Maximal 66 Millionen Lichtjahre

BLOG: Galaxienentwicklung

Spurensuche im jungen Universum
Galaxienentwicklung

66 Millionen Lichtjahre ist die maximale Entfernung, in der extragalaktische Objekte mit dem Hubble Space Teleskope zu beobachten sind. Das  bedeutet, dass selbst Hobby-Astronomen allein durch Beobachtungen von Objekten aus dem Messier-Katalog mit ihren eigenen Teleskopen mindestens ähnlich tief ins All schauen können wie es mit Hubble dem Profi möglich ist. Aber wie komme ich überhaupt darauf, dass Hubble "so tief" ins Universum blicken kann?

Vor einigen Tagen las ich in der Welt einen Artikel über das Hubble Space Teleskop, der folgendes behauptete: "…Bis zu 66 Millionen Lichtjahre reicht „Hubbles“ Weitblick ins Weltall hinein,… " [1]. Dies war aber nicht der einzige Fehler. Das die Reparatur von Hubble auf dieses Jahr verschoben wurde, war ja wirklich überall zu lesen. Dies zeigt leider "wie gut" der/die Verfasser(in) dieses Artikels über Astronomie Bescheid weiß.

In den letzten Jahren – als Profi-Astronom bin ich möglicherweise  zu kritisch/sensibilisiert – fiel mir immer wieder auf, dass in Artikeln über astronomische Themen auch in seriösen Medien teilweise haarsträubende Fehler auftraten. Dabei fragte ich mich dann immer wieder wie "richtig" die Berichterstattung über Themen ist, die zum Beispiel von (großem) gesellschaftspolitischen Interesse sind und mit denen ich nicht so vertraut bin wie mit der Astronomie.

Ziel meines Blogbeitrags ist es nicht den(die) Autor(in) dieses Artikels, den ich als Aufhänger "missbrauche", in die Pfanne zu hauen. Ich möchte einfach darauf aufmerksam machen beziehungsweise appelieren, dass Redaktionen, die mit wissenschaftlichen Themen betraut sind, eine gewisse Sorgfalt – auch in vielleicht für die Allgemeinheit nicht so wichtigen Themen wie der Astronomie – bei ihren Artikeln walten lassen (sollten). 

 

Bis zum nächsten Blog,

Euer Helmut Dannerbauer

Quelle:

[1]: "Hubble hat unsere Weltsicht revolutioniert", Welt Online, 2. Januar 2009 

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Veröffentlicht von

Der promovierte Astrophysiker Helmut Dannerbauer – wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg – fokussiert sich in seinem Blog auf die Erforschung von Galaxien und deren Entwicklung im jungen Universum.

12 Kommentare

  1. Das Problem hat nicht nur die Astronomie. Über Chemie wird in den großen Publikumsmedien auch überwiegend Unsinn verbreitet, und über Medizin erst recht.

  2. Fehler in Medienbeiträgen

    Herr Dannerbauer hat ja so recht, auch seiner Schlussfolgerung schließe ich mich voll an.
    Ich hatte mich vor gut 1 Jahr per E-Mail an den Deutschlandfunk (hoererservice@dradio.de)gewandt: “…seit vielen Jahren höre ich … die Wissenschaftssendung des DLF einschließlich der “Sternzeit”. Für mich als altgedientem Chemiker … immer eine angenehme Art, sich … zu informieren. Leider häufte sich in den letzten Tagen der Begriff “Lithium” – an sich ja nichts Negatives, leider von allen Sprechern (auch in der Sternzeit) stets falsch als “Lizium” ausgesprochen!
    Damit sich dieser Fehler nicht noch weiter ausbreitet, bitte ich um einen entsprechenden Hinweis an Redakteure und Sprecher: Der Name dieses Elements leitet sich von “lithos” (Stein) ab, weil es in vielen Mineralen/Gesteinen vorkommt. Durch das “th” gibt es auch keinen Anlass, durch das nachfolgende “ium” das Lithium sprachlich zu “Lizium” werden zu lassen…”
    4 Tage später erhielt ich folgende Antwort: “…vielen Dank für Ihre Anmerkungen zu unserem Programm.
    Die Meinungsäußerungen unserer Hörer sind uns wichtig und werden beachtet. Ihr Schreiben leiten wir deshalb an die Verantwortlichen im Programm weiter. Allerdings bitten wir um Ihr Verständnis, dass es den Redaktionen aus Zeitgründen nicht immer möglich ist, auf jede Zuschrift detailliert einzugehen.
    Halten Sie uns auch weiterhin die Treue.
    Mit freundlichen Grüßen
    Hörerservice” –
    Das war es dann auch – ob über Akkus oder Elementhäufigkeiten in Sternen referiert wird – es ist beim “Lizium” geblieben, übrigens sind auch andere Radio- und TV-Sender nicht besser. Vielleicht haben manche dabei das (frei erfundene) “Dilicium” aus der Enterprise-Serie im Hinterkopf?

