NASA zieht bei MSR die Reißleine

Computergenerierte Darstellung aller Elemente der MSR-Mission: Hubschrauber zum Einsammeln der Probenbehälter, Mars-Rover Perseverance, Landeplattform MAV und Orbiter ERO, Quelle: NASA

Es hat sich schon seit Monaten angekündigt – jetzt ist es offiziell: Die NASA hat eine interne Untersuchung zur geplanten Mission Mars Sample Return (MSR) abgeschlossen. Diese bestätigt die Ergebnisse einer unabhängigen Untersuchung vom September vergangenen Jahres, nach der die Kosten des Projekts auf 8-11 Milliarden Dollar gestiegen sind. 

Bei solchen Kosten müsste man das Projekt so weit strecken, dass Bodenproben vom Mars erst 2040 auf der Erde wären. Solche Kosten und diese Dauer sind nicht hinnehmbar. Jetzt werden erst einmal alle NASA-Zentren und die (US-)Industrie aufgefordert, Vorschläge zu unterbreiten, wie man MSR abgespecken und in größerem Umfang erprobte Technik einsetzen könnte. IIn diesem Zusammenhang schaut man sich die Rückstartrakete MAV (Mars Ascent Vehicle) besonders genau an.

Computergenerierte Darstellung aller Elemente der MSR-Mission: Hubschrauber zum Einsammeln der Probenbehälter, Mars-Rover Perseverance, Landeplattform MAV und Orbiter ERO, Quelle: NASA
Computergenerierte Darstellung aller Elemente der MSR-Mission: Hubschrauber zum Einsammeln der Probenkanister, Mars-Rover Perseverance, Landeplattform MAV und Orbiter ERO, Quelle: NASA/JPL-Caltech

Auch die ESA ist betroffen

Die Notbremse bei MSR betrifft auch die ESA: Diese ist an MSR beteiligt. Sie sollte den ERO (Earth Return Orbiter) stellen: eine große Sonde, die zum Mars fliegt, in eine niedrige Bahn um den Planeten geht, dort den vom MAV gestarteten Probenbehälter findet und einfängt, dann dem Mars entflieht und wieder zurück zur Erde fliegt.

Ursprünglich sollte der ERO die Eintrittskapsel mit dem Probenbehälter gezielt in einer Wiedereintrittsbahn zur Erde entlassen. Zuletzt aber war die geplante Parkbahn ein DRO im Erde-Mond-System, was die Sache erheblich komplizierter machte. 

Neuer Zeitplan für MSR?

Angedacht ist jetzt eine Verschiebung der Starts sämtlicher Elemente. Der ERO würde demnach nur leicht verspätet im Jahr 2030 starten, die Landeplattform mit dem MAV aber erst 2035. Vor 2040 könnten keine Bodenproben zurückgebracht werden. An diesem Problempunkt lässt sich also offenbar nichts mehr ändern. Hoffentlich aber an den Kosten, wobei ich mir nicht sicher bin, ob diese Hoffnung realistisch ist. Beim JWST ließen sich sich trotz aller Versuche die Kosten nicht mehr drücken.

Ein weiteres Problem könnte die Lebensdauer des Mars-Rovers Perseverance sein, der seit Februar 2021 im Krater Jezero auf dem roten Planeten ist. Zu seinen Aufgaben zählt die Entnahme und Lagerung von Bodenproben. Mitte der 2030er Jahre wäre Perseverance mehr als 15 Jahre alt, weit jenseits seiner vorgesehenen Lebensdauer. 

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

7 Kommentare

  1. Interessant diese Informationen. Die Zeit zwischen Planung und Ausführung ist also die entscheidende Größe.
    “Mitte der 2030er Jahre wäre Perseverance mehr als 15 Jahre alt,”
    Jeder Elektroniker weiß, dass Transistoren und Kondensatoren altern.
    Ob damit der Traum vom Mars ausgeträumt ist ?

  2. Nasas Budget im Jahr 2020 war $22.6 Milliarden Dollar, während Google im Jahr 2020 allein mit Werbung 150 Milliarden Dollar einnahm. Die Nasa hat also gar nicht so viel Geld zur Verfügung, auch wenn spektakuläre Bilder von Raketenstarts (Artemis?) und Marsrover-Fahrten bein Zuschauer einen anderen Eindruck erwecken. Bei diesem finanziellen Hintergrund wird klar, dass sich die Nasa eine 10 Milliarden teure Mars Sample Return – Mission gar nicht leisten kann.
    Im übrigen zeigt die jüngere Geschichte der Nasa, dass private Raumfahrtunternehmen trotz ihrer spekulativen Unternehmen mehr mit dem Geld machen als die Nasa, dass Unternehmen wie SpaceX, Blue Origin, Rocket Lab, etc. also gewisssrmassen die Davide sind und Nasa der altersmüde Goliath. Deswegen sind die Nasa-Programme, welche die private Raumfahrt miteinbeziehen und sie mitfinanzieren, wohl das beste, was die Nasa macht.
    Siehe dazu etwa Seven US Companies Collaborate with NASA to Advance Space Capabilities

  3. Ach, lasst das den Musk machen. Der will bis 2030 bereits den Mars besiedelt haben. Dann können die Siedler alle gewünschten Daten liefern. Und um eine Rückkehr-Mission, sei es Material oder Mensch, braucht man sich bei Musk nicht zu kümmern.

  4. Schade, dass dies von Anfang an eigentlich klar war. “Irgendwann später mal” sollen die Samples, die einfach so auf dem Boden vom Mars herum liegen (werden sollen) aufgesammelt (mit einem KI Roboterarm?) und dann heim geschifft.
    Das war von Beginn an etwas lächerlich.

  5. Ernsthaft?! Rendezvous des ERO mit Gateway? Sensationelle Enthüllung, wurde dazu bereits was veröffentlicht? Erinnert an Missionsplanungen in den 80ern, damals Rendevous mit der noch zu bauenden Raumstation.

    Womöglich ein zusätzliches Indiz für den katastrophalen Zustand des MSR Projekts und ein weiterer verzweifelter Versuch dem Gateway einen rationalen Anstrich zu geben.

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