“Sorry, dass ich störe”: Unterbrechungen in der Arbeit

(AutorInnen: Matthias Weigl & Helena Kaltenegger, LMU München)

Für das Lesen dieses Textes brauchen Sie circa 4 – 5 Minuten. Diese Zeit haben die meisten von uns. Jedoch werden nur wenige diesen Blogbeitrag durchgehend ohne Störungen, Ablenkung oder Unterbrechungen lesen können.

Unerwartete Arbeitsunterbrechungen und Ablenkungen sind heutzutage fester Bestandteil moderner, technologie-unterstützter Arbeitsplätze. Nennen Sie es für sich selbst: das klingelnde Telefon, die summende What’s App Nachricht, das Gespräch der Kollegen im Hintergrund des Großraumbüros oder das Pop-Up einer eingehenden Mail.

Für viele Beschäftigte treten solche Störungen und Unterbrechungen mittlerweile als eine stetige Kette von Ablenkungen in ihrer täglichen Arbeit auf. Die Wahrnehmung einer Störung, der Umgang mit Ablenkungen, das Abarbeiten von Unterbrechungen—all das ist mittlerweile für Viele geradewegs der Normalfall im Arbeitsalltag.

Zahlreiche Befunde aus der Kognitions- und Arbeitspsychologie zeigen, dass dauerhafte Arbeit unter Unterbrechungen und Ablenkungen mit Folgen sowohl für die Güte der Leistung als auch für die einzelnen Beschäftigten einhergehen: die Rate an Fehlern und Auslassungen steigt, die Qualität der Arbeit leidet, wenn ständig noch zusätzlich unerwartete Ereignisse auftreten. Letztlich sind Unterbrechungen und Ablenkungen vor allem aufgrund ihrer Unvorhersehbarkeit und Unkontrollierbarkeit eine bedeutsame Quelle für Stress, Frust und Ärgernis in der täglichen Arbeit (vgl. Puranik et al. 2019).

Der Einzug von Technologien in unsere Arbeitswelt und damit einhergehende Unterbrechungen und Ablenkungen hat längst stattgefunden—bereits das klingelnde Telefon auf dem Schreibtisch war eine solche. Nur beobachten wir mittlerweile eine vermehrte Nutzung von digitalen Technologien am Arbeitsplatz, die gerade daraufhin ausgelegt wurden, proaktiv Unterbrechungen oder Störungen zu erzeugen: wie Geräte oder Programme, die sich unerwartet melden, die sofort Informationen bereitstellen, die unterbrechend die Aufmerksamkeit des Nutzers einfordern. Gleichzeitig steigt jedoch der Anteil von geistig anspruchsvoller Arbeit, die eigentlich eine vertiefte Zuwendung, längere Phasen der Konzentration und sorgfältige Überlegungen erfordert—im Englischen häufig als ‚deep work‘ bezeichnet (vgl. Newport 2016). Störungen und Ablenkungen während hohen geistigen Anforderungen für Konzentration, Aufmerksamkeit und Problemlösung sind daher noch beeinträchtigender und machen eine konstruktive, qualitative Arbeit nahezu unmöglich (vgl. Baethge et. al. 2015).

In den letzten beiden Dekaden wurden daher Ansätze entwickelt, die sich mit Unterbrechungen im Rahmen des erweiterten Arbeitsumfeldes und unter Einbezug der genutzten Technologien und ihrer Benutzer beschäftigen. Solche soziotechnischen Perspektiven werfen interessante Fragen auf und ermöglichen uns, einiges mehr über die moderne Arbeit mit digitalen Technologien zu lernen:

    • Erstens, was ist die Funktion von Unterbrechungen während der Arbeit? Das englische Sprichwort „One man’s trash, is another man’s treasure“ fasst es gut zusammen. Wenn die Kollegin eine Nachricht per Instant Messenger schickt und um eine, ihr eilige Information bittet, dann ist dies für die Adressatin eine erhebliche Ablenkung von ihrer aktuellen Aufgabe. Der Kollegin hilft jedoch eine prompte Antwort in ihrer Arbeit. Heutzutage agieren viele Beschäftigte und Arbeitsgruppen unter komplexen, dynamischen Bedingungen und Zeitdruck. Unterbrechungen sind hier häufig funktional für das prompte und schnelle Reagieren auf sich verändernde Arbeitssituationen—auch auf Kosten der Einzelnen (vgl. Schneider et al. 2019).
    • Zweitens, was ist der Zweck von Unterbrechungen in der Arbeit? Unterbrechungen können bedeutsame Informationen vermitteln. Für manche Berufsgruppen sind Unterbrechungen geradewegs essentiell, um sofort auf unerwartete Ereignisse zu reagieren. So zeigen die Forschungen unserer Arbeitsgruppe bei Pflegekräften und Ärzten in Notaufnahmen von Krankenhäusern, dass Unterbrechungen weniger Stress auslösen, wenn sie wichtige Informationen zur aktuellen Aufgabe enthalten (bspw. Testinformation zu einem gerade zu versorgenden Patienten liefern). Jedoch steigt der Stress, wenn Störungen irrelevante Informationen enthalten (vgl. Weigl et al. 2017). Bei der Gestaltung technisch unterstützter Informations- und Kommunikations-Systeme sollte also darauf geachtet werden, dass auftretende Störungen und Unterbrechungen tatsächlich bedeutsame Informationen vermitteln.
    • Drittens, bei welchen Aufgaben sind Unterbrechungen sinnvoll und tragen zur Produktivität bei? Ob Sie als Concierge oder im IT-Support arbeiten—Unterbrechungen durch Anfragen sind notwendiger Bestandteil vieler Berufe. Bei Tätigkeiten jedoch, die konzentrativ anspruchsvoll sind und viel Denk-, Entwurfs- oder Planungsanforderungen beinhalten, sind Störungen geradewegs kontraproduktiv. Hier sind Gestaltungslösungen gefragt, die Ablenkungen und Störungen reduzieren. Wir werden in Zukunft stärker technologische und digitale Systeme und Lösungen sehen, die sensitiv auf die Art unserer Aktivitäten reagieren und anfallende Störungen und Unterbrechungen entsprechend pausieren oder verzögern – beispielsweise das System erkennt, dass wir gerade einen tiefsinnigen Blogeintrag schreiben und informiert uns über neue E-Mails erst, wenn wir vom Schreibtisch aufstehen (vgl. Ho 2004; vgl. Schmidt 2020).
    • Viertens, gibt es nutzerorientierte Freiheitsgrade und Gestaltungslösungen? Ansätze zur Reduktion von Unterbrechungen und Störungen bedürfen häufig sorgfältiger Anpassung an die Tätigkeitsbedingungen vor Ort. Lösungen und Vorgehen zu Unterbrechungen und Ablenkungen (wie das vielzitierte ‘sterile cockpit enironment’, in welchen Flugzeug Crews nicht während Landung oder Start unterbrochen oder abgelenkt werden dürfen) sind nicht notwendigerweise nützlich in anderen Industrien oder Tätigkeitsbereichen (z.B. kann sich eine Pflegekraft, die eine ganze Station zu versorgen hat, nicht beim Stellen der Medikamente ohne Weiteres eine halbe Stunde in ein isoliertes Zimmer zurückziehen, die Station unbeaufsichtigt lassen und für Anfragen unerreichbar sein). Sogenannte beteiligungsorientierte Lösungen, bei denen Beschäftigte gemeinsam Ansätze zur Reduktion von Ablenkungen entwickeln, beispielsweise durch Veränderungen in den Bedingungen, den Abläufen oder Strukturen der Arbeitsumgebung und -organisation (vgl. Baethge/Rigotti 2010), sind angeraten—und lassen den Beschäftigten nicht auf sich allein gestellt, um selbst in ablenkungsreichen und ungünstigen Arbeitsumgebungen – wie Großraumbüros – produktiv zu arbeiten.

