Psychoaktive Pilze in der Suchtbehandlung?

Symbolbild

Die allermeisten von euch haben wahrscheinlich schonmal davon gehört, dass jemand in eurem Umfeld Pilze isst, bevor er oder sie auf eine Party geht oder um unter Freunden einen verrückten Trip zu erfahren. Vielleicht habt ihr auch schon Stories davon gehört, wie Leuten, nachdem sie die Pilze gegessen haben, übel wurde oder sie Angst bekamen. Diese psychoaktiven Pilze sind auch immer mal wieder Thema in der Popkultur und wurden gerade in Songs aus den 60er und 70er Jahren häufig besungen. Doch was stellen diese Pilze in unserem Kopf an? Haben sie vielleicht sogar Potential für eine Verwendung im medizinischen oder psychotherapeutischen Bereich?

Wie wirken die Pilze im Gehirn?

Der Wirkstoff, der psychoaktive Pilze psychoaktiv macht, heißt „Psilocybin“. Dieses Molekül und eines seiner Abbauprodukte (das Psilocin) sehen, wenn man sie sich mal auf dem Papier ansieht, sehr ähnlich wie einer unserer wichtigsten körpereigenen Botenstoffe aus: das Serotonin (1).
Serotonin hat eine ganze Reihe von Funktionen in unserem Körper. Eine der wichtigsten davon ist die Rolle dieses Moleküls als Neurotransmitter. Das bedeutet nichts anderes, als dass Nervenzellen in unserem Gehirn dieses Molekül produzieren und im ganzen Hirn verteilen, um die Kommunikation zwischen unseren Neuronen zu verändern.

Im Falle des Serotonins sind die Prozesse, an denen es im Hirn beteiligt ist, ganz unterschiedlich. Es kann an verschiedenen Stellen im Hirn verschiedenes bewirken, man spricht deshalb von einem modulatorischen Neurotransmitter. Es ist zum Beispiel wichtig für die Unterdrückung von Schmerzen in unserem Rückenmark oder für unseren Schlafrhythmus. Wichtig ist Serotonin vor allem aber auch für unsere Wahrnehmung von Emotionen und Verarbeitung von Sinneseindrücken.

Diese erstaunliche Ähnlichkeit von Serotonin und dem Pilzmolekül Psilocybin führt nun dazu, dass Psilocybin an den gleichen Stellen in unserem Gehirn andocken kann wie Serotonin und das teilweise sogar noch schneller und häufiger als unser körpereigener Botenstoff (1).

(Wikimedia)

Auf diese Weise schafft es Psilocybin, die Häufigkeit, mit der Regionen entlang unseres gesamten Vorderhirns miteinander Signale austauschen, zu beeinflussen. Wir nehmen das dann in Form eines Rauschzustands wahr, in welchem sich Sinneswahrnehmungen verändern oder vermischen können und in dem wir sehr starke Emotionen verspüren.

Pilze in der Suchtbehandlung

Eben diese Erfahrung ist es nun, die Forschende in den Neurowissenschaften und Behandelnde in Medizin oder Psychotherapie bereits der Entdeckung der Pilze in der westlichen Wissenschaft interessiert.

Schon häufig wurden Hypothesen zu den möglichen Vorteilen aufgestellt, die Psilocybin in der Behandlung einiger psychischen Erkrankungen haben könnte. Die therapeutischen Wirkungen sind seit Beginn dieser Forschung umstritten. Gerade sehr junge Menschen haben ein erhöhtes Risiko dafür, während eines solchen Trips paranoide Gedanken oder Angstzustände zu erleiden, auch wenn das Molekül bei Erwachsenen als überwiegend risikoarm eingestuft wird (2).

