Test der Stringtheorie mit Komplexen Plasmen

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Blick über den Plasmarand
Zündspannung

ResearchBlogging.orgIn einem kürzlich veröffentlichten Artikel schlägt mein Kollege Markus Thoma einen Test der Stringtheorie mittels sogenannten "Einkomponenten Plasmen" vor. So ein Plasma besteht aus geladenen Teilchen, die mittels Coulomb-Kraft miteinander in einem neutralisierenden Hintergrund wechselwirken. Mit diesem Modell kann man also ein echtes Plasma oder auch ein Komplexes Plasma, das ja außer den Ionen und Elektronen noch Mikroteilchen enthält, simulieren. Theoretisch sollte der Test also auch auf Komplexe Plasmen ausweitbar sein.

Aber einen Test der Stringtheorie? Die will ja bekanntermaßen eine "Theorie für Alles" sein, also sämtliche Kräfte miteinander vereinen. Dazu verwendet sie als grundlegende "Teilchen" die Strings, die kleiner als alle anderen Teilchen sind und die Kräfte durch Vibrationen erzeugen.

Nun sagt diese Theorie unter anderem voraus, dass das Verhältnis der Viskosität (die angibt, wie zähflüssig das System ist) und der Entropie (der Ungeordnetheit des Systems) immer größer als das Verhältnis zweier Naturkonstanten sein muss (insgesamt eine Zahl von 6 x 10^-13 K s). Diese Aussage sollte für alle relativistischen Quatenfeldtheorien gelten, und sollte daher auch auf nicht-relativistische Systeme ausweitbar sein.

Bisher wurden auch tatsächlich keine widersprechenden Messungen gemacht. Auch das in Markus Thomas errechnete Verhältnis dieser beiden Größen in Einkomponenten-Plasmen widerspricht der Aussage nicht. Nun wäre es interessant, diesen Wert z.B. in Komplexen Plasmen tatsächlich zu messen. Die Viskosität dieser Systeme wurde bereits experimentell bestimmt, nur die Entropie noch nicht.

Falls dann aber tatsächlich ein Widerspruch gezeigt wird, würde dies keinesfalls das Ende der Stringtheorie bedeuten, sondern es wäre nur die Hypothese widerlegt, dass man das Ergebnis auf nicht-relativistische Systeme ausweiten kann. 

M. H. Thoma, G. E. Morfill (2008). Ratio of viscosity to entropy density in a strongly coupled one-component plasma EPL (Europhysics Letters), 82 (6) DOI: 10.1209/0295-5075/82/65001

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Erhöht man die Spannung zwischen zwei Elektroden, die ein Gas umgeben, beginnt das Gas irgendwann zu leuchten: Freie Elektronen im Gas haben genug Energie, um die Gasteilchen zu ionisieren und noch mehr Elektronen aus den Atomen zu schlagen. Ein Plasma wurde gezündet, die Zündspannung ist erreicht. Gibt man nun noch zusätzlich Mikrometer große Teilchen in das Plasma, erhält man ein sogenanntes "Komplexes Plasma", mit dem ich mich zunächst als Doktorand und Post-Doc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und nun an der University of California in Berkeley beschäftige. In diesem Blog möchte ich sowie ein wenig Einblick in den Alltag im Forschungsinstitut bieten, als auch über den (Plasma)-Rand hinaus blicken. Mierk Schwabe

4 Kommentare

  1. Kontroversen

    Die Stringtheorie scheint ja ein kontrovers diskutiertes Thema zu sein. Vielleicht könnte man für das breitere Publikum mal zusammenfassen, worum es bei diesen Kontroversen eigentlich geht, was die Argumente beider Seiten sind etc ?

  2. Wie misst man eigentlich…

    …die Entropie eines Plasmas?

    Was micht persönlich an den Stringtheorien ein bisschen stört ist, dass es so viele davon gibt. Der Kram ist kaum zu überprüfen, und wenn man es dann doch mal schafft, dann kommt gleich die nächste aus der Versenkung – ad infinitum.

    Die Susys finde ich philosophisch wesentlich ansprechender. Aber auf mich hört ja niemand… 😉

  3. Die meisten Stringtheorien…

    sind doch auch supersymmetrisch. Oder sogar alle?

    Was wohl die meisten Physiker, einschließlich der Stringtheoretiker selbst, an den Stringtheorien stört, ist dass man bisher kaum falsifizierbare Vorhersagen direkt aus den mathematischen Modellen ableiten konnte. Vielleicht ist ja dieses Minimum aus Viskosität pro Entropie der Anfang.

    Einen echten Durchbruch hätte man aber wohl erst, wenn eine Theorie mit wenigen Parametern den Teilchenzoo des Standardmodells reproduzieren und das eine oder andere (supersymmetrische) Extrateilchen richtig voraussagen könnte.

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