Sprachbrocken 31/2012
BLOG: Sprachlog
Bei der Suche nach Sprachbrocken finde ich häufig Artikel, in denen die Kommunikationssysteme von Tieren als „Sprache“ bezeichnet werden. Normalerweise ignoriere ich die, weil es sich bei solchen Systemen nicht um „Sprachen“ handelt. Damit die Tiere sich nicht ungerecht behandelt fühlen, mache ich aber heute eine Ausnahme.
Auf RuhrNachrichten.de erfahren wir in der Kategorie „Sprache der Tiere“, was Kaninchen uns mit ihren Ohren, ihrer Nase und ihren Füßen so alles sagen wollen (flach angelegte Ohren stehen für „Unterwürfigkeit“ oder „schlechte Laune“ — was man vermutlich nicht verwechseln sollte –, Anstupsen mit der Nase bedeutet, dass das Tier gestreichelt werden will, Hüpfen bedeutet Übermut). Sprache ist das alles natürlich nicht, und im Artikel wird das etwas genauer als „Körpersprache“ bezeichnet. Dass Kaninchen zu schlechter Laune und zu „ausgelassene[r] Fröhlichkeit, die sich in leichtsinnigem, mutwilligem Verhalten ausdrückt“ (so die Duden-Definition für Übermut in der Lage sind, zeigt vermutlich, dass sie eben auch nur Menschen sind.
Der Boulevard Baden will uns in das „ABC der Katzensprache“ einführen. Da der Artikel gleich am Anfang das Wort „Stubentiger“ enthält, wollte ich eigentlich nicht weiterlesen, und tatsächlich wäre das eine gute Entscheidung gewesen, denn es folgte eine zusammenhangslose Aufzählung von Katzeninformationen, von denen kaum eine etwas mit Kommunikation zu tun hatte (z.B., dass die Anschaffung eines Kratzbaums möbelschonend wirken kann). Immerhin habe ich gelernt, dass Katzen das Miauen zur Begrüßung, zum Wehklagen und als Forderung nach Aufmerksamkeit oder Futter einsetzen, dass manche Katzen aber auch einfach „ständig“ miauen. Ich muss sagen, von alleine wäre ich darauf nicht gekommen.
Etwas informativer war die Meldung, dass Wissenschaftler durch das Aufspießen eines Elefantenkopfs auf eine Röhre herausgefunden haben, dass Elefanten mit ihren Stimmbändern Infraschall erzeugen können. Dass diese Meldung gerne, wie bei Spiegel Online, unter der Rubrik „Sprache der Elefanten“ einsortiert wurde, kann man zähneknirschend hinnehmen, obwohl auch das Infraschallgebrummel der Elefanten mit Sprache nichts zu tun hat (immerhin konnte man das Synonym „Rüsseltier“ vermeiden). Die Überschrift des Kuriers geht mir aber eindeutig zu weit: „Elefanten reden wie du und ich“.
Wie du, vielleicht, liebe Kurierredaktion. Wie du, vielleicht.
Definitionen
Die Definition, was “Sprache” ist und was nicht, will ich genauso ungern den Linguisten überlassen wie die Definition von “Kraft” den Physikern.
“Sprache der Tiere” klingt jedenfalls viel besser als §Kommunikationssystem von Tieren”.
Ich glaube, es wäre für viele Leser (auch für mich) hilfreich, wie denn die Definition oder wie die Kriterien für eine Sprache lauten. Die Kriterien, die sie von Kommunikationssystemen von Tieren abgrenzen.
Es sei denn, sie möchten ganz wittgensteinisch anhand von Einzelbeispielen dem Leser nahebringen, welche Kriterien gelten. Dann müsste er diese selbst extrahieren – scheint mir aber anhand dieser Beispiele schwierig.
Bei einigen ist es offensichtlich (z.B. beim Elefanten), dass das keine Sprachen sind. Das sind Laute, z.B. ohne Syntax, was mir ein Kriterium von Sprachen scheint. Doch bei anderen Beispielen wird nicht klar, was etwas zu einer Sprache macht – oder eben nicht.
