JET Tokamak legt nochmal nach: neuer Fusionsrekord

Nach über 40 Jahren im Dienste der Fusionsforschung ist der Tokamak JET nun in den Ruhestand geschickt worden. Nicht jedoch ohne sich gebührend zu verabschieden: Bei Experimenten Ende letzten Jahres gelang es die erzeugte Fusionsenergie noch einmal zu steigern, und zwar auf den Rekordwert von 69 Megajoule.

 Zeichnung von JET mit Blick auf das Vakuumgefäß, Bild UKAEA.

Kernfusion ist die Verschmelzung von leichten zu schweren Atomkernen, wobei Energie freigesetzt wird. Die Menge an freigesetzter Energie pro Brennstoffmasse ist dabei um ca. 6 Größenordnungen höher als bei der Verbrennung fossiler Energieträger, was ja im Wesentlichen ein chemischer Prozess ist, also die Atomhülle betrifft, wohingegen Kernfusion eben den Atomkern betrifft.

In der Sonne verschmelzen Protonen miteinander, das ist jedoch wahnsinnig ineffizient. Daher wird auf der Erde eine andere Reaktion favorisiert: Deuterium und Tritium, beides Isotope von Wasserstoff. Diese Reaktion ist am vielversprechendsten, da sie relativ leicht zu erreichen ist, soll heißen, sie hat die höchste Fusionswahrscheinlichkeit bei „moderaten“ Temperaturen. Wobei „moderat“ hier relativ zu sehen ist, da immer noch ca. 150 Mio Grad benötigt werden (zum Vergleich: im Zentrum der Sonne herrschen ca. 10 Mio Grad). Andere Fusionsprozesse mit einer ähnlich hohen Wahrscheinlichkeit benötigen deutlich höhere Temperaturen.

Plasma, Bild: IGVP, Uni Stuttgart.

Bei diesen Temperaturen liegt Materie im Plasmazustand vor. Ein Plasma ist nichts anderes als ein ionisiertes Gas, besteht also aus geladenen Teilchen. Das ermöglicht den Einschluss des Plasmas mittels Magnetfeldern, was der Ansatz der Magnetfusion ist: ein torusförmiges Magnetfeld (ein Donut) schließt das heiße Plasma ein. Das Konzept des Tokamak ist die am weitesten fortgeschrittene Variante eines solchen Magnetfeldkäfigs. JET ist der größte Tokamak der Welt und einer von nur zweien, die mit Deuterium und Tritium betrieben wurden. Der Betrieb ist aufwändig und teuer, da Tritium mit einer Halbwertszeit von ca. 12 Jahren radioaktiv und sehr selten ist. Außerdem entstehen bei der Fusion von Deuterium und Tritium neben Helium auch ein Neutron und dieses aktiviert die innere Wand, macht sie also radioaktiv. Zwar nicht besonders lange im Vergleich zur Kernspaltung, nur einige 10 Jahre, aber eben doch so, dass remote handling, also ferngesteuerter Zugang zum inneren des Experimentes notwendig ist.

Donutartiges Süßgebäck
Tokamakartiges Süßgebäck, Bild Alf Köhn-Seemann, CC-BY SA 4.0.

JET ging 1983 in Betrieb, und ist seitdem Europas zentrales Fusionsexperiment. 1991 gelang erstmals die Erzeugung eines stabilen Fusionsplasma, 1997 wurde ein heute noch gültiger Rekord für die erzeugte Fusionsleistung aufgestellt, diese betrug knapp 16 Megawatt für einen kurzen Zeitraum. Eine wichtige Kenngröße in der Fusionsforschung ist Q, das Verhältnis von erzeugter Fusionsleitung zu externer Heizleistung. Hier hat JET 1997 einen Rekordwert von 0,67 geschafft, also 67 % der eingestrahlten Heizleistung wurde in Form von Fusion wieder frei. Ich hatte bereits vor 2 Jahren von einem neuen Rekord in der erzeugten Fusionsenergie berichtet: 59 Megajoule an Fusionsenergie wurde 2021 erreicht, was fast ein Faktor 3 über der Energie von den Experimenten aus 1997 lag. Der Q-Wert war mit 0,33 zwar geringer, aber darum ging es auch nicht. Eher um ein stabiles Fusionsplasma zu erzeugen, was dann ja auch geklappt hat.

Ergebnisse der verschiedenen Deuterium-Tritium Kampagnen in JET, Bild UKAEA, EUROfusion.

Aus den Experimenten hat man viel gelernt und so ist es nun gelungen, die Fusionsenergie nochmal zu steigern und zwar auf 69 Megajoule (der Q-Wert lag bei ca. 0,33). Das Experiment dazu wurde am 3. Oktober 2023, um 19:14 Ortszeit durchgeführt und stellte tatsächlich eines der letzten Experimente an JET dar. Möglich wurde dieser neue Rekord zum einen durch ein besseres Verständnis des Plasmaszenarios von 2021 aber vor allem auch durch die Ingenieure welche noch ein paar Kilowatt hier und da mehr aus den Plasmaheizungssystem rauskitzeln konnten. An Brennstoff wurde dabei ca. 1 Gramm Tritium in das Deuterium-Plasma injiziert, von dem dann ca. 0,2 Milligramm an der Fusion beteiligt waren. Der Rest an Tritium wird über die Vakuumpumpen aufgefangen und damit quasi recycelt bzw. kann weiterverwendet werden.

