MoFi und die Kugelgestalt der Erde
Bereits im Altertum, vor mehr als 2000 Jahren, wollte man die Erde vermessen. Dass es sich bei der Erde um eine Kugel handelt, wusste man lääängst. Warum? Aufgrund der Beobachtung von Mondfinsternissen: Sie können zu jeder beliebigen Nachtzeit auftreten – am Abend, um Mitternacht oder am Morgen – und sehen dabei stets gleich aus. Während der partiellen Phase wird der Mond vom Erdschatten geschnitten und die Licht-Schatten-Grenze auf dem Mond ist immer ein Kreisstück.
Wenn also die Erde stets einen kreisförmigen Schatten wirft, egal, aus welcher Richtung sie von der Sonne beleuchtet wird, dann muss die Gestalt der Erde eine Kugel sein. Wäre die Erde ein Zylinder (oder ein sehr flacher Zylinder, d.h. eine Scheibe), dann wäre ihr Schatten bei Sonnenaufgang und bei Sonnenuntergang ein (dünner) Strich/ Streifen/ Band und jedenfalls kein Kreis. Wir dürften also am Abendhimmel gar keine MoFi beobachten können: So wie gestern Abend, dass der partiell verfinsterte Mond aufgeht und bereits einen halbkreisförmigen Erdschatten abbildet – sowas würde dann nicht gehen.
Wir haben also gestern Abend live und in Farbe gesehen, dass die Erde eine Kugel ist!
Dieses Argument können wir bereits bei Aristoteles nachlesen, der im 4. Jh. v. Chr. schrieb – und es ist für ihn nicht neu. Er gibt es (als eines von vielen) nur wieder, so dass wir vermuten, dass er es bereits von seinen Lehrern gelernt hat und es auch für diese “ein alter Hut” war. Das Argument mit der Mondfinsternis wird auf die Vorsokratiker zurückgeführt und könnte daher sogar der Schule des Pythagoras im -6. Jh. entstammen.
Da die Bücher von Aristoteles während des Mittelalters sowohl im islamischen als auch im christlichen Kulturkreis konsequent abgeschrieben und kommentiert wurden, ging das Wissen um die Kugelgestalt der Erde auch zu keiner Zeit “verloren”, wie manche Leute meinen. In Gelehrtenkreisen war dies immer bekannt – nur manche modernen YouTuber zweifeln daran.
Im islamischen Kulturkreis hat bspw. der bis heute berühmte persische Universalgelehrte Abu Raihan Muhammad ibn Ahmad Al-
Biruni aus Chiva im 10. Jh. (J) die Größe (Radius) der Erdkugel vermessen und auf 6340 km bestimmt – ein Wert, der im Rahmen von 1% Messunsicherheit mit dem heutigen übereinstimmt. Er hatte die astronomischen Probleme seiner Zeit und ihre Lösungen in seinem Buch Al-Qanun Al-Mas’udi fi Al-Hai’ah wa Al-Nujum auf 42 Kapiteln diskutiert, das ein Geschenk für Sultan Mas’ud al Ghaznawi war. … Und das war nicht das erste Mal, das jemand die größe der Erdkugel vermessen konnte – vor ihm hatten das schon antike Gelehrte wie z.B. Eratosthenes von Alexandria und Poseidonius (von Rhodos?) unternommen. Dieses Wissen ist also seit mehr als 2000 Jahren der Menschheit zugänglich – und wir haben es gestern wieder gesehen. 🙂
Bild, Scheibenwelt-Mondfinsternis, echt authentisch:
http://members.chello.at/karl.bednarik/PARMONFI.JPG
Zu:
“…Dieses Wissen ist also seit mehr als 2000 Jahren der Menschheit zugänglich ..” (zitatende)
Die große Frage ist doch aber:
War es wirklich auch der der hohen Kirchenhirarchie der mittelalterlichen Kirche oder der (sehr) frühen Neuzeit zugänglich ?? Und auf welche Weise wirkte sich dieses Wissen oder auch Nichtwissen auf die offizille Theologie dieser Zeiten aus? Besonders, wenn es für Aristoteles ” bereits ein alter Hut” gewesen sein sollte.
Und warum gibt es heute “..nur MANCHE LEUTE , die ..” die NUR MEINEN ..” ,dass das Wissen um die Kugelgestalt nie verloren gegangen sei.
Warum also hat die Thematik ein solch “geheimnisumwittertes” und kaum zu erforschendes Ambiente?
@ little Louis gestern 15:11
Nun den Text vom Artikel verstehe ich anders. Hier der Text:
Nun ich habe den Text so verstanden, daß nach der Ansicht von manchen Leuten das Wissen um die Kugelgestalt der Erde verloren gegangen wäre. Nach meiner Erfahrung wird dies aber doch von nicht wenigen Menschen behauptet. Auch ich habe das übrigens geglaubt. Man wollte wohl mit dieser Ansicht das Mittelalter als besonders rückständig darstellen. Aber heute wird dies doch anders in den Medien dargestellt. Selbst im Film 1492 wird klar darauf hingewiesen, daß Kolumbus von einem falschen Erdumfang ausging. Dieser war zu klein und daher hielt er die Reise nach Ostasien für machbar.
Zur Kugelgestalt der Erde:
Eine hervorragende Quellensammmlung, dass es auch im “finsteren” Mittelalter Allgemeingut war, dass die Erde kugelförmig ist:
Jürgen Hamel
Die Vorstellung von der Kugelgestalt der Erde im europäischen Mittelalter bis zum Ende des 13. Jahrhunderts – dargestellt nach den Quellen
LIT Verlag, Münster 1996
Eine herrliche Satire über eine fiktive NASA-ähnliche Behörde, die die Pläne des Kolumbus begutachtete und den vom Antragssteller Kolumbus genannten Erdumfang monierte, findet man in dem Buch:
Biep, biep, wir haben ein Problem, Stories aus der Raumfahrt
Eulenspiegel 2017
Gruß
Bernhard Schröck