Die großen Fragen: Können wir den Tod besiegen?

Dieser Beitrag ist Teil des Bloggewitters zum Liveblog auf Zeit Online. Heute diskutieren wir von 12-15 Uhr bei den großen Fragen der Zeit zum Thema Unsterblichkeit. Schaut gerne rein!

Credit: Jeremy Thomas / unsplash / CC0

Der Traum vom ewigen Leben ist so alt wie die Menschheit selbst. Kürzlich kündigten Apple-Chef Arthur D. Levinson und Google mit ihrem Start-Up Calico an das Unmögliche wahr machen zu wollen. „Wir greifen das Altern an, eines der größten Geheimnisse des Lebens”, erklärt die Biotech-Firma aus dem Silicon Valley.

Einer der reichsten und mächstigsten Konzerne der Welt hat sich die Unterstützung vieler führender Wissenschaftler auf dem Gebiet gesichert, um seinen transhumanistischen Gedanken zu verfolgen. Sie wollen die typischen Alterskrankheiten wie Demenz, Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekämpfen. Doch eigentlich ist nichts so sicher wie der Tod. Oder?

Unendliches Leben, ist das möglich?

Nun vielleicht können wir das Altern nicht stoppen und den Tod auch nicht wirklich besiegen. Aber Wunschvision vieler Forscher ist zumindest eine Verlangsamung des Alterungsprozesses zu erreichen. Sie möchten ds Leben hinauszögern soweit es geht, quasi open end. Schon bevor Google und Apple mit ihrem Monsterprojekt starteten, hat unsere moderne Medizin das Sterben immer mehr verzögert und die Grenzen immer weiter verschoben.

Jedes Jahr wächst die Lebenserwartung um drei bis vier Monate. Während 1840 die durchschnittliche Lebenserwartung in den westlichen Ländern noch bei 40 Jahren lag, liegt sie heute bei gut 80 Jahren. 2017 geborenen Mädchen werden sogar im Mittel 93 Jahre alt. Doch ist da nicht irgendwann Schluss?

Warum wir altern

Die älteste Person auf unserer Erde ist bislang die Französin Jeanne Calment, die stolze 122 Jahre und 164 Tage alt wurde. Theoretisch ist also Leben zumindest bis zu diesem Zeitpunkt möglich. Der natürliche Alterungsprozess der Zelle wird über verschiedene Prozesse gesteuert. Zum einen gibt es da die Ansammlung von schädlichen Substanzen wie den freien Radikalen, die die Zellen Stück für Stück zerstören.

Zum anderen weiß man heute, dass eine menschliche Zelle sich nicht unbegrenzt teilen kann, da die Chromosomenenden (die sogenannten Telomere) mit der Zeit immer kürzer werden und irgendwann so kurz sind, dass für die Zelle sozusagen Schluss ist. Das führt dazu, dass unsere Organe und unser Körper irgendwann nicht mehr richtig funktionieren, wir bekommen Krankheiten und sterben schließlich.

Wie wir das Altern stoppen können

Wie also wollen Forscher diesen komplexen und noch nicht wirklich verstandenen Prozess aufhalten? Ein interessanter Ansatz, der auch aus dem Film „Forever Young“ bekannt ist, verfolgt die sogenannte Kryonik (hierzu auch ein ausführlicher Beitrag bei Scilogs). Hierbei wird in einem komplizierten Prozess der menschliche Körper bei Minus 196 Grad eingefroren, in der Hoffnung, dass man ihn in der Zukunft, wenn die Wissenschaft in der Bekämpfung von Krankheit und Tod viel weiter ist, irgendwann wieder auftauen und zum Leben erwecken kann.

Tatsächlich kann die Herunterkühlung des menschlichen Körpers Stoffwechselprozesse in der Zelle verlangsamen. Dies wird zum Beispiel in der heutigen Medizin bei der Behandlung von Patienten mit erhöhtem Hirndruck oder bei Herz- und Gehirnoperationen eingesetzt. Hierbei wird die Körpertemperatur auf etwa 33-34 Grad gesenkt, wodurch der Sauerstoffverbrauch des Gehirns sinkt und zerstörerische Prozesse – auch die Zellalterung – langsamer ablaufen. Bislang scheitert die Kryonik vor allem am Auftauungsprozess, doch man hofft das Problem irgendwann zu lösen. Ob der Tiefkühlprozess Science Fiction bleibt oder irgendwann Realität wird, vermag bisher niemand zu sagen.