Die Experimente an JET werden auch Einfluss auf ITER haben, den nächsten Schritt zu einem Fusionsreaktor auf dem Prinzip des Tokamak und aktuell in Bau befindlich in Cadarache. Welchen genau, dass kann man jetzt noch nicht sagen, allerdings ist man bei ITER schon sehr gespannt auf die kommenden Analysen und Daten aus den Experimenten bei JET und da gibt es noch einiges zu analysieren.

JET selber wird nun Stück für Stück zerlegt, was ebenfalls spannend ist, da man bisher noch kein Fusionsexperiment (in welchen soviel Fusion ablief) dieser Größe zerlegt hat. Darüber hinaus werden viele der Diagnostiken und anderen externe Komponenten (Netzteile etc.) an anderen Experimenten auf der Welt weiterverwendet werden, die Fusionscommunity ist da immer sehr nachhaltig. Es bleibt also spannend!

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Alf Köhn-Seemann hat in Kiel Physik studiert und in Stuttgart über Mikrowellenheizung von Plasmen promoviert. Von 2010 bis 2015 war er dort als Post-Doc tätig. Nach mehreren Forschungsaufenthalten im englisch-sprachigen Raum, arbeitet er von 2015 bis Ende 2017 am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching. Seit Ende 2017 forscht und lehrt Alf Köhn-Seemann wieder an der Uni Stuttgart.

37 Kommentare

  1. Nett war auch der erste Nachweis der Aufheizung des Plasmas durch die per D-T-Fusion entstandenen schnellen Helium-4-Kerne, was nach Abschaltung der Plasmaheizung am Ende des Pulses beobachtbar wurde. Das ist zwar eigentlich selbstverständlich, war aber offenbar noch nie experimentell zuvor nachgewiesen worden.

    • Ja, in der Tat! Bei TFTR hatte man ähnliches beobachtet, allerdings war die Qualität der Daten wohl nicht vergleichbar. Da betritt ITER eine neue Spielwiese.

  2. Die jüngsten Erfolge in der Fusionsforschung (NIF, Jet) haben jetzt scheinbar auch die Politik erreicht – sogar Deutschland (1 Milliarde Euro für die Fusionsforschung für 5 Jahre), die USA sowieso.
    Neu glaubt die Politik: „Nukleare Fusion ist keine Vision mehr, sondern zukünftige Realität“.
    Es gibt inzwischen in den USA und Europa mehrere Tokamak-/Stellarator Startups, etwa Commonwealth Fusion, Tokamak-Energy und Renaissance Fusion (Stellarator) und diese verwenden alle Hochtemperatursupraleiter (REBCO) um mit kleinen Anlagen bereits in den Betriebsmodus vorzustossen.

    Was tatsächlich bisher fehlt sind Anlagen, die grössere Mengen Energie erzeugen. Viele inhärente Probleme von Tokamaks und Stellaratoren sind erst im Betriebsmodus zu erwarten. Zu diesen Problemen gehören die hohe Intensität der Neutronenstrahlung, die Abfuhr der erzeugten Wärme, die Alterung von Magneten und Wandmaterialien im Betrieb, das Erbrüten von Tritium und der sicheren Umgang mit Tritium.

    • Das Erbrüten von Tritium gilt als der heikelste Teil der ganzen Mission bei magnetischem Einschluss im Tokamak und Stellarator, immerhin arbeitet Commonwealth Fusion Systems mit einem staatlichen Förderprogramm (DOE) an dem nötigen FLiBe Blanket (ein Flüssigsalz aus Lithiumfluorid und Berylliumfluorid). Andere Aktivitäten dazu gibt es konkret z.B. von Kyoto Fusioneering (Scylla Blanket) und am KIT.

      • Ich bin auch gespannt, wie das mit den flüssigen Blankets funktionieren wird. Ich habe da ein paar lustige Laborexperimente zu gesehen (u.a. bei Startups), und bin gespannt wie das skaliert auf große Experimente hin.

    • Ja, in der Tat gibt es eine Reihe von Problemen/Herausforderungen, die erst mit einem “brennenden” Plasma auftreten. Da wird ITER wichtige Resultate liefern, aber ein wenig wird da hoffentlich auch schon vorher von dem Experiment SPARC von Commonwealth Fusion kommen. Zur Wärmeabfuhr wird ja z.B. in Italien das DTT Experiment gebaut. Aber, schon richtig, ITER wird sehr wichtige Datenpunkte liefern.

  3. Die Fortschritte sind zwar bemerkenswert, aber von einem Fusionsreaktor, der tatsächlich Nettoenergie produziert, sind wir noch viele Jahre oder Jahrzehnte entfernt. Das sollte man bei aller Euphorie auch den Politikern deutlich machen, damit die nicht mit solchen Nebelkerzen wie “Fusion ist die Lösung der Entkarbonisierung” die Tatsachen verschleiern.

    • Fusion kann durchaus etwas zum Klimaproblem beitragen, denn die (Zitat) „Nebelkerzen“ vieler Politiker, wir könnten das Klimaproblem bis 2045 oder 2050 lösen, diese Nebelkerzen werden so häufig in den Medien verbreitet, dass man von Propaganda sprechen muss, wenn man die wirklichen Verhältnisse und die zu überwindenden Schwierigkeiten kennt.
      Weltweit ist das Klimaproblem sogar im Jahr 2080 nicht gelöst – ausser es passiert ein Wunder wie etwa Fusionsenergiereaktoren, die überall installiert und betrieben werden können und von denen jedes Jahr einige hundert gebaut werden. Viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass Fusionsreaktoren im beginnenden 22. Jahrhundert dafür eingesetzt werden CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen um es in einem chemischen Prozess in reinen Kohlenstoff und Sauerstoff zurückzuverwandeln. Ein Prozess, der ohne „Vergraben“ /Speichern von C02 auskommt und damit ideal ist, wäre da nicht der Energiebedarf.

