Wettrennen mit einem T.rex

Eine der bekannten Szenen aus dem Film „Jurassic Park“ ist die Verfolgungsjagd, bei der die Protagonisten mit einem Jeep auf der Flucht vor einem T.rex sind. Und selbst ein Spurt mit Vollgas scheint das heranstürmende Raubtier nicht abschütteln zu können.

Der T.rex, eine lahme Ente?

Das mag sicher der Dramatik der Geschichte ungeheuer Vorschub leisten, hat aber vermutlich mit der Wirklichkeit nur sehr am Rande zu tun. In einem echten Wettrennen zwischen motorgetriebenen Fahrzeugen und einem T.rex würde die riesige Echse schnell im Rückspiegel verschwinden. Und vermutlich vollkommen unabhängig von der zur Verfügung stehenden Motorleistung. Ich gehe sogar so weit, dass ein halbwegs fitter Mensch den großen Raubsaurier zu Fuß abhängen könnte.

Wenn man vor einem Skelett eines T.rex steht, fällt einem zuerst die enorme Größe des Sauriers auf. Sein riesiger Schädel mit den mächtigen Kiefern und den großen Zähnen. Groß genug, um einen Menschen mit einem Bissen zu zerteilen, möchte man meinen.

Der T.rex “Sue” im Fields Museum, Chicago. Als Skelett und als Rekonstruktion. Die aktuellen Rekonstruktionen sehen das Tier noch etwas massiger. Es war vermutlich ungemein kräftig, aber nicht sehr schnell auf den Beinen. Das könnte unser Glück sein, sollten wir ihm je lebend begegnen. Eigenes Foto

Und wirklich, unter allen landlebenden Raubtieren hatte der T.rex vermutlich die höchste Beißkraft. Genug, um die Knochen eines Triceratops zu zerbeißen und den Panzer eines Ankylosauriers zu zermalmen. Gut vorstellbar, dass man einem derartigen Monster nur sehr ungern lebend begegnen möchte.

Nehmen wir also einmal an, wir wären in dem Jurassic Park, und der T.rex wäre hinter uns her. Was sollte man jetzt tun? Gut, die Frage stellt sich vermutlich so nicht, denn alleine die enorme Größe eines 7 bis eventuell 9 Tonnen schweren, 12 – 13 m langen Raubsauriers mit mehr als 10 cm langen Zähnen dürfte für unsere Primatenseele Motivation genug sein, um die Beine in die Hand zu nehmen.

Das ist wohl auch die beste Reaktion. Stehenbleiben und darauf vertrauen, dass so ein Biest nur Bewegungen erkennen kann, könnte die falsche Entscheidung sein. Der T.rex konnte vermutlich sehr gut sehen. Sein Sehvermögen könnte durchaus im Bereich dessen gelegen haben, was heutige Raubvögel vermögen.

Nimm die Beine in die Hand!

Also Laufen. Da haben wir nämlich den größten Vorteil. Der Nachteil des T.rex ist hier seine unglaubliche Größe und Massivität. Das mag uns auf den ersten Blick vielleicht seltsam erscheinen, wenn man sich seine unglaublich langen Beine mit den massiven Muskeln anschaut. Aber genau da beginnen die Probleme. Es hat mit der Masse zu tun.

Wenn man sich zum Beispiel in der heutigen Welt so umsieht, fällt vor allem eines auf. Sehr große Lebewesen wie z.B. Elefanten oder Giraffen, nicht unbedingt die schnellsten sind. Auf der anderen Seite zählen sehr kleine Wesen, also Insekten oder Nagetiere, mit zu den Langsamsten.

Je massiver ein Lebewesen ist, desto mehr Kraft benötigt es für die Fortbewegung. Außerdem müssen seine Knochen ebenfalls überproportional dicker werden. So nimmt z.B. die Stärke eines Knochens mit zunehmendem Durchmesser nur im Quadrat, seine Masse aber im Kubik zu.

