ist ja nicht so, dass man darum schlechter tippen könnte.

    Den Wert deiner Kultur müssen wir aber auf gut Treu und Glauben annehmen. Du sagst schlicht: Folget mir und sehet. So argumentieren eher Propheten als Philosophen; gut, bei manchen war die Trennlinie nicht so deutlich.

  113. @fegalo: Begründung von Normen

    Das Gewaltmonopol, das Strafrecht, das lässt sich alles historisch, ethisch und juristisch begründen; solche Begründungen werden seit Jahrhunderten ausgearbeitet.

    Widerspruch! Keine Norm lässt sich final begründen!

    Das schrieb ich ja selbst. Dass keine Begründung – vielleicht außerhalb von Logik und Mathematik – lückenlos, kein Beweis vollständig sein kann, ist klar. Ein paar letzte Gründe gilt es eben abzuwägen.

    Dennoch gibt es Begründungen und macht es sie nicht willkürlich, indem sie sich etwa an Maßstäben wie der Universalisierbarkeit messen lassen können; oder an ihrer Funktionalität und Pragmatik.

  114. @Robert

    »Um Gender gerecht zu werden, nehmen wir nur die Frauen. Dann hast du immer noch nur 1 DIN A4 Blatt.«

    Nee nee, nicht wegen Gender, sondern nur, um einen biologisch prinzipiell möglichen Weg aufzuzeigen, wie wir mit einem DIN-A4-Blatt auskommen können, wenn die Ahnengalerie 80 Generationen umfasst.

  115. @Robert, Nachtrag

    Schließlich hat jeder zwei Eltern, vier Großeltern, acht Urgroßeltern, und so fort, so dass wir nach 80 Generation bei einer Zahl anlangen, die deutlich über acht Milliarden liegt.

    (Was manche zu dem Schluss verleiten könnte, eine sexuelle Fortpflanzung sei aus logischen Gründen gar nicht möglich.)

  116. @Stephan @ Robert

    Begründung von Normen

    Eine rationale Letztbegründung von Normen gibt es nicht. Weder im Bereich des Rechts noch im Bereich der Moral. Das ist eine philosophische Binse. Jede Begründung muss anknüpfen an ein bereits vorhandenes Gefühl für Gerechtigkeit und Moralität. Es gibt inzwischen ausreichende empirische Evidenz, dass dies eine angeborene Komponente hat. So haben schon sehr kleine Kinder die Erwartung, dass beim Essen gerecht verteilt wird. Kant sprach von dem Wunder des moralischen Gesetzes in uns. Humes Vorstellung, dass die Moral rein empirischen Ursprungs sei, und nur ein Bild des sozial erwünschte Verhalten darstelle, ist falsch, denn er kann das das Gefühl des Sollens bzw. Nicht-Dürfens nicht erklären.

  117. Balanus,
    ….nochmal Ahnengalerie…..
    Wenn du schon einmal in einem englischen Herrenhaus warst, da siehst du im Treppenhaus von unten nach oben, den Vater, dann den Großvater, den Urgroßvater, …….nur die direkte Linie, ohne die Tanten und Onkel, außer sie waren berühmt. Deswegen haben bei der Namesgebung nur die Söhne seinen Namen vererbt . Bei der Königin Elisabeth hängen vielleicht nur die Frauen an der Wand??
    Meine Ahnengalerie geht zurück bis 1620.

  118. Fegalo,
    …letzte Begründung…..
    wenn du deiner Frau nichts zu essen gibst, dann verhungert sie und deine Fortpflanzung wird unterbrochen.
    Das ist eine praktische Norm , die dazu noch evident ist. Auch im Recht ist das so. Wenn du keins hast, dann reduziert sich die Kultur durch gegenseitigen Totschlag. Ist das kein Argument? Auch die Moralität hat handfeste Gründe. Ein “unmoralisches” Mädchen das ein Kind gebar, wurde gesellschaftlich ausgegrenzt.
    Hinter dem Wort Moral stehen ganz praktische Gründe.

