Vom Staub im Fusionsreaktor zur Internationalen Raumstation – ICPDP Tag 2

BLOG: Zündspannung

Blick über den Plasmarand
Zündspannung

Der zweite Tag der International Conference on the Physics of Dusty Plasmas begann mit einem Vortrag von Cécile Arnas über das Wachstum von Nanoteilchen in Plasmen. Die Französin hat ein Modell vorgestellt, mit dem gezeigt wird, wie kleine, gesputterte Teilchen sich abkühlen und dann kondensieren.

Danach berichtete Alex Samarian aus Sydney über eine Untersuchung von Staubteilchen nach der Abschaltung eines Plasmas. Die Teilchen entladen sich nicht sofort, sondern behalten für eine ganze Weile noch eine Ladung, die man mithilfe eines wechselnden elektrischen Feldes messen kann.

Alexei Ivlev aus unserer Gruppe in Garching stellte verschiedene Versuche und theoretische Überlegungen zur Rheologie von Komplexen Plasmen vor, unter anderem Experimente zu Scheerkräften auf Staubteilchen und Rechnungen zur Konvektion von Gasen bei extrem niedrigen Drücken (kleiner als 10 Pa).

Nach der Kaffeepause (habe den Tee entdeckt, der viel besser als der extrem starke Kaffee ist) sprach Hubertus Thomas, ebenfalls unsere Gruppe, über die Ergebnisse des momentanen Experiments zu Komplexen Plasmen auf der Internationalen Raumstation, PK3-Plus. Er zeigte einige Filme zu dem Heartbeat, der ja auch schon am Vortag erwähnt worden war, zu Reihenbildung von Teilchen (wie Fußgänger auf dem Weihnachtsmarkt, die aneinander vorbeikommen wollen, ohne andauernd an andere Leute zu stoßen) und zu elektrorheologischen Fluiden.

Danach sprach Kostya Ostrikov sehr energetisch über Plasma Nanoarchitektur, einem Thema, von dem ich noch nie etwas gehört hatte. Anscheinend ist es möglich, mithilfe von Plasma genau designte Nanostrukturen zu bilden.

Lin I aus Taiwan stellte Arbeiten zu selbstangeregten Wellen in komplexen Plasmen vor, die mich dann wieder sehr interessierten, da sie meinem vor einiger Zeit publizierten Paper sehr ähneln. Sogar die Analysemethoden mithilfen von "Periodgrammen" war dieselbe. Wenn ich wieder zu Hause bin, werde ich mal nach Publikationen von seiner Gruppe zu dem Thema suchen.

Am Nachmittag ging es um Staub in dem geplanten Fusionsreaktor, ITER. Wie Michiya Shimada und Sandrine Rosanvallon erklärten, wird Staub in dem Tokamak unter verschiedenen Umständen entstehen, was sowohl ein Sicherheitsproblem (der Staub wird aktiviert, damit dann radioaktiv und darf somit nicht in die Umwelt gelangen) als auch ein Problem für den Betrieb des Reaktors ist (der Staub kühlt z.B., so dass irgendwann nicht mehr Energie gewonnen als reingesteckt wird).

Es gibt verschiedene Vorschläge, die Bildung von Staub zu minimieren und dann zu entfernen. Auf alle Fälle noch eine Aufgabe, an der geforscht wird. Dmitry Rudakov aus San Diego stellte die Forschungsergebnisse zu dem Thema an dem DIII-D Tokamak dar. S. Krasheninnikov zeigte auch einige (für mich beeindruckende) Filme von Staub, der durch das heiße Plasma fliegt und sprach von einer Simulation zu dem Transport von Staub.

C. Ticos sprach über Experimente mit dichten Plasmen, die schnell fließen (mehr als 20 – 60 km/s). Dabei wurden die Staubteilchen sp heiß, das sie leuchteten und mithilfe einer extrem schnellen Kamera beobachtet werden konnten.

Als letzten Vortrag am Dienstag sprach schließlich S. Benkadda über Driftwellen in staubigen Plasmen.

Danach haben wir die portugisische Küche genossen und extrem leckeren Schwertfisch gegessen (und auch mal über etwas anderes gesprochen als komplexe Plasmaphysik 😉 ).

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Erhöht man die Spannung zwischen zwei Elektroden, die ein Gas umgeben, beginnt das Gas irgendwann zu leuchten: Freie Elektronen im Gas haben genug Energie, um die Gasteilchen zu ionisieren und noch mehr Elektronen aus den Atomen zu schlagen. Ein Plasma wurde gezündet, die Zündspannung ist erreicht. Gibt man nun noch zusätzlich Mikrometer große Teilchen in das Plasma, erhält man ein sogenanntes "Komplexes Plasma", mit dem ich mich zunächst als Doktorand und Post-Doc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und nun an der University of California in Berkeley beschäftige. In diesem Blog möchte ich sowie ein wenig Einblick in den Alltag im Forschungsinstitut bieten, als auch über den (Plasma)-Rand hinaus blicken. Mierk Schwabe

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