?
@schwachnase: aha, und wem sollte man die definition von “Kraft” denn ihrer meinung bitte schön überlassen? ihnen vielleicht?
Kraftt und Sprache
Kraft ist in der Physik eine klar definierte Größe und das ist auch notwendig so. Mit Sprache wird es in der Linguistik wohl ebenso sein. In der Umgangssprache kann Kraft alles Mögliche bedeuten und das ist natürlich auch ok so. Warum soll man also nicht von einer Sprache der Tiere reden, solange man nicht in einem linguistischen Seminar sitzt? Schneeschwade hat Recht.
“Wie du und ich” ist nicht das Problem
Der Kurier-Artikel bringt leider tatsächlich die wichtigste Erkenntnis der Forschung schlecht rüber (wie auch andere Zeitungen), aber es ging darum, dass die Lautproduktion eben über den gleichen Mechanismus funktioniert wie beim Menschen, und nicht etwa über einen alternativen Mechanismus wie das Schnurren von Katzen. Elephanten vokalisieren also tatsächlich “wie du und ich”, und das Problem liegt allein darin, dass diese Vokalisierungen als “reden” bezeichnet werden.
Problematisch ist weiters der Begriff “Geheimsprache” – und das ganz abgesehen von dem ungenauen Umgang mit “Sprache” – da er impliziert, dass die Lautäußerungen für andere Tiere und eben auch für Menschen unhörbar sind. Sind sie nicht, auch wenn die Grundfrequenz und die Mehrheit der übertragenen Energie im Infraschallbereich sind hören wir das Brummen doch gut anhand der Obertöne.
Die Presseaussendung der Uni erklärt das Ganze recht gut, muss man also den Zeitungen selbst anlasten das verstellt zu haben: http://medienportal.univie.ac.at/…ten-geloest-1/
Klammer
Klammer zu fehlt bei “(so die Duden-Definition für Übermut”.
Kraft und Sprache
@opa hans,
mit “schwachnase hat recht” meinen sie ja hoffentlich nur die Aussage: “Sprache der Tiere” klingt jedenfalls viel besser als §Kommunikationssystem von Tieren”.
@”Franz”
1. Es ist unter aller Netiquette die Pseudonyme von Mitdiskutanten in beleidigender Weise zu verballhornen.
2. Zur Sache: Wie der verehrte Herr Stefanowitsch im Blog-Motto so schön schreibt: “Alle Sprachgewalt geht vom Volke aus.” Das heißt: Der Sprachgebrauch definiert sich durch das, was die Sprechergemeinschaft sagt. Linguisten bilden wie jede universitäre Disziplin eine Sprechergemeinschaft. Aber ihr (spezieller) Sprachgebrauch findet sich eben nur in ihrer Sprechergemeinschaft wieder. Außerhalb dessen gilt, was die “Gesamtsprechergemeinschaft” für richtig hält. Sprich: die berühmte “Umgangssprache”.
Konkreter: Natürlich braucht es Fachterminologie. In jedem Bereich. Aber die Expert_innen sollten sich nicht anmaßen, dass ihre Termini auch im weiteren, allgemeineren Sprachgebrauch uneingeschränkte Geltung habe.
Die Frage, was Sprache ist…
…hat niemand so erschöpfend beantwortet wie Stephen Fry:
Alternativ die Definition der theoretischen Informatik: Eine Sprache (über einem vorgegebenen Alphabet) ist eine Menge von Folgen von Zeichen dieses Alphabetes.
Ich weiß jetzt nicht, welche richtiger ist.
Im Wesentlichen stimme ich hier auch Schneeschwade zu und danke Franz für den guten Lacher. Es hat mich viel Kraft gekostet, nicht einzunässen.
Sprache vs Sprache
@schneeschabe, david,
liebe leute: ihr könnt euch am stammtisch lange darüber unterhalten, welche bedeutung des wortes “sprache” umgangssprachlich am sinnvollsten ist. es bringt nichts, hier gieng es von anfang an um einen wissenschaftlichen hintergrund. für euch, zur verdeutlichung: babygeschrei würdet vermutlich selbst ihr nicht als “sprache” bezeichnen.