Künstliches Eratzteillager der Zukunft?

Auch die Möglichkeit irgendwann alle defekten Organe durch neue zu ersetzen wird fleißig erforscht. So ist es Wissenschaftlern schon gelungen Herzgewebe auf Pflanzenbasis herzustellen oder tierische Organteile wie Schweineherzklappen mittels Xenotransplantation in den menschlichen Körper einzubringen. Irgendwann lässt sich vielleicht auch ein Weg finden das menschliche Gehirn zu transplantieren. So könnten alte, kranke Organe irgendwann einfach ausgetauscht und das Leben verlängert werden.

US-Erfinder Ray Kurzweil ist überzeugt, dass irgendwann auch in unseren Körper eingebrachte Nanoroboter Schwachstellen reparieren und den physischen Verfall aufhalten können. Zudem spielen unsere Gene für Alterungsprozesse eine wichtige Rolle als mögliche Angriffsorte für eine Verjüngungsmedizin. Die Chancen sind ungeahnt.

Die Entdeckung der Unsterblichkeit

Doch, wenn es um Forschung geht, liegen Risiken und Hoffnungen nah beieinander: Den Tod besiegen und ewig leben? Wer sich auf dieses Gedankenspiel einlässt, wird es wahrscheinlich erst einmal toll finden. Sehen, wie die Welt in 100 Jahren aussieht. Zeit haben immer wieder Neues zu lernen und auszuprobieren. Vielleicht mehrere Studiengänge oder Ausbildungen abschließen. Allen Hobbies nachgehen und alle Länder bereisen zu können.

Aber dann drängt sich doch irgendwann der Gedanke auf: Soll sich das unendlich fortsetzen? Welche Konsequenzen hätte ewiges Leben für die Menschen? Überbevölkerung der Erde und ein harter Kampf um Ressourcen könnten einen schnell ernüchtern. Auch eine gewisse Sinnlosigkeit unserer Selbst oder bodenlose Langeweile könnten dazu führen, dass sich Menschen doch wieder ein begrenztes Leben wünschen.

Solange Tod und Sterben uns begleiten können wir Leben wertschätzen und neugierig sein. Erst die Begrenztheit unseres Lebens macht es spannend. Man sollte sich also nicht nur fragen, ob wir den Tod besiegen können, sondern auch ob es sinnvoll ist. Historiker Michael Wolffsohn kann dies für sich persönlich nur verneinen: „Weil dann das Leben untergeht. Das Leben als Fortschritt. Das Leben als Verbesserung des Kosmos.”

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Veröffentlicht von

Dr. med. Marlene Heckl arbeitet als approbierte Ärztin und hat an der Technischen Universität München und Ludwig-Maximilians-Universität studiert und promoviert. Seit 2012 schreibt die Preisträgerin des "Georg-von-Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus" für Ihren Blog "Marlenes Medizinkiste" und veröffentlicht Science-Videos auf Youtube und modernen social-media Plattformen, für die sie bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. Für Spektrum der Wissenschaft, Die Zeit, Thieme, Science Notes, DocCheck u.a. befasst sie sich mit aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Themen, die ihr am Herzen liegen. Kontakt: medizinkiste@protonmail.com

15 Kommentare

  1. Tja – die Statistik!

    Wenn die Lebenserwartung 1840 um 40 Jahre war, während sie heute in Industrieländern bei über 80 Jahren liegt – dann liegt der Hauptgrund für eine längere durchschnittliche Lebenszeit in besserer medizinischer Versorgung, ausreichend und besseren Lebensmitteln und der Abwesenheit von gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen bzw. von Krieg.

    Die effektiv mögliche Obergrenze für eine Lebensdauer wurde deswegen nicht wirklich nach oben verschoben, sondern nur weil einflussstarke Sterbeursachen beseitigt wurden – leben mehr Menschen heute länger.

