Buzz live!
BLOG: Go for Launch
Ehrensache, dass ich mir den Liveauftritt von Buzz Aldrin nicht entgehen lasse, wenn er schon in der Nähe meines Wohnorts einen Vortrag hält. Ich ging da nicht in der Erwartung hin, viel Neues über das Apollo-Programm zu erfahren. Ich wollte einfach mal den Mann selbst auf mich wirken lassen.
Man kann lange über die politischen, technischen oder wissenschaftlichen Dimensionen von Apollo philosophieren und dabei viel Gescheites zu Papier bringen. Aber es waren halt immer noch drei Menschen, die sich da auf den Weg machten und etwas atemberaubend Kühnes angingen. Sie setzten sich in eine Maschine und verließen die Erde. Sie flogen zu einem anderen Himmelskörper, wo zwei von ihnen landeten und ausstiegen. Und dann kamen alle drei wieder heil zurück.
Ist das nicht unglaublich phantastisch? Der wichtigste Moment der Menschheitsgeschichte. Sicher – an dieser Unternehmung waren zehntausende Menschen beteiligt. Aber es waren nur drei, die sich selbst auf den Weg machten. Es hätte sehr wohl ein Weg oder Wiederkehr sein können. Apollo XI startete nur 12 Jahre nach dem ersten Erdsatelliten überhaupt, und 8 Jahre nach dem ersten Weltraumflug eines Menschen. Hier lief die technische Entwicklung in wilden Sprüngen ab.
Die Technik, der die Astronauten ihr Leben anvertrauten, gab es wenige Jahre zuvor noch gar nicht. Alles musste unter Zeitdruck entwickelt werden. Manches hastiger als es wünschenswert war. Das wussten Armstrong, Aldrin und Collins genau. Was für ein Kaliber haben also die Männer, die es sich am 16. Juli 1969 im Kommandomodul oben auf der Saturn-V-Raketen bequem machten?
Offenbar will nicht nur ich das wissen. Das Forum im Technikmuseum Speyer, ein umgebauter Flugzeughangar, ist am 4. Oktober 2014 um 16 Uhr voll bis auf den letzten Platz.Ich sehe unter den Wartenden eine Menge meiner Kollegen vom ESOC und Eumetsat. Auch die lokale Amateurastronomieszene ist gut vertreten. Jede Menge bekannter Gesichter. Eine Menge junger Leute ist gekommen, sogar Kinder. Und eine Menge Journalisten.
Der Mann, auf den alle warten, ist jedoch noch nicht da. Die Journalisten nehmen solange mit Felix Baumgartner vorlieb. Um 16:05 fährt draußen eine Maybach-Limousine vor. Ihr entsteigen einige Männer darunter ein sehr alter. Nach weiteren zehn Minuten Hin und Her betritt der Tross den Saal. Wer hinten sitzt, sieht gar nichts, denn Buzz Aldrin ist kein Hüne. Die hochgereckten Arme der Zuschauer in den vorderen Reihen mit ihren Handys verdecken ihn komplett.
Die zwei Begrüßungsreden sind kurz. Dann ist der alte Herr dran. Er wirkt deutlich jugendlicher als seine mittlerweile 85 Lenze. Ich hätte ihn auf Anhieb gar nicht erkannt mit sinem Vollbart.
Aldrins Vortrag ist professionell und routiniert. Den hält er bestimmt nicht zum ersten Mal. Er beginnt mit seiner Kindheit. Fliegerfamilie, der Vater nimmt ihn als Zweijährigen in seinem Dienstflugzeug, einer Lockheed Vega mit. Nach der High School geht er zur Militärakademie in West Point, die er mit einem Maschinenbaudiplom als Dritter seines Jahrgangs abschließt. Nur Dritter? Eigentlich heißt es doch in Amerika: “Second winner is first loser.” Das gilt offenbar nicht für West Point.
