Fossilien im Posidonienschiefer: Es ist nicht alles (Katzen)Gold, was glänzt

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Was die Steine erzählen und wie wir sie verstehen lernten
Geschichte der Geologie
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Der Posidonienschiefer ist eine geologische Formation von fein laminierten, bituminösen Tonsteinen, die vor 183 bis 175 Millionen Jahren am Grund des Jurameers (ein Nebenmeer der Tethys) abgelagert wurden. Die Formation ist bekannt für ihre herausragende Fossilerhaltung und ist unter Fossiliensammler für ihre “Goldschnecken” – die hauptsächlich in den Steinbrüchen um Holzmaden in Baden-Württemberg gefunden werden – beliebt. Bei den Goldschnecken handelt es sich aber weder um Gold noch Schnecken. Laut Lehrbuch handelt sich eigentlich um Ammoniten und Muscheln, deren ursprüngliche Aragonit-Schalen durch Pyrit, ein häufiges Eisensulfid-Mineral, das aufgrund seines metallischen Glanzes und der gelben Farbe oft mit Gold verwechselt wird (daher auch der Name Katzengold), ersetzt wurde.

Eine von texanischen Forschern in der Zeitschrift Earth Science Reviews veröffentlichte Studie zeigt nun aber, dass nicht alle der goldgelb glänzenden Fossilien auch Katzengold sind.

Lange Zeit wurde angenommen, dass eine vollständig sauerstofffreie Umgebung während der Ablagerung des Posidonienschiefer die Fossilierung ermöglichte. Da das Jurameer nur ein kleineres Nebenmeer war, waren die durch Temperatur- und Dichteunterschiede angetriebenen Meeresströmungen dementsprechend schwächer, und es erfolgte kaum ein Austausch zwischen dem sauerstoffreichen Wasser an der Meeresoberfläche und den tieferen Schichten. Mikroorganismen, die sich von herabsinkende organischen Resten ernährten, verbrauchten zusätzlich den im Wasser gelösten restlichen Sauerstoff. In einer solchen sauerstofffreien und reduzierenden Umgebung konnte sich das im Meereswasser gelöst Eisen mit Schwefel verbinden und entsprechende unlösliche Sulfide, wie Pyrit, bilden, die sich um zerfallendes Weichgewebe ablagerten.

Bei einer chemischen Analyse der Fossilien aus dem Posidonienschiefer mittels eines Elektronenmikroskops konnten die Forscher aber kaum Pyrit finden. Im Gegenteil, der Großteil des Pyrits findet sich nicht in den Goldschnecken selbst, sondern fein verteilt im umgebenden schwarzen Tonstein. Die Fossilien selbst bestehen überwiegend aus gelben Calcit (Calciumkarbonat) und einer Reihe von Phosphatmineralen (Verbindungen von Kalzium, Fluor, Phosphor und Sauerstoff). Eine anscheinend widersprüchliche Entdeckung, da sich solche Mineralien überwiegend in einer sauerstoffreichen Umgebung bilden.

Die Autoren der neuen Studie schlagen deshalb einen alternativen Mechanismus vor, um die Funde im Posidonienschiefer zu erklären. Die sauerstofffreie Umgebung am Grund des Jurameeres spielte nur eine untergeordnete Rolle, die Reste von Organismen über einen längeren Zeitraum vor größeren Raubtieren und Aasfressern schützte. Der eigentliche Fossilisierungsprozess, bei dem das ursprüngliche Gewebe durch stabilere Materialien wie Calcit und Phosphate ersetzt wurde, erfolgte erst als sauerstoffreiches Wasser zum Meeresgrund strömte. Kleinere Mengen von Pyrit lagerten sich in den Fossilien ab, als diese schon unter dem Sediment begraben waren.

Allerdings ist nicht ganz klar, wie sauerstoffreiche Wasser bis zum Meeresgrund gelangen konnte. Möglich wäre eine durch Vulkanismus ausgelöste Klimaerwärmung während des Juras. In einem wärmeren Klima könnte die Temperaturdifferenz zwischen der warmen Meeresoberfläche und dem kühlen Meeresgrund groß genug gewesen sein, um starke Strömungen anzutreiben, die eine Durchmischung der Wassersäule bis in tiefere Lagen ermöglichten. Auch würde es in einem wärmeren Klima zu mehr Verdunstung und Niederschläge kommen. Die Niederschläge würden chemische Elemente von Land ins Meer spülen, was sich auch günstig auf die Bildung von Mineralien am Ozeanboden auswirken würde.

Veröffentlicht von

David Bressan ist freiberuflicher Geologe hauptsächlich in oder, wenn wieder mal ein Tunnel gegraben wird unter den Alpen unterwegs. Während des Studiums der Erdwissenschaften in Innsbruck, bei dem es auch um Gletscherschwankungen in den vergangen Jahrhunderten ging, kam das Interesse für Geschichte dazu. Hobbymäßig begann er daher über die Geschichte der Geologie zu bloggen.

1 Kommentar

  1. Ist es wirklich notwendig, dass sauerstoffreiches Wasser die Organismenreste umströmt, um eine Calcitanlagerung zu erreichen? Würde es nicht ausreichen, wenn Kalkpartikel im Rahmen der normalen Sedimentation in die anoxischen Wasserschichten am Meeresgrund absinken, die toten Organismen bedecken und eventuell chemisch mit deren Biomaterial reagieren? Dieses sollte ja ebenfalls noch Reste von Sauerstoff enthalten.

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