  119. @ Robert

    Sie verwechseln hier schlicht Normen mit Interessen. Wer sagt denn z.B., dass man sich fortpflanzen soll? ect…

  120. @ Mona

    Vielen Dank, Mona, für den Link. Das ist ein sehr interessantes Themenfeld. Das Konzept Menschenrechte sowie der Begriff ist allerdings erst einmal ein spezifisch westliches, auch wenn man in anderen Kulturen oder Religionsgemeinschaften Konzepte finden wird, die man dazu ins Verhältnis setzen kann.

    Es ist aber eine Tatsache, dass der Anspruch der westlichen Menschenrechte, wie sie innerhalb der UNO formuliert sind, ihren Anspruch der Universalität nicht argumentativ begründen können – nämlich naturrechtlich (das war das Thema hier). In der Praxis geht man einfach darüber hinweg, fährt nach China und fordert dort die Einhaltung der Menschenrechte.

  121. @ Stephan

    Kulturgut.

    Was ein Kulturgut darstellt und was weg kann, darüber lässt sich endlos streiten. Du sagst (mit mir), Schreibschrift ist ein Kulturgut, andere sagen, die Institution der Ehe als Verbindung von Mann und Frau und in ihrer Funktion als reproduktive Keimzelle der Gesellschaft ist ein Kulturgut. Andere widersprechen dem. Wie soll man das entscheiden? Du sagst, die Welt ändert sich eben. Wir sehen allerdings rückblickend, dass sie sich auch zum Schlechten ändern kann. Und das wir es sind, die sie ändern. Es kommt halt darauf an, worauf man persönlich Wert legt. Man darf mich ruhig als wertkonservativ bezeichnen. Ich zähle mich selbst zu der langsam aussterbenden Gattung der Bildungsbürger und lasse mir dabei auch gerne eine gewisse Arroganz bescheinigen. Dabei bin ich mir bewusst, dass meine Spezies langfristig oder schon mittelfristig den Kürzeren zieht, dass die europäische Kultur der Neuzeit im Begriff ist, final abgewickelt zu werden. Es ist ähnlich wie beim Übergang der antiken griechisch-römischen Kultur zum Mittelalter, welcher einen fast totalen kulturellen Absturz darstellte. Sicher wird es auch damals Apologeten gegeben haben, die – wie Augustinus in seinem „Gottesstaat“ – darin einen Fortschritt erblickt haben, und wer gesteht sich schon gerne ein, in einer Verfallszeit zu leben?

    Der Anlass der Diskussion ist denkbar gering. Die Zehntausend Leutchen, die sich jetzt irgendeinen anderen Geschlechtsbegriff in den Pass eintragen lassen werden: Wen interessiert das groß? Ich greife das bloß auf, als ich es als ein (weiteres) Indiz dafür ansehe, dass unsere Kultur im Begriff ist, sich aufzulösen und aufzugeben, indem sie Stück für Stück ihre ordnenden Strukturen über Bord wirft.

    Du siehst mich als einen Dogmatiker, der einfach mit einem „das haben wir immer schon so gemacht“ daher kommt. Davon gibt es übrigens auch die Spiegel-Version, indem nämlich etwas argumentfrei als „vorgestrig“ bezeichnet wird.

    Nun, so einfach mache ich es mir nicht. Aber der Zeitgeist hat nicht einfach recht. Wenn ich mir ansehe, wie unser Bildungssystem verfällt aufgrund des politischen Willens, eine Gleichheitsideologie zu institutionalisieren, dann muss ich dem Zeitgeist widersprechen.

    Vielleicht kommt etwas mehr Klarheit in die Diskussion mit dem Begriff der anthropologischen Konstante. Meiner Auffassung nach muss man unterscheiden zwischen Bereichen, in denen die menschliche Natur nicht oder kaum festgelegt ist – etwa in Hinblick auf politische Ordnungen, und solchen wo sie stabile Vorgaben macht. Das Mann-Frau-Verhältnis ist hochgradig stabil, dafür haben wir interkulturell und historisch eine überwältigende Fülle von Belegen. NImm die Ars amatoria von Ovid, und du findest die Verhältnisse der Geschlechter 1:1 abgebildet, wie wir es heute empfinden. Homer, Juvenal, Cicero… Mithin ist es abstrus, zu glauben, man könnte an diesem Punkt schlauer werden oder mit alten Irrtümern aufräumen.