Es folgt sein Einsatz in Korea, wo er in 66 Einsätzen mit einer F86 zwei MiG 15 abschießt. Etwas peinlich wirkt die Kunstpause nach dieser dramatischen Ankündigung. Die Anwesenden scheinen nicht zu wissen, dass sie jetzt in spontanen Jubel ausbrechen wollen. Der Vortragende kann mit der unerwarteten Stille aber nichts anfangen. Der Vortrag ist offensichtlich auf eine US-Zuhörerschaft zugeschnitten. Vereinzelt wird dann schließlich doch noch geklatscht, sodass es weiter gehen kann.
Nach seiner Stationierung auf der US-Luftwaffenbasis in Bitburg (da gibt’s nochmals Applaus) promoviert Aldrin beim MIT in Raumfahrttechnik (An dieser Stelle gibt es wilden Applaus aus Reihe 10, Platz 4) zum Thema der “Steuerung bei bemannten Rendezvousoperationen im Orbit”. Ins Astronautenprogramm kommt er 1963 – in die dritte Astronautengruppe kommt man auch ohne Testpilotenerfahrung.
Sein erster Raumflug ist Gemini XII, zusammen mit Jim Lovell. Dabei erfindet er nach eigenem Bekunden das Selfie. Danach geht es nur noch um seinen zweiten Raumflug – Apollo XI. Die Zuhörer hören gebannt zu. Das Bildmaterial ist klasse. Jedes Slide ist eine bekannte, historische Aufnahme. Aldrin bringt kein Wort zu viel. Jeder Gag, jede Anspielung sitzt.
Die Sache mit dem abgebrochenen “circuit breaker” – hochdramatisch. Immerhin hing daran die Entsicherung des Triebwerks der Rückkehrstufe. Das Problem wurde mit einem Filzstift gelöst, und Aldrin bedauert noch heute, dass die Mannschaft damals die Meldung an die Bodenkontrolle nicht mit den Worten “Houston, we have a problem” einleitete.
Aldrin erklärt nicht nur (was eher unnötig ist) den Witz, den er nach der Startfreigabe von der Mondoberfläche machte “We are number one on the runway”, sondern auch das bekannte Oxymoron “magnificent desolation“. Magnificent – die Leistung so vieler Menschen, die am Ende zur erfolgreichen Mondlandung führte, desolation – die Trostlosigkeit der uralten, unbelebten Mondlandschaft.
Überhaupt betont er immer wieder den überragenden Wert der Kooperation. Das Programm Apollo ist ein Erfolg der Kooperation, bei dem die vereinte Leistung Zehntausender Menschen zählt. Er betont auch den friedlichen Charakter des Mondprogramms, auch wenn es seinen Ausgang im kalten Krieg und der Konfrontation der Supermächte hatte. Es zählt für Aldrin die Symbolik: Das Mission Patch von Apollo XI ist ein Weißkopfseeadler, der einen Ölzweig in den Klauen hält. Die Astronauten lassen auf dem Mond Artefakte zurück, darunter Gedenkmedaillen für Gagarin und Komarov.
Mit einer scherzhaften Anspielung macht er klar, dass er annimmt, die nächsten Raumfahrer auf dem Mond werden chinesisch sprechen. Die Führungsrolle der USA sieht er allerdings nach wie vor in der bemannten Weltraumforschung als gegeben an. Trotz seiner politischen Verortung, die angesichts seiner Vita nicht überraschen dürfte, misst er aber der internationalen Zusammenarbeit hohen Wert bei. Das hört man in dieser Klarheit nicht unbedingt von allen Republikanern.
Aldrin verdient ganz gut an seinen Vorträgen, und er nutzt die Gelegenheit (allerdings nur am Ende), um sein neues Buch und sein Computerspiel anzukündigen. Zuvor geht er aber auf seine Vision zur bemannten Erforschung des Mars ein, die auch Thema seines Buchs “Mission to Mars” ist. Zentrales Element des Programms sollen sogenannte Cycler sei, große Raumschiffe auf Bahnen, die periodische Vorbeiflüge an Erde und Mars absolvieren und von denen manche (Aldrin: ja, ich (irrelevanterweise): nein) einen großen Nutzen für bemannte Marsmissionen erwarten.
