Die Wüste des Todes und kreidezeitliche Schädel: Die “wahre Geschichte” hinter Indiana Jones

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Im nun mittlerweile fünften Film jagt Dr. Henry Walton “Indiana” Jones Jnr. übernatürlichen Artefakten nach und besteht dabei jede Menge haarsträubender Abenteuer.

Die fiktive Figur des Indiana Jones wurde (indirekt) von dem echten Fossilienforscher Roy Chapman Andrews (1884-1960) inspiriert.

In „Jäger des verlorenen Schatzes“ (1981) reist Jones um das Jahr 1936 zum ersten Mal nach Asien, um ein rätselhaftes Medaillon zu finden. Andrews ist heutzutage vor allem aufgrund seiner von 1922 bis 1930 durchgeführten Expeditionen nach Zentralasiens bekannt. In zahlreichen offiziellen Expeditionsfotos sieht man Andrews mit breitkrempigen Hut und Gewehr in der Hand. Zu Jones gehört der berühmte Fedora Hut und der Revolver wie das Lichtschwert zu einem Jedi. Beide sind gute Reiter, Abenteuer und Forscher, die auch mal grobe Methoden anwenden, und beide teilen sich eine Abneigung gegen Schlangen.

Andrews wurde in Beloit, Wisconsin, geboren. Schon in seiner frühen Jugend streifte er durch die heimischen Wälder und erforschte die Flüsse seiner Umgebung. Er erinnert sich in seiner späteren Autobiografie, dass “er als Abenteuer geboren wurde… Es war nie eine Entscheidung. Ich konnte nichts anderes tun, um glücklich zu sein.”

Als Amerikaner lernte er auch den Umgang mit dem Gewehr und die Jagd wurde seine Leidenschaft, mit der er auch sein Interesse an Tieren befriedigen konnte. Als sein Gesuch als wissenschaftlicher Mitarbeiter am American Museum of Natural History in New York abgelehnt wurde, bewarb er sich einfach als Hausmeister, um trotzdem Zugang zum Museum zu erlangen. Er fiel bald darauf als fähiger Tierpräparator auf und erhielt eine Teilstelle in der zoologischen Abteilung. Nebenbei studierte er und spezialisierte sich auf Säugetiere. Im Jahre 1908 wurde er auf eine Weltreise eingeladen, um Wale zu studieren, wobei er zweimal nur knapp dem Ertrinkungstod entkommen konnte.

Aufgrund seiner Erfahrung wurde er im Jahre 1920 damit beauftragt, eine Expedition nach Zentralasien zu organisieren. Sein Vorgesetzter, der Paläontologe Fairfield Osborn, glaubte nämlich, dass Asien die Wiege der modernen Menschheit war, und Andrews sollte in der Wüste nach Resten früher Hominiden suchen. Während andere “den Pinsel” nutzen um Fossilien freizulegen, war Andrews etwas rabiater und “führte sich wie die Axt im Walde auf”, wie ein Expeditionsmitglied später schreibt. Allerdings passte sein raues Vorgehen zu der lebensfeindlichen Umgebung, die von brennender Hitze, plötzlichen Kälteeinbrüchen, Sandstürmen, Schlammströmen, Schlangeninvasionen und Banditen geprägt war.

Ungewöhnlich für die damalige Zeit bestand die Expedition hauptsächlich aus Automobilen. Andrew hoffte so große Strecken in relativ kurzer Zeit zurücklegen zu können. Die Fahrzeuge waren zwar für eine Fahrt in der Wüste umgebaut worden, viele zweifelten aber daran, dass sich die fehleranfälligen Maschinen bewähren würden. Andrews war aber vorbereitet. Eine langsamere, dafür aber zuverlässigere, Kamelkarawane unterstützte die Expedition indem sie Treibstoff und Ersatzteile transportierte.

Eine der wichtigsten Entdeckung der ersten Expedition in die südliche Mongolei gelang eher zufällig. Eines Tages hatte sich Andrews in den monotonen Ebenen verfahren. Der Expeditionsfotograf John B. Shackelford kletterte eine steile Felswand hinauf, um eine bessere Übersicht zu haben, als er einige Fossilien, die aus dem rötlichen Gestein herausragten, bemerkte. Es handelte sich um Knochen, aber auch eine Eierschale, die Andrews zunächst für ein zerbrochenes Straußenei hielt. Schon Stunden nach dieser Entdeckung musste sie umkehren, da sich ein Sandsturm näherte. Erst im folgenden Jahr konnte Andrews mit einer neuen Expedition zu dieser Fossilienlagerstätte – die er aufgrund der leuchtend roten Farbe „Flaming Cliffs of Djadokhta “ nannte – zurückkehren.

