Leuchtende Nachtwolken

BLOG: Zündspannung

Blick über den Plasmarand
Zündspannung

Im Moment ist einer der weltweit führenden Experten für Leuchtende Nachtwolken (noctilucent clouds auf Englisch, NLC) bei uns im Institut zu Besuch, Prof. Ove Havnes. Professor Havnes hat dann auch gleich einen Vortrag zu diesem Phänomen gehalten, darüber, welche Fakten dazu man bisher erklären kann, und – besonders spannend – welche nicht.

Leuchtende Nachtwolken treten in den nördlichen Breiten vor allem in den Sommermonaten auf. Man sieht diese Wolken noch nach Sonnenuntergang hell am Nachthimmel leuchten. 

Dass sie noch nach Sonnenuntergang sichtbar sind, liegt natürlich daran, dass die Eisteilchen, aus denen die Wolken bestehen, noch von der Sonne angeleuchtet werden. Sie befinden sich in der Mesosphäre in 80 – 90 km Höhe (einer Höhe, von der man vor Entdeckung dieser Wolken dachte, dass sich dort keine Atmosphäre mehr befände). In dieser Höhe gibt es bereits freie Ionen und Elektronen, und die Eisteilchen laden sich durch Einsammeln von Elektronen auf.

Interessanterweise ist dieser Teil der Atmosphäre im Winter deutlich wärmer als im Sommer – zu warm, um das Wachsen von Eisteilchen auf sichtbare Größen (10 – 100 nm) wie im Sommer zu ermöglichen.

Ein ebenfalls im Sommer in derselben Atmosphärenschicht auftretender Effekt sind "polare mesosphärische Sommer-Echos" (PMSEs), bei denen Radarwellen reflektiert werden. Diese Echos entstehen durch Fluktuationen in der Plasmadichte in diesen Schichten der Atmosphäre – vermutlich eben durch die Eisteilchen der Leuchtenden Nachtwolken.

Solche Radarechos gibt es, im Gegensatz zu den nachtleuchtenden Wolken, allerdings auch im Winter, dann werden sie entsprechend PMWEs genannt. Im Winter entstehen diese Echos allerdings spannenderweise nicht in derselben Schicht wie im Sommer, sondern deutlich niedriger (55 – 85 km Höhe).

Die Idee Ove Havnes’ und seiner Gruppe ist es jetzt, dass die Winterechos an Meteoritenstaubteilchen entstehen. Die Mesosphäre (und die Schicht darüber) ist nämlich genau das Gebiet, in dem die Meteoriten auseinander brechen und verglühen. Dort sind also "Rauch"-Teilchen zu finden, die die Überreste der Meteoriten sind. Im Sommer, wenn es kalt genug ist, werden diese Teilchen in die wachsenden Eisteilchen eingebaut und sinken wegen Aufwinden nicht tiefer, im Winter sind sie auch weiter unten zu finden.

Bei PMWEs wurde außerdem ein deutlicher Unterschied zwischen Tag und Nacht festgestellt: Tagsüber gibt es deutlich mehr winterliche Radarechos als nachts. Eine erklärende Idee ist es, dass tagsüber Elektronen, die auf die Rauchteilchen treffen und diese laden, durch Photonen von der Sonne wieder herausgelöst werden. Dadurch bleiben im Sonnenschein noch genügend freie Elektronen vorhanden, die den Radar reflektieren können. Nachts hingegen werden die meisten Elektronen auf dem Meteoritenstaub gebunden, und so reflektiert nichts.

Um weitere Informationen zu sammeln, sind neue Raketenexperimente in Planung, mit denen die Staubteilchen aus der Mesosphäre eingesammelt und untersucht werden sollen.

Mehr Informationen: Uni Colorado -Smoky Plasmas ; Artikel über die Ladungen der Eisteilchen 

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Erhöht man die Spannung zwischen zwei Elektroden, die ein Gas umgeben, beginnt das Gas irgendwann zu leuchten: Freie Elektronen im Gas haben genug Energie, um die Gasteilchen zu ionisieren und noch mehr Elektronen aus den Atomen zu schlagen. Ein Plasma wurde gezündet, die Zündspannung ist erreicht. Gibt man nun noch zusätzlich Mikrometer große Teilchen in das Plasma, erhält man ein sogenanntes "Komplexes Plasma", mit dem ich mich zunächst als Doktorand und Post-Doc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und nun an der University of California in Berkeley beschäftige. In diesem Blog möchte ich sowie ein wenig Einblick in den Alltag im Forschungsinstitut bieten, als auch über den (Plasma)-Rand hinaus blicken. Mierk Schwabe

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