Vom Aufstieg und Fall des Pascal Jaussi

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Vor 10 Monaten schrieb ich über den Schweizer Start-Up-Gründer Pascal Jaussi und seine Firma S3, gegen die im Monat zuvor das Konkursverfahren eingeleitet worden war. Gegen Jaussi war von der Staatsanwaltschaft Freiburg ein Verfahren eingeleitet worden. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den Firmenchef, dass er eine Gewalttat gegen ihn, die ein halbes Jahr zuvor stattgefunden haben sollte, vorgetäuscht haben soll.

Danach verlor ich diese Sache etwas aus den Augen, habe aber nun eine sehr detaillierte Recherche vom Aufstieg und Fall des Unternehmens und seines Gründers gefunden, die bereits am 29.6.2017 in der Sonntagsausgabe der Schweizer Zeitung “Le Matin” veröffentlicht worden ist (Link). Lesenswert ist dieser Bericht aber immer noch, auch wenn er schon 6 Monate alt ist.

Der Bericht der Journalistin Camille Krafft ist auf französisch. Ich habe leider nichts Aktuelles auf Deutsch oder Englisch gefunden. Man muss etwas Zeit mitbringen, denn die Recherche ist umfangreich. Es sind auch einige Dinge erwähnt, die einem Nicht-Schweizer befremdlich vorkommen, beispielsweise die geschickte Nutzung des Misstrauens der französischsprachigen Westschweizer gegenüber der deutschsprachigen Mehrheit (siehe Kapitel 4).

Ein besonderes Geschmäckle hätte die Rolle der Rüstungsfirma Dassault Aviation, falls die Darstellung im Bericht in “Le Matin” zutrifft. Demnach (siehe Kapitel 2) machte das französische Unternehmen seinen Einstieg bei S3 davon abhängig, dass die Schweiz sich bei der anstehenden Beschaffung neuer Kampfflugzeuge für die Schweizer Streitkräfte für die von Dassault produzierte Rafale entscheidet.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

2 Kommentare

  1. Pascal Jaussi’s Projekt eines Mini-Shuttles 1) für den Transport einer Minirakete, die am Scheitelpunkt der Shuttlebahn in den Orbit abhebt und 2) für den Einsatz des Mini-Shuttels als schnelles Passagierflugzeug
    war konzeptionell kompliziert, hätte viel Ingenieursarbeit vorausgesetzt und wäre sehr teuer geworden.
    Erstaunlich an diesem Projekt ist wenn schon, dass es Jaussi gelungen ist, viele Leute und Firmen an das Projekt glauben zu lassen oder wie der Astronaut Claude Nicollier sagt: «Pascal glaubte wirklich an sein Projekt», schreibt Nicollier. «Sehr viele Leute haben sich von seinem Traum mitreissen lassen.»
    Tatsächlich gründete Jaussi ja eine Filiale in den USA und eine Tochterfirma in Kroatien. Die letzten 6 Monate vor Konkurs erhielten die S3-Mitarbeiter scheinbar kein Geld mehr. Jaussi zauberte dann mysteriöse zukünftige Kreditgeber aus Singapur und Iran herbei. Ohne Jaussis Enthusiasmus/Hochstapelei und ohne sehr viele Leute und Firmen, die sich von ihm (gegen die Vernunft/den gesunden Menschenverstand) überzeugen liessen, hätte die Firma niemals die nötige Publizität erhalten und die erhaltene Publizität wiederum ermöglichte ihm sein Schneeballsystem weiter auszubauen.

  2. Das „versteckte“ Misstrauen in den Beziehungen zwischen der Welsch- und der Deutschschweiz findet man auch in der (nicht immer optimalen) Zusammenarbeit zwischen Paris und Berlin. Die Schweiz muss sich wieder vermehrt der deutsch-französischen Zweisprachigkeit zuwenden, und auch die BRD muss erkennen, dass die englische Sprache kein ideales Vehikel für geschäftliche und private Beziehungen zu Frankreich darstellt.

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