Ein Herz aus Spinat

——— ausgezeichnet mit dem ACHEMA Medienpreis 2018 ———

Die Biotechniker Glenn Gaudette und Joshua Gershlak haben einen Weg entdeckt wie sich funktionsfähiges Herzgewebe aus Spinatblättern züchten lässt. Warum könnte dies die zukünftige Medizin revolutionieren?

Credit: Konstantin Kolosov / pixabay / CC0

NEU: Weil ein Film ein Thema manchmal besser erklärt als 1000 Worte, gibts am Ende des Artikels ein kurzes Erklärvideo!

Wissenschaftler des Worcester Polytechnic Institute (WPI) erregten kürzlich Aufsehen mit einem unglaublich klingenden Experiment. Sie transformierten ein normales Spinatblatt aus dem Supermarkt in funktionsfähiges Herzgewebe. Das Ziel des Teams war es, menschliches Organgewebe bis hin zu seinen kleinsten Blutgefäßen nachzubauen, ohne die es nicht existieren kann.

Normalerweise sollte man ja mit solchen als „Durchbruch“ angepriesenen Meldungen in der Medizin eher skeptisch sein. Häufig geht es darum, Aufmerksamkeit auf ein Projekt zu lenken, doch eine realistische Umsetzung scheitert allzu oft an der Reproduzierbarkeit der Daten oder der Übertragbarkeit der Erkenntnisse auf den menschlichen Körper. Doch bei diesem einzigartigen Experiment könnte es sich tatsächlich um ein Verfahren handeln, dass die zukünftige Medizin der Organzüchtung revolutionieren könnte. Warum? Dazu muss man sich einmal genauer ansehen was die Wissenschaftler eigentlich gemacht haben.

Supergemüse Spinat

Können Sie sich noch an Popeye erinnern? Der Muskelprotz aß immer eine Dose Spinat, wenn er einen Kraftschub brauchte. Spinat galt zu Großmutters Zeiten als Lebensmittel, das gesund und stark macht. Doch damals wäre noch niemand auf die Idee gekommen, dass er eines Tages dazu verwendet werden würde Herzgewebe zu erzeugen. Natürlich kann Spinat alleine niemandem Muskeln schenken, auch nicht den wohl wichtigsten Muskel unseres Körpers – das Herz.

Doch das Gemüse hat ein paar physikalische Eigenschaften, die Biomedizintechniker begeistern. Beispielsweise bildet der Spinat ein hauchdünnes feines Netzwerk aus kleinen Venen aus, die sich durch das Blatt fädeln, um es mit Nährstoffen zu versorgen ähnlich wie das Blutgefäßsystem in unserem Körper.

Vom Mittagessen ins Labor

Das brachte die amerikanischen Biotechniker Glenn Gaudette und Joshua Gershlak auf eine ungewöhnliche Idee. Die beiden Forscher beschäftigen sich in ihrem Labor schon lange mit der Züchtung von menschlichem Gewebe. Sie sind auf der Suche nach einer Lösung für den Mangel an Spenderorganen bei medizinisch notwendigen Transplantationen.

Eines Tages beim Mittagessen – es gab natürlich Spinat – fiel Joshua Gershlak etwas auf: „Als ich das Spinatblatt ansah, erinnerte mich der Stiel an eine Aorta“. Er begann das fein verästelte Venengeflecht der Spinatblatts mit menschlichen Gefäßen zu vergleichen und fasste einen Entschluss „Ich dachte, lass uns probieren das Blatt durch den Stiel mit Blut zu durchströmen“. Aus der verrückten Idee entwickelte der junge Doktorand am WPI ein ausgereiftes Experiment.