    • Sie haben Recht, dass die Lebenserwartung im letzten Jahrhundert vor allem durch medizinischen Fortschritt, bessere Lebensumstände und bessere Hygiene gestiegen ist. Trotzdem bleibt ja die Frage, ob man eine möglichlicherweise existierende Obergrenze durch neuen medizinischen Fortschritt auf dem Gebiet der Altersforschung noch weiter nach hinten verschieben kann. Ob die Menschheit also weitere Möglichkeiten findet, um die Sterblichkeit im hohen Alter durch typische Alterskrankheiten zu verringern, sodass sie statistisch gesehen wieder ein Stück länger leben können.

      • Es gibt sehr wenige Menschen, die ein Alter im Bereich der 120er Jahre erreichen. D.h. in diesem Bereich scheint die Obergrenze für eine mögliche Lebensdauer zu sein. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass wir Menschen ein Ergebnis der Evolution sind. Die Evolution ist ein Grund für die Artenvielfalt – gleichzeitig sorgt die Evolution aber auch dafür, dass wir nur ein begrenztes Alter erreichen können. Mit zunehmender Anzahl von Zellteilungen schleichen sich immer mehr Fehler ein. Diese Fehlerquelle wird nie überwindbar sein.

        Eine andere Frage ist natürlich – wie man die Lebensqualität möglichst lange erhalten kann. Hierzu wurden schon deutliche Fortschritte erzielt – was sich an dem steigenden durchschnittlichem Lebensalter in den Industrieländern erkennen lässt. Eines der größten Probleme höheren Alters sind Demenzerkrankungen – da diese Gedächtnis und ICH-Identität negativ beeinflussen.

        Hierzu eine negative Anmerkung: Bei dem Phänomen der sogenannten ´Nahtod-Erfahrung´(NTE) kann man bewusst erleben, wie das Gehirn einen einzenen Reiz verarbeitet (Struktur/Inhalte). D.h. hier hätte man direkten Zugang zur Arbeitsweise des Gehirns. Leider werden NTEs nicht erforscht – und somit wird eine große Chance vertan, neue Erkenntnisse über die Arbeitsweise des Gehirns zu erielen und Schäden durch Demenz zu verringern. Per Google-suche [Kinseher NDERF denken_nte] können Sie mein Erklärungsmodell (PDF) für NTEs finden.

        • Nachtrag: Beim weiblichen Fetus bilden sich bereits unreife Eizellen. D.h. eine Mutter kann die genetischen Eigenschaften der Enkelgeneration beeinflussen. Auch dies ist ein Effekt, der sich auf das mögliche Maximalalter auswirkt.

          Forschungsarbeiten zum [Amsterdamer Hungerwinter] zeigen solche Einflüsse.

  2. Den Tod besiegen? Das klingt reichlich reißerisches reicht doch, wenn wir unsere Lebenszeit ohne Krankheiten erreichen
    Das sollte die Aufgabe der Medizin bleiben.

    • @Robert

      Ganz genau, denn wenn man betrachtet wie die Alten in dieser imperialistisch-faschistischen Welt- und “Werteordnung” behandelt werden, dann ist altern … – ausserdem kann man mit 35 schon zu alt für’s System sein!?

  3. Calico ist keine Kooperation von Google und Apple, auch wenn der Chairman von Apple, Arthur D. Levinson, CEO von Calico ist. Das wäre mir jedenfalls neu, dann bitte ich um eine entsprechende Quellenangabe. Tatsächlich ist es eine Gemeinschaftsunternehmung von Google (bzw. mittlerweile dem Google-Mutterunternehmen Alphabet) und dem Pharmariesen AbbVie (was namensmäßig ja ähnlich wie „Apple” klingt), die beide jeweils 750 Millionen Dollar als Anschubinvestition für Calico bereitgestellt haben.