Neuste Ergebnisse weisen nun darauf hin, dass die kontrollierte und psychotherapeutisch begleitete Verabreichung von Psilocybin dabei helfen könnte, Menschen das Aufhören mit dem Rauchen zu erleichtern (3). Hierzu fanden Forschende von der Johns-Hopkins-Universität in Chicago heraus, dass schon zwei bis drei Erfahrungen mit Psilocybin im Rahmen einer Psychotherapie in der Lage waren, eine längere rauchfreie Zeit zu erwirken als die Psychotherapie allein oder herkömmliche Medikamente, die beim Rauchstop helfen sollen. In der Psilocybin-Studie schafften es 80% der Teilnehmenden über sechs Monate rauchfrei zu bleiben, was mit Urintests überprüft wurde. Nach zwölf Monaten waren es noch 67% (4).

Im Kontext der Suchtforschung ist dieses Ergebnis eine Seltenheit, da bei Studien mit Rauchern oft nur eher 30-40% der Teilnehmenden tatsächlich über die Studiendauer rauchfrei bleiben (5,6).

Vorbehalte und Fazit

So spannend und vielversprechend diese Ergebnisse auch sind, so ist es doch wichtig anzumerken, dass sie momentan allerhöchstens als Ausgangpunkt für weitere Forschung angesehen werden können. Das liegt daran, dass die Zahl der Teilnehmenden mit gerade einmal Fünfzehn sehr klein war. Außerdem erprobten die Forschenden auch die Erfolge der anderen Behandlungsmethoden nicht selbst, sondern übernahmen diese nur aus früheren Studien. Zudem ist es in den Naturwissenschaften generell üblich, ein Ergebnis erst dann als gesichert anzusehen, wenn drei oder mehr unabhängige Forschungsgruppen es bestätigen konnten.

Der Mangel an Forschung an Psilocybin hat auch damit zu tun, dass Psilocybin-haltige Pilze nach wie vor in den meisten Ländern der Welt verboten sind und Forschende aus diesem Grund häufig Schwierigkeiten haben, die Genehmigung für solche Untersuchungen zu erhalten (7).

Falls ihr also raucht und aufhören wollt, werden die Pilze für euch vorerst keine Behandlungsmöglichkeit sein. Dennoch lassen die Erfolge des ebenfalls lange verbotenen Ketamins (siehe Hirn und weg vom 09.12.2022) in der Behandlung von Depressionen natürlich viel Raum für Spekulationen.

Über weitere Entwicklungen in dieser Forschungsfrage werde ich euch natürlich gerne hier bei Hirn und weg informieren 😉.

Quellen

(1) Vollenweider, F. X. & Preller, K. H. (2018). Neurobiologische Grundlagen der Wirkung von Psychedelika. In M. von Heyden, H. Jungaberle & T. Majić (Hrsg.), Handbuch Psychoaktive Substanzen (S. 423–436). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-55125-3_70

(2) Kopra, E. I., Ferris, J. A., Winstock, A. R., Young, A. H. & Rucker, J. J. (2022). Adverse experiences resulting in emergency medical treatment seeking following the use of magic mushrooms. Journal of psychopharmacology (Oxford, England), 36(8), 965–973. https://doi.org/10.1177/02698811221084063

(3) Johnson, M. W., Garcia-Romeu, A., Cosimano, M. P. & Griffiths, R. R. (2014). Pilot study of the 5-HT2AR agonist psilocybin in the treatment of tobacco addiction. Journal of psychopharmacology (Oxford, England), 28(11), 983–992. https://doi.org/10.1177/0269881114548296

(4) Johnson, M. W., Garcia-Romeu, A. & Griffiths, R. R. (2017). Long-term follow-up of psilocybin-facilitated smoking cessation. The American journal of drug and alcohol abuse, 43(1), 55–60. https://doi.org/10.3109/00952990.2016.1170135

(5) Tønnesen, P., Tonstad, S., Hjalmarson, A., Lebargy, F., van Spiegel, P. I., Hider, A., Sweet, R. & Townsend, J. (2003). A multicentre, randomized, double-blind, placebo-controlled, 1-year study of bupropion SR for smoking cessation. Journal of internal medicine, 254(2), 184–192. https://doi.org/10.1046/j.1365-2796.2003.01185.x

(6) Hays, J. T., Ebbert, J. O. & Sood, A. (2008). Efficacy and safety of varenicline for smoking cessation. The American journal of medicine, 121(4 Suppl 1), S32-42. https://doi.org/10.1016/j.amjmed.2008.01.017