Von pflanzlichen Zellen befreit

Von seiner Vision fasziniert, besorgten sich die Forscher direkt frische Spinatblätter aus dem Supermarkt nebenan. Doch im normalen Zustand eignet sich die Pflanze nicht für Versuche. Zunächst einmal entwickelten die Wissenschaftler einen Prozess, um alle pflanzlichen Zellen aus dem Spinat hinauszuwaschen, die sogenannte Dezellularisierung. „Wir verwenden dazu ein Reinigungsmittel, eine bestimmte Art von Seife, die alle Zellen aus dem Gewebe ablöst und entfernt“, erklärt Glenn Gaudette.

„Übrig bleibt dann nur noch eine Hülle aus Proteinen und Kohlenhydraten, die dem Blatt seine Struktur gegeben hat.“ Die Seife zerstört also alle pflanzlichen Zellmembranen, ohne jedoch die Gefäßstruktur des Blattes anzugreifen. Dadurch werden die grünen Zellstrukturen ausgewaschen und zurück bleibt nur noch eine farblose Blatthülle.

Credit: Worchester Polytechnic Institute. Der Prozess der Dezellularisierung des Spinatblatts.

In den leeren Hüllen der Pflanzengefäße züchteten die Forscher als nächstes menschliche Endothelzellen an. Dies sind die Zellen, die im menschlichen Körper alle Blutgefäße von innen auskleiden. Tatsächlich waren die menschlichen Zellen in der Lage auf den Innenwänden der Spinatvenen anzuwachsen. Begeistert von diesem Ergebnis, gingen die Wissenschaftler daraufhin einen Schritt weiter.

Ein schlagendes Herz

Sie siedelten an der Außenwand der Spinatgefäße aus Stammzellen gezüchtete menschliche Herzmuskelzellen an. Nach fünf Tagen begannen die Muskelzellen anzuwachsen und sich unter dem Mikroskop sichtbar zusammenzuziehen.

Für Gershlak ein ganz besonderer Moment: „Ich habe es erst auf den zweiten Blick erkannt. Plötzlich sah ich, dass sich die Zellen bewegen“. Der aufgeregte Forscher zückte sofort sein Handy, um das Geschehen in einem unscharfen Video zu dokumentieren. Die menschlichen Herzmuskelzellen konnten sich über einen Zeitraum von 21 Tagen aus eigenem Antrieb kontrahieren.

Wasser marsch – Mit Flüssigkeit durchströmt

Um den Blutfluss durch die Blattgefäße zu simulieren, gaben die Forscher im letzten Schritt noch rot gefärbte Flüssigkeit in den Blattstiel und konnten so den Fluss durch die Spinatvenen beobachten. Um das ganze realistischer zu machen, bauten sie zudem die roten Blutkörperchen in Form von 10 Mikrometer kleinen Kugeln nach und durchspülten damit erfolgreich das Spinatblatt. Alle Gefäße wurden im Experiment von der roten Flüssigkeit durchzogen. Ein großer Erfolg, denn dies beweist, dass die pflanzlichen Gefäßgerüste auch nach der Dezellularsierung offen bleiben und in der Lage sind Mikropartikel ähnlich denen unseres Blutes zu transportieren.

Credit: Worchester Polytechnic Institute. Das dezellularisierte Spinatblatt nach Durchspülung mit roter Farbe.

Auch Äpfel können Formgeber sein

Die Forscher des WPI waren nicht die ersten, die menschliches Gewebe auf einer Pflanzenbasis anzüchteten. Vor Kurzem verwendete beispielsweise ein Team von Wissenschaftlern aus Ottawa einen Apfel, um ihn zu dezellularisieren. Sie schnitzten das Apfelstück in die Form eines menschlichen Ohres und füllten es mit Gebärmutterhalsgewebe, das darauf zu wachsen begann. Doch Gaudette und Gershlak sind die ersten Forscher, die die Dezellularisierungstechnik verwenden, um Pflanzenvenen als Basis für menschliche Blutgefäße zu nutzen.