      Der Hauptverantwortliche des Fusionsstartups Helion verspricht übrigens Strom aus Fusionsenergie für den Gestehungspreis von 1 Cent pro Kilowatttstunde. Mit einem so geringen Strompreis könnten fast sämtliche physikalisch/chemischen Probleme der Menschheit gelöst werden, Probleme etwa wie die Rohstoffgewinnung aus gewöhnlichem Wasser aus dem Weltmeer.

      Hier ein Zitat:

      Helion’s cost of electricity production is projected to be $0.01 per kWh without assuming any economies of scale from mass production, carbon credits, or government incentives.

      , kopiert aus https://www.linkedin.com/pulse/helion-energy-50-mw-fusion-deal-microsoft-brian-wang

      • Ich persönlich finde die Formulierung “Fusion kann etwas zum Klimaproblem beitragen” korrekt. Es ist ebenfalls richtig, dass Fusion nicht den Klimawandel stoppen kann, was man leider gelegentlich noch liest. Helions Versprechen sind mit Vorsicht zu genießen, da es wenig belastbare Publikationen gibt. Ich bin wieder sehr gespannt auf die kommenden großen Konferenzen in diesem Jahr, wo einige der anderen Start-ups sehr wohl vertreten sind, und sich so der kritischen Diskussion stellen, mit Helion konnte ich leider noch nicht reden, aber vielleicht ist ja dieses mal jemand dabei (?)

        • Ja, dass Helion keine physikalisch fundiert bewertbaren Informationen veröffentlicht, ist wirklich ärgerlich – anscheinend haben einige Plasmaphysik-Experten in den USA in einer geheimen Studie für die Investoren von Helion wohl deren Ansatz als gangbar bescheinigt, was diese Investoren zufrieden gestellt hat. Aber das ist natürlich nur ein Anhaltspunkt, mehr nicht.

    • Ja, ich gebe Ihnen vollkommen recht, es wird noch einige Jahre dauern, und man muss aufpassen, dass die Euphorie, von der Sie sprechen, nicht zu sehr den Blick auf die Tatsachen verschleiert.

  4. Ich stimme Ihnen zu, dass nur durch ein Wunder die Fusionsenergie bis Ende des Jahrhunderts Strom zu Preisen von 1 Cent/ kWh erzeugen kann.
    Bei Helicon ist mir nicht ganz klar, auf welchem Prinzip der Reaktor beruht. Allerdings sind die angegebenen Energien für die positiven Ionen schon ziemlich hoch.

    • @Physiker: Helion basiert auf der Field-Reversed Configuration, einem durch Magnetfelder bewirkten selbststabilen „Rauchring“. Helion lässt 2 solche Plasmaringe aufeinander zuschiessen. Im Kollosionspunkt findet die Fusion statt. Helion glaubt nun direkt aus dem Kollosionsgebilde Strom erzeugen zu können indem es die dabei entstehenden Magnetwirbel über Induktion direkt in Strom umsetzt. Helion kommt also ohne Dampfturbine aus. Ziemliche Spekulation ob das gelingt sicher.

      Der Fortschritt in der Fusionsforschung wird stark von der „richtigen“ Konfiguration der Fusionsmaschinen inklusive der Steuerung der Magnetfelder während des Betriebs bestimmt. Es kommt also darauf an, das zu bauen, was dann auch funktioniert, denn wenn einmal gebaut können kaum noch Änderungen vorgenommen werden. Hier beim Design des Baus und der Steuerung der Magnetfelder hilft zunehmend die künstliche Intelligenz. Schon DeepMind hat ein KI-Programm veröffentlicht, welches die Magnetfeldsteuerung übernimmt. Sabine Hossenfelder berichtet im You-Tube Video „First Nuclear Plasma Control with Digital Twin“ über weitere Fortschritte bei der KI-gesteuerten Plasmakontrolle.

    • Warum Helion ein wissenschaftlich/technisch wertvolles Nuclear Fusion Startup ist
      Von den weltweit mehr als 30 Nuclear Fusion Startups gehört in meinen Augen Helion Energy zu den Startups, die vom Arbeitsprinzip her (MIF;FRC) , den erreichten Meilensteinen (6. Prototypreaktoren) und der Kompetenz der beteiligten Physiker (David Kirtley, ..) her zu den 10 Startups gehört, die am ehesten etwas zur Wissenschaft und Technologie der Kernfusion beitragen und die eine reelle Chance haben, einen Weg zur kommerziellen Fusion aufzuzeigen.
      Kurz zusammengefasst arbeitet Helion Energy mit folgendem in Fundamental Scaling of Adiabatic Compression of Field Reversed Configuration Thermonuclear Fusion Plasmas beschriebenen Verfahren:

      Helion Energy verfolgt die Produktion und Vermarktung von FRC-Fusionsgeneratoren, die zwei Hochfluss-FRCs supersonisch verschmelzen und sie dann zu thermonuklearen Bedingungen komprimieren. Von besonderem Interesse, da FRCs High-Beta sind, können sie sowohl für den Betrieb in fortschrittlichen Fusionskraftstoffen mit niedrigem Neutronenfluss als auch für die direkte, induktive Stromgewinnung geeignet sein.