(7) Eisenstein, M. (2022). The psychedelic escape from depression. Nature, 609(7929), S87-S89. https://doi.org/10.1038/d41586-022-02872-9

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Mein Name ist Florian Walter und ich studiere Neurowissenschaften im Master an der Uni Frankfurt. Während meines Bachelors in Psychologie und in meinen klinischen Praktika habe Ich ein großes Interesse an Fragestellungen rund um das Gehirn entwickelt. Am meisten interessieren mich die Bereiche der Psychopharmakologie und der klinischen Neurowissenschaft. Ich hoffe über diesen Blog etwas von meiner Begeisterung mit euch teilen zu können!

10 Kommentare

  1. Danke. Sehr interessant. Aber sind Pilze/Trüffel wirklich so eine beliebte Partydroge? Meines Wissens sitzt/liegt man damit eher in der Ecke und starrt fasziniert vor sich hin.

    P.S. Bei der Übernahme von Fotos aus “Nature” wäre ich vorsichtig. Es könnte sich dabei um Agenturfotos handeln, für die hohe Lizenzkosten anfallen.

    • Es freut mich, dass Ihnen der Beitrag gefällt und vielen Dank für den Hinweis! Wahrscheinlich haben Sie auch recht und es wäre richtiger von einer beliebten Freizeitdroge zu sprechen.

  2. @Schleim: “Meines Wissens sitzt/liegt man damit eher in der Ecke und starrt fasziniert vor sich hin.”

    In dem Fall hat man sich mit der Höchstmenge abgeschossen, aber es funktioniert mit weniger durchaus als Partydroge, vielleicht ist wirklich mehr, bzw. weniger möglich als Bewusstseinsentwicklung.

  3. Irgendwann habe ich verstanden warum die meisten auf dem Trip raus in die Natur wollten und …, obwohl der Weg nach innen sehr viel interessanter ist. 🙂

  4. Das Phänomen ´Nahtod-Erfahrung´(NTE) lässt sich komplett als Ergebnis eines einfachen Erinnerungsvorgangs erklären – bei dem man bewusst erleben kann, wie das Gehirn einen einzelnen Reiz/Gedanken systematisch und strukturiert verarbeitet. Das ist der direkteste Zugang zum arbeitenden Gehirn, den es gibt!

    Dabei können Erlebnisse ab dem 5. Schwangerschaftsmonat dem bewussten Erinnern in genau der gleichen Reihenfolge zugänglich werden, wie sich die physikalischen Sinne entwickeln:
    Tastsinn > Hören > Sehsinn > Geburt(indirekt) > erste Sozialerfahrungen > … …
    (Buch-Quelle: Kinseher Richard ´Pfusch, Betrug, Nahtod-Erfahrung´)

    Interessant ist – dass Erfahrungen welche nach der Verwendung von psychedelischen Drogen berichtet werden – sehr gut mit solchen Erlebnissen übereinstimmen, wie sie bei NTEs konkret der frühen Kindheit zugeordnet werden können.
    Denn dies bedeutet, dass psychedelische Drogen selektiv(!) Gedächtnisinhalte /-zustände aus der frühen Kindheit reaktivieren. Und damit kann man z.B. auch verstehen, warum psychedelische Drogen in niedriger Dosierung sehr schnell und effektiv gegen leichte und mittlere Depression helfen:
    Denn damit wird ein RESET des Gehirns zurück in ein Alter ausgelöst – als diese betrefende Person noch gesund war (ohne Depression).

    (Auch Mausversuche deuten darauf hin, dass psychedelische Drogen das Gehirn zurück in ein frühes Zeitfenster versetzen:
    http://www.spektrum.de/news/drogen-zeitreise-fuers-gehirn/2156406
    DOI: 10.1038/s41586-023-06204-3 Psychedelics reopen the social reward learning critical period )

  5. KRichard: “Denn damit wird ein RESET des Gehirns zurück in ein Alter ausgelöst – als diese betrefende Person noch gesund war (ohne Depression).”