    Dagegen behauptet die linke Theorie seit Jahrhunderten, es gebe nicht so etwas wie anthropologische Konstanten, der Mensch käme als tabula rasa auf die Welt. Alles sei Gesellschaft und Erziehung. Im letzten Jahrhundert kam das Konzept der „Konstruktion“ auf, mit dem man alle Entitäten erledigen zu können glaubte, die man für politisch unerwünscht ansah – wir reden selbstverständlich von der linken Perspektive. Ganz oben auf der Liste: Geschlecht, Familie, Volk/Nation etc.

    Und genau so argumentiert die Gender“theorie“: Alles kann und soll ganz anders werden, und zufälligerweise ist es genau so am besten, wie es den lesbischen Theoretikern optimal in den Kram passt.

  122. @fegalo: Kulturzerfall

    …dass die europäische Kultur der Neuzeit im Begriff ist, final abgewickelt zu werden.

    Es ist doch unsere eigene Indifferenz, gemischt mit Karrierestreben, Konsumsucht…, die uns für diesen Zerfall der Kultur anfällig macht. Hast du mein Gespräch bei den Zwischentönen gehört? Die “Vermarktung” der Universitäten beispielsweise ist doch in aller Öffentlichkeit passiert – die Menschen (hochgebildete!) sind auf den Schmarrn mit Qualitätskontrolle, Wettbewerb und so weiter hereingefallen.

    Ähnlich verhält es sich mit den Privatisierungen öffentlicher Güter. Und auch Kanzlerin Merkel hat mit der “marktkonformen Demokratie” (nicht: einem demokratiekonformen Markt) deutlich gemacht, was der höchste Wert ist der Regierung ist; und diese wurde ausgerechnet von (Wert-) Konservativen gewählt und von Sozialdemokraten gestützt.

    Das einzige, was ich tun kann, ist, mit gutem Beispiel voranzugehen; damit, früher sei alles besser gewesen, kann man keinen überzeugen. Und wenn die Kultur weiter zerfällt, dann will ich wenigstens überleben. Der Rest regelt sich von selbst.

  123. @fegalo: P.S. Pendelbewegung

    Ich sehe die Geschichte nicht linear, sondern als Pendelbewegung. In den 1980ern hatte man noch Angst vor einer atomaren Katastrophe, ebenso wie im Kalten Krieg davor. Die jungen 2000er hätten ein Paradies auf Erden werden können – doch stattdessen gab es Raubtierkapitalismus, Propaganda, mit Terrorismus gerechtfertigte Kriege; Monster aus Pandoras Büchse, die uns bis heute verfolgen.

    Jetzt, wo ich selbst ein mittleres Alter erreicht habe, tut es mir vor allem für die Jüngeren leid, die keine andere Welt (ohne Angst vor Terror und Krieg) kennengelernt haben.

    Das sind alles gesellschaftspolitische Prozesse, die, weil sie von Menschen gemacht wurden, auch von Menschen anders gemacht werden könnten. Als Philosoph sehe ich eine Aufgabe darin, aufzuzeigen, wie dieses Anders aussehen könnte. Umsetzen kann ich es nicht alleine, das ist jenseits meiner Möglichkeiten.

    Aber nochmals: Mit dem Predigen des Werts des Früheren wird man kaum jemanden überzeugen können.

  124. fegalo,
    o.k. wenn Sie die Fortpflanzung nicht als Norm ansehen, dann bekommen Sie Nihilismus und als biologische Grundlage auch das Nichts.

  125. Betroffenen, also Intersexuellen oder zutiefst mit ihrem biologischen Geschlecht Hadernden, das Recht auf ein „drittes Geschlecht“ und die damit verbundene Besser- oder Gleichstellung abzusprechen, ist sicherlich inhuman und passt nicht zu einer Gesellschaft, die möglichst vielen ihrer Mitglieder ein gutes Leben ermöglichen will (John Stuart Mill).