@Franz
Es ging von Anfang an um einen journalistischen Hintergrund, Sie Nase.
Sprache vs Sprache #2
@david
also gut, hier gehts um sprache.
@Franz
Sie sollten zunächst mal selbst eine richtig lernen.
Was doch ne schööne Atmosphäre hier
Haaach, das lobe ich mir an diesen Wissenschaftsforen: Hier geht es so viel sachlicher zu als sagen wir mal in Foren, die sich um automobile Fortbewegung drehen.
@Guido
Wissenschaft ist Krieg!
Verbalsprache ist Sublimierung
Ene Sprache ist, was der Mensch spricht, wenn er Worte sagt. Es ist somit grundsätzlich ein Kommunikationssystem. Nur das die Sprache es “Sprache” nennt – präziser: “Verbalsprache”.
Den grundlegenden Kern als Ursache von Sprache habe ich einmal so zusammengefasst:
“”Verbalsprache ist die bedeutendste Sublimierungsstrategie, die der Mensch für sich entwickelt hat.”
Und hier wird eigendlich eindeutig, dass Verbalsprache permantent zu viel Information enthält – ein Symptom, das man einer Hochkultur aus gutem Grund diagnostizieren kann.
Das der Blogautor Tieren keine Sprache zugestehen will, geht daraus hervor, dass wir unser Kommunikationssystem “Verbalsprache” als einzigartig erkennen (wollen). Daraus ergibt sich die dualistische Ansicht, dass alles andere, was nicht “Verbalsprache” sei, keine Sprache sein kann. Es bleibt jedoch höchstwahrscheinlich ein Kommunikationssystem, indem gemäß der Anforderung und also Möglichkeiten der jeweiligen Spezies Informationen vermittelt werden. Hier wird klar, dass die beiden Sichtweisen nicht einfach zu vergleichen sind – vor allen dann nicht, wenn man innerhalb einer Hochkultur von sich als solcher derart eingenommen ist, dass alle anderen Lebensformen und Strukturen als niedere Existenzen bezeichnet werden.
Die Differenz zwischen Kommunikationssystem und Sprache also kann man nur ideologisch erkennen wollen. Und es fällt eben schwer, einem Tier eine Sprache zu unterstellen. Und dennoch ist es soetwas, wie.
Das man sich allerdings über die versuche der Menschen lustig macht, wenn sie versuchen zu ergründen, was denn nun ein Tier “spricht”, wenn es welche verhaltensweise oder welchen Laut von sich gibt, ist nur verständlich, wenn man sich die angeführten Beispiele (naivster Natur) zu gemüte zieht. In den Beispeilen wird versucht, sich seiner eigenen Ästhetik zu vergewissen – Selbstbeweihräucherung, nichts anderes (wahrscheinlich).
Kommentarabo
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zum Begriff “Sprache”
Zur leidigen Diskussion um den Begriff “Sprache”: Wenn es nur um unterschiedlich weite Definitionen des Begriffs “Sprache” ginge müsste ich Schneeschwade und anderen zustimmen, dass die Linguistik nicht im Privatbesitz des Wortes ist.
Allerdings verbirgt sich mMn hinter der saloppen Verwendung des Wortes für nichtsprachliche Kommunikationssysteme ein tieferes Missverständnis, namentlich eine Unterschätzung des qualitativen Unterschieds zwischen kompositionaler Sprache, wo sich die Menge der möglichen Äußerungen aus der *Potenzmenge* der Zeichen ergibt (in erster Annäherung), und nichtkomopositionalen Kommunikationssystemen, bei welchen gilt Menge der möglichen Äußerungen = Menge der Zeichen.
