ICPDP5 – Tag 1

BLOG: Zündspannung

Blick über den Plasmarand
Zündspannung

Poster der ICPDPAm Samstag abend sind wir auf den Azoren angekommen, um die International Conference on the Physics of Dusty Plasmas zu besuchen. Den Sonntag haben wir hauptsächlich für uns nutzen können, ab 16 Uhr fand lediglich die Registrierung und ein Welcome Drink in der Uni statt. Dort haben wir alle einen Rucksack, das Buch mit den Abstacts, Namensschilder und einige andere Kleinigkeiten erhalten. Es war schön, schon dort viele bekannte Gesicher zu sehen.

Am Montag um 10 vor 9 ging es dann mit einer Begrüßung los. Zu meiner Überraschung hat der Chairman, Padma Shukla, erklärt, dass besonders viele Vorträge an junge Wissenschaftler vergeben worden wären… Bisher, gegen Ende des zweiten Tags, wurden gerade zwei Vorträge von jungen Leuten gehalten. Nun ja.

Der erste Vortrag war dann auch gleich von Greg Morfill, einem der Mitentdecker von Plasmakristallen, Chef der größten Forschungsgruppe, die sich mit diesem Thema beschäftigt (und nebenbei mein Boss 😉 ). 

Zunächst hat Greg Morfill einen Überblick über die Geschichte der komplexen Plasmen gegeben, immerhin mittlerweile schon 15 Jahre. Er hat auch einige momentan interessanten Forschungsthemen angesprochen, wie Selbstorganisation, nicht-Hamilton'sches Verhalten, und elektrorheologische Eigenschaften von komplexen Plasmen.

Danach kam ein Vortrag von M. Mikikian aus Frankreich über die "Heartbeat"-Instabilität. Dabei kontrakhiert der zentrale Void, den komplexe Plasmen manchmal zeigen, regelmäßig und weitet sich dann wieder aus. Sieht fast aus wie ein schlagendes Herz, daher der Name.

Die Gruppe aus Orléans hat das Plasmaleuchten und den Strom der Entladung während dieser Instabiliät untersucht und interessante Korrelationen gefunden. Leider haben sie trotzdem keine Ahnung, wodurch der Herzschlag denn nun verursacht wird, aber die Forschung geht ja weiter.

Der nächste Vortrag war von Tetyana Antonova aus unserer Gruppe in Garching. Tetyana untersucht Mikroteilchen-Cluster von wenigen Teilchen Größe, die mit einer bestimmten Teilchenanzahl stabiler sind (sogenannte "magische Zahlen"). Sie verwendet dazu verschiedenfarbige Laser und kann so eine dreidimensionale Analyse durchführen.

Nach der Kaffeepause (mit unheimlich starkem Kaffee) hielt Terrance Sheridan einen Vortrag über die Ladung von Mikroteilchen, die auf einer Oberfläche in einem Plasma liegen. Falls es gelingt, diese Teilchen durch ihre Ladung zu levitieren, könnten z.B. Raumanzüge auf dem Mond vom Mondstaub gereinigt werden oder auch Wafer von Verunreinigungen. 

Als nächstes sprach Sergey Khrapak über die Auswirkungen von Stößen in komplexen Plasmen. Interessanterweise ändert sich die Stärke (und theoretisch vorhergesagt unter bestimmten Bedingungen sogar die Richtung) der Reibungskraft zwischen Ionen und Mikroteilchen, wenn man die Absorption von Ionen auf den Mikroteilchen miteinbezieht. 

Der letzte Vortrag vor der Mittagspause, von Robin Kaiser, handelte von laser-gekühlten Atomen. Eigentlich ein "fachfremdes" Thema, gibt es doch auch bei diesen Systemen Parallelen zu komplexen Plasmen, und eine weitergreifende Kooperation wäre vermutlich für beide Seiten interessant.

Nach der Pause sprach Eva Kovacevic über den Versuch, mit Laborsystemen astrophysikalischen Staub zu untersuchen. Bekannterweise besteht 99 % der bekannten Materie im Universum aus Plasma und der Rest aus "Staub" (darunter auch ein paar Planeten 😉 ). Der Fluss von Roten Riesen ist wohl durchaus mit unseren Radiofrequenzplasmen vergleichbar, was mich ehrlich gesagt überrascht hat.

Boris Gordiets berichtete danach von einem Modell, das das Wachstum von Nanoteilchen beschreiben soll, und schließlich sprach Johannes Berndt über Plasmachemie, beides Themen, mit denen ich persönlich nicht so viel zu tun habe.

Danach wurden die Poster vorgestellt. Ich habe mich besonders über ein Poster von Lu-Jing Hou aus Kiel gefreut, der das Verhalten von Mikroteilchen in einer Welle simuliert hat und dabei auf ein ganz ähnliches Ergebnis gekommen ist, wie ich in meinem ersten Paper experimentell gefunden habe. Die Diskussionen waren aber insgesamt interessant, unter anderem auch mit Oliver Arp, ebenfalls aus der Kiel-Gruppe, der sich auch mit Wellen beschäftigt.

Abends gab es dann noch einen Empfang mit einem Kalten Buffet mit regionalen Spezialitäten (der Käse von den Azoren ist besonders lecker). Insgesamt ein anstrengender, aber schöner erster Konferenztag. 

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Erhöht man die Spannung zwischen zwei Elektroden, die ein Gas umgeben, beginnt das Gas irgendwann zu leuchten: Freie Elektronen im Gas haben genug Energie, um die Gasteilchen zu ionisieren und noch mehr Elektronen aus den Atomen zu schlagen. Ein Plasma wurde gezündet, die Zündspannung ist erreicht. Gibt man nun noch zusätzlich Mikrometer große Teilchen in das Plasma, erhält man ein sogenanntes "Komplexes Plasma", mit dem ich mich zunächst als Doktorand und Post-Doc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und nun an der University of California in Berkeley beschäftige. In diesem Blog möchte ich sowie ein wenig Einblick in den Alltag im Forschungsinstitut bieten, als auch über den (Plasma)-Rand hinaus blicken. Mierk Schwabe

1 Kommentar

  1. starker Kaffee

    Wundert mich nicht, wenn der Kaffee so stark war, denn der Tag war ja ganz schön voll gepackt. 😉

    Einiges habe ich nicht verstanden, weil es doch ein spezielles Thema ist, aber ich fand den Bericht dennoch interessant.

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