Angesichts des immensen Einzugs von Technologien, die um die Aufmerksamkeit von Beschäftigten buhlen und darauf ausgelegt sind (‚disruption by design‘), die Zuwendung ihrer Nutzer ständig einzuholen, dürfen wir die Beschäftigten nicht mit Unterbrechungen allein lassen—und schon gar nicht, die Mythen erhöhter Achtsamkeit, stärkerer Willenskraft und Selbstkontrolle ins Feld führen.

Die Untersuchung von Arbeitsunterbrechungen und Störungen ist ein „Fenster in das System“ und erlaubt profunde Einblicke in die Funktionsweisen moderner und digital-vernetzter Arbeitswelten. Ein Blick durch dieses „Fenster“ ermöglicht uns, Ansätze zu identifizieren, dass Beschäftigte stressfrei arbeiten können und ohne Ablenkungen effektiv ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten in die Arbeit einbringen können—und nicht zuletzt unterbrechungsfrei einen Blogbeitrag lesen können.

Helena Kaltenegger, Dennis Nowak und Matthias Weigl forschen gemeinsam am Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin des Klinikums der LMU München im Rahmen des Forschungsverbunds ForDigitHealth. Ihr besonderes Interesse gilt Arbeitsbelastungen im Zusammenhang mit digitalen Technologien am Arbeitsplatz – wie Multitasking, Informationsüberforderung, und Arbeitsunterbrechungen – sowie deren gesundheitlichen Folgen für die Beschäftigten.

Bitte zitieren als: Weigl, Matthias; Kaltenegger, Helena (2020). „Sorry, dass ich störe“: Unterbrechungen in der Arbeit. 24. Februar 2020. Online verfügbar unter: https://scilogs.spektrum.de/gesund-digital-leben/"sorry,-dass-ich-store":-unterbrechungen-in-der-arbeit/

Literatur

Baethge, A., & Rigotti, T. (2010). Arbeitsunterbrechungen und Multitasking. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
Baethge, A., Rigotti, T., & Roe, R. A. (2015). Just more of the same, or different? An integrative theoretical framework for the study of cumulative interruptions at work. European Journal of Work and Organizational Psychology, 24(2), 308-323 (https://doi.org/10.1080/1359432X.2014.897943).
Ho, Joyce Carmen (2004). Interruptions: using activity transitions to trigger proactive messages. Doctoral Dissertation, Massachusetts Institute of Technology (http://hdl.handle.net/1721.1/33135)
Newport, C. (2016). Deep work: Rules for focused success in a distracted world. Piatkus: London.
Puranik, H., Koopman, J., & Vough, H. C. (2019). Pardon the interruption: An integrative review and future research agenda for research on work interruptions. Journal of Management, 0149206319887428 (https://doi.org/10.1177/0149206319887428).
Schneider, A., Wehler, M., & Weigl, M. (2019). Provider interruptions and patient perceptions of care: an observational study in the emergency department. BMJ Qual Saf, 28(4), 296-304 (http://dx.doi.org/10.1136/bmjqs-2018-007811).
Weigl, M., Beck, J., Wehler, M., & Schneider, A. (2017). Workflow interruptions and stress at work: A mixed-methods study among physicians and nurses of a multidisciplinary Emergency Department. BMJ open, 7(12), e019074 (http://dx.doi.org/10.1136/bmjopen-2017-019074).

Bildquelle: William Iven from Pixabay

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Matthias Weigl ist Diplompsychologe und Senior Researcher am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München (AG Angewandte Medizin und Psychologie in der Arbeit). Gemeinsam mit Helena Kaltenegger, M.Sc., und Prof. Dennis Nowak forscht er dort zum Thema „Biomedizinische Folgen von Belastungen durch digitale Medien und Technologien am Arbeitsplatz“ im Rahmen des bayerischen Verbundprojekts „Gesunder Umgang mit digitalen Technologien und Medien“ (ForDigitHealth).