Am Ende werden ein paar Fragen zugelassen. Dabei kann Aldrin nicht nur auf erprobte Routine zurückgreifen, sondern er muss improvisieren und wirkt dabei deutlich weniger schlagfertig. Seine Ehrlichkeit ist sympathisch: Auf die Frage, was er denn gesagt hätte, wenn er der erste Mann auf dem Mond gewesen wäre, gab er offen zu, dass er dazu literarisch und philosophisch beschlagenere Hilfe in Anspruch genommen hätte. Er betont aber, dass der Ausspruch “magnificent desolation” durchaus von Herzen kam und auch in diesem Szenario seinen Platz gehabt hätte. Warum die Ehre, der erste Mensch auf dem Mond zu stehen, Armstrong zufiel? Aldrin hält sich bedeckt: Einerseits sei es die Aufgabe eines Kommandanten, an vorderster Stelle zu sein … aber vielleicht sei Armstrong einfach nur näher an der Ausstiegsluke gewesen.
Wie war’s nun? Ich denke, ich bin auf meine Kosten gekommen.
Guten Tag Herr Khan, war auch dabei – ja Buzz hat sein Programm abgespult und das war es. Schön das mir Herr Baumgartner ein Autogramm gegeben hat, einfach so, ohne Bedenken ich werde es bei E-Bay verhökern….:)
Ich habe gerade Kontakt mit den Verantwortlichen der 4M Mission (bitte mal googeln) interessante Geschichte…….
Lieber Herr Khan,
wir Lehrkräfte des WPF Reggio-Ansatzes der Louise-Schroeder-Schule (Wiesbaden) sind gestern mit einigen Studierenden auch nach Speyer gereist, und konnten Buzz Aldrin sogar schon vor seinem Vortrag in der Raumfahrthalle vor der Apollo Mondlandefähre aus nächster Nähe erleben.
Für unsere Aufgabe als Multiplikatoren, Impulse für die wissenschaftliche Bildung von Kindern im Elementarbereich zu setzen, war sein gestriges Zitat sehr bedeutsam und motivierend:
“We need to keep the passion of space alive – especally in young children.”
Spannend war es auch, als er aus seinem Leben berichtete: Er durfte bereits im Alter von zwei Jahren bei seinem Vater, der Pilot war, zum ersten Mal mitfliegen.
Buzz selbst ist somit ein lebender Beweis für die Begeisterungsfähigkeit für Technik und Raumfahrt in der frühen Kindheit und eine mögliche Nachwirkung auf die spätere Berufswahl…..
Hallo Herr Khan,
ich war auch dabei, wir waren zu zweit. Uns hat es super gefallen. Ich finde so ein paar Kleinigkeiten darf man nicht auf die Goldwaage legen. Als Raumfahrtaktiver betrachte ich ein solches Ereignis auch als Motivation für eigene Aktivitäten und in diesem Sinne war es ein tolles Erlebnis. Ich hatte schon ein klein wenig Bedenken im Vorfeld, dass ich vielleicht enttäuscht werden könnte. Aber ich fands einen professionellen sympathischen Vortrag und hoffe, dass ich mit 85 auch noch so fit bin. Gerne hätte ich Buzz Aldrin noch die Hand geschüttelt und ein Autogramm gehabt, aber das war bei den geschätzten 1500 Besuchern wohl nicht drin.
Nochmals vielen Dank für den Tipp
Peter Schramm
Hallo Herr Schramm, ja Autogramm und Händeschütteln wäre gut gewesen. Lt. Presse waren – glaube ich – so ca. 600 Zuhörer da. Na ja, jedenfalls habe ich ein Autogramm von Felix Baumgartner, das ist mir sehr viel wert! Ich hatte mir einen schönen Zettel vollgeschrieben mit lauter “schlauen” Fragen, aber als Buzz am Anfang sagte, er wolle in die Zukunft blicken, war mir irgendwo klar das wird nichts mit Fragen. Ich hatte mir sinngemäß aufgeschrieben:
1. “Wie war das mit der Omega Speedmaster(meiner Lieblingsuhr) als erster Mann auf dem Mond” (bei einer 1/6 Gravitation – geht da wirklich die Speedy immer noch???)