  3. Ich versuche Ruhe zu bewahren, weil …

    Ich stimme zu, dass die Redaktionen in den verschiedenen Medien mehr Sorgfalt walten lassen sollten. Ich glaube aber nicht, dass es geschehen wird, da die Dynamik in Redaktionen selbst bei sich wissenschaftlich dahergebenden Medienorganen – wie in anderen Bereichen auch – ökonomischen Prinzipien folgt.
    Ich erinnere mich an die deutsche Version eines Aufsatzes von Max Tegmark bezüglich Multiversentheorien in einer hiesigen wissenschaftlichen Zeitschrift, wo es von falschen Zahlenangaben (z.B. 10 hoch 1026 statt 10 hoch 10 hoch 26) nur so wimmelte. Das wäre noch nicht weiter tragisch, einfach nur ein (Übertragungs-)Fehler oder so. Dummerweise tragen sich solche Fehler fort, d.h. plötzlich findet man einen Bericht darüber auch in anderen Zeitschriften mit “Wissenschaftsrubrik”, die genannte falsche Zahlenangaben unhinterfragt übernehmen und locker berichten (ad infinitum).
    Dies wird als “Die Fortschreibung des Falschen” bezeichnet, die leider den Massenmedien quasi selbstverständlich immanent ist und auch nicht abänderbar aufgrund der (vor allem ökonomischen) Struktur der Medien.

  4. Massenmedien

    Was erwarten Sie eigentlich von Massenmedien. Diese wollen nicht informieren, sonder ihre Blätter verkaufen, möglichst oft.

  5. Naja, die “Welt”

    Es kommt schon darauf an, welche Zeitung man zur Hand nimmt. Mir sind durchaus Journalisten persönlich bekannt – und nicht nur bei der Fachpresse – denen solch eklatante Fehler nicht unterlaufen wären.

    Die besorgte Nachfrage, wie es denn mit der Zuverlässigkeit der Berichterstattung über alle anderen Themen aussieht, ist jedoch gerechtfertigt.

    Wird ein Artikel aus Nature sinnentstellend zitiert, kann man zur Not immer noch im Original nachlesen, was da nun wirklich gesagt wurde. Im politischen oder wirtschaftlichem Umfeld würde mir die Verifizierung allerdings deutlich schwerer fallen oder unmöglich werden.

  6. Das ist die Zeitungskrise

    Seit Jahren leiden die Zeitungen unter der Konkurrenz des Internets. Die Kleinanzeigen wandern immer mehr ins Internet ab. Und das publizistische Angebot im Internet ist auch eine immer größere Konkurrenz. Da wird bei den Zeitungen immer mehr eingespart. Die Wissenschaftsberichterstattung wird doch eher als Randbereich gesehen und entsprechend wird dort zuerst gespart. So kommt es, daß die “Welt” solche unqualifizierten Artikel veröffentlicht. Immerhin: in der “FAZ” schreibt Günter Paul, selber promovierter Astrophysiker, über Astronomie.
    Wenn man sich über Astronomie informieren will, braucht man eigentlich heute keine Tageszeitung mehr. Es gibt doch inzwischen eine Fülle von Blogs (wie die Kosmologs), in denen die Forscher selber über ihre Spezialgebiete schreiben. Wenn man auch noch bereit ist, Englisch zu lesen, wird das Angebot geradezu uferlos.