10 Kommentare

  1. Wer nicht im Büro arbeitet, der hat die gleichen Probleme. Wir gehen jeden Nachmittag in ein anderes Café. Da ist ein größeres in L. ,dort arbeiten fünf Angestellte/innen. Wer jetzt glaubt, man wird schnell abgefertigt, der täuscht sich. Die eine Fachkraft holt das Brötchen von der Theke, läuft dann 5m zur Kasse. Unterwegs klingelt der Backofen, sie legt das Brötchen weg, holt die Backbleche aus dem heißen Ofen und stellt sie zum Abkühlen auf einen Wagen. Dann geht sie zur Kasse , tippt ein und wartet, bis der Kunde auch an die Kasse gelaufen ist. Danach geht sie zu ihrer Brötchentheke zurück. Ein nächster Kunde möchte einen Kaffee zum im Laden trinken. Sie geht also zum Kaffeeautomaten, lässt einen Kaffee heraus, holt eine Tasse und stellt beides auf die Theke. Da die Kaffeetheke zum Glück in der Nähe der Kasse ist, braucht sie dieses mal nicht weit zu laufen.
    Was soll damit gesagt werden ?
    Wenn man die Arbeitsabläufe schlecht anordnet, dann ist der Zeitaufwand groß. Und noch etwas, sie hat den ersten Kunden warten lasen, weil die Brötchen aus dem Backofen müssen.
    Soll man sich jetzt nur wundern, ärgern oder amüsieren.
    So machen alle fünf Mitarbeiterinnen alle Arbeiten, vom Kaffeemachen, Backofen bedienen, Brötchen verkaufen. Und da der Raum hinter der Theke ziemlich schmal ist,, müssen die sich aneinander vorbeizwängen, war irgendwie lustig anzusehen ist.
    Es wäre also besser die Arbeiten aufzuteilen. Eine ist nur für die Kasse zuständig, eine verkauft nur Brötchen, eine dritte macht nur Kaffee, eine Vierte ist nur für die Machinen zuständig.
    Übertragen auf die Elektronik, Telefonanrufe nicht direkt an die Mitarbeiter , sondern über eine Zentrale.
    Also , die erste Forderung nicht zuviel Multitasking.
    Wenn das nicht geht, wenn man allein ist, dann kommt es auf die Dickfälligkeit des Mitarbeiters an. Im Baumarkt klingelt seit 5 Minuten das Telefon, der Mitarbeiter steht daneben und sucht ungerührt einen Artikel aus dem Internet heraus. Es sind also Nerven gefragt.
    Jetzt lasse mal die anderen ran.

  2. Ja, da kann ich H.Wied zustimmen. Fast alle Tätigkeiten, egal welcher Komplexität oder welcher Berufssparte, sind heute von Unterbrechungen geprägt.
    Wobei es schwierig sein kann, eine “nötige” Unterbrechung von einer unnötigen, nur Ablenkenden zu unterscheiden. Wenn in einem Programmiererteam beispielsweise täglich Sitzungen stattfinden in denen alles mögliche besprochen wird von dem der einzelne Programmierer gar nicht betroffen ist, dann kann man das positiv sehen als Meeting in dem es um den sozialen Zusammenhalt und das Kennenlernen der Probleme des Anderen geht – oder man kann es als pure Zeitverschwendung einstufen. In der Tat ist es für die einen das Eine für die Anderen das Andere.
    Auf alle Fälle aber gilt, dass heute Unterbrechungen um ein Vielfaches Normaler und Häufiger sind als nur schon vor 20 Jahren. Man kann sogar sagen, dass sogar das private, ausserberufliche Umfeld heute von Unterbrechungen geprägt ist, denn die digitalen Medien, die Unterbrecherverhalten fördern sind ja auch in den privaten Alltag eingekehrt. Viele müssen heute auch privat jederzeit “auf dem Sprung” sein, egal was sie gerade machen. Den Schlaf schützen sie dann vielleicht (nur vielleicht) mit dem Abschalten des Handys.