    Doch um Betroffene allein geht es bei dieser Diskussion nicht, vielmehr legt Stephan Schleim nahe, dass jeder seine Geschlechteridentität überdenken sollte. So antwortete er auf meine Aussage: Fast alle Menschen erleben ihre Geschlechtlichkeit als untrennbaren Bestandteil ihrer Identität… aber die meisten kommen ganz gut damit zurecht.
    mit folgende Ausführungen (Stepan Schleim)
    :
    Das mag wohl so sein – das ist aber eben auch in unserer Gesellschaft antrainiert.
    Wo gäbe es denn die Gelegenheit, einmal kritisch über seine Geschlechtsidentität und -Rollen zu reflektieren? Das heißt, außerhalb von Gender-Theorie-Seminaren oder MENSCHEN-BILDER. Und Sie sehen ja schon hier, wie viel Widerstand das provoziert.
    Da beißt sich die Katze in den Schwanz; oder anders gesagt: Sie setzen hier implizit als gegeben voraus, worum es in der Diskussion überhaupt erst geht, nämlich wie zufrieden wären die Menschen mit diesen Identitäten, wenn Sie wirklich frei und informiert wählen könnten.

    In letzter Konsequenz wäre also gemäss Stefan Schleim daran zu denken, dass man in Zukunft Konfirmation/Firmung ersetzt durch den Tag der Entscheidung zum Wunschgeschlecht, wo jedes Kind (drücken geht nicht, jedes muss (anders als bei Firmung/Konfirmation) teilnehmen) sagen muss ob es weiblich, männlich, geschlechtsneutral oder (voll) zweigeschlechtlich leben will. Anschliessend wir operiert oder -wenn bald schon möglich – genetisch umprogrammiert. Denn nicht nur das soziale Geschlecht, sondern auch das biologische Geschlecht steht nun zur Disposition und soll gewählt werden können und nicht einfach akzeptiert werden müssen.

    Meiner Ansicht nach ist das eine falsche Entwicklung. Damit werden Probleme geschaffen, die es vorher gar nicht gab und die Menschen werden zu Entscheidungen gezwungen, die sie gar nie fällen wollen. Im übrigen hat das biologische Geschlecht nichts direkt mit der Geschlechterrolle zu tun und wenn viele Diskussionsteilnehmer hier von Gender sprechen, dann müsste man dies als extremeste Form des Genderthemas einstufen, denn es geht hier nicht mehr um das soziale, sondern um das biologische Geschlecht. Das biologische Geschlecht zur Disposition stellen wäre der totale Sieg der Ideen über die Materie. Es wäre gleichbedeutend mit: Ich bin, was ich sein will. Damit würde man eine neue Büchse der Pandora öffnen (nun ja, werden vielleicht einige sagen, besser die Büchse der Pandora öffnen, als vor Langeweile sterben.)

  126. @Holzherr: “Tag der Entscheidung zum Wunschgeschlecht”

    Auf was für Ideen Sie kommen…

    Ich schrieb, Zitat:

    Dazu kommt das Wissen, dass nicht nur das Geschlecht, sondern auch die soziale Schicht, die ethnische Herkunft, mancherorts vielleicht noch die Familien- und Religionszugehörigkeit mitentscheiden, wie sich die Gesellschaft uns zeigt, wie sie uns prägt, welches Verhalten und Aussehen sie von uns erwartet.

    Es geht mir bloß um Bewusstwerdung; welche Konsequenzen jemand für sich daraus zieht, ist deren persönliche Sache. Die totalitären Züge, die Sie in meinem Artikel erkennen zu glauben, sind auf Ihrem Mist gewachsen (versteht man diese Redewendung in der Schweiz?).

  127. Nein, um die totalitären Züge geht es ja vielen Diskussionsteilnehmern hier – beispielsweise fegalo. Er – fegalo- bringt folgendes Beispiel:

    Dafür gibt es unzählige Beispiele, drastisch etwa die Abschaffung der geschlechtsspezifischen Ansprache in machen schwedischen Schulen und Kindergärten. An solchen Orten wird tabuisiert, dass die allermeisten Kinder sich aktiv und freiwillig mit ihrer Geschlechtsidentität und der damit verbundenen Rolle identifizieren.