    Prof. Wolffsohn ist, wenn ich mich recht entsinne, gläubiger Jude und wie alle traditionell religiösen Menschen hat er keinerlei Veranlassung sich ein ewiges Leben im Diesseits zu wünschen, wenn er längst – wie Christen und Muslime auch – auf ein ewiges Leben im Jenseits hofft, im Angesicht der Grenzenlosigkeit Gottes. Tatsächlich ist die Hoffnung auf das ewige Leben seit Jahrtausenden Kernbestandteil der großen Weltreligionen, der Wunsch nach Unsterblichkeit damit das selbstverständlichste von der Welt. Die Idee der physischen Unsterblichkeit unter wissenschaftlichen und säkularen Vorzeichen könnte man in dieser Hinsicht als mittlere Position oder Kompromiß zwischen den seit Jahrhunderten bröckelnden religiösen Ewigkeitshoffnungen auf der einen Seite und der rationalistisch-atheistischen Todesverklärung auf der anderen Seite ansehen, die die Menschen mit ihren existentiellen Ängsten alleine lässt bzw. mit bloßer Rhetorik abspeisen will.

    Empirisch verteilt sich das mittlerweile so, zumindest laut repräsentativer EMNID-Umfrage im Jahr 2009, daß sich rund 10% der deutschen Bevölkerung vorstellen kann, ewig auf diesem Planeten zu leben. Weitere 4% der Menschen möchten gerne 300 Jahre bzw. 150 Jahre alt werden. Das ist zwar noch eine deutliche Minderheit, insbesondere gegenüber der traditionell religiösen Fraktion, aber rechnet man traditionelle und moderne Immortalisten zusammen, dann sind es natürlich die säkularen Anhänger des Modells „in-der-Kürze-liegt-die-Würze”, die zu einer kleineren Minderheit gehören.

    Eine generalisierende Überhöhung von Begrenzung, wie sie am Schluß des Blogtextes zum Ausdruck kommt, kollidiert letztlich auch schon mit der grundlegend grenzüberschreitenden Natur von Wissenschaft, die eben die Grenzen des Wissens immer weiter hinausschieben will. Zumal der Tod an sich ja nie abschaffbar ist, „nur” je konkrete einzelne Todesursachen. Der Todesbezug des menschlichen Lebens bliebe daher selbst mit einer kompletten Überwindung des Alterungsprozesses auf ewig erhalten, nimmt mit zunehmender Lebensdauer wahrscheinlich sogar immer weiter zu, so daß das Leben immer „spannender” würde (um in Ihrer Denkweise zu formulieren)…

    • Ja Sie haben natürlich recht, dass Calico keine direkte Kooperation von Apple und Google ist, dennoch sind beide Unternehmen maßgeblich an dem Startup Calico beteiligt, was ich ausdrücken wollte, da AbbVie nicht so bekannt ist. Ich habe es in dem Text aber nun genauer formuliert. Vielen Dank auch für Ihre neue Sicht auf das Thema Unsterblichkeit.

  4. Altern und Tod besiegen ? Wer dies glaubt , hat sich schon im Streit der Gegensätze verfangen . Leben/Tod ist EINS . Noch nie hat man ein Leben ohne Tod gesehen und andersherum . Nur weil man sprachlich die Begriffe trennen kann , vergisst man , dass sie untrennbar zusammengehören . Die Frage ist also Nonsens – ein PhantomProblem .

  5. Hartmut Greiner,
    du hast natürlich Recht. Jeder Mensch, der ein wenig denkt, weiß, dass dies nur ein Aufhänger ist, damit man weiterliest.
    Aber ich will der Sache trotzdem etwas positives abgewinnen. Im Grunde sind wir (fast) unsterblich. Nur nicht unser Ego.
    Also , die Natur verhindert langes Siechtum durch den Tod. Und wenn wir vorher schlau waren , haben wir unsere Gene weitergegeben. Damit unser Wissen auch weiterlebt , haben wir die Kultur erfunden. Wer das zur Vollendung bringen möchte, sollte seine Lebenserinnerungen für die eigenen Nachkommen aufschreiben (müssen), damit die nächste Generation nicht die gleichen Fehler wiederholt.
    Wer es noch besser machen will, der nimmt ein Video von sich auf mit einer Ansprache an seine Nachkommen. Für die ganz Eitlen, tue etwas Außergewöhnliches, vielleicht bekommst du einen Stein auf dem Walk of Fame.
    Leicht haben es die Lehrer, diese priviligierte Berufsgruppe, die verewigen sich in den Köpfen ihrer Schüler.
    Für die Zauderer: Mach es wie Joseph Beuys, das wirst du doch noch hinkriegen!