    Fazit: Multitasking gab es schon immer. Aber heute ist Multitasking sogar in Tätigkeiten wie das Denken, das Planen und andere geistige Tätigkeiten eingekehrt. Kaum einer kann sich noch Zeit nehmen um in Gedanken eine Stunde lang nur einem Problem nachzugehen oder etwas Grundlegendes zu planen, denn keiner ist mehr im alleinigen Besitz einer Stunde Zeit.

  3. MH
    Das Problem haben Sie ja jetzt umfassend beschrieben.
    Jetzt müssen wir nur noch wissen , was Herr Weigl und Frau Kaltenegger wollen.
    Wollen die ein schönes Buch schreiben und Ratschläge geben, wollen die einen Artikel schreiben und suchen nach geistigen Anregungen oder sind hier pragmatische Verbesserungsvorschläge aus der Praxis gesucht.

    Dazu sollte man nicht im Allgemeinen verharren, sondern einen konkreten Fall durchspielen , auch in rechtlicher Hinsicht.

  4. Willkommen in der Blogwelt und schön, dass auch einmal über potentiell positive Auswirkungen von Unterbrechungen berichtet wird. Besonders positiv sind übrigens mehrwöchige Unterbrechungen, auch Urlaub genannt 😉

  5. @Martin Holzherr
    Die Meetings dienen auch zur Darstellung der eigenen Position und Wichtigkeit, sowohl des Einzelnen, als auch ganzer Gruppen. Wer ständig was zu besprechen hat, sieht nach außen aus wie jemand, der vor Verantwortung nur so ächzt und zu dem man aufzuschauen hat.
    Stellt sich ja schon die Frage, warum es so viele “blue-collar-Jobs” gibt, in denen die Mitarbeiter ersticken in Arbeitsverdichtung (allerdings auch “white-collar-Jobs”, wie etwa Call-Center), und es anderswo ein “Unterbrechungs-Problem” gibt.
    Man sollte doch eigentlich meinen, daß auch dort die Arbeitgeber stringent darauf achten, daß keine Minute Arbeitszeit verschwendet wird.

  6. Vielleicht kann an dieser Stelle kurz ergänzt werden, warum Störungen bei Arbeit mit komplexem Gegenstand stark behindernd sein können :
    Der so Beschäftigte ist intensiv in seine sozusagen mathematisierte Arbeit eingestiegen, muss sich Vieles merken, ist hoch konzentriert und benötigt nichts weniger als nebensächliche Anfrage, auf deren zeitnahe Beantwortung gehofft wird.
    Beispielsweise kann dies im Ingenieurswesen der Fall sein, beim Verfassen von Texten oder bei der Systemanalyse mit dem Ziel das System anforderungsgemäß zu ändern beziehungsweise Änderungsmöglichkeiten zu entwickeln, zu skizzieren, damit andere wie vorgeschlagen vorgehen können.
    Es gibt hier eine Theorie, die dem Schreiber dieser Zeilen als Bergwerkstheorie bekannt ist, der Arbeitende ist sozusagen in das Bergwerk eingestiegen, um dort Arbeitsabläufe zu ändern, und wird dann aus diesem “Bergwerk” herausgerufen, um bei nebensächlichem Tun mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
    Die so entstehenden Aufwände sind erheblich.
    Insofern gilt es möglicherweise diese Aufwände, die oft von anderen, die nicht auf diese Art werktätig sind, unterschätzt werden, intern möglichst günstig zu kommunizieren und bestimmte Zeitfenster für die Erreichbarkeit bei (angeblicher) Dringlichkeit einzuplanen.
    Denn die Not bei den Anfragenden ist oft nicht so groß, für wie sie gehalten wird.

    MFG – WB

  7. @ “Martin Holzherr” und hierzu kurz :

    Multitasking gab es schon immer. Aber heute ist Multitasking sogar in Tätigkeiten wie das Denken, das Planen und andere geistige Tätigkeiten eingekehrt. Kaum einer kann sich noch Zeit nehmen um in Gedanken eine Stunde lang nur einem Problem nachzugehen oder etwas Grundlegendes zu planen, denn keiner ist mehr im alleinigen Besitz einer Stunde Zeit.