Komplexer Körper

Doch warum ist das nun ein Durchbruch in der Medizin? Man könnte meinen es wäre doch sehr viel einfacher das benötigte Gewebe beispielsweise per 3D-Druck herzustellen oder in einer gewöhnlichen Petrischale anzuzüchten? Dazu muss man wissen, dass dies bisher unmöglich war. Jetzige biotechnische Methoden konnten bislang nicht das verästelnde Netzwerk von Blutgefäßen bis auf die Kapillarebene nachbilden, das notwendig ist, um einwandfreies Gewebewachstum zu gewährleisten.

Obwohl es schon viele Fortschritte in der Herstellung von biomedizinischen Zellträgern gibt, blieb der Transport der lebensnotwendigen Nährstoffe in künstlich hergestelltem menschlichen Gewebe immer noch eine Herausforderung. Ohne Kapillaren, die das künstlich gezüchtete Gewebe versorgen, stirbt es ziemlich bald ab. Doch warum ist es so komplex das menschliche Blutgefäßsystem nachzubilden?

Die Schwierigkeit der kleinen Röhrchen

Um das zu begreifen muss man sich einmal die Dimensionen einer Kapillare, das kleinste aller Blutgefäße, klarmachen. Man stelle sich eine winzig kleine Röhre vor, kleiner als der Durchmesser eines Haares. Das ist die Größe, in der wir uns hier bewegen. Menschliches Haar hat einen Durchmesser von ca. 30-100 Mikrometern, die kleinsten Kapillaren in unserem Körper messen dagegen gerade einmal 5 Mikrometer.

Sie sind sogar so klein, dass unsere roten Blutkörperchen nur noch einzeln hintereinander durchpassen, wie im Gänsemarsch – und das gerade so, sie müssen sich dazu schon verbiegen. Man kann sich also vorstellen, dass es ziemlich schwierig ist etwas derartig Winziges nachzubilden. Und man muss ja nicht nur eine einzelne Kapillare nachbilden, sondern hunderte – ja tausende dieser kleinen Röhrchen, die zusammen ein sogenanntes Kapillarbett bilden, um unser Gewebe optimal versorgen zu können.

Von der Natur kopiert

Die Bedeutung des Spinatexperiments ergibt sich also daraus, dass die Wissenschaftler herausgefunden haben, dass man möglicherweise gar nicht den Aufwand betreiben muss diese kleinen Kapillaren künstlich nachzubilden. Denn: Es gibt sie schon in der Natur. Nimmt man ein Pflanzenblatt einmal genauer unter die Lupe, bemerkt man, dass es ziemlich viele verästelte Strukturen hat.

Diese Gefäßstrukturen, die den tierischen Venen sehr stark ähneln, kann man sich zu Nutze machen, um das Problem zu lösen. “Pflanzen und Tiere nutzen grundlegend unterschiedliche Vorgehensweisen, um Flüssigkeiten, chemische Stoffe und Makromoleküle zu transportieren, allerdings gibt es überraschende Ähnlichkeiten, was die Struktur ihrer Blutgefäße betrifft”, schreiben die Wissenschaftler.

So konnten sie letztlich auf Pflanzenbasis gewonnenes Gewebe herstellen, das als eine Art Stützgerüst für Tissue-Engineering Anwendungen dient. Die Forscher nutzten sozusagen die vorgefertigten Venenstrukturen der Spinatblätter als Gerüst für menschliche Blutgefäßzellen und konnten damit das bisherige Versorgungsproblem umgehen.

Ein besonderer Ballaststoff

Das Besondere an der Arbeit von Glenn Gaudette and Joshua Gershlak ist, dass es vor allem einen Bestandteil der Pflanzen hervorhebt, ohne den die Nachbildung der Gefäße nicht möglich wäre: die Zellulose. Sie ist der Stoff, der übrig bleibt, wenn man die Spinatblätter von allen anderen Zellen befreit. Zellulose kennt man als Ballaststoff in unserer täglichen Ernährung, beispielsweise in Salat.