    Ja, diese Wirkung/Bewusstseinsbetäubung ist absolut im Rahmen der psychedelischen Drogen, aber es geht noch weiter “zurück”.

  6. Der Nature Neuroscience Artikel Psychedelics promote plasticity by directly binding to BDNF receptor TrkB kommt zu folgendem Resultat: Ähnlich wie bei traditionellen Antidepressiva regen Psychedelika neues Wachstum sowohl bei Baby- als auch bei reifen Neuronen an. Aber die neuroplastischen Substanzen waren 1.000-mal effizienter als Prozac, wenn es um einen wichtigen molekularen Hub, TrkB, ging. Mit nur einer einzigen Dosis erhöhten die Medikamente die Stimmung bei Mäusen unter chronischem Stress und reduzierten eine zuvor etablierte Angst. Als LSD jedoch genetisch von einer kritischen Proteinstelle befreit wurde, verlor es seine psychedelische Wirkung, behielt aber seine neuroplastische Wirkung.

    Es ist noch früh, Psychedelika als Antidepressiva neu zu konfigurieren. Aber die Ergebnisse “öffnen einen Weg für strukturbasiertes Design”, der unerwünschte Halluzinationen umgehen und gleichzeitig schnelle und langlebige Antidepressiva entwickeln kann, schreibt das Forschungsteam.

    BDNF oder Gehirn-abgeleiteter neurotropher Faktor ist entscheidend bei dieser neuroplastischen Wirkung, die unter anderem auch Depressionen überwinden lässt.

    BDNF handelt nicht allein. Es flottiert außerhalb von Neuronen. Es ist TrkB, ein Protein, das normalerweise tief in den Neuronen liegt, bis es Zeit ist, an die Neuronenoberfläche zu steigen – buchstäblich. Einmal auf der Oberfläche von Neuronen fängt es schwimmendes BDNF ein. Die Vereinigung löst dann eine Kaskade von Molekülen aus, die dem Neuron helfen, sich zu verzweigen und zu wachsen. Ähnlich wie die Wurzeln einer wachsenden Basilikumpflanze ist TrkB der Schlüssel, um Gehirnzellen Nährstoffe aufnehmen zu lassen, um das Wachstum zu fördern.

    Die meisten herkömmlichen Antidepressiva wie Celexa, Lexapro, Zoloft und Prozac wirken auch neuroplastisch. Diese Medikamente, die als SSRIs (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) bezeichnet werden, verstärken aber vor allem eine Chemikalie namens Serotonin, indem sie ihr Recycling blockieren, um das Niveau im Gehirn zu erhöhen und die Stimmung zu steigern.

    Die neue Studie konzentrierte sich auf diese beiden Wege: das neuroplastische TrkB und das klassische Serotonin.

    Mit einer Vielzahl von Experimenten bestätigte das Team zunächst, dass Psychedelika TrkB in Zellen in Petrischalen eingreifen. Stellen Sie sich TrkB als schwebende Papierstücke vor – zwei müssen vereint werden, um das wachstumsunterstützende BDNF zu aktivieren. Überraschenderweise war LSD im Vergleich zu herkömmlichen Antidepressiva in der Lage, die Papierstücke zusammenzukleben und TrkB zu stabilisieren, so dass es BDNF besser eingefangen hat. Eine Proteinstelle war kritisch. Nach der Mutation konnte LSD das TrkB-Duo nicht mehr organisieren.

    Fazit? LSD nimmt zwei Pfade im Gehirn: Eine, die von BDNF und TrkB organisiert wird, fördert das neuronale Wachstum und die Neuroplastizität. Der andere entfesselt Serotonin, das hilft, neuronale Netze neu zu organisieren, aber auch einen Trip auslösen kann.

    Wir können jetzt eine neue Ära von Antidepressiva entwerfen, die TrkB “mit einer schnellen und lang anhaltenden Antidepressiva-Wirkungen auslösen, aber möglicherweise frei von halluzinogenen Aktivitäten sind”, sagte das Team.