Nun ist es durchaus möglich dass wir in naher Zukunft einsehen müssen, dass auch bestimmte andere Tiere zu ersterem in der Lage sind – aber keines der angeführten Beispiele, und am allerwenigsten das mit den Elefanten wo es noch nicht einmal um Kommunikation sonder exklusiv um den zugrundeliegenden physikalisch-anatomischen Mechanismus geht, bietet einen Hinweis dafür, und das Paper behauptet das auch mit keinem Wort (nachzulesen, leider nur für Leute mit Zugang zu Universitätsnetzwerken, hier: http://www.sciencemag.org/content/337/6094/595). Dabei sind Elefanten, angenommen dass wir tatsächlich feststellen dass andere Tiere zu kompositionaler Sprache fähig sind, nicht einmal die schlechtesten Kandidaten hierfür, seit wir vor ein paar Jahren herausgefunden haben, dass sie zu vocal imitation fähig sind (siehe dazu dieses Paper unter Beteiligung einer der HauptautorInnen der Arbeit die wir hier diskutieren, leider auch wieder kein OpenAccess: http://www.nature.com/…full/434455a.html?lang=en)
re: Chris
???
Was haben “Hochkulturen” oder “Sublimierung” mit all dem hier zu tun?
Und um “Verbalsprache” geht es schon gar nicht. Das was Sprache von anderen, nichtkompositionalen Kommunikationssystemen unterscheidet ist wesentlich abstrakter, und bezieht Gebärdensprache ebenso mit ein wie Lautsprache und ihre schriftliche Repräsentation.
@ Jakob re: Chris
06.08.2012, 14:21
“Was haben “Hochkulturen” oder “Sublimierung” mit all dem hier zu tun?
Und um “Verbalsprache” geht es schon gar nicht.”
-> Oh, da muß aber einer noch mal genau über seine Meinung nachdenken, wenn er derart ideologisch argumentiert. Die angesprochenen Detailbegebenheiten fügen sich konsistent in die Erkenntnisse über Kommunikationssysteme und derer der Entstehung von “Sprache” ein. Es wird davon ausgegangen, dass mit Beginn der Hochkulturen damit begonnen wurde, die jeweilige “Sprache” zu differenzieren und in immer detailreichere Bedeutungsvisionen zu transportieren (Beispiel: die Entwicklung vom Oppositionswort zum Antonym). Der Tatbestand der Sublimierung ist damit erfüllt.
Das hier in der Sache auch andere Bedingungen vorliegen, ist unbestritten. Fakt ist, das aus gewissen Blickwinkeln die Sprache (inwzischen) zuviel Information beeinhaltet, als es für ein Kommunikationssystem erforderlich sei. Weswegen es nur eine Ideologie sein kann, die dabei aus sich heraus von “Sprache” sprechen kann, die etwa bei Tieren nicht vorliegt, trotzdem sie kommunizieren. Man mag aber meine Sicht nicht unterstützen wollen – was nur logisch wäre, wenn man nicht aus dieser liebgewonnenen (und im Kontext der Hochkultur ebenso auch nützlichen) Ideologie herraustreten will. Ich zähle mich und eben diesen Text auch zu der Eigenschaft dazu, das zuviel Information transportiert wird. Ich teile diese Eigenschaft mit vielen anderen Menschen dieser Hochkultur. Etwa auch mit dem werten Autor dieses Blogartikels.
” Oh, da muß aber einer noch mal genau über seine Meinung nachdenken, wenn er derart ideologisch argumentiert”
– was an meinen Beiträgen war bitte ideologisch argumentiert? Dass ich kategorisch zwischen einer Grundmenge (an Zeichen) und ihrer Potenzmenge unterscheiden will? Das ist wohl eher mathematics 101, nicht Ideologie. Dass ich kategorisch behaupte, dass eine Forschungsarbeit, die sich noch nicht einmal mit Kommunikation per se sondern rein mit dem physikalischen Mechanismus der Lautproduktion beschäftigt inhärent unfähig ist, einen Nachweis für Sprache bei Tieren zu liefern – unter welcher Definition auch immer? Wo ich sogar im gleichen Absatz explizit mache, dass ich es durchaus für möglich halte, dass andere Tiere so etwas wie Sprache besitzen, nur eben dass keine der angeführten Forschungen einen Hinweis dafür gibt.