  6. Marlene H,
    mich wundert es, dass noch niemand etwas Konkretes dazu gesagt hat. Für Christen ist die Unsterblichkeit gewiss. Wir sind nicht nur ein Klumpen Kohlenwasserstoffe, wir haben Geist, und der ist nicht nur bei den Christen unsterblich.

  7. Dem ewigen Leben nach dem schon Gilgamesch gesucht hat, stehen zuerst einmal Alterungsvorgänge im Wege. Diese zu stoppen ohne unbedingt das Leben zu verlängern ist sogar im Interesse der heutigen Gesellschaft während ein sehr viel längeres, gar unbegrenztes Leben die Gesellschaft grundlegend ändern würde – etwas was bereits den Menschen der Antike inklusive Gilgamesch vertraut war, denn dazumal war Sterblichkeit genau das was Götter von Menschen unterschied. Der Gilgamesch des Gilgamesch-Epos war selbst ein Halbgott (Zitat)

    :Sohn der Göttin Ninsun und des vergöttlichten Königs Lugalbanda. Die Götter hatten entschieden, dass Gilgamesch zu seiner menschlichen Natur zwei göttliche Attribute erhalten sollte: Die Manneskraft von Šamaš [Sonnengott] und den Heldensinn von Adad. Damit war Gilgamesch zu zwei Dritteln göttlich und einem Drittel menschlich und somit auch sterblich.

    Die Alterungsvorgänge mindestens teilweise zu stoppen gelingt bereits bei Tieren (vor allem Mäusen), denen die seneszenten Zellen entfernt wurden, also die Zellen, die eigentlich absterben sollten, sich aber bei älteren Individuen anhäufen und toxische Stoffwechselprodukte abgeben. Tiere, denne diese Zellen entfernt werden zeigen kaum Haut- und Pelzalterungsvorgänge und ihre Muskelkraft nimmt mit dem Alter nicht ab. Es gibt mehrere Firmen, die bereits Senolytica (Medikamente zur Entfernung von seneszenten Zellen) entwickelt haben und sie demnächst in klinischen Studien testen werden. In 10 bis 20 Jahren werden Senolytica wohl zum festen Bestandteil der Alterstherapie gehören und alle paar Monate an Menschen über 40 verabreicht werden. Senolytica scheinen bei Tieren auch eine leicht lebensverlängernde Wirkung zu haben doch eine deutlich längeres Leben lässt sich damit nicht erreichen. Dazu bräuchte es wohl genetischer Eingriffe, denn es kann als sicher gelten, dass die maximale Lebensspanne eines Lebewesens genetisch determiniert ist. Ein Hinweis darauf ist der zunehmende Mangel von Stammzellen bei sehr alten Menschen. Die oben im Beitrag von Marlene Heckl erwähnte Organersatztherapie bis hin zur Gehirntransplantation ist kein Ersatz für eine Gentherapie, wenn man das Leben radikal verlängern will, denn der menschliche Körper ist mehr als eine Ansammlung von Organen. Von nichtbiologischen Mitteln wie im Blut zirkulierenden Nanoroboter kann man ebenfalls nicht eine radikale Lebensverlängerung erwarten, wohl aber eine Möglichkeit der Reparatur von beispielsweises Gefässveränderungen oder eine Elimination von Krebszellen.
    Ganz etwas anderes ist dagegen die ebenfalls oben erwähnte Kryokonservierung von Körpern. Damit erreicht man überhaupt keine Lebensverlängerung sondern allenfalls einen reversiblen Kryotod, also die Möglichkeit längere Zeitspannen als “frisch” bleibgender Toter zur überbrücken um später wieder zum Leben erweckt zu werden. Ideal wäre das für interstellare Reisen. Nach einer Reisezeit von einigen Jahrzehnten bis Jahrhunderten könnten Astronauten bei der Ankunft in einem benachbarten Sternensystem wieder aufgeweckt werden und ihr Leben dann so fortsetzen als hätten sie nur kurz geschlafen.