Die Größe zählt doch

Hier zwei also Faktoren miteinander konkurriere miteinander, wie Myriam Hirt [Hirt et al. 2017a][Hirt et al. 2017b] herausfand. Zum einen die absolute Muskelkraft, welche mit der Größe der Muskeln und damit letztlich auch mit der Größe und Masse des Wesens zusammenhängt. Aber auf der anderen Seite steht die benötigte Kraft, um eben diese Masse zu beschleunigen. Und die Knochen, die diese Kräfte aufnehmen und aushalten müssen.

Außerdem müssen die Muskeln, um ihre Arbeit zu tun, auch mit Energie versorgt werden. Für die Beschleunigung spielen die schnellen Muskelfasern eine bedeutende Rolle, sie verbrauchen allerdings auch sehr viel Energie. Aus einem noch nicht ganz verstandenen Grund scheinen ausgerechnet hier die großen Lebewesen schon wieder einen Nachteil gegenüber den Kleinen zu haben. Die Energieproduktion nimmt bei Lebewesen in guter Näherung um den Faktor 0,75 bei zunehmender Masse ab.

Alles eine Frage der Energie

Das wird gut ersichtlich, wenn wir uns mit einer Maus vergleichen. Mäuse sind sehr klein, und sie benötigen pro Tag bezogen auf ihr Körpergewicht sehr viel Nahrung. Hätten wir denselben Energieumsatz, müssten wir pro Tag gut 11 kg Essen in uns hinein schaufeln. Stattdessen kommen wir mit deutlich unter 2 kg aus.

Je größer ein Lebewesen ist, desto stärker wird es zwar. Da aber gleichzeitig sein Energieumsatz sinkt, steht ihm weniger Energie zur Verfügung, um seine Masse zu beschleunigen.

Aus diesem Grund liegt das Optimum für Geschwindigkeit bei rund 90 kg für ein terrestrisches Lebewesen. Für Vögel liegt dieser Wert liegt der Wert niedriger, schwimmende Lebewesen können etwas schwerer sein.

Zu groß für uns

Das hat bittere Konsequenzen für unseren T.rex. Mit seinem angenommenen Gewicht von 7 bis eventuell 9 Tonnen wird er sicher kein Sprinter gewesen sein. Vermutlich hat seine Höchstgeschwindigkeit irgendwo bei 5 – 6 m/s. (ca. 20 km/h). Das liegt durchaus im Bereich eines durchschnittlichen menschlichen Läufers. Da der Dinosaurier zudem nicht sehr schnell beschleunigen konnte, dürften die Chancen hier sicher auf unserer Seite liegen. Zur Not kann man es mit dem guten, alten Zickzack versuchen, möglichst natürlich ohne selber allzu viel an Geschwindigkeit bei den Kursänderungen einzubüßen.

Denn die dabei wiederholten Abbrems- und Beschleunigungsvorgänge würden die energetischen Kosten für den Dino nach oben treiben und uns immer wieder einen Vorteil verschaffen. Vermutlich war der T.rex nicht sonderlich wendig. Man kann dazu ja gerne mal mit einer 13 m Leiter auf den Schultern um enge Kurven laufen.

Abgesehen davon: Abrupte Kursänderungen, ohne dabei die Geschwindigkeit nennenswert zu verringern, ist eine alte und bewährte Taktik. Sie wird sehr erfolgreich von vermutlich den meisten Beutetieren angewendet.

Haken Schlagen

Wenn der Angreifer dennoch auf wenige Schritte Nahe kommt, kann die Taktik verändert werden. Jetzt kann man abrupt abbremsen, einen Kurs scharf ändern und wieder schnell Beschleunigen. Hier wird ihm wieder seine höhere Geschwindigkeit zum Nachteil. Er wird länger zum Abbremsen und Drehen brauchen. Es kommt auf das exakte Timing des Manövers an. Wenn er wieder aufschließt, wiederholt sich das Ganze.

Die Beute erkauft sich damit Zeit und treibt gleichzeitig die energetischen Kosten für den Jäger in die Höhe. Es geht um Ausdauer. Und da kommt unser größter Vorteil ins Spiel. Der Mensch ist nämlich ein geradezu prädestinierter Ausdauerläufer.