      Hier meine Begründung für die Behauptung, dass Helion zu den „besseren“ Startups unter den mehr als 30 existierenden gehört, in Form eines Vergleichs der folgenden 10+ Nuclear Fusion Startups:
      CFS (MCF, 🍩;DT Fuel), Helion (MIF, FRC💨; D–He-3 Fuel) , General Fusion (MTF, Liquid Wall; DT Fuel), Tokamak Energy (MCF,🪩🍩; DT Fuel), TAE Technologies (FRC 💨, p-B11)Marvel Fusion (ICF, 🌈; DT Fuel in Nanorods), First Light Fusion (🎳 ICF), Zap-Energy (Z-Pinch Sheared-flow-stabilized, DT Fuel), Renaissance Fusion (MCF, 🍩Stellarator; DT Fuel), nT-Tao (MCF, 🍩Stellarator Ultrakompakt mit hoher Plasmadichte)

      Von den hier aufgelisteten Nuclear Fusion Startups gehört Helion zu denen, die einen unkonventionellen Ansatz verfolgen, nämlich zur Gruppe mit unter anderem Helion, Zap, TAE, Marvel Fusion, First Light Fusion, nT-Tao. Helion hat unter diesen Ansätzen den besten Trackrecord und hat bereits mehr als 6 Prototypreaktoren gebaut, die die anvisierten technischen Parameter erreicht haben. Im Vergleich dazu ist etwa Marvel Fusion mit ihre Laserlichtfusion von Nanorods eine reine Vision ohne jeden Nachweis der Machbarkeit. Das gleiche gilt für nT-Tao und den einen mechanischen Impaktor verwendenden „First Light Fusion“. Selbst TAE-Technologies steht nicht besonders gut da, will es doch einen Brennstoff (Protonen und Bor11) verwenden, der extreme Ansprüche stellt, von denen TAE meilenweit entfernt ist.

      Fazit: Unter allen unkonventionellen Ansätzen scheint mir Helion den interessantesten und vielversprechendsten gewählt zu haben.

  5. Chancen für kommerzielle Fusionsreaktoren im Zeitfenster 2050-2100
    Wissenschaftlich/technische Fortschritte bei Fusionsexperimenten im Laufe der letzten 30 Jahre (wo etwa immer höhere Werte des Tripelprodukts als Mass des Fusionserfolgs erreicht werden) und eine Reihe von detaillierten Fusionsprojekten, die eine Netzeinspeisung von Fusionsenergie vor dem Jahr 2050 versprechen, sprechen dafür, dass kommerzielle Fusion im Zeitraum 2050 bis 2100 möglich ist. Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs steigt in meinen Augen sehr stark allein dadurch, dass es mehrere Fusionsprojekte etwa im Bereich Magneteinschluss gibt. Ich bin nämlich der Meinung, dass es falsch ist auf ein einziges Pferd (etwa ITER) zu setzen, denn neue Technologie egal von wem verfolgt ist immer vom Scheitern bedroht. Die meisten Startups egal in welcher Technologie scheitern, doch wenn die Technologie die Voraussetzungen dafür hat, dann gibt es auch ein paar Startups, die zum Erfolg finden. Ändern sich die technologischen Basics im Verlauf der Zeit zum Besseren, dann steigt die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs. Und genau das beobachten wir jetzt, denn seit kurzem gibt es Magnete, die Feldstärken bis zu 20 Tesla erzeugen können und gleichzeitig nehmen die digitalen Möglichkeiten stark zu, so dass etwa digitale Twins von späteren Fusionskraftwerken gebaut werden oder die Steuerung der Magnetfeldstärke während des Betriebs wird mittels künstlicher Intelligenz realisiert.
    Und hier nun ein paar Fusionsprojekte, die auf Magnetfeldeinschluss setzen:
    – STEP: Ziel ist im Jahr 2040 100 MWe ins britische Netz einzuspeisen.

    – Commonwealth Fusion:
    – SPARC soll im Jahr 2025 in Betrieb gehen mit Q>2 im schlimmsten Fall und Q=10 als Erwartung
    – ARC, die Betriebsversion von SPARC soll um 2030 herum 270 MWe ins Netz einspeisen

    – Renaissance Fusion: Stellaratorfunktionalität trotz äusserem Torus. 3D-Printing der Magnete auf dem Torus erzeugt die für Stellaratoren nötige Magnetfeldkonfiguration. Soll in den 2030ern in Betrieb gehen.

    Fazit: Demos von Fusionsprojekten, die auf magnetischen Einschluss setzen mit „Gewinnen“ Q>2 oder gar >10 sind noch vor 2050 möglich oder gar zu erwarten. Es ist sehr gut möglich, dass mindestens eines der Projekte zu einem kommerziellen Reaktor führt, der vor dem Jahr 2100 in Massen gebaut wird.

    • Ich bin absolut Ihrer Meinung, die “Mehrgleisigkeit” kann nur von Vorteil sein. Ja, vermutlich werden die meisten der Startups scheitern, ab diejenigen, die ernsthafte Forschung betreiben werden der gesamten Community in jedem Falle auch nutzen. Ein wirklich spannendes Projekt ist SPARC, was ja, wie Sie schreiben, sehr bald in Betrieb gehen soll und auch wissenschaftlich arbeitet.

  6. Die Leute vom Dual-Fluid-Reaktor haben 0,6 Cent/kWh versprochen. Es wird andersrum laufen. Der Planet wird uns schon beibiegen, was er uns noch an Bandbreite der Existenzgrundlagen zur Verfügung stellen will angesichts unseres Rumgemurkse.