    • Ergänzung: Im blut zirkulierende Nanoroboter, die den Köper überwachen und reparieren lassen sich mit den Zellen des Immunsystems vergleichen, etwa so wie das in xkcd’s Immune System – Comic gemacht wird, wo Ponytail sagt:
      Ponytail: My body hosts an autonomous microscopic defensive swarm that will do anything to protect me.
      Ponytail: I have no ability to restrain it and I don’t know my own power.
      Ponytail: So listen up.
      Ponytail: Sales grew by 4% this quarter…

      [Caption below the panel:]
      Business protip: You can strengthen any presentation by opening with a reminder about how cool immune systems are.

  8. Relative Unsterblichkeit hätte schon etwas reizvolles. Aber leider wäre das Leben dann wirklich nicht mehr Lebenswert bzw welche Wertigkeit würde man dem Leben dann zuschreiben ? Kann man Momente und Gefühle so genießen wie jetzt auch ? Alles hat ein Ende und das Ende ist gleichzeitig der Anfang von etwas ganz neuen.

  9. Das sehe ich ganz anders. Für mich ist die Annahme, das dann das Leben nicht mehr lebenswert wäre, völlig falsch. Ich verstehe nicht, warum ich dann Momente und Gefühle nicht mehr so geniessen können soll wie jetzt auch.
    Wenn man nach dieser Logik weiterdenkt, müsste man ja davon ausgehen, dass man Momente und Gefühle noch besser geniessen könnte, wenn das Leben noch kürzer wäre und sich entsprechedn ein kürzeres Leben wünschen. Dann müsste man auch annehmen das z. B. ein Dreißigjähriger, der schwer krebskrank ist und nur noch ca. ein Jahre zu leben hat, Dinge noch viel mehr geniessen würde, solange er durch die Krankheit keinen Schmerzen hätte. Bei so jemandem müsste man dann ja die ultinmative Lebensqualität annnehmen und ihn beneiden nach dem Motto „Qualität statt Quantität.“ Ähnlich wäre es bei einem jungen Menschen, der weiß das er eine Erbkrankheit in sich trägt, die sich erst in späteren Jahren unangenehm auswirkt und die dazu führen wird das er schon mit ca. 50 stirbt.
    Das macht aber in der Realität niemand!

    Und das ein solches Leben langweilig würde, halte ich erst recht für völlig lächerlich. Für mich wäre ein solches Leben eine ganz faszinierende Existenz mit praktisch unbegrenzten, fantastischen Möglichkeiten des Lernens, Erlebens, Forschens, Entdeckens sowie für Entfaltung und Entwicklung. Ich sehe keinen Grund warum es selbst nach Jahrtausenden langweilig werden müsste, zumal man ja davon ausgehen kann, das die Möglichkeiten, sein Leben abwechslungsreich, spannend und lebenswert zu gestalten, durch den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt der nächsten Jahrhunderte noch stark vergrössert werden.
    Wenn z. B. die Menschheit irgendwann ins All aufbricht und Möglichkeiten für überlichtschnelle interstellare Raumfahrt findet (was ja von immer mehr Wissenschaftlern für möglich gehalten wird), dann würde einen megaspannende Zeit der Entdeckungen und Abenteuer beginnen. Unter diesen Umständen würde mir erst recht nicht langweilig werden. Ich würde das sehr gern miterleben.
    Für mich würde das Leben gerade durch relative Unsterblichkeit bzw. extreme Verlängerung besonders wertvoll.
    Die These, das ein solches Leben wertlos und langweilig werden müsste, ist für mich eher eine Art frommer Selbstbetrug. Ich glaube das sich Menschen seit Jahrtausenden den Tod, das Altern und die Kürze des Lebens schönlügen, um damit besser leben zu können. Dazu gehört auch, das man ein ewiges bzw. viel längeres Leben schlechtlügt. Das ist meiner Meinung nach eine Art Bewältigungsstrategie aber wenn man die These mal kritisch hinterfragt, merkt man das sie nicht überzeugend ist.

    Ausserdem glauben Christen und viele andere Menschen an ein ewiges Leben nach dem Tod im Jenseits und setzen ganz selbstverständlich voraus, das dieses Leben immer schön sein wird. Die glauben auch nicht, das es nicht lebenswert wäre weil man dort nicht mehr so gut geniessen könnte oder sich irgendwann langweilt.

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