Sie ist sehr robust, denn sie besteht aus so komplex miteinander verknüpften Kohlenhydraten, dass der menschliche Körper keine Enzyme besitzt, um sie zu aufzuspalten – er kann sie nicht verdauen. Kühe und andere Wiederkäuer besitzen dagegen die Hilfe von anaeroben Mirkoorganismen und können so einen Großteil in Fettsäuren umwandeln und verstoffwechseln.

Zellulose – der Wunderstoff

Zellulose ist deswegen so besonders, weil sie ein biokompatibler Stoff ist, das heißt, dass sie der menschliche Körper gut annimmt und nicht durch Immunreaktionen abstößt. Chirurgisches Nahtmaterial wird deswegen aus Zellulose hergestellt und früher war sie sogar Hauptbestandteil von Dialysatoren zur Blutwäsche. Auch Baumwolle besteht zu 99% aus Zellulose.

„Zellulose wird bei einer Reihe von Anwendungen in der regenerativen Medizin verwendet wie beispielsweise im Bereich der Knorpelgewebetechnik, Knochengewebetechnik und Wundheilung“, erklären die Forscher des WPI. Dennoch müssen weitere Versuche erst zeigen, ob die komplexeren zellulosegestützten Blutgefäße aus echten Pflanzen, wie die Forscher sie in ihrem Experiment entwickelt haben, Immunreaktionen im menschlichen Körper hervorrufen können.

Ersatz für die Extrazelluläre Matrix

Die Zellulose, die nach Auswaschung der Spinatblätter zurückbleibt, dient im Spinat-Experiment als Ersatz für die sogenannte extrazelluläre Matrix (EZM) des menschlichen Körpers. Diese Matrix besteht aus Makromolekülen wie zum Beispiel Kollagen oder Elastin, Glukosaminoglykanen wie der Hyaluronsäure, aber auch Wasser, die zusammen die Grundsubstanz und Fasern bilden, die den Platz zwischen den Zellen füllen (den sogenannten Interzellularraum).

Die EZM hat vielfältige Aufgaben wie beispielsweise die Verankerung von Zellen, die Unterstützung der Zell-Zell-Kommunikation oder die Strukturgebung. Bei Pflanzen übernimmt die Zellulose die Formgebung der Zellen – sie ist Hauptbestandteil ihrer Zellwand. Da tierische Zellen keine Zellwand haben, sondern nur eine dünnere Zellmembran, bekommen sie die Stabilität also durch den Stoff zwischen ihnen.

Kompromiss zwischen Dicke und Durchblutung

Bislang ist es Forschern zwar schon gelungen menschliche Herzzellen zu züchten, aber an ihrem Stützgerüst, der Extrazellulären Matrix, sind sie gescheitert. „Eines der großen Probleme in der Züchtung von Herzmuskelgewebe ist seine Zellen ausreichend mit Blut zu versorgen“, erklärt Glenn Gaudette die Problematik. „Der Herzmuskel ist ziemlich dick. Jetzige Technologien können kein Gewebe erzeugen, das einerseits dicht genug ist, um kaputtes Herzgewebe zu reparieren und gleichzeitig kleinen Blutgefäßen erlaubt, lebenswichtigen Sauerstoff hindurch zu transportieren.“

In diesem Youtube-Video erklären die Forscher des WPI wie das umgerüstete Spinatblatt
funktioniert.

Ungeahnte Möglichkeiten der Herzinfarkttherapie

Im Spinat-Experiment der Forscher konnte jetzt jedoch gezeigt werden, dass die Zellulose der Pflanzen die menschlichen Zellen unterstützt und dazu dienen kann ihnen eine Struktur vorzugeben, entlang derer sie wachsen und überleben können, um den Herzmuskel eines Tages mit Blut zu versorgen. Durch ihre Reißfestigkeit ist sie ein idealer Stoff dafür. In Zukunft könnte diese Technik also dazu führen, dass künstlich gezüchtete Herzzellen so lange überlebensfähig sind, dass man sie bei Herzinfarktpatienten als Ersatz für abgestorbenes Gewebe implantieren kann.