    Wenn Kindergärtler und Primarschüler nicht mehr Frau Lehrerin sagen dürfen, sondern (meine Idee) Liebe Lehrperson XYZ , dann simd das Gesellschaftsexperimente, mit denen man schon Kinder neu programmieren will. Das hat Züge von Totalitarismus und solche Umerziehungsversuche gab es tatsächlich in totalitären Staaten.

  128. @Holzherr: Diskussionsstil

    Sie reagieren auf meine Klärung meines Standpunkts in Reaktion auf Ihre Vorwürfe mit einer Aussage fegalos. Ich bin nicht fegalo. So diskutieren wir aneinander vorbei.

  129. Fegalo ist zusammen mit den meisten Diskussionsteilnehmern hier – inklusive mir – der Ansicht, dass das Infragestellen der Geschlechtsidentität nichts ist, was wir als Gesellschaft anstreben oder zu einem Diskursthema machen sollten. Die vorgefundenen Geschlechterrollen in Frage stellen, darf man allerdings schon – und das passiert ja ständig. Nur, wenn man von mir fordert gewisse der männlichen Rolle zugeordneten Verhaltensweisen zu ändern, dann stellt das meine Geschlechtsidentität nicht in Frage. Man bleibt ein Mann, auch wenn man sich einmal zurücknimmt und zuerst die Frauen aussprechen lässt. Dieser Satz zeigt zudem, dass ich von Männern und Frauen spreche, weil die meisten Personen, denen ich begegne, sich einem dieser Geschlechter zuordnen lässt. Sollte es noch mehr Geschlechter geben oder sollten sich nicht alle Personen eindeutig einem Geschlecht zuordnen lassen, so ist das für mich kein Problem, zumal eine solche Begegnung die Ausnahme ist. Aus der Tatsache, dass es auch Personen gibt, die weder männlich noch weiblich ist, sollte man aber nicht ableiten, dass wir nun geschlechtsneutral sprechen müssen.
    Nun zu dem, was sie fett gedruckt haben in ihrem letzten Kommentar. Das ist nichts anderes als eine Beschwichtigung. Im Titel haben sie noch geschrieben: „Wozu nutzen Geschlechtsidentitäten überhaupt?“ und später schrieben sie: Worauf ich hinaus will: dass es “den Mann” nicht gibt. Falls sie damit meinen, es gebe keine festen Geschlechterrollen, bin ich sogar einverstanden damit. Falls sie aber die Existenz des männlichen Geschlechts in Frage stellen, dann muss ich widersprechen, selbst wenn sie „nur“ damit meinen, man müsse alles, was mit Geschlecht zu tun hat, verhüllen oder unsichtbar machen.

    Antwort S. Schleim (27.11.2017, 21:21 Uhr), da die Kommentarfunktion leider gerade nicht funktioniert:

    @Holzherr: Kirche im Dorf lassen

    Sie vermischen hier zwei Dinge. Das eine ist die Überschrift des Artikels, das andere eine konkrete Aussage zu einem bestimmten Punkt in der Diskussion (22.11.2017, 8:43 Uhr). Wenn Sie sie vollständig zitieren würden, nämlich:

    Worauf ich hinaus will: dass es “den Mann” nicht gibt. Im Text schrieb ich ja erst, dass die Unterschiede innerhalb der Gruppe für die meisten Merkmale größer sind als zwischen den Gruppen.

    dann würde doch offensichtlich sein, dass es hier schlicht um die Aussage geht, dass alle Männer Individuen sind. Der Durchschnittsmann ist ein statistisches Konstrukt; wahrscheinlich gibt es keinen konkreten Mann, der dem Durchschnittsmann in allen Punkten entspricht.