  7. Wir können jetzt eine neue Ära von Antidepressiva entwerfen, die TrkB “mit einer schnellen und lang anhaltenden Antidepressiva-Wirkungen auslösen, aber möglicherweise frei von halluzinogenen Aktivitäten sind”, sagte das Team.
    So ganz will sich mir diese Logik nicht erschliessen.
    Mit den schlechten werden ja auch die guten Trips ausgeschlossen – keine Halluzinationen, keine “tiefen Einsichten”.
    Ergo dürfte sich “das neuronale Wachstum und die Neuroplastizität” auf die alten Inhalte, die vorhandene Depression, bzw.was davon “übrig” ist, beziehen.

    @Martin Holzher, wissen sie etwas darüber, ob es da auch um “Inhalte” ging, also inwiefern auf mentale Bedürfnisse, rsp. Strukturen/Gewohnheiten eingegangen wird?

    In der Ergo-Ausbildung habe ich vor fast 30 Jahren schon gelernt (Makrame, diese Schnüre, aus denen man Blumenampeln knotet…), dass sich die Suizidgefahr bei Depressiven deutlich erhöhen kann, wenn sie, dadurch dass ein Medikament greift, genug “Aktivität” zusammen bekommen, um den Schritt zu gehen, für den sie vorher zwar bereit waren, aber nie die nötige “Kraft” aufbrachten.

    Ich kann zwar gut nachvollziehen, dass man die Gefahr eines “schlechten Trips” ausschliessen möchte – aber besteht nicht genug “Evidenz” dafür, dass so was eine Frage des Settings ist? (Ich kann mich daran erinnern, dass das früher als “die Lösung” galt, hat sich da was geändert?)

    Man kann “das Setting” doch nicht einfach ignorieren, also dass der Mensch überhaupt nur in einer Umgebung, einem “Setting” existiert.
    Und sich seinen Kram zusammen halluziniert, sich was einbildet, einfach weil er denkt und depressiv ist, schon ganz ohne Drogen.
    Was für eine Art Änderung wird da angestrebt?

    Ich hab ja eigentlich schon eher eine Art “mechanistisches Weltbild”, finde Neurophysiologie nicht nur nützlich, auch “stimmig” – aber ein Auto muss doch nicht nur fahren können, es braucht außer einer Straße doch auch ein Ziel.
    “Der Weg ist das Ziel” gilt nur, wenn man zu Fuß ist; “fahren” ist nicht ankommen.
    (Bei einer Gangmeditation kann man gehen und gleichzeitig innehalten; aber ein Anti-Depressiva bringt einen doch nicht zum “Glück”.)

    Ich fürchte, so wie es keine Nicht-Kommunikation gibt (und keine nicht-Manipulation wenn man handelt) kann es doch eigentlich keine “nicht Halluzination” geben, die – ausgerechnet durch ein Psychopharmaka – ausgelöst wird. (Ne “Realitätspille”?)

    “Paradigmenwechsel” als Heilung – ne Pille, oder eher einen Pilz, gegen Einbildung halte ich grundsätzlich schon für möglich.
    Aber so was muss man dann halt leben, den Wechsel, sonst passiert es nicht.

    Wir müssen einen Konsens zwischen unserer Wahrnehmung und der der anderen hinbekommen, um als “geistig gesund” durchzugehen. Als “Halluzination” wird normalerweise eine Wahrnehmung bezeichnet, die so subjektiv ist, dass sie von anderen nicht wahrgenommen wird.
    Das macht unsere (“normale”) individuelle Wahrnehmung aber ja nicht realer, das sollte man doch nicht vergessen.

    War nicht der Sinn des Einsatzes von Halluzinogenen, sich der Einbildungen bewusst zu werden und damit eine innere Umbildung zu initiieren? Die dann halt eine “umfasende Qualität” hat; ein Selbstläufer, weil auf “Einsicht in sich selbst” beruhend. (Ist das inzwischen ne Art Anachronismus? Ich kann mich halt noch an Timothy Leary erinnern.)