“Die Flaming Cliffs of Djadokhta” aus Andrews (1927).

Die Ausgrabungen legten Fossilien von kreidezeitlichen Säugetieren frei, vor allem von den zerbrechlichen Schädeln, aber auch Dinosaurierknochen – und noch sensationeller – Nester, in denen bis zu einem Dutzend längliche Eier schön aufgereiht in einer Reihe gelegt worden waren.

Als Reptilien sollten Dinosaurier sich eigentlich über Eier fortpflanzen. Allerdings gab es für diese Hypothese kaum Beweise. Ein einzelnes, großes Ei war einige Jahre vorher an der französischen Riviera gefunden worden. Die Entdeckung von Andrews – große Gelege von Eiern die zum Teil noch kleine Knochen von Dinosaurier-Embryo enthielten – bewies nicht nur die Eier-Hypothese, sondern auch, dass Dinosaurier ein komplexes Brutverhalten entwickelt hatten.

Von 1922 bis 1930 kehrt Andrews mit insgesamt fünf Expeditionen zurück, um weitere Ausgrabungen an den Flaming Cliffs zu leiten. Nach dem Börsenkrach von 1929 und aufgrund politischer Unruhen in Zentralasien wurde die Finanzierung von Andrews Forschung trotz der spektakulären Funde eingestellt. Er kehrte endgültig in die Vereinigte Staaten zurück.

Im Jahre 1931 wurde Andrews zum Präsidenten des Explorer’s Club in New York gewählt, und drei Jahre später zum Direktor des Naturhistorischen Museums, wo seine Karriere begonnen hatte, ernannt. In den nächsten zehn Jahren leitete er diese Institution gewissenhaft, auch wenn er manchmal anmerkt, dass er die Wüste weit mehr bevorzugen würde als den Schreibtisch.

Andrews verstand es, seine Forschung in Form von populären Artikeln und vor allem Büchern zu vermarkten. Seine Erzählungen – und die vieler zeitgenössischer Abenteurer – werden zahlreiche Comics und Filmserien der 1940er Jahre beeinflussen. Vor allem für das Kino billig produzierte Kurzfilme, die später auch im Fernsehen laufen werden, machen die Figur des abenteuerlustigen Forschers populär.

Genau diese Kurzfilme beeindrucken einen junger Steven Spielberg, der auch bei den ersten vier Indiana Jones Filmen Regie geführt hat, und einen junger Georg Lucas, späterer Filmproduzent. Viele Eigenschaften von Jones wurden direkt daraus entnommen, wie das Aussehen und einige Stunts, und so lebt auch etwas von Andrews in Indy bis heute weiter.

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David Bressan ist freiberuflicher Geologe hauptsächlich in oder, wenn wieder mal ein Tunnel gegraben wird unter den Alpen unterwegs. Während des Studiums der Erdwissenschaften in Innsbruck, bei dem es auch um Gletscherschwankungen in den vergangen Jahrhunderten ging, kam das Interesse für Geschichte dazu. Hobbymäßig begann er daher über die Geschichte der Geologie zu bloggen.

1 Kommentar

  1. Der US-Bürger Andrews, der scheinbar der Figur des Indiana Jones Pate stand, verband in seinem Wesen sowohl eine romantische, als auch eine sehr praktische Seite. Der romantische Zug, nämlich die pure Lust am Durchstreifen der Welt, passt aber ganz gut zur praktischen Seite, die sich damit beschäftigt, wie man das am besten tut – die Welt durchstreifen nämlich. Waffen, Autos und eine robuste Kleidung samt Kopfbedeckung gehörten für Andrews scheinbar dazu und er behielt wohl recht und war damit schneller unterwegs als andere.

    Andrews war also der Prototyp des modernen Entdeckers und Erkunders, der sich aller Mittel bedient, die sich ihm anbieten und an die er glaubt. Man könnte sich fragen, wie eine Indiana Jones Figur aussehen wird, die irgendwann fremde Himmelskörper durchstreift, also Körper wie den Mond oder Mars. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings gross, dass das kein Mensch mehr sein wird, sondern eher ein Roboter.

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