ExoMars: DSM 1 erfolgreich

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Teil 1 des DSM (Deep Space Manoeuvre) der ESA-Marsmission ExoMars 2016 wurde heute erfolgreich durchgeführt. Das Triebwerk lief 52 Minuten lang und verabreichte ein Delta-v von 326.5 m/s, wie geplant 95% des gesamten Manövers. Teil 2 folgt in zwei Wochen. Bald darauf beginnt die Navigationskampagne in Vorbereitung der Marsankunft am 19. Oktober.

Übrigens zeigte der Schubvektor ziemlich genau in Flugrichtung. Es handelt sich also um eine Beschleunigung, nicht um eine Abbremsung, wie vielfach zu lesen war. Wenn der Triebwerksschub in Richtung der Geschwindigkeit zeigt, wird die Raumsonde schneller; ihrer Bahn wird Energie zugeführt. Das dürfte unmittelbar einleuchten.

Der Transfer von ExoMars2016 zum Mars, Start 2016/3/14, Ankunft 2016/10/19. Die Positionen von Erde, Mars und Raumsonde zum jeweiligen Monatsanfang sind markiert.
Credit: Michael Khan, ESA / Der Transfer von ExoMars2016 zum Mars, Start 2016/3/14, Ankunft 2016/10/19. Die Positionen von Erde, Mars und Raumsonde zum jeweiligen Monatsanfang sind markiert.

Die Bahn der Raumsonde ist natürlich heliozentrisch, wie in der Grafik gezeigt. Man kann aber Position und Geschwindigkeit auch geozentrisch ausdrücken. Die Erde ist auf einer nahezu kreisförmigen Bahn, die viel niedriger als die aktuelle Position von ExoMars ist. Deswegen fliegt die Erde auf ihrer Bahn schneller und hat schon längst ExoMars auf der Innenbahn überholt.

ExoMars war nur am Anfang etwas schneller, da die Sonde ja von der Rakete mit einer Fluchtgeschwindigkeit von mehr als 3.7 km/s tangential zur Flugbahn der Erde in den interplanetaren Transfer eingeschossen wurde.

Als nun ExoMars Richtung Mars hinauf kletterte, wurde das Raumfahrzeug immer langsamer, weil in seiner elliptischen Bahn kinetische Energie in potenzielle umgewandelt wird. So wie ein Uhrpendel langsamer wird, wenn es hoch schwingt. Anfang April hatte ExoMars noch einen knappen Vorsrpung, Anfang Mai lagen die beiden schon gleichauf.

Nun aber ist die Erde schon ein ganzes Stück weiter. Das heißt, der Abstand zwischen Erde und Mars vergrößert sich. Wenn nun aber ExoMars in seiner Flugrichtung durch das DSM beschleunigt wird, dann wird die Zunahme der Abstandsvergrößerung ein wenig gebremst.

Wahrscheinlich kam dies bei manchen fälschlich so an, als sei das DSM ein Bremsmanöver. Das ist es aber nicht – das Aphel der Bahn steigt durch das DSM um knapp anderthalb Millionen, das Perihel um 5 Millionen km. Bremsmanöver heben eine Bahn nicht an, sie senken sie ab.

Die Bahn von ExoMars um die Sonne wird also der Marsbahn dank DSM ein klein wenig ähnlicher. Dadurch wird die Relativgeschwindigkeit zum Mars am 19.10. ein klein wenig reduziert, wie hier beschrieben. Wie man oben deutlich sieht, ist zunächst ExoMars am Mars vorbeigezogen, wird nun aber wieder eingeholt.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

4 Kommentare

  1. “Alternativlos” erscheint einem diese ExoMars-Flugbahn von der sich bewegenden Erde zum etwas weiter aussen die Sonne umkreisenden Mars. So ähnlich wie ein Sprung von einem fahrenden Zug auf einen vorbeiziehenden anderen fahrenden Zug. Was ja kaum gelingen kann, wenn der Zug, zu dem man überspringen will, einem entgegenkommt und was selbst bei gleicher Fahrrrichtung umso mehr Energie braucht, je grösser der Geschwindigkeitsunterschied zwischen den beiden Fahrzeugen ist.

    Es scheint aber tatsächlich exotisch anmutende Alternativen zu geben, die sich anderer Himmelskörper für einen gravity assist (Swing By) bedienen wie der Artikel Low energy trajectories to Mars via gravity assist from Venus to Earth zeigt.
    Wenn man aber nicht von günstigen Planetenkonstellationen abhängig machen will., muss man wohl eine Erd-Mars-Flugbahn wählen, die der oben gezeigten ExoMars-Flugbahn ähnelt.

    • Mars-Transfers mit einem Venus-Swingby können manchmal etwas geringere Fluchtgeschwindigkeiten an der Erde aufweisen, führen aber immer zum Problem einer höheren Ankunftsgeschwindigkeit am Mars. Ist ja auch logisch – die Ankunft erfolgt da auf einer Bahn, deren Perihel bei der Venus und deren Aphel beim Mars liegt. Diese hat eine kleinere große Halbachse als ein Standardtransfer direkt von der Erde zum Mars, weswegen die Differenzgeschwindigkeit zum Mars größer sein muss. Diese VEGA-Transfers sind nur interessant, wenn es programmatische Gründe gibt, beispielsweise im Rahmen einer bemannten Mission, wenn man die anderthalb Jahre Wartezeit bis zum Rückkehrfenster vermeiden will.

      Die Klasse von Transfers, mit denen tatsächlich zuverlässig die Ankunftsgeschwindigkeit und auch das gesamte Delta-v-Budget gesenkt werden kann, sind solche, bei denen man zum Mars fliegt, dann aber keinen Bahneinschuss macht, sondern einen Swingby, und dann vielleicht noch einen und noch einen, jedes Mal mit der Möglichkeit zu einem DSM auf dem Weg. Dadurch kann von Marsankunft zu Marsankunft die Relativgeschwindigkeit reduziert werden. Messenger hat so etwas am Merkur gemacht, und BepiColombo wird das auch machen. Stichwort “endgame”. Der Nachteil ist, dass der Transfer dann sehr bald horrend lange dauert, gerade zum Mars, weil die Swingbysequenz eben Synchronizität mit der Umlaufperiode erfordert.

      • Ja, hohe Ankunftsgeschwindigkeiten beim Mars scheinen ein Hauptproblem von Missionen zu sein, die auf dem Mars landen oder einen Orbiter absetzen wollen. Wenn man auf Swing-By Manöver verzichtet, gibt es für unterschiedliche Erd-Mars Transfers immer noch einen Unterschied von bis zu 3.5 km/s bei der Ankunftsgeschwindikgeit. Der Artikel Earth-Mars Transfer Times and Velocity Requirements kommt zu folgendem Schluss: je länger die Flugzeit desto tiefer die Ankunftsgeschwindigkeit. Im Jahr 2030 erhält man für eine 270 Tage-Mission eine um 3.5 km/s geringere Ankunftsgeschwindikgeit als für eine 180 Tage-Mission.

        Doch 270 Tage für eine bemannte Mission ist sicher viel zu lange. Man könnte auch die Atmosphäre des Marses zum Abbremsen benutzen, indem man beim Vorbeiflug mittels eins starken Magnetfelds eine Bremskraft in der ionisierten Hochatmosphäre des Marses erzeugt. Das nennt sich Magnetoshell aerocapture

  2. Pingback:Der nächste ESA-Marsorbiter hat Kurs genommen - Abenteuer Astronomie

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