Video (Triggerwarnung) von Polarwölfen bei der Jagd auf Hasen. Man kann sehr gut sehen, wie Haken schlagen dem Hasen einen Vorsprung verschafft. Dabei kommt ihm seine hohe Beschleunigung und seine Wendigkeit zugute. Wenn es aber mehr Jäger werden, wie am Ende der Szene, dann hat er irgendwann keine Chance mehr, da immer einer der Wölfe den Weg abschneiden kann. Hüten wir uns also vor Rudeljägern!

Guter Trick, nur klappen muss er!

Es gibt allerdings irgendwann einen Punkt, wo alles Timing beim Hakenschlagen umsonst ist. Dann, wenn der Angreifer sehr deutlich schneller als seine Beute laufen kann. Nehmen wir doch einfach einen jugendlichen T.rex, für den nach diesem Modell gut 14 bis 15 m/s vorhergesagt werden. Das wäre selbst für einen Goldmedaillen Sprinter auf 100 m eine Herausforderung.

Denn der T.rex ist eines der wenigen Lebewesen, die mit zunehmenden Alter langsamer werden. Es sind die jugendlichen Tiere, die vergleichsweise leicht gebaute Läufer waren und sich vermutlich an flinkere Beute hielten.

Hier wäre das Ende also für einen durchschnittlichen Menschen recht vorhersehbar und ärgerlich. Zumindest wenn sich nicht in letzter Sekunde eine Fluchtmöglichkeit für uns auftut, wie z.B. ein schmaler Durchgang.

Hirt et al. 2017a: Hirt, M.R., Lauermann, T., Brose, U., Noldus, L.P.J.J. & Dell, A.I., The little things that run: a general scaling of invertebrateexploratory speed with body mass, 2017

Hirt et al. 2017b: Hirt, M.R., Jetz, W., Rall, B.C. & Brose, U., A general scaling law reveals why the largestanimals are not the fastest, 2017

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

10 Kommentare

  1. Schnell laufende Elefanten (als Beispiel für schwere Tiere) können tatsächlich nicht rennen. Selbst wenn sie mit der ihnen gerade noch möglichen Maximalgeschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde unterwegs sind, befindet sich mindestens immer ein Fuss auf dem Boden. Damit können sie per definitionem nicht rennen – mindestens nicht im strikten, klassischen Sinne. Der Artikel Speedy elephants use a biomechanical trick to ‘run’ like Groucho zeigt aber, dass Elefanten dennoch eine andere Gangart wählen, wenn sie schnell unterwegs sind.

    Wenn 25 km/h für Elefanten bereits die Spitzengeschwindigkeit ist, dann dürfte ein noch massigeres Tier wohl noch langsamer unterwegs sein.

    Ich erinnere mich an einen Artikel über wandernde Elefanten in Afrika. Dabei stellten die Beobachter fest, dass Elefanten jeden noch so kleinen Hügel meiden. Sie bevorzugten flaches Terrain. Das liegt wohl am grossen Gewicht, dass sie sonst den Hügel hinaufschleppen müssten.

    Wer also einem Tyrannosaurus rex aus dem Weg gehen will, der sollte einfach auf den nächstgelegenen Hügel ausweichen. Dort kann er den T.rex verhöhnen und verspotten ohne Rache zu befürchten, denn ein so kleiner Happen wie ein Mensch ist es einen T.rex wohl nicht wert, sich überzustrappazieren – ausser es ist noch ein jugendlicher, junger T.rex. Junge T.rex sind wohl wirklich gefährlicher für Geschöpfe vom Format eines Menschen. Allerdings kann ich das nicht aus erster Hand bestätigen.

  2. Aus diesem Grund liegt das Optimum für Geschwindigkeit bei rund 90 kg für ein terrestrisches Lebewesen.

    Da schmeckt mir, überraschend untergewichtig geworden, das Bier zur Lektüre gleich doppelt so gut.

    Allerdings habe ich beim Joggen im Wald eigentlich mehr Angst vor Wölfen als vor einem T.rex, und Hakenschlagen wäre nach dem Erreichen des Idealgewichts definitiv nicht mehr drin.