    Die Bedeutung des zweiten Satzes im Zitat ist doch, dass die Unterschiede zwischen Durchschnittsfrau und -Mann wahrscheinlich kleiner sind als als die Unterschiede zwischen allen Frauen beziehungsweise allen Männern. Mit anderen Worten: Die Frau, den Mann, den Menschen schlechthin gibt es nicht, sondern Individuen!

    Manchmal gewinne ich den Eindruck, dass Sie mich hier bewusst missverstehen; dass Sie dann in der dritten Person über mich sprechen, verleiht Ihren Kommentaren gewisse hetzerische, propagandistische Züge – nicht zum ersten Mal übrigens! Ich verstehe nicht, warum Sie hier wieder und wieder so auftreten.

  130. Anthropologische Konstanten

    Wenn im Zuge eines kulturellen Wandels zu befürchten ist, dass liebgewordene Privilegien verloren gehen, dann wird schon mal gerne auf „anthropologische Konstanten“ verwiesen, denn die sind per Definition nicht zu ändern, mit denen müssen wir leben. @fegalo beispielsweise schreibt (26. November 2017 @ 16:58):

    »Dagegen behauptet die linke Theorie seit Jahrhunderten, es gebe nicht so etwas wie anthropologische Konstanten, der Mensch käme als tabula rasa auf die Welt. Alles sei Gesellschaft und Erziehung.«

    Anthropologische Konstanten können m. E. nur solche Dinge sein, die ins Genom eingeschrieben sind und für praktisch alle Individuen gelten. Alles, was über die genetische Disposition hinausgeht und individuell erworben werden muss, unterliegt jedoch gesellschaftlichen bzw. kulturellen Einflüssen. In Bezug auf das, was erlernt werden muss (weil eben in den Genen nicht einprogrammiert), kommt der Mensch in der Tat als „tabula rasa“ auf die Welt, da beißt die Maus keinen Faden ab.

    Nun ist die Unterscheidung, was beim menschlichen Verhalten allein auf Natur und was allein auf Kultur zurückzuführen ist, notorisch schwierig. Das spielt den Konservativen, die möchten, dass alles so bleibt, wie es ist, in die Hände. Man behauptet z. B. einfach, das Verhältnis von Mann und Frau sei eine anthropologische Konstante, auch wenn das nur schwer zu belegen ist. Denn da muss man schon genau hinschauen, welches Verhältnis und welche Phänomene auf individueller oder gesellschaftlicher Ebene im Einzelnen gemeint sind.

  131. @Stephan Schleim: Ihre Aussagen zur Geschlechtsidentität sind nicht an der Wirlichkeit und sozialen Realität abgeglichen. Wenn sie schreiben: Die Bedeutung des zweiten Satzes im Zitat ist doch, dass die Unterschiede zwischen Durchschnittsfrau und -Mann wahrscheinlich kleiner sind als als die Unterschiede zwischen allen Frauen beziehungsweise allen Männern. , so würde das doch bedeuten oder so zielt es doch darauf ab, dass Männer und Frauen sich beliebig mischen lassen ohne dass das zu Problemen oder neuen Phänomenen führt. Doch das entspricht überhaupt nicht der sozialen Realität heute oder vor 1000 Jahren ( es handelt sich um sehr stabile Phänomene, die ich nun beschreibe). Gestern sass ich in einem Restaurant, in dem gleichzeitig folgendes passierte. In Bildschirmen an der Wand lief ein MTV-Musikfilm in dem eine Art Reality-Show mit einer Gruppe von zusammenlebenden Mädchen gezeigt wurde, die sich gerade für den Ausgang bereit machte, einige schon voll eingekleidet, einige im BH herumrennend. Gleichzeitig – aber in der Realität – sassen am Tisch neben mir 3 junge Frauen, die ständig redeten, ihr Essen photographierten und sich über ihre Smartphones austauschten (sich gegenseitig Bilder zeigten). Ich behaupte nun: Sowohl das MTV-Video wie auch die 3er Gruppe von Freundinnen würde sich vollkommen anders verhalten, wenn auch ein Mann anwesend wäre. Die Freundinnen würden andere Dinge sagen und vieles auch gar nicht sagen, von dem was sie sich gegenseitig – unter Frauen – berichten. Mit anderen Worten: Das Geschlecht spielt heute – und spielte vor 100 Jahren – eine wichtige Rolle bei der Gruppenbildung und selbst ein Arbeitsplatz, an dem es eine Mischung von Männern und Frauen gibt hat nicht die gleiche (Arbeits-)Atmosphäre wie ein Arbeitsplatz an dem es nur Männer oder nur Frauen gibt. Nur schon diese Tasache spricht gegen ihre Aussage, dass Geschlechtsidentität überflüssig sei – ausser sie hätten sich eben gerade die Aufgabe gestellt dies zu ändern und von nun an in jede Gruppe von Freundinnen unangemeldet einzudringen.