  7. Warum überrascht mich das nicht?

    Fehler in Chemie-Berichten fallen mir praktisch nicht auf, weil das nicht gerade meine Stärke ist.

    Dafür auf einer völlig anderen Baustelle: in Ö1, DEM Kultursender in Österreich (zirka 50 Prozent oder mehr wird da klassische Musik gespielt) wird immer und immer wieder das Wort Flageoletttöne falsch ausgesprochen – wie gibts denn das?

    Kann man daraus schließen, dass Berichten in Medien generell zu misstrauen ist?

  8. Medien

    Wo steht eigentlich geschrieben, daß Medien, die Wahrheit verbreiten? Das gedruckte Wort hat eine höhere Aussagekraft als das gesprochene. Beim gedruckten wird sich genauer überlegt, was man zu Papier bringt und man kann es nachlesen. Beim gesprochenen Wort ist man auf das Gedächtnis angewiesen, was uns einen Streich spielen kann, der Nachweis ist schwieriger. Aus diesem Grund haben wir größeres Vertrauen zum Papier. Aber deshalb sollten wir kritisch bleiben.

    Es gibt ja nicht nur handwerkliche Fehler, Nachrichten werden von Menschen gemacht und die haben eine ganz persönliche Meinung, die sich in die Nachrichten einfließen lassen, auch wenn es so aussieht als seien sie nahezu objektiv. Aus diesem Grund sind Blogs gar nicht mal so schlecht. Da ist natürlich auch Skepsis angebracht, aber an Blogs geht man wahrscheinlich sowieso skeptischer dran und man kann über die Kommentarfunktion kommunizieren. Mit Leserbriefen dauert das alles länger.

  9. Fehler & Anglizismen

    In einem Bericht im ARD-Teletext zum Planetarischen Nebel NGC2818 (aus der Sparte “Wissen + Umwelt”) steht folgendes:

    “Institut für Weltraumteleskop Wissenschaft in Baltimore.”

    Warum mit biegen und brechen “Space Telescope Science Institute” übersetzen?

    oder

    “Planetare Nebel sind die abgestoßenen Gashüllen ausgebrannter Sterne, typischerweise Milliarden Jahre alt.”

    Planetarische Nebel sind im Gegenteil eher junge Gebilde. Richtig ist, dass PNs die abgestoßenen äußeren Hüllen (mehrerer Milliarden Jahre) alter Sterne sind, die am Ende ihrer Entwicklung stehen. Diese Gebilde existieren nur einige zehntausend Jahre.

    “Offene Sternhaufen dagegen sind in kosmischen Maßstäben normalerweise relativ junge Gebilde,in denen neue Sterne entstehen.”

    Wie ich finde ein schönes Beispiel für übertriebenen Antianglizismus und inhaltlicher Flüchtigkeitsfehler, aufgrund einer fehlerhaften Übersetzung der englischen Pressemitteilung. Der Fehler ist auch in der DPA-Langfassung enthalten.

  10. Fehler & Anglizismen, Teil 2

    Meine Bemerkung muss irgendwie abhanden gekommen sein… 😀

    “Offene Sternhaufen dagegen sind in kosmischen Maßstäben normalerweise relativ junge Gebilde,in denen neue Sterne entstehen.”

    Deshalb ist es eher ungewöhnlich, dass (relativ junge) Offene Sternhaufen Planetarische Nebel enthalten. Wahrscheinlich stellt sich der PN später doch noch als Vorder- bzw. Hintergrundobjekt heraus.

  11. Da stimm ich deiner Ansicht einmal voll zu. Leider kommt es viel zu oft in dem Themengebiet vor, dass jeder glaubt etwas zu Wissen, was eigentlich völliger nonsenz ist…

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