Das Verfahren eröffnet aber auch völlig neue Möglichkeiten der kardiovaskulären Therapie bei anderweitig funktionsunfähig gewordenem Herzgewebe ohne auf komplette Herztransplantationen zurückgreifen zu müssen. Außerdem bringt es die Wissenschaftler einen großen Schritt bei der künstlichen Gewebezüchtung weiter. Und natürlich bietet der pflanzliche Ansatz noch einen weiteren Vorteil: er ist kostengünstig, umweltfreundlich und ethische Bedenken, die sich bei der Nutzung von tierischem Gewebe ergeben, entfallen.

Realismus statt Hype

Dennoch muss man natürlich auch hier realistisch bleiben. Ein Spinatblatt ist noch längst kein Herzgewebe. Auch, wenn man das Zellgerüst mit Herzzellen füllt, ist dies noch lange kein funktionierendes Herz. Die Wissenschaftler haben es zwar geschafft, dass die einzelnen individuell eingebrachten Herzzellen sich zusammenziehen können. Doch das heißt nicht, dass sie zusammen synchron arbeiten können und ein echtes funktionierendes Herz nachbilden. Einen sichtbaren Herzschlag sieht man nicht.

Es kann auch bis jetzt noch kein Blut durch die Spinatvenen gepumpt werden. Bislang ist es den Forschen nur gelungen roten Farbstoff in den Stiel des Spinatblatts einzubringen, um darzustellen, dass das ganze Blattgefäßsystem bis in die feinen Kapillaren mit Flüssigkeit durchzogen werden kann. Es bleibt also noch viel Arbeit und eine Menge zu erforschen bis man eines Tages vielleicht tatsächlich ein echtes Herz aus Spinat herstellen kann.

Von Spinat, Erdnüssen, Petersilie und Wermut

Nichtsdestotrotz ist den Forschen hier ein großer Schritt in der Gewebezüchtung gelungen, der zukünftige Transplantations- und Herzinfarktpatienten hoffen lässt. Auch andere Pflanzenarten könnten sich in Zukunft als nützliche Strukturgeber für eine große Reihe von Gewebezüchtungen erweisen. So konnten die Forscher neben Spinatblättern bereits erfolgreich Petersilie, süßen Wermut und Erdnusswurzeln von Pflanzenzellen befreien und als Stützgerüst verwenden. Für die unterschiedlichen Anforderungen von Studien zur Geweberegeneration bräuchte man dann nur noch die passende Pflanzensorte auswählen.

„Während das Spinatblatt besser für stark vaskularisiertes (also durchblutetes) Gewebe wie Herzgewebe geeignet ist, kann die eher zylindrische hohle Struktur des Stiels von orangerotem Springkraut besser für Arteriennachbildungen verwendet werden“, erklären die Forscher. „Dagegen können die Gefäßsäulen von Holz nützlich für die Anzüchtung Knochengewebe sein aufgrund ihrer verhältnismäßigen Stärke und speziellen Geometrie.“ Die Biomedizintechniker vermuten sogar, dass Brokkoli oder Blumenkohl als Grundlage zur Züchtung von Lungengewebe dienen können.

Nachhaltig und wirtschaftlich

Pflanzen in Zukunft als Basis der Gewebezüchtung zu verwenden hätte ökonomische und ökologische Vorteile. „Indem wir die nachhaltige Technologie von Pflanzengewebemodellen verwenden können wir die vielen Beschränkungen und auch die hohen Kosten von synthetisch hergestellten komplexen Verbundmaterialien umgehen“, erklären die Wissenschaftler.

„Pflanzen sind umweltfreundlich und können leicht gezüchtet werden, wenn man die bewährten landwirtschaftlichen Verfahren verwendet. Dies kann eine nachhaltige Lösung für zukünftige Gewebezüchtungen sein.“

Vielversprechender Ansatz für die Zukunft

Glenn Gaudette und Joshua Gershlak arbeiten derweil weiter an der Optimierung des Dezellularisierungsprozesses und führen Studien durch, um herauszufinden wie verschiedene menschliche Zellarten auf den pflanzenbasierten Stützgerüsten wachsen und ernährt werden. Sie möchten erforschen, wie sie die Herz-Spinat-Hybride stärker machen können, beispielsweise durch das Aufeinander-Stapeln von mehreren Schichten, um eines Tages das dicke Herzgewebe nachzubilden.