    • @Eckehard Erben (Zitat): „Die Leute vom Dual-Fluid-Reaktor haben 0,6 Cent/kWh versprochen“
      Das ist ohne weiteres möglich, allerdings erst beim N-ten Reaktor, also dann, wenn pro Jahr einige dutzend solche Reaktoren in Betrieb gehen. Der Dual-Fluid-Reaktor hat zudem, so viel ich weiss, eine konstante chemische Aufbereitung des zirkulierenden Flüssigsalzes eingebaut. Solch eine chemische Anlage ist recht teuer. Billiger wird es erst mit der Serienfertigung des Reaktors.
      Helion Energy nun verspricht, dass bereits der erste Reaktor Energie für 1 Cent/kWh erzeugen kann und dass der Preis sehr viel tiefer sinken wird, wenn sie in die Massenfertigung gehen.
      Allerdings: all das gilt überhaupt nur, wenn der Helion-Reaktor so funktioniert wie von den Erbauern erwünscht. Anders als beim Dual-Fluid-Reaktor ist der Helion-Reaktor zuerst einmal ein Forschungsprojekt. Und das mit ungewissem Ausgang.
      Das Projektteam des Dual-Fluid-Reaktors hat sich übrigens inzwischen nach Kanada begeben.

      • Letzten Endes ist entscheidend, dass es in Sachsen keine Standorte mehr gibt, an denen es ein zuverlässiges Angebot von Kühlwasser für thermische Kraftwerke gibt. Es sind Leute schon ausgestiegen beim DFR. Ich halte es für eine Märchenstunde.

  7. Martin Holzherr
    10.02.2024, 23:49 Uhr

    270 MWe ins Netz einspeisen

    MW = Megawatt. Aber was hat nun das zusätzliche “e” zu bedeuten?

    • MW ist die Gesamtleistung, MWe die elektrische Leistung.
      Sie haben aber recht, dass bei der Netzeinspeisung MW und MWe letztlich das gleiche ist.
      MWe ist also eine Grösse, die nur für ein Kraftwerk Sinn ergibt. Wärmekraftwerke wie Atom- oder Kohlekraftwerke erzeugen aber zuerst einmal Wärme und die Wärmeleistung gibt man dann mit MW an, während die mit den Dampfturbinen erzeugte elektrische Leistung mit MWe angegeben wird. In Kohle- und Kernkraftwerken ist MWe oft nur 1/3 von MW, ausser es handelt sich um Hochtemperaturkraftwerke, wo MWe/MW Werte von bis zu 50% erreichen kann.

  8. @Martin Holzherr
    Aber ist das jetzt wirklich eine übliche Schreibweise?
    Beispiel Verbrennungsmotor beim Auto. Wenn der eine Wärmeenergie von 300 kW erzeugt und nur 100 kW mechanische Energie liefert, dann werden im Fahrzeugbrief doch auch nur die 100 kW angegeben, ohne dass das extra gekennzeichnet wird.
    Warum der gemeine Autofahrer jetzt noch unbedingt diese mechanische Leitung in die völlig überflüssige Einheit (136 PS) umgerechnet haben möchte, wird mir ein ewig Rätsel bleiben.

    • @Julian Apostata: Bei thermischen Kraftwerken wird üblicherweise beides angegeben , MW und MWe, bei anderen Geräten wie Autos nicht.
      PS ist eine historische Einheit und von denen gibt es auch sonst noch viel. So wird etwa der Luftdruck häufig mit Bar angegeben, die Standardeinheit für den Druck ist aber Pascal. Kommt noch dazu, dass die US-Amerikaner immer noch nicht beim metrischen System angekommen sind. Sie reden von Meilen, Fuss und ähnlichem Zeug aus der Messvergangenheit.

  9. Grundlagenforschung versus Angewandte Forschung
    Eckehard Erben hat hier den vorgeschlagenen Dual Fluid Reaktor mit dem von Helion geplanten Nuclear Fusion Reaktor verglichen und in einem Beitrag von Markus Pössel wurden sogar Wind- und Sonnenkraftwerke mit Fusionsreaktoren verglichen.
    Bei solchen Vergleichen muss man sich aber bewusst sein, dass etwa die „Forschung“ am Dual Fluid Reaktor eine ganz andere Forschung ist als die am Fusionsreaktor von Helion. Die Forschung am Dual Fluid Reaktor würde ich als Angewandte Forschung bezeichnen, während es bei jedem Fusionsreaktor eher um Grundlagenforschung geht.
    Gründe für diese Unterscheidung
    1) Ein Dual Fluid Reaktor basiert auf bekannter Physik und auf ähnliche Reaktoren, die bereits einmal in Betrieb waren. Es geht also beim Dual Fluidreaktor im wesenlichen um ein Engineering Problem. Der Helion-Reaktor dagegen basiert sogar auf Physik, die nur in groben Zügen bekannt ist. Zwar wurde Field Reversed Configuration (FRC) bereits früher in der Fusionsforschung verwendet, aber es wurde wieder aufgegeben. Das bedeutet eben dass FRC „falsch“ eingesetzt nirgendwohin führt. Es gibt hier also offene Fragen.
    2) Ein Dual Fluid Reaktor kann schon heute, bevor er überhaupt gebaut ist, als digitale Simulation zum Leben erweckt werden und ein „digitaler Zwilling“ wird mit grosser Wahrscheinlichkeit genau so funktionieren wie später das reale Abbild. Für den Reaktor von Helion gilt das ganz und gar nicht. Man begibt sich in unbekanntes Terrain.
    3) Beim Dual Fluid Reaktor geht es auch stark um regulatorische Fragen, also darum, ob er die vielen Vorschriften erfüllt, die für Atomkraftwerke gelten. Für Fusionskraftwerke gibt es solche Vorschriften noch kaum.