“Die angesprochenen Detailbegebenheiten fügen sich konsistent in die Erkenntnisse über Kommunikationssysteme und derer der Entstehung von “Sprache” ein.”
– wieder muss ich um eine Klarstellung bitten. Auf welche Erkenntnisse beziehen Sie sich, und welche Relevanz hat die Frage nach dem physikalischen Mechanismus der Lautproduktion bei Elefanten für die Entstehung von Sprache (oder meinetwegen “Sprache”)?
“Es wird davon ausgegangen”
– *wer* geht davon aus? Wenn Sie ein bisschen weniger um den heißen Brei herumsprächen würde das sicher die Kommunikation erleichtern. Ich jedenfalls tue mir schwer, in dem Geschriebsel ein zuviel an Information zu erkennen, eher ein zuwenig an konkreter Information. Nach mehrmaligem Lesen scheint mir, Sie wollen sagen, dass Hochkulturen und Schriftlichkeit Voraussetzung für Sprache im engeren Sinne seien und die von mir und anderen dargelegten Herausstellungsmerkmale von Sprache erst unter diesen Umständen auftreten, während sich menschliche Kommunikation im “Naturzustand” nicht wesentlich von tierischer unterscheide. Falls es das ist was Sie sagen wollen (so genau kann man das leider nicht feststellen), so liegen Sie einfach nur falsch, und was die “Ideologie” betrifft sollten Sie vielleicht auch in den Spiegel schauen.
Klarstellung
Zur Klarstellung, ich finde die Forschung von Herbst et al. durchaus interessant (ich darf daran erinnern, dass ich derjenige war, der in der Diskussion das Paper verlinkt hat), sosehr dass ich als ich vor einigen Monaten, als ich die Gelegenheit hatte einen Vortrag zu den Ergebnissen noch vor ihrer Veröffentlichung zu hören, am gleichen Abend meine Lebensgefährtin, die nun wirklich weder mit Linguistik noch mit Biologie viel am Hut hat, mit meiner detailreichen Nacherzählung langweilte. Nur sehe ich keine direkte Relevanz für die Entstehung von Sprache, oder für Ihr Argument, dass sich Sprache nur graduell von Kommunikationssystemen anderer Tiere unterscheide oder gar in der uns bekannten Form erst das Produkt von “Hochkultur” sei.
Was meinen Sie mit der Potenzmenge der Zeichen? Ich vermute derzeit, daß es Ihnen eher um die Kleenesche Hülle gehen dürfte, aber der Punkt ist auch nicht weiter wichtig.
Die Mißverständnisse, die Sie meinen, sind durchaus möglich, aber ich sehe für ihr Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte. In den inkriminierten Fällen wird mit “Sprache der Tiere”, meinem Verständnis nach, irgendeine Menge von Verhaltensmerkmalen bezeichnet, die Aufschluß über die Befindlichkeit der Tiere geben oder zu deren Kommunikation untereinander dienen. Noch stärker verallgemeinert, ein beliebiges System natürlicher oder nicht-natürlicher Zeichen, die dem Verständigen Information vermitteln können. Daß das eine übliche Verwendung des Ausdrucks “Sprache” zu sein scheint, legen m.E. auch die Google-Ergebnisse für “die Sprache der” nahe. Dabei muß es nicht einmal um etwas gehen, das man noch im weitesten Sinne als Kommunikation bezeichnen könnte. Besonders eindrucksvoll scheint mir dieses Beispiel zu sein, das nun sicherlich nicht die Existenz einer entsprechenden kompositionalen Sprache behaupten will.
“Besonders eindrucksvoll scheint mir dieses Beispiel zu sein, das nun sicherlich nicht die Existenz einer entsprechenden kompositionalen Sprache behaupten will.”
Da wäre ich mir nicht so sicher. Aus dem Link: “n einer Sonderausstellung präsentiert das Geowissenschaftliche Zentrum der Universität Göttingen, *wie* *die* *Objekte* *zu* *ihren* *Namen* *gekommen* *sind*. […] Die Sonderausstellung präsentiert Fossilien, Mineralien, Gesteine, Edelsteine und Meteoriten und beleuchtet Hintergründe sowie *Bedeutungen* der *Namensgebung* unter *etymologischen* *Gesichtspunkten*.” (Hervorhebungen meine.) Hier scheint es durch aus nicht unwesentlich darum zu gehen, wie Sprache auf das Objektmaterial referiert.
