heute Nacht: MoFi

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Mondfinsternisse sind etwas großartiges. Ehrlich gesagt, ist sogar die erste Erinnerung in meinem Leben eine totale Mondfinsternis: Ich war gerade zwei Jahre jung und durfte etwas länger aufbleiben. Ich weiß (natürlich) fast nichts mehr von dem Abend, kann mich im Wesentlichen an zwei Dinge erinnern: erstens den grünen Babyschlafsack, in dem ich steckte und zweitens daran, dass die Erwachsenen von Finsternis sprachen (und ich dachte, der Mond wäre weg, also unsichtbar) und der Mond dann aber trotzdem da war. Rot war er, aber eben sichtbar. Man ging also raus und sah den Mond am Himmel: “warum dann also Finsternis, fragte ich mich. Komische Leute, diese Erwachsenen: und darum ist man nun so lange aufgeblieben?!?”, dachte ich damals. Wie schon Feynman sehr weise beobachtet hat: Menschen erinnern sich meistens nicht an Details, sondern an die Gefühle. In diesem Fall bei mir: Unverständnis.

Heute verstehe ich die Sache etwas besser als damals (und das ist auch gut so!). Ich weiß, dass die Erdatmosphäre das Licht der Sonne streut und darum der Mond rötlich am Himmel aussieht: Auch wenn der Mond im Erdschatten steht, gelangt durch die Streuung noch ein bißchen was von dem Sonnenlicht zum Mond. Dieses Phänomen sehen wir im Grunde sehr oft, wenn der Mond auf- oder untergehend dicht am Horizont beobachtet werden kann.

Mondfinsternis 2011 in Hildesheim (Sternwarte Gelber Turm)
Mondfinsternis 2011 in Hildesheim (Sternwarte Gelber Turm). Damals war der Mond nur deshalb rötlich, weil er aufging, also dicht am Horizont stand, d.h. verfinstert aufging. Das mofi-verfinsterte Stück oben rechts im Bild ist dunkel und in dieser Phase nicht mehr rötlich.

Die Geometrie einer MoFi können Sie sich in jedem Schulbuch anschauen oder Googlen, darum will ich das hier nicht zum x-ten Mal reproduzieren. Nur noch ein Hinweis und eine Anekdote:

1) Wer die partielle Phase der MoFi nutzen möchte, kann Photos aufnehmen und damit etwas besonders Schlaues tun: Dies beweist nämlich, dass die Erde eine Kugel ist. vgl. meine Lehrmittelsammlung.

2) Bis(s) zum Morgengrauen wird an den Planetarien und Sternwarten dieses Landes wohl nächste Woche beobachtet, denn die Wettervorhersage ist gut. Wer alles vom Eintritt bis Austritt (aus dem Kernschatten) sehen will, muss zwischen 3 Uhr und 6:30 beobachten. Das können Sie entweder allein oder mit anderen zusammen. In Berlin z.B. gibt’s

Warum das obige Wortspiel? – Inzwischen bin ich ja etwas älter und verstehe die Erwachsenen – zumindest wenn es um die Beobachtung von MoFis geht. Heute assoziiere ich mit dem Himmelsspektakel immer den Song aus dem “Tanz der Vampire”:

Hier die Broadway-Version (wer’s lieber auf Englisch hört):

Das Farbenspiel im Tanz der Vampire und nächtliche Szene hat einfach so viele Parallelen, dass mir das immer durch den Kopf geht. Diese Assoziation ist quasi zwingend für Astronomen. Das ist allerdings kein Grund zum Fürchten: Man muss schließlich immer aufpassen, dass man nicht vom Vampir gebissen wird – nicht bloß zu Mondfinsternissen. : – )

 


 

Mondfinsternis an einem Mon(d)tag: Da heute (Sonntag) die Sonne scheint, müsste es jetzt nur noch am Donnerstag donnern und Freitag frei sein, damit am kommenden Samstag das Sams kommt, auf dass man ganz viele Wünsche frei habe.

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als (Kultur)Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Die einleitenden Verse beschreiben eine Grundstruktur in ihrem Denken und Agieren: Physik ist eine Grundlagenwissenschaft, die datenbasiert und mit dem Erkenntnisapparat der Logik ein Verständnis der Natur zu erlangen bestrebt ist. Es gibt allerdings auch Fragen der Welt, die sich der Physik entziehen (z.B. wie wir Menschen auf diesem Planeten friedlich, synergetisch und benevolent zusammenleben können) - darum ist Physik nicht die einzige Liebe der Bloggerin. Sie liebt die Weisheit und hinterfragt die Welt. Das Wort "Philosophie" ist ihr aber zu groß und das populärwissenschaftliche Verständnis davon zu schwammig, als dass sie sich damit identifizieren würde: hier geht's faktenbasiert zu. Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

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