Blogspektrogramm #1

BLOG: Sprachlog

Alle Sprachgewalt geht vom Volke aus
Sprachlog

BlogspektrogrammDie deutschsprachige Sprachblogszene ist erst ein paar Jahre alt. Frühe Vorläufer sind das Sprachblog von Ines Balcik, das am 3. Oktober 2004 online ging und bis heute nützliche Links und sprachliche Kuriositäten sammelt und das vom „Sprachbloggeur“ P.J. Blumenthal, der sich vom 17. Juli 2006 bis zum 30. Januar 2009 für das P.M.-Magazin mit Sprache beschäftigte und inzwischen unter eigener Flagge bloggt. Das erste Blog eines Sprachwissenschaftlers war dann „Fragen Sie Dr. Bopp“, wo seit dem 7. Dezember 2006 praktische Sprachfragen mit linguistischem Sachverstand beantwortet werden. Am 18. Januar 2007 kam mein Bremer Sprachblog dazu, das damit wohl das erste deutsche Wissenschaftsblog zum Thema Sprache war.

Mit der deutschsprachigen Blogsphäre ist auch die Anzahl der Blogs gewachsen, die sich aus wissenschaftlicher Sicht mit Sprache befassen. Um diese Blogs besser zu vernetzen, rufe ich heute einen monatlichen Blogkarneval ins Leben: das „Blogspektrogramm“.

Bloggende Sprachwissenschaftler/innen nominieren dabei einmal im Monat einen eigenen Blogbeitrag. Eine/r der Blogger/innen ist Gastgeber und schreibt eine kurze Zusammenfassung mit Verknüpfungen auf die anderen Blogs, die ihrerseits einen kurzen Hinweis auf den Sammelbeitrag veröffentlichen. Wie alle Blogkarnevals ist das natürlich ein durchschaubares Manöver, um Zugriffszahlen zu steigern, sondern auch eine Maßnahme, um sprachlich interessierte Blogleser/innen über die Vielfalt der Sprachblogsphäre auf dem Laufenden zu halten. Damit genug der Vorrede — kommen wir zur ersten (noch sehr kleinen) Ausgabe des Blogspektrogramms.

Kristin Kopf nimmt im [ʃplɔk] eine wie üblich weitgehend inhaltsfreie Zwiebelfisch-Kolumne zum Anlass für eine detaillierte und üppig bebilderte Beschäftigung mit der Lautstruktur des Türkischen. Wir erfahren nicht nur, warum uns das Türkische so voll von ü’s und ö’s erscheint, sondern auch, dass Kristin bereit ist, Sick vom „Erzbösewicht“ zum „normalen Bösewicht“ herunterzustufen.

Susanne Flach lobt auf */ˈdɪːkæf/ den Kurznachrichtendienst Twitter für dessen fehlerhaften Umgang mit dem Bindestrich, der dazu führt, dass Baden-Württemberg nicht als Wort erkannt wird. Sie erklärt außerdem, warum es (leider) doch eins ist, und zwar eins mit einer interessanten (wenn auch für Württemberger inakzeptablen) semantischen Struktur.

Angeregt von einem Beitrag des Dr. Bopp spürt Michael Mann im lexikografieblog einer ungewöhnlichen Form der deutschen Pluralbildung nach, die ein so verstecktes Dasein führt, dass sie sich selbst seinem lexikografisch geschulten Auge fast ein halbes Leben lang entziehen konnte.

Besagter Dr. Stephan Bopp beantwortet bei Fragen Sie Dr. Bopp die Frage, ob tausendmal schöner dasselbe bedeutet, wie tausendmal so schön, und wenn nicht, warum nicht. Sehr erhellend ist dabei nicht nur die Erklärung selbst, sondern auch deren Infragestellung und letztlich ihr Triumph in den Kommentaren.

Kilian Evang fällt im Texttheater zunächst zum Schein ins Relativismuskoma, wird in den Kommentaren aber wieder hellwach und erläutert, warum Sprache nicht Denken und Verstehen nicht Verständigung ist.

Zu guter Letzt: Wer über eins der verlinkten Blogs hier im Sprachlog gelandet ist und sich ein wenig umsehen möchte, der könnte zum Beispiel mit meiner Antwort auf die Frage beginnen, ob es denn nun Schärfentiefe oder Tiefenschärfe heißen muss.

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Nach Umwegen über Politologie und Volkswirtschaftslehre habe ich Englische Sprachwissenschaft und Sprachlehrforschung an der Universität Hamburg studiert und danach an der Rice University in Houston, Texas in Allgemeiner Sprachwissenschaft promoviert. Von 2002 bis 2010 war ich Professor für Englische Sprachwissenschaft an der Universität Bremen, im August 2010 habe ich einen Ruf auf eine Professur für anglistische Sprachwissenschaft an der Universität Hamburg angenommen. Mein wichtigstes Forschungsgebiet ist die korpuslinguistische Untersuchung der Grammatik des Englischen und Deutschen aus der Perspektive der Konstruktionsgrammatik.

3 Kommentare

  1. @Anatol: Tolle Sache! 🙂

    Endlich bekommen wir ein bißchen mehr Einblick in eine Szene, in der wir uns als fachfremde Leser nur schwer allein zurechtfinden können.

    So stelle ich mir das vor: ein blog, der eine – wenn auch grobe – Landkarte der interessanten blog auf einem Gebiet.

    Noch besser wäre es natürlich, wenn ich solche Aktivitäten parallel zu deinen eigenen blog-Aktivitäten verfolgen könnte. Aber das wird hier bei SciLogs technisch leider nicht realisiert.

  2. Klingt interessant.

    Aber im dritten Absatz scheint in dem Satz der mit “Wie alle …” beginnt ein “nicht nur” zu fehlen. Sonst macht das für mich keinen Sinn. Hab das jetzt drei mal gelesen. Kommt mir immer noch komisch vor… Oder trügt mich mein Sprachgefühl zum Thema “sondern”?

  3. Finde ich auch gut! Ich habe auch mal über so etwas nachgedacht, aber es gibt fast kaum andere Bioblogs bzw. ich kenne sie einfach nicht und so habe ich das dann wieder gelassen.