    Das Erreichen von Meilensteinen in der Fusionsforschung wie etwa bei der positiven Endenergiebilanz der National Ignition Facility mit ihrer Laserfusion, bedeutet deshalb überhaupt nicht, dass es in Kürze Reaktoren mit Laserfusion geben wird. Es bedeutet nur gerade, dass das irgendwann eventuell möglich sein könnte.

    Detailliert wird auf die zu erwartenden Schwierigkeiten für Laserfusionskraftwerke im Artikel Momentary Fusion Breakthroughs Face Hard Reality
    eingegangen, wo man im Untertitel liest: Neue NIF-Daten sind vielversprechend, obwohl der Weg zur Wiederholbarkeit lang bleibt. Am Schluss des Artikels liest man:

    Die Brennstoffpellets der NIF sind auch extrem teuer, sagt Kritcher, die jeweils schätzungsweise 100.000 Dollar kosten. Dann würde die Erzeugung einer angemessenen Menge an Leistung bedeuten, die Häufigkeit der Schüsse von NIF dramatisch zu erhöhen – eine Leistung, die kaum am Horizont für einen Reaktor liegt, der Monate benötigt, um den nächsten Nanosekunden-langen Burst zu laden.

    “Das sind die größten Herausforderungen”, sagt Kritcher. “Aber ich denke, wenn wir diese überwinden, ist es zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht so schwer”.

    Fazit: Laserfusion, aber auch Fusion mittels Magnetfeldeinschluss ist heute noch Grundlagenforschung . Selbst wenn diese erfolgreich abgeschlossen ist muss man mit weiteren 20 Jahren rechnen bevor Fusionskraftwerke en masse produziert werden,

  10. AI Driven Design&Development in Forschungs-Grossprojekten
    Der Bau eines Tokamaks oder auch eines neuen Typs eines Fissionareaktors ist heute ungeheuer arbeitsaufwendig und zieht sich fast immer über viele Jahre hin. Und das obwohl etwa bei einem Tokamak alle benötigten Bauelemente prinzipiell bekannt sind. Allerdings kann man diese Bauelemente nirgends kaufen, denn sie existieren nur im Kopf und in skizzenhaften Rechnungen. Aus einer konzeptionell einfachen Arbeit wird dann schnell ein Kommunikations- und Beschaffungsproblem: wer liefert mir welche Komponenten in welcher Qualität oder noch schlimmer „welche Firmen kann ich dafür begeistern, etwas herzustellen, was selbst für die Firma neu ist“. Wer ein solches Projekt beginnt muss wissen wo es die Leute und Firmen mit dem nötigen Fachwissen und Interesse gibt und wie man die verschiedenen Komponenten aufeinander abstimmt. Einfacher würde es, wenn dieses Wissen bereits irgendwo versammelt wäre und man es nur noch zusammenstöpseln müsste. Und hier könnten bald schon grosse KI-Programme weiterhelfen, vorausgesetzt sie sind nicht nur mit den nötigen Daten trainiert worden, sondern sie haben auch noch ein Finetuning hinter sich, dass sie in die Lage setzt die Daten für die Anforderungen solcher Projekte „richtig“ zu kombinieren.
    Fazit: Generative künstliche Intelligenz trainiert mit einem Grossteil des heutigen Wissens kann in Zukunft auch Grossforschungsprojekte beschleunigen indem sie Querverbindungen aufzeigt und Vorschläge macht. KI könnte bald schon sehr viele Forschungsprojekte enorm beschleunigen.

    • Interessanter Ansatz die KI zum Projektmanagement zu verwenden, da werde ich mich auf jeden Fall mal schlau lesen, was da schon alles gemacht wird. Ansonsten ist es richtig, Tokamaks von der Stange gibt es nicht, das sind alles Einzelstücke. Einige Bauelemente werden allerdings schon immer mindestens ähnlich sein, da kann man also schon etwas einsparen an Zeit und Geld. Ein gut funktionierendes Projektmanagement ist in jedem Falle essentiell bei solch großen Projekten, da haben wir in der Vergangenheit einige Datenpunkte sammeln können.

  11. Hier noch ein Link zu einem Tokamak aus der Bronzezeit. Befindet sich im Antikenmuseum Regensdorf.

    Scheint einige hundert Jahre vor Christus schon „gebaut“ worden zu sein.
    Erstaunlich, welche Technologien, die Bronzemenschen schon voraussahen.

    • Wunderbar, solche frühen Tokamak-Versionen zeige ich immer gerne, danke 🙂
      Ist vermutlich das Gemeindemuseum Regensdort, oder? Haben Sie zu dem frühen Tokamak noch mehr Infos zur Hand?

