Cassini entdeckt Merkwürdigkeit auf Titan
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Die NASA-Saturnsonde Cassini hat in Ligeia Mare, einem Meer aus Kohlenwasserstoffen auf dem größten Saturnmond Titan, ein sehr merkwürdiges Phänomen entdeckt. Ligeia ist über Hunderttausend Quadratkilometer groß und enthält kein Wasser. Dafür ist es auf Titan mit 90 K viel zu kalt. Es handelt sich um Meere aus Kohlenwasserstoffen, vorwiegend flüssiges Methan und Äthan. Titan hat als einziger Mond im Sonnensystem eine dichte Atmosphäre, deren Oberflächendruck etwa 50% höher als der Luftdruck an der Erdoberfläche ist. Deswegen können dort Stoffe als Flüssigkeit überdauern. Auch die Stickstoff-Atmosphäre ist reich an Kohlenwasserstoffen.
Cassini kann Titan nicht kontinierlich untersuchen, sondern nur bei den periodischen nahen Vorbeiflügen. Jeder einzelne Umlauf unterscheidet sich mehr oder weniger vom vorhergehenden und wird so geplant, dass sich ein Maximum an wissenschaftlichen Beobachtungsmöglichkeiten ergibt. Die Sonde ist mit unterschiedlichen Instrumenten ausgerüstet. Für Titan mit seiner für sichtbare Wellenlängen undurchdringlichen Dunstglocke ist das “synthetic aperture radar” (SAR) von besonderer Bedeutung. Mit einem SAR können Radar-“Bilder” gemacht werden, die allerdings anders interpretiert werden müssen als optische Aufnahmen. Dunkle Gebiete in einer SAR-Aufnahme sind typischerweise sehr glatt, sodass die ausgesandten Radarwellen von dort nicht zum Empfänger zurückgestreut werden. Helle Gebiete sind dagegen rau; von dort aus findet eine mehr oder weniger intensive Reflexion in Richtung der Raumsonde statt.
Auf der Titan-Oberfläche sind die dunklen Gebiete in SAR-Aufnahmen entweder die Maria mit ihrer flüssigen Oberfläche oder Tiefebenen, die vielleicht ähnlich wie ein irdisches Sumpfgebiet nur zeitweise überflutet werden und danach trocken fallen. Die hellen Gebiete sind Festland: Inseln und Berge, die aber nicht aus Gestein, sondern aus Eis bestehen. Auf Titan ist alles ähnlich wie auf der Erde, aber alles ist anders als auf der Erde. Eine paradoxe Welt, auf der man Vieles merkwürdig finden wird.
Die aktuelle Merkwürdigkeit ist aber selbst für titanische Verhältnisse bemerkenswert.
Die Veränderung der Küstenlinie, die in den Aufnahmen über Jahre hinweig sichtbar ist, hat eine Ausdehnung von etwa 160 Quadratkilometern. Es handelt sich also um ein recht großes Gebiet und eine recht kurze Zeitskala.Wie man oben sieht, war 2007 noch nichts zu sehen. Auch in Aufnahmen bis 2009 war nichts zu entdecken. Im Juli 2013 tauchte es in einer SAR-Aufnahme auf. Spätere Untersuchungen im selben Jahr mit einem abbildenden IR-Spektrometer und mit SAR geringerer Auflösung zeigten wieder nichts. Im August 2014 wiederum sieht man wieder etwas, wenn sich auch die Situation gegenüber Julki 2013 zu verändert haben scheint. Man muss immer bedenken, dass es sich hier um Radarmessungen handelt. Da kann die Abbildung schon sehr stark vom Winkel abhängen, mit dem Cassini über diese Region hinwegflog.
Die Ursache des Phänomens ist unbekannt. Es gibt zahlreiche Theorien, von denen aber keine schlüssig belegt ist. Die erste Frage ist immer, ob es sich um ein Artefakt bei der Messung oder Datenverarbeitung handelt. Das allerdings meinen die beteiligten Wissenschaftler ausschließen zu können.
Weitere Information
Ligeia für die, die sich nicht für Astronomie interessieren
Ja Titan ist in Bezug auf Atmosphäre und Hydrosphäre wie eine Tieftemperatur-Kopie der Erde. Bei dieser Atmosphäredichte muss man nicht wie beim Mars überdimensionierte Fallschirme benutzen um einen Erkunder zu landen. Und als Erkundungsfahrzeuge könnte man sich auf dem Titan auch Ballone, Boote oder sogar Unterseeboote vorstellen. Nur die Gravitation ist im Vergleich zur Erde sehr gering, nämlich vergleichbar mit derjenigen des Erdmondes. Die Kombination von dichter Atmosphäre und geringer Anziehungskraft könnte man für eine völlig Art der Landung auf dem TItan ausnutzen: Man könnte kleine leichtgewichtige Erkundungskörper in Form von kleinen fortbewegungsfähigen Kugeln oder passiven Sensoransammlungen einfach in die Titanatmosphäre streuen, ihre Signale nach der Landung mit einem umlaufenden Satelliten auffangen und so einen Grossteil der Titanoberfläche gleichzeitig von nah erkunden.
Die Bilder erinnern ein wenig an den Aralsee, der langsam am austrocknen ist: http://www.geolinde.musin.de/raummenschnatur/aralsee/landsat_aral_triptych.jpg
Bei dem Phänomen auf Titan handelt es sich jedoch vermutlich nur um jahreszeitliche Schwankungen. Wobei zu beachten ist, dass die vier Jahreszeiten auf Titan jeweils rund 7,5 Jahre dauern, weil der Saturn – und damit auch sein Mond Titan – für einen kompletten Umlauf um die Sonne ca. 30 Jahre benötigen.
Auch SPON beschäftigt sich nun im Artikel Saturnmond Titan: Das mysteriöse Ding im See mit dem Nessie vom Loch Ligea mare.