Sie haben völlig Recht, da war ich zu unaufmerksam. Passender wäre das oder das.
Bessere Beispiele. Allerdings habe ich auch konkret konstatiert, dass “eine Unterschätzung des qualitativen Unterschieds zwischen kompositionaler Sprache […] und nichtkomopositionalen Kommunikationssystemen” stattfinde. Das kann in beiden Richtungen funktionieren: dass Kommunikationssysteme anderer Tiere als kombinatorisch/kompositinal aufgefasst werden, oder dass die Beteutung dieser Qualität menschlicher Sprache unterschlagen würde. Letzteres, und nicht ersteres, ist m.E. sehr wohl impliziert, wenn der Kurier die Erkenntnis, dass die Lautproduktion bei Elefanten nach den gleichen physiologischen Mechanismen wie beim Menschen abläuft, mit “Elefanten reden wie du und ich” betitelt. Man beachte dass es bei der Forschung über die berichtet wurde wirklich nur um den physikalischen Mechanismus ging, noch nicht einmal über um vocal learning bei Elefanten, wofür sich – vorsichtig ausgedrückt – die Hinweise in letzter Zeit auch immer mehr verdichten.
Ja. Da war der Redaktion wohl der aufsehenerregende Titel wichtiger. Allerdings rückt auch schon der Lede die Sache wieder einigermaßen zurecht.
Mir ging er es hier auch weniger um die konkreten Beispiele (btw, der erste Link funktioniert bei mir nicht) sondern um die Rede von der “Sprache der X” für, irgendeine Tierart X. Ich denke eben nicht, daß diese zwingend suggeriert, daß menschliche Sprachen und tierische Kommunikationsformen ja ‘im Prinzip gleich’ seien.
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Nebenbei, da Sie sich in dieser Richtung auszukennen scheinen: Können Sie etwas zum Stand der Forschung hinsichtlich von Vogel- und Walgesängen empfehlen?
Nochmal zum Kurier
Ich finde daß der Artikel selbst das tatsächlich sehr deutlich rüberbringt.
“Nebenbei, da Sie sich in dieser Richtung auszukennen scheinen: Können Sie etwas zum Stand der Forschung hinsichtlich von Vogel- und Walgesängen empfehlen?”
Überblicksmäßig weiß ich nichts was sich konkret darauf konzentriert, aber etwas breiter und gut lesbar ist Bugnyar et al. (2010), ansonsten ist als Überblick über die (vermuteten) Funktionen von Lautimitation und ihre Relevanz für mögliche (prälinguistische) Funktionen beim Menschen Fitch (2000) immer noch interessant. An spezifischen Arbeiten finde ich Fehér et al. (2009) sehr interessant da es sich mit der Emergenz von komplexen Strukturen über ein paar Generationen hinweg beschäftigt (vgl. Kreolsprachen). George et al. (2008) zur Perzeption könnte auch interessant sein. Aber so gut kenne ich mich dann auch wieder nicht aus.
Zu Walen weiß ich leider gar nicht viel, aber vielleicht Weiß (2011)?