  12. Nukleare Fusion und die Realwirtschaft: Aufbau einer Versorgungskette
    Eine Energieversorgung basierend auf nuklearer Fusion benötigt eine ganze Versorgungskette wozu je nach eingesetzter Technologie Supraleitende Magnete, Hochleistungslaser, Vakuumanlagen, Mikrowellenheizungen, Anlagen für das Management und Erbrüten von Tritium und Kühlanlagen gehören.
    Dass heute über die nötige Infrastruktur und die nötige Versorgungskette diskutiett wird, widerspiegelt die gestiegene Erwartung in baldige Erfolge in der nuklearen Fusion und den womöglichen Übergang zu kommerziellen Reaktoren in ein paar Jahrzehnten. Der Artikel The Fusion Industry Supply Chainlistet 26 Fusions-Startups (darunter CFS, General Fusion, HB11 Fusion, TAE, Helion, Tokamak, Zap und Marvel) auf, die auf eine Frage zu ihrer Versorgungskette und zu den geplanten Reaktoren geantwortet haben. Einige ihrer geplanten zukünftigen Reaktoren haben folgen Leistungscharakteristika: Beispiel 1: 5 × 400 MWe Reaktor, gefolgt von Dutzenden jedes Jahr ein Jahrzehnt später; Beispiel 2: 300 × 230 MWe Reaktoren; Beispiel 3: 1,000 x 300 MWe Reaktoren. Geplant ist langfristig also ein zweistelliger Prozentanteil an der Weltstromversorgung. Das benötigt dann auch eine entsprechende Versorgungskette und unter anderem Materialien wie Wolfram, Barium, Vanadium, Zirconium, Beryllium, Molybdenum, seltene Erde, Krypton, Xenon und Kupfer, allerdings wird pro erzeugtes Megawatt sehr viel weniger etwa von Kupfer oder seltenen Erden benötigt als für Solar- und Windkraftanlagen, die die gleiche Energie erzeugen.
    Auch Lithium-6 wird benötigt um daraus Tritium zu erbrüten, aber wiederum verschwindend geringe Mengen im Vergleich zur Batterieindustrie.

    Der Artikel Canadian-British partnership for fusion development beschreibt gar eine Partnerschaft im Fusionsbereich mit dem Ziel den Tritium-Kreislauf zu managen.

    Fazit: die Aufbruchstimmung im Lager der nuklearen Fusion ist unter anderem daran erkennbar, dass sich die Firmen über ihre Versorgungsbedürfnisse austauschen.

    Persönliche Einschätzung: Es gibt heute Aufbruchstimmungen auch bei Technologien, deren praktischer Einsatz noch in einiger Ferne liegt. Neben der nuklearen Fusion ist dies auch so mit dem Quantencomputing, wo etwa vor ein paar Tagen der CEO von Microsoft sagte, sie rechneten fest mit Quantencomputing schon bald. Solch hoffnungsvolle Stimmen sind für die betroffenen Startups sicher gut. Doch nicht jede Hoffnung geht sofort in Erfüllung.

    • Dazu kommt dann noch Bewegung in der Politik: erhöhtes Fördervolumen (Positionspapier Fusionsforschung) oder auch geänderte Genehmigungsverfahren für potentielle Fusionskraftwerke (die bisher als Nuklearanlagen, also Spaltungsanlagen liefen). Es sind also aktuell spannende Zeiten!

  13. Im Dezember 23 ist übrigens der supraleitende Nachfolger von JET, der JT60 SA in Japan in Betrieb gegangen. Er wird Betriebszyklen von 100 Sekunden und eventuell länger möglich machen, ansonsten aber in einem ähnlichen Leistungsbereich wie JET arbeiten – allerdings nur mit einem Deuteriumgemisch, ohne Tritium.

    In Phase H.II.2. soll folgendes untersucht werden:

    Die Kompatibilität von hoher Dichte, hohem Beta, hohem Einschluss und einem radiativen Divertor wird mit der verbesserten Leistung und dem verbesserten Divertor untersucht. Die Physik und Kontrollierbarkeit von selbstregulierenden und selbstorganisierenden Plasmas wird mit einem Langimpulsbetrieb angesprochen. Durch die Organisation und Integration der Beobachtungen soll ein vollständig nicht-induktiver Steady-State-Betrieb über den idealen MHD-Stabilitätsgrenzen ohne Wand erreicht werden.

  14. REBCO mit Non Insulator Non Twist Magnetaufbau für SPARC und ARC
    Der Artikel The SPARC Toroidal Field Model Coil Program beschreibt die Design-Entscheidung von Common Wealth Fusion und MIT Plasma Science and Fusion Center (PSFC) für supraleitende REBCO-Magneten basierend auf einem NINT-Design, also einem Non Insulator Non Twist Design für die grossen Magneten im SPARC- und später ARC-Reaktor. Bei diesem Design wird auf die Isolation der REBCO-Magneten verzichtet, was zu einem kompakteren und besser kontrollierbaren Magnetaufbau führt.
    Ein umfangreiches Testprogramm zeigte die Machbarkeit, Testbarkeit und hohe Reproduzierbarkeit eines derartigen Magnetfeldaufbaus.
    NINT-Features => Auswirkungen
    Hohe Wicklungspackungsstromdichte => Kompakt, Hochfeld-REBCO-Magnet; Großer Magnet-Designraum

    Hohe thermische Stabilität => Beständig gegen Quench; Robust gegen REBCO-Fehler und lokale Schäden

    Quench Resilienz => Potenzial zum Verzicht auf aktive Quench-Erkennungs- oder Minderungssysteme

    Einpass-Druckbehälterkühlung => Umgang mit hoher nuklearer Aufheizung; Optimierung der lokalen Kühlung; Einfaches Verteilern

    Einfache modulare Konstruktion => Schnelle Fertigung; Skalierbar für SPARC und kommerzielle Nutzung; Wartungsoptionen