    Da fand ich den “direkten Einsatz von Serotonin” eindrucksvoller – wenn ich die Anwendung von Pilzen so nennen darf. Auch wenn das Anwendungsgebiet in dem Fall was ganz anderes war.
    Obwohl – beim zweiten Beispiel stand ja (von mir in Frage gestellt), die “Prägende”, also modulierende Wirkung im Vordergrund.
    Sich das Rauchen abzugewöhnen ist aber ja eigentlich Königsdiziplin, was die “Modulation der Gewohnheiten” angeht.

    Wobei es im zweiten Beispiel um LSD und nicht Psiloczybin ging, wenn ich das richtig verstanden habe?
    @Martin Holzherr, wissen sie da mehr, gilt das “Prägende” für beide? (Oder nur für die gentische Variation von – Mutterkorn, dem Roggenpilz? Kann ich “die Einwirkung auf TrkB” generalisieren und die “genetische Veränderung” weg lassen und es auf Psilocybin-Pilze beziehen? Oder geh ich da zu weit?) “Wirkweise” ist ja nicht gleich “therapeutischer Einsatz”.

    @Florian Walter, wurden auch andere “Gewohnheiten” moduliert?
    Gab es die Psychotherapie nur um mit dem Rauchen aufzuhören? Oder im Kontext von z.B. Depression/Angst/Zwang/PTBS?

    • @Viktualia: “War nicht der Sinn des Einsatzes von Halluzinogenen, sich der Einbildungen bewusst zu werden und damit eine innere Umbildung zu initiieren?”

      Bewusst sollte man sich der Halluzinationen schon sein, es geht bei Depressionen aber viel mehr um die unbewussten Aspekte, die dann von innen UND außen umgebildet werden, wenn die Therapie grundsätzlich nach einer “sensibilisierenden” und entsprechend dosierten Wirkzeit beginnt, dann ist der Wegfall von Halluzinationen sicher ein Vorteil.
      🙂👍

    • Erst einmal vielen Dank für diese rege Diskussion. Es freut mich sehr, dass mein erster Beitrag hier auf so viel Interesse stößt.
      Die Frage, inwieweit der psychoaktive Aspekt der Psychedelika für den therapeutischen Effekt relevant ist, ist eine spannende, die allerdings auf Basis der momentanen Datenlage nur schwer zu beantworten ist. Ich bin diesbezüglich momentan nicht auf dem neuesten Stand der Dinge. Allerdings weiß ich von Präzedenzfällen, wie etwa dem Einsatz des nicht-psychoaktiven 2-Bromo-LSD in der Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen. Dies zeigt zumindest, dass auch nicht-psychoaktive Derivate psychedelischer Substanzen mit hoher Affinität an Neurorezeptoren wirken können. Inwieweit sich dies auf die Behandlung psychischer Erkrankungen übertragen lässt, sei erst einmal dahingestellt. Sollte das Interesse an dieser Fragestellung aber so rege sein, kann ich auf dieses Thema gerne in einem zukünftigen Beitrag eingehen. Es gibt zu diesem Thema meiner Kenntnis nach nämlich durchaus laufende Forschungsprojekte.
      Um auf Ihre Frage einzugehen: Aus der Studie geht nicht hervor, was die spezifischen Themen der Therapiesitzungen waren, auch wenn der Fokus hier eindeutig auf der Nikotinsucht lag. Zudem war eine Vorgeschichte von schweren psychischen Erkrankungen ein Ausschlusskriterium in dieser Studie, weshalb hier keine Behandlung von schweren Ängsten, Depressionen oder ähnlichem stattgefunden haben wird. Dies hätte ja potenziell auch die Ergebnisse verzerren können. Es gibt aber durchaus erste Ergebnisse für den Einsatz von Psilocybin in der Behandlung anderer psychischer Erkrankungen. Interessierte könnten hierbei etwa die momentan laufende EPISODE-Studie im Auge behalten, die meiner Kenntnis nach eines der größten Projekte zu diesem Thema ist. Auch aus dem “Centre for Psychedelic Research” gibt es zu diesem Thema Studien.

      Freundliche Grüße!

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