  132. @Holzherr: Rollen

    Bei den Durchschnittswerten geht es ja um Merkmale wie Größe, Gewicht, Einkommen usw. Rollenverhalten ist nich so ein Merkmal; vielleicht könnte man es über Faktoren die durchschnittliche Anzahl der Freundschaften von Frauen gegenüber Männern zum Teil abbilden und dann eben schauen, ob meine Hypothese stimmt, dass die Unterschiede innerhalb der Gruppen größer sind als zwischen ihnen.

    Das Geschlecht spielt heute – und spielte vor 100 Jahren – eine wichtige Rolle bei der Gruppenbildung und selbst ein Arbeitsplatz, an dem es eine Mischung von Männern und Frauen gibt hat nicht die gleiche (Arbeits-)Atmosphäre wie ein Arbeitsplatz an dem es nur Männer oder nur Frauen gibt.

    Danke, damit haben Sie schon einmal einen meiner Hauptpunkte bestätigt, nämlich dass Geschlechtsrollen das Verhalten der Menschen stark beeinflussen.

    Nur schon diese Tasache spricht gegen ihre Aussage, dass Geschlechtsidentität überflüssig sei…

    Wo steht das denn? Ich habe doch schon x-mal geschrieben, auch an Sie, dass es mir erst einmal um Bewusstwerdung geht, wie Rollen das Verhalten prägen.

    Jetzt haben Sie ein Beispiel dafür gebracht, was Geschlechtsrollen nutzen könnten: Sie prägen das Gruppenverhalten von Frauen und Männern. Dann natürlich meine Gegenfrage: Ist das jetzt essenziell für die Ziele, die die Menschen im Leben haben? Tun sie das bewusst? Sind sie darin frei? Wie würde, wie könnte es anders aussehen?

  133. @Stephan, @Martin Holzherr

    Tja Leute, so geht’s, wenn man sich nicht an das hält, was im Text geschrieben steht, sondern meint, zwischen den Zeilen lesen zu müssen.

  134. Geschlechtliche Identität

    @fegalo schreibt:

    » Der Anlass der Diskussion ist denkbar gering. Die Zehntausend Leutchen, die sich jetzt irgendeinen anderen Geschlechtsbegriff in den Pass eintragen lassen werden: Wen interessiert das groß?«

    Das dürfte jeden interessieren, dem Freiheit und Gleichheit noch etwas bedeutet. Es ist ja keine Kleinigkeit, dass auch der winzigen Gruppe von Menschen, die sich weder (nur) als Mann noch (nur) als Frau empfinden, die gleichen Rechte zugestanden werden wie allen anderen. Eine Gesellschaft, in der so etwas möglich ist, befindet sich diesbezüglich kulturell voll auf der Höhe.

    Die geschlechtliche Identität wird zumeist als ein konstituierender Aspekt der Persönlichkeit aufgefasst. Das könnte sicherlich als eine „anthropologische Konstante“ bezeichnet werden. Jeder Mensch muss sich zu seinem Geschlecht irgendwie verhalten, selbst der, der sich als geschlechtslos empfindet.

    Die geschlechtliche Identität zu hinterfragen (etwa, was sie für Menschen bedeutet), ist eine gute Sache. Ich schätze, genau das hat das BVG getan—mit dem bekannten Ergebnis..

Schreibe einen Kommentar