    Denn der T.rex ist eines der wenigen Lebewesen, die mit zunehmenden Alter langsamer werden.

    Gewicht hin oder her, dann bin ich wohl auch ein seltenes Lebewesen.

    Wie auch immer, Danke für den Artikel.

  3. Ich erinnere mich an einen Beitrag in der Zeitschrift American Scientic, in dem auf Festigkeitsüberlegungen und Beinlängenabmessungen basierend in Verbindung mit einer dimensionslosen Kennzahl (Froude-Zahl) ermittelt wurde wie schnell T.Rex aber auch Triceratops wohl war. Das Diagramm zeigte, dass sehr kleine und sehr große Tiere inklusive der Unterscheidung zwischen Trab und Galopp eine übergreifende Beschreibung sowhl vierbeiniger als auch zweibeiniger Tiere (Mensch!) möglich war. Beim Trab-Galopp-Übergang, der bei einer Grenzfroudezahl erfolgt war ein Knick in der Modellgerade im doppelt-logarithmischen Diagramm, wenn ich mich recht entsinne. Und ich glaube, dass sich die Aussagen von damals und heute decken.

    Leider kann ich die Quelle (Jahrgang und Heft) nicht mehr angeben.

  4. Danke für den Artikel, interessant zu lesen. Ich habe nur ein paar Anmerkung gestalterischer Art …
    In dem Satz “Sehr große Leberwesen wie z.B. Elefanten oder Giraffen, nicht unbedingt die schnellsten sind” fehlt mindestens ein Wort und auch wenn Elefanten und Giraffen mit Sicherheit Wesen mit einer Leber sind, ist da wohl ein Schreibfehler drin 😉
    Außerdem sind bis auf die Erste alle Zwischenzeilen (oder Zwischenüberschriften) nicht formatiert, das erschwert den Lesefluss.

  5. @Franz Werner

    Vermutlich beziehen Sie sich auf die ‘Alexander Formel’ benannt nach Robert McNeill Alexander. (Siehe Wikipedia (englisch))

    Auf der Onlineplattform von Scientific American habe ich zwei ältere, kurze Artikel zum Thema gefunden.

    T. rex Not Fleet of Foot, Study Shows (2002) und Tyrannosaurs Were Power-Walkers; (2011)

    Im ersten wird T.Rex mit einem überdimensionierten Huhn verglichen. Der spätere zieht die universale Gültigkeit der Alexander Formel in Zweifel, aufgrund möglicher anatomischer Unterschiede zwischen prähistorischen Tieren und präsenten Lebewesen, auf deren Analyse die Formel beruht.

    (Beruhigend für mich, beim Joggen wurde ich noch nie von Power Walkern ein- oder überholt.)

  6. Ich denke das hier -damals wie heute- verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. So sind Elefanten und damals der Trex in der Nahrungskette wohl ganz oben anzusiedeln, sprich: Sie haben /hatten keine Fressfeinde. Da sie also nicht direkt gefressen werden konnten, haben sie es auch nicht nötig für eine Fluchtverhalten hohe Spitzengeschwindigkeiten zu entwickeln. Wenn sie sich denn noch von Pflanzen ernähren, sind auf keine Beschleunigung angewiesen. Diesen Trex sollte man in der damaligen Epoche einordnen, wo es wahrscheinlich sehr viele langsame Pflanzenfresser gab, die er ohne große Geschwindigkeit töten konnte.

  7. Im Videospiel “Turok” aus dem Jahre 2008​ auf der Xbox-360 muss man tatsächlich vor einem T.rex davonlaufen.
    Man löst das Problem, indem man um einen ISO-Container ständig herum läuft.
    Durch den Richtungswechsel an den vier Ecken des ISO-Containers wird der T.rex langsam genug, sodass man ihn, nach einigen Runden um den Container herum, von hinten beschießen kann.
    Dann drehen sich sowohl der T.rex als auch man selbst um, und beide laufen dann in der Gegenrichtung um den Container herum, bis man den T.rex wieder von hinten beschