Aktivität – Verwendung und Definition von Einheiten
BLOG: Quantenwelt
Physikalische Größen werden, so lernen wir es in der Schule, durch Maßzahl und Maßeinheit angegeben. Die Masse einer Packung Mehl wird zum Beispiel mit 500 Gramm angegeben. Mein Großvater hätte noch 1 Pfund gesagt.
Es gibt genau sieben Grundeinheiten, die SI-Einheiten, die mittlerweile meist auf Naturkonstanten zurückgeführt sind. Auf diese Si-Einheiten Beziehen sich andere Einheiten. Zum Beispiel die Aktivität. Das Becquerel definieren wir als Zerfalls-Ereignisse pro Sekunde. Ereignisse werden einfach mit natürlichen Zahlen gezählt. Die haben keine Einheit. Damit bezieht sich das Becquerel formal nur auf die Sekunde.
Es gibt eine andere Einheit, die auch einfach der Kehrwert der Sekunde ist, das Hertz. Ein Hertz ist ein Ereignis pro Sekunde, warum also geben wir die Aktivität eines Radioaktiven Stoffes nicht einfach mit Hertz an? Obwohl die Einheiten Hertz und Becquerel formal beide Ereignisse pro Sekunde bedeuten, verwenden wir sie in der Physik und Technik sehr unterschiedlich.
Regelmäßige Ereignisse messen wir in Hertz…
Die Einheit Hertz misst Frequenzen regelmäßig auftretender Ereignisse. Wenn mein Lieblingsradiosender bei 90,8 Megahertz zu finden ist, bedeutet das, dass sich die Welle, auf die er gesendet wird, etwas mehr als Neunzig Millionen mal in der Sekunde wiederholt. Das Hertz verwenden wir also, wenn die Ereignisse geordnet hintereinander in gleichen Abständen auftreten.
… unregelmäßige in Becquerel
Das Becquerel gibt spezifischer eine Zahl radioaktiver Zerfälle pro Sekunde an. Solche Zerfälle sind zufällig. Sie können nur im statistischen Mittel vorhergesagt werden. Ein bestimmter radioaktiver Atomkern hat eine spezifische Zerfallswahrscheinlichkeit, die von außen nicht beeinflussbar ist. Er zerfällt unvorhersehbar irgendwann, aber in einer großen Menge von gleichen Atomkernen können wir sehr genau vorhersagen, wie viele pro Sekunde zerfallen. Dieser Wert ist die Aktivität in Becquerel.
In der Praxis finden wir Angaben der Aktivität immer dann, wenn wichtig ist, wie viel Strahlung von einem Objekt ausgeht. Techniker bestellen Radioaktive Strahler mit einer bestimmten Aktivität. Die Behörden genehmigen die Strahler mit festgelegter maximaler Aktivität. Bei Unfällen schließlich brauchen wir Angaben, welche Aktivität bestimmter Substanzen freigegeben wird.
Damit ist das Becquerel in der Praxis eine Angabe für die Stoffmenge. Wenn ich einen 55Fe Strahler mit 2 Giga-Becquerel Aktivität bestelle, möchte ich eine bestimmte Menge radioaktives Material in diesem Strahler wissen. Wenn ich lese, dass aus einem U-Boot 851 Millionen Becquerel Radioaktivität austritt, dann gibt mir das den Eindruck einer Schadstoff-Menge.
Die Menge eines Stoffes wird in SI-Einheiten in Mol angegeben. Das Becquerel ist eine Einheit, mit der wir Mengenangaben von radioaktiven Stoffen machen können. Das ist praktisch, weil es direkt einen Anhaltspunkt dafür gibt, wie gefährlich diese Stoffmenge eigentlich ist. Stoffe mit kurzer Zerfallszeit sind in der Regel gefährlicher als solche mit einer langen.1 Das Becquerel gibt somit direkter einen Hinweis auf die Gefahr, oder auch den Nutzen einer Stoffmenge.
p.s.
Mehr über Maßeinheiten zur Radioaktivität gibt es auf meiner Homepage.
p.p.s.
Ich würde gern etwas nützliches und aktuelles zur Corona-Krise bloggen, aber mehr als meine Meinung könnte ich euch nicht bieten. Davon gibt es schon genug.
Moin Joachim,
auch wenn es um “gesellschaftlich relevante” Themen geht, verlasse ich mich doch lieber auf die Aussage von Fachleuten, daher (mal wieder) danke für die informative und neutrale Einordnung.
Und auch für dein p.p.s.: Wenn ich was zu CoViD-19 suche, schau ich beim RKI oder anderen kompetenten Virologen rein. Ich würde ja auch nicht einen Pfarrer zum Thema Sex befragen, obwohl er dazu sicherlich allerhand zu sagen hätte. 😉
(irrelevantes Gemäkel, plattformbezogen 😉 – zu Kommentar 26.04./16:35: … aber diese Plattform bietet z.B. einem Theologen eine Möglichkeit zur permanenten Eigendarstellung seiner Bedeutsamkeit…. 😉 )
Hallo ajki,
Mag sein, aber das müssen wir hier ja nicht ausdiskutieren.
Zu meiner Studienzeit war noch Curie die Einheit für die Aktivität. Dies war die Aktivität von einem Gramm Radium. Die meisten Präparate hatten natürlich nur den Bruchteil von einem Curie.
Gruß
Rudi Knoth
@Rudi Knoth:
Heute dürfte es wohl der Body-Mass-Index sein, denn wenn der nicht passt, ist man vermutlich nicht aktiv genug. Ach ihr redet von Radioaktivität, na das ist was Anderes. 😆
Das Thema kommt zur rechten Zeit.
Die Aktivität, gemessen in Becquerel macht nur eine quantitative Aussage.
Übrigens, in welchem Abstand zum rad. Präparat wird da gemessen.
Wird Alphastrahlung überhaupt erfasst, wenn deren Reichweite nur einige Zentimeter beträgt ?
Welche rad. Nuklide werden gerade aktuell in Cernobyl verbreitet ?
Für naturwissenschaftlich nicht vorgebildete Leser wäre eventuell der Hinweis nützlich, daß Becquerel eine sehr winzige Einheit ist, also Meldungen über wo auch immer gemessene Aktivität naturgemäß, in dieser Einheit gemessen, hohe Zahlen enthalten.
Das ist richtig, denn man sollte wissen, daß die Zahl der Atome in einer bestimmten Stoffmenge schon recht hoch ist. Wenige Bequerel (einstelliger Bereich) liegen schon im Bereich der natürlichen Radioaktivität.
Gruß
Rudi Knoth
In der Natur strahlt eigentlich alles, jeder Stoff also – ausser der Stoff besteht aus lauter Isotopen, die nicht radioaktiv zerfallen. Solch eine Isotopenreinheit für ein Element erreicht man nur durch eine aufwendige Isotopentrennung – ausser bei den 22 Reinelementen (zu denen unter anderem Fluor, Natrium, Aluminium, Phosphor und Gold gehören), die von Natur aus aus nur einem Isotop bestehen.
Strahlung ist natürlich extrem unerwünscht, wenn man kleinste Mengen von Strahlung nachweisen will wie etwa bei vielen Dunkle-Materie Experimenten.
Beim Xenon1T-Experiment, das im Gran Sasso Labor installiert ist, sind nicht nur die 2 Tonnen verwendeten Xenon isotopisch hoch rein, sondern auch die Wand des Behälters und die Photomultiplier für den Nachweis eines Dunkle-Materie Ereignisses bestehen aus nicht zerfallenden Isotopen.
Diese isotopische Hochreinheit und damit das Fehlen fast jeglicher Strahlung, die vom Detektor selbst ausgehen könnte, ermöglichte kürzlich den Nachweis eines radioaktiven Zerfallprozesses, der eine Halbwertszeit von 1.8 x 10^22 Jahren hat, was ungefähr das billionenfache des Alters des Universums ist. Es ist der Zerfall von Xenon zu Tellurium, ein extrem seltener Zerfall, bei dem zwei Xenon-Elektronen involviert sind, und der so extrem selten ist, dass über einen solchen Zerfall,bisher nur spekuliert werden konnte ohne ihn je nachzuweisen. Doch mit den 2 Tonnen Xenon im Xenon1T-Detektor gelang das nun, denn diese 2 Tonnen Xenon 124 enthalten ungefähr 10^28 Xenon-Atome und von denen zerfallen selbst bei einer Halbwertszeit von 1.8 x 10^22 Jahren doch genügend um das im hochempfindlichen Xenon1T-Detektor nachweisen zu können.
Darüber berichtet der Artikel Radioactivity detected from a half-life of once every trillion universes
Hallo Herr Holzherr
Der Zusammenhang mit meinem Artikel ist jetzt aber recht dünn.
Ihren ersten Abstazt kann man zusammenfassen mit: Alles, was nicht nicht strahlt, strahlt.
Die Eigenstrahlung eines menschlichen Körpers in Deutschland beträgt etwa 9000 Bq, verursacht hauptsächlich durch Kalium-40 (Eigenbestrahlung 0.165 mSv ) und inhaliertes Radon.
Mit einem Ganzkörperzähler kann man die Gammastrahlung messen, die vom eigenen Körper aufgrund des Kalium-40 Zerfalls abgegeben wird. Und so weit ich mich erinnern kann, gibt es sogar eine zu Demonstrationszwecken gebaute Gammakamera, die den eigenen Körper aufgrund der von ihm abgegebenen Gammastrahlung abbildet (finde leider nichts mehr dazu im Internet).
Zitat:
Ja, wobei man die 2 Giga-Bequerel nicht direkt messen kann und wohl auch nicht die Waage nimmt und abwägt, sondern man misst wohl die Stärke der emittierten Röntgenstrahlung und schliesst daraus auf die Aktivität. Liege ich hier richtig?
Fe-55 hat eine Halbwertszeit von 2.737 Jahren, das heisst wenn man 2 GigaBequerel bestellt und sie 1 Monat später erhält, ist es bereits etwas weniger, allerdings nur wenig weniger. Ganz anders bei Technetium 99m, welches in der Medizin für diagnostische Zwecke verwendet wird. Es hat eine Halbwertszeit von 6 Stunden. Deshalb verwendet man Technetium-99m-Generatoren, welche zerfallendes Molybdän-99 enthalten. Molybdän-99 hat eine Halbwertszeit von 66 Stunden.
Ja genau. Um von der gemessenen Strahlung auf die Aktivität zu schließen, muss man natürlich einiges über den Strahler und den Messaufbau wissen. Aber wenn die Geometrie des Aufbaus bekannt ist, kann man ein Dosisleistungsmessgerät so kalibrieren, dass es direkt die Aktivität des Strahlers anzeigt.
Die Halbwertszeit von Eisen-55 ist zwei Jahre und ein 269 Tage. Nach drei Jahren ist also mehr als die Hälfte weg. Deshalb müssen technische Strahler regelmäßig erneuert werden. Die durchzuführende Messung dauert jeden Monat ein bisschen länger bis es unpraktikabel wird und eine neue Quelle anzuschaffen ist.
Misst man z.B. bei einer Brücke, wenn man die Autos, die sie pro Tag zählt, die Frequentierung (Frequenz) oder die Bequerelisierung (Bequerel) der Brücke? 😆