    Sicherlich hat die netzwerkbasierte Kommunkation hier einiges geändert, sozusagen jeder ist für jeden zeitnah erreichbar geworden, geändert an der Arbeit mit hoch komplexem Gegenstand hat sich aber nichts, denn der muss weiterhin mit beträchtlichem Aufwand von Individuen und gerne auch in der Gruppe bearbeitet werden.
    ‘Multitasking’ ist insofern problematisch, wenn gemeint ist, dass tatsächlich und ohne Zeitversatz unterschiedliche Aufgaben individuell zu bewältigen sind und dies gehen müsse, denn dies geht nicht bei bereits recht schnell entstehender Komplexität bei der Arbeit am Gegenstand.
    Dr. Webbaer kennt für dynamische Anforderungslagen beispielsweise :
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Scrum
    Derartige “Agility” ist nicht unproblematisch, kann Vorhaben und laufende System ruinieren.

  8. 4 Minuten reichen für einen Text, der einen Witz erzählen will.

    Aber nicht dazu, um ein ernstes Thema auch zu verarbeiten.

    Wer sein Publikum so konditioniert und selektiert, braucht sich nicht um deren Mängel zu beschwehren.

  9. Angesichts des immensen Einzugs von Technologien, die um die Aufmerksamkeit von Beschäftigten buhlen und darauf ausgelegt sind (‚disruption by design‘), die Zuwendung ihrer Nutzer ständig einzuholen, dürfen wir die Beschäftigten nicht mit Unterbrechungen allein lassen—und schon gar nicht, die Mythen erhöhter Achtsamkeit, stärkerer Willenskraft und Selbstkontrolle ins Feld führen.

    Ganz genau, eine ehrenvolle Aufgabe haben Sie da, werter Herr Matthias Weigl, liest sich alles ganz gut.

    MFG + weiterhin viel Erfolg
    Dr. Webbaer

  10. Besten Dank für Ihr Kommentieren sowie die notwendigen Ergänzungen. Sie weisen auf maßgebliche Fragen und Forschungsbedarfe hin:

    erstens, wie Ihr Café-Beispiel schön zeigt, Unterbrechungen und Störungen sind keineswegs ein Problem von Büro- oder Computerarbeit. Mehr noch, all da wo Arbeit mit Menschen als auch mit Unterstützung oder durch technische Geräte oder Technologien geschieht, treten die beschriebenen Störungen auf.

    zweitens, die Diskussion um Multitasking verdient eigentlich einen eigenen Blogbeitrag (Danke, wir nehmen das als Idee für einen späteren Beitrag mit!). In der wissenschaftlichen Diskussion werden häufig Multitasking Anforderungen in der Arbeit mit Unterbrechungen gleichgesetzt. In der Praxis wird Multitasking (wie in ihrem Beispiel) dann häufig von den Beschäftigten als eine Verhaltensstrategie eingesetzt, um der wachsenden Arbeitsmenge sowie den einergehenden Unterbrechungen Herr zu werden.

    drittens, was ist mit positiven Effekte von Unterbrechungen? Hierzu bedarf es mehr Forschung, die jedoch ein nuanciertes Verständnis dafür entwickelt, wo Störungen und Unterbrechungen geradewegs notwendiger, nahezu unverzichtbarer Bestandteil der Arbeit sind (bspw. möchte ein diensthabender Servicetechniker immer gleich unterbrochen oder alarmiert werden, wenn eine wichtige Maschine in der Produktionslinie ausfällt). Wie dann die negativen Effekte (wie Ablenkung oder Gefahr des Vergessens) mit den möglichen Positiveffekten (wie Situationsbewusstsein, Abschätzung potentieller Risiken) sich ausbalancieren, dafür braucht es – konzeptuell und methodisch – anspruchsvolle Ansätze.

    Vielen Dank für Ihr Mitdenken und Mitteilen.
    Matthias Weigl

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