    Der Artikel The SPARC Toroidal Field Model Coil Program beschreibt zudem die zugehörigen Tests und den im Test benutzten Magnetaufbau:

    Design Parameter TFMC TF Coil
    Magnet mass [kg] 10,058 18,025
    Magnet size [m] 1.9 × 2.9 3.0 × 4.3
    Winding pack (WP) mass [kg] 5,113 7,975
    WP minimum turn radius [m] 0.2 0.4
    WP current density [A/mm2] 153 94
    WP inductance [H] 0.14 0.59
    WP amp-turns [MA-turns] 10.4 6.3
    Terminal current [kA] 40.5 kA 31.3
    Number of turns 256 200
    Number of pancakes 16 16
    Total REBCO [km] 270 270
    Coolant type Supercritical helium
    Coolant pressure [MPa] 1-2 1.5
    Operating temperature [K] 20 8-17
    Peak magnetic field [T] 20.1 23
    Peak Lorentz loading [kN/m] 822 750
    Magnetic stored energy [MJ] 110 31

    Fazit: Common Wealth Fusion hat scheinbar die Entscheidung für den Aufbau ihrer REBCO-Magnete getroffen und will dafür mehrere Patente anmelden. Die Wahl eines NINT-Designs verspricht eine gute industrielle Fertigungsmöglichkeit und gute Inspektionsmöglichkeiten für die Grossmagnete, die im SPARC-Reaktor und später in den kommerziellen ARC-Reaktoren (ARC=Affordable, Robust, Compact) zum Einsatz kommen.

  15. die REBCO-Zukunft von Stellaratoren
    Nicht nur Tokamaks, auch ihre betriebsstabileren, aber anspruchsvolleren Cousins, die Stellaratoren, profitieren von Hochtemperatursupraleitern. Es gibt 3 geplante REBCO-Stellaratoren mit ähnlichen Betriebsparametern wie SPARC (Q>2, möglicherweise 10).
    Übrigens: Neben REBCO‘s gibt es inzwischen eisenhaltige und Bismuthverbindungen als Hochtemperatursupraleiter, aber nur REBCO-Tapes werden heute kostengünstig in reproduzierbarer Qualität hergestellt.
    Stellaratoren sind Fusionsreaktoren, die 100 Millionen Celsius heisses Plasma allein in externe Magnetfelder einschliessen, während Tokamaks zusätzlich elektrische Ströme im MegaAmpere-Bereich verwenden, die im Plasma den Torus umkreisen. Damit haben Stellaratoren gegenüber Tokamaks folgende Vorteile:
    – Stellarator Vorteil 1) Kein elektrischer Strom im Plasma => keine dadurch ausgelösten Instabilitäten (z.B. Pulsbetrieb, Disruption), mehr Nutzstrom anstelle von Betriebsstrom
    – Stellarator Vorteil 2) Steady State Betrieb => ✅ Zuverlässlichkeit
    – Stellarator Vorteil 3) Keine Plasmastromunterbrüche => ✅ Betriebs-Sicherheit
    – Stellarator Vorteil 4) Inhärent stabiles Plasma => ✅Betriebs-Robustheit
    – Stellarator Vorteil 5) Berechenbar optimaler Betrieb => 🍀Upgrades möglich+berechenbar

    Die wichtigsten 3 Stellaratoren, die gerade jetzt in Betrieb sind arbeiten noch mit konventionellen Supraleitern und zwei davon sind ziemliche Ungetüme. Es handelt sich um den Wendelstein 7-X (3 Tesla bei 4 K, 16 Meter Durchmesser, 4.5 Meter hoch, Plasmavolumen 30 m³), das Large Helical Device (3 Tesla, 8 Meter Durchmesser, Plasmavolumen 30 m³) und das Helically Symmetric eXperiment (klein, aber mit Quasi-helikaler Symmetrie, Plasmavolumen 0.44 m³ ).

    Geplante Rebco-Stellaratoren
    – Type One Energy will einen Stellarator ähnlich dem Wendelstein 7-X bauen aber mit REBCO-Magneten. Die gleichen komplex geformten Magnete also wie in Wendelstein 7-X, aber gebaut mit Additive Manufacturing, also 3D-Printing und mit wesentlich kleineren Abmessungen , da REBCO 2 bis 3 Mal grössere Feldstärken erlaubt. Geplant ist ein Kraftwerk
    Thea Energy dagegen will viele dutzend uniform gebaute kleine Magnete „aufgeklebt“ auf einen Torus so ansteuern, dass ein Stellarator-Magnetfeld entsteht obwohl die äussere Form des Reaktors ein gewöhnlicher Torus ist: FUSION ENERGY MADE FASTER AND SIMPLER. Geplant ist zuerst einmal eine kommerziell einsetzbare Neutronenquelle für die Herstellung von Isotopen. D-D Fusion. In den späten 2030er Jahren soll dann Strom erzeugt werden.
    Helical Fusion plant eine Art Zwischending zwischen Tokamak und Stellarator, Zitat: Ein Paar elektromagnetischer Spulen in Form einer Doppelhelix, die um einen Donut gewickelt ist. Ein supraleitender Leiter wird gewickelt, um ein starkes Magnetfeld (Magnetfeldlinien) zu erzeugen, das durch einen riesigen Strom in eine spiralförmige Form verdreht wird.

    Fazit: Neue Stellaratoren, die mit REBCO-Supraleitern arbeiten werden ein kleineres Plasmavolumen als Wendelstein 7-X besitzen, aber wegen deutlich stärkerem Magnetfeld Netzenergie produzieren.

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