Gaudette und Gershlak wollen außerdem untersuchen wie sie ein zweites Gefäßsystem bauen können, damit Blut und Flüssigkeiten wieder aus dem Gewebe abfließen können. Denn die Pflanzen haben kein eigenes separates Ausflusssystem wie das venöse System unseres Körpers. Durch die Verwendung mehrerer geschichteter Blätter könnten jedoch einige als Arterien und andere als Venen agieren.

„Wir haben sehr viel Arbeit vor uns“, bemerkt Glenn Gaudette. „Doch bis jetzt sieht unser Projekt sehr vielversprechend aus. Wenn wir es schaffen die ergiebigen Pflanzen, die Bauern seit tausenden von Jahren anbauen, für die Gewebezüchtung zu nutzen, könnte das eines Tages eine Vielzahl von Problemen auf dem Gebiet lösen.“ Die ersten Forscher des WPI spazieren derweil schon in Wisconsin durch den botanischen Garten und pflücken fleißig neue exotische Pflanzen zum Testen.

Das Erklärvideo zum Thema:

 

Anmerkung: liebe Leser, dieser Beitrag erschien zunächst auf meinem DocCheck Blog.

 

 

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

Dr. med. Marlene Heckl arbeitet als approbierte Ärztin und hat an der Technischen Universität München und Ludwig-Maximilians-Universität studiert und promoviert. Seit 2012 schreibt die Preisträgerin des "Georg-von-Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus" für Ihren Blog "Marlenes Medizinkiste" und veröffentlicht Science-Videos auf Youtube und modernen social-media Plattformen, für die sie bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. Für Spektrum der Wissenschaft, Die Zeit, Thieme, Science Notes, DocCheck u.a. befasst sie sich mit aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Themen, die ihr am Herzen liegen. Kontakt: medizinkiste@protonmail.com

6 Kommentare

  1. Ein Herz aus Spinat
    Sehr interessanter Bericht, aber enthält einen Fehler: Zellulose ist ein Karbohydrat und nicht ein Eiweissstoff.

    • Hallo Frau Grimm-Jorgensen, vielen Dank für Ihre Antwort. Da haben Sie völlig Recht, da ist ein kleiner Satzbaustein durcheinandergerutscht, es sollte heißen, dass das Blatt nur noch aus Proteinen und Kohlenhydraten (damit ist die Zellulose gemeint) besteht. Jetzt sollte es passen.

  2. Toller Artikel! Er rückt die Pflanzen in ein komplett neues Licht…. wer weiß was in Zukunft noch alles so kommt.

  3. Großartig, Frau Collega Heckl, wie es Ihnen glückt, eine Brücke zu bauen zwischen dem, was in den Laboratorien erforscht wird und dem breiten Publikum, das ja schliesslich die Forschung finanziell unterstützt. Zudem ist die Schreibweise der Wissenschaftler allzu oft allzu spröde und so holperig, dass nur Eingeweihte verstehen, worum es geht. Insofern wünsche ich Ihnen weiterhin eine lockere Hand und einen gut gespitzten Schreibstift, damit das, was wir im Kämmerlein erforschen von Ihnen elegant übersetzt wird und somit von der Öffentlichkeit verstanden und hoffentlich unterstützt wird.

    • Sehr geehrter Herr Dr. Pierach,
      haben Sie vielen Dank für Ihr Lob, das freut mich wirklich sehr! 🙂
      Herzliche Grüße
      Marlene Heckl

Schreibe einen Kommentar


E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.
-- Auch möglich: Abo ohne Kommentar. +