2. Was für Insider:”Hat Neil bei dem Wiedereinstieg wirklich den Satz gesagt: “Good luck, Mr. Gorky!””
3. “Bei Youtube habe ich etwas von Ihnen gefunden, was die Existenz eines Monolithen auf Phobos bestätigt, was hat es damit auf sich?”
Na ja diese Fragen werden wohl für immer unbeantwortet bleiben….
Vorsicht: Autogramme von Buzz Aldrins können ganz schön ins Geld gehen. Hier die (aktuelle?) Preisliste.
OOOHHHHHHH, ich sehe ich kann mir kein Autogramm von dem 2.Mann auf dem Mond leisten. Kostet ein Autogramm von einem Double vielleicht die Hälfte? Weitere Fragen wären gewesen:
4. Was hat es mit der UFO-Sichtung auf sich (siehe youtube), war ja nicht die 3. Raketenstufe, die war ca. 6.000 Meilen weg….
5. Warum sind sie erst nach 6 Stunden (in dieser verdammt engen,engen Kapsel) ausgestiegen,somit zur besten Sendezeit in US?( Ich war damals stundenlang vor dem TV und habe mir grieslige Bilder angeschaut, bis sich da endlich was tat…)
OOOHHHH, ganz schön teuer, kostet ein Double vielleicht die Hälfte? Weitere Fragen wären gewesen:
4. “Wie war das mit der UFO-Sichtung, die 3.Stufe war ja mehr als 6.000 Meilen weg” (siehe youtube)
5. “Warum sind sie erst ca. 6 Stunden nach der Landung (zur besten US-Sendezeit) ausgestiegen, in dieser verdammt, verdammt engen Kapsel?” Ich saß stundenlang vor dem Fernseher, mit einem verdammt griesligen Bild in Schwarzweiss
Moin!
Ich fand’s auch gut. Es war einfach schön, den Mann live gesehen zu haben.
Meine zwei älteren Töchter fanden es auch spannend, allerdings nur bis zum Splashdown, danach war es ihnen wohl zu theoretisch.
Hallo Herr Exner, Splashdown, was meinen Sie damit? Habe gehöort, dass bei dem Votrag vor ca. 3 Wochen (Apollo 15) gefragt wurde, warum die bei bei Apollo 15 bei der Wasserlandung (“Splashdown”) Trainingsanzüge getragen haben und nicht ihre Weltraumanzüge, meinen sie das? Ansonsten, habe ich was verpasst bei dem Vortrag von Edwin Aldrin????
Nee, sorry, das war lax formuliert. Die Erzählung zu Apollo 11 fanden beide interessant, den folgenden Teil zum Mars dann nicht mehr.
Ich hab’ das nur “Splashdown” genannt, quasi “Ende der Mission”.
“Splashdown” —> wenn’s “Platsch” macht.
Hallo Herr Khan,
gut möglich, dass es tatsächlich Aldrins Raumanzug war, der bei der Veranstaltung ausgestellt war, aber wahrscheinlich dennoch nicht derjenige, den er auf dem Mond getragen hat. Die Apollo-Astronauten hatten jeweils drei individuell geschneiderte Anzüge – einen für das Training, einen für den Flug und noch einen Reserveanzug. Der Anzug, den Aldrin auf dem Mond getragen hat, ist im Besitz des Smithsonian National Air and Space Museum: http://airandspace.si.edu/collections/search/?startrow=0&q=space+suit+aldrin&searchtype=nasm_only
Auf keinen Fall auf dem Mond war jedenfalls das Backpack (PLSS). Aus Gewichtsgründen wurden die nämlich zusammen mit weiteren nicht mehr für die Rückkehr benötigten Gegenständen kurz vor dem Start aus der Landefähre geworfen: http://www.hq.nasa.gov/office/pao/History/alsj/a11/a11.posteva.html, Zeitstempel 114:14.