Fehér, Olga, Haibin Wang, Sigal Saar, Partha P. Mitra & Ofer Tchernichovski, 2009: De novo establishment of wild-type song culture in the zebra finch. Nature Vol 459, pp. 564-569, doi:10.1038/nature07994 (siehe auch hier: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/…rticles/PMC2693086/)
Fitch, W. Tecumseh, 2000: The evolution of speech: A comparative review. Trends in Cognitive Science 4/7, pp. 258-267. http://isites.harvard.edu/…les/Fitch2000TICS.pdf
Fitch, W. Tecumseh, Ludwig Huber and Thomas Bugnyar, 2010: Social Cognition and the Evolution of Language: Constructing Cognitive Phylogenies. Neuron 65, pp. 795-814, DOI 10.1016/j.neuron.2010.03.011 (siehe auch: http://cogcom.univie.ac.at/…uron10170_apxutw.pdf)
George I, Cousillas H, Richard J-P and Hausberger M, 2008: A Potential Neural Substrate for Processing Functional Classes of Complex Acoustic Signals. PLoS
ONE 3(5): e2203. doi:10.1371/journal.pone.0002203
Weiß, Brigitte, HELENA SYMONDS
PAUL SPONG, FRIEDRICH LADICH, 2011: MARINE MAMMAL SCIENCE, 27(2): E1–E13 DOI: 10.1111/j.1748-7692.2010.00397.x
“Ich finde daß der Artikel selbst das tatsächlich sehr deutlich rüberbringt.”
Er ist bei näherer Betrachtung tatsächlich nicht so schlecht. Ich war wohl noch unter dem Eindruck des wirklich mangelhaften Standard-Artikels, über den ich mich am Vortag schon aufgeregt hatte (https://derstandard.at/1343743759014/Raetsel-um-tiefe-Toene-der-Elefanten-geloest). Traurig für die “Qualitätszeitungen” des Landes ist, dass ausgerechnet die “Krone” (think: “Bild”) die Story fast noch am Besten rübergebracht hat (und auch das “reden” im Titel konsequent unter Anführungszeichen gestellt).
Nichts für zu ungut…
Ich habe nirgens die Forschung an dem Elefantenlauterzeugungsorganen angesprochen. Das es sich dabei nicht um eine Forschung bezüglich der Fragestellung nach Sprache handelt, ist mir bewusst. Es ist im Ergebnis nur die Lauterzeugung genauer erklärt worden, was ein schöner Erfolg sei.
Meine Kritik gilt erstens den naiven Zuschreibungen von etwa Katzenmautzen und der unterstellten Bedeutung übertragen auf die menschliche Sprache und das andere Ziel meiner Kritik sei die Sensibilisierung eben der vergleichbarkeit von Sprache des Menschen und das, was die Tiere als Kommunikationsstrategien möglicherweise verwenden.
Ich sehe aber ein, dass es vielleicht nicht so gescheit war, diese oben getätigten Aussagen zu machen, da sie die Fragestellung möglicherweise nicht im Kern betreffen. Auch ein Symptom des Informationsüberschußes, der mir als Mensch durch verbalsprache ermöglicht wird.
Kleine Anmerkung: Es ist nicht richtig, dass Hochkulturen und Schriftlichkeit Voraussetzung für Sprache seien. Es ist doch gerade andersherum: Sprache war notwendig für Hochkultur und diese selbst zumindest sehr fördernd für die Schrift. Meine Aussage ging auch davon aus, dass die Sprache durch Hochkultur sich in seiner Bandbreite und Inhalte an Möglichkeiten des Ausdrückens hinzugewonnen hat – wobei man sich hier nicht sicher sein kann, was zuerst vorhanden. Hier bedingte sich beides offenbar.
Und das ich selbst in den Spiegel schauen soll, geschieht mir nur recht. Mit der Ideologie scheine ich zuweit gegangen zu sein. Jedoch ist es manchesmal durchaus so, das wir uns auf unsere Sprache etwas einbildeten, was nicht unbedingt diese Einbildung rechtfertigte. Und sie haben auch darin recht, dass der sachliche Informationsgehalt durchaus nicht immer reichhaltig sei, wie ich mit dem Informationsüberfluß anmerken wollte. Aber da wiedersprechen wir uns nicht, da unnützes Gerede eben auch Information ist. Zur reinen sachlichen Information reichte überwiegend der halbe Aufwand an Gerede – vorrausgesetzt, man befinde sich innerhalb der selben Wahrnehmung, wovon offenbar nicht einfach auszugehen ist. Und hier schliesst sich der Kreis zur Ideologie, die ja bekanntlich auch von Wahrnehmung determiniert ist – bzw. durch Diferenzen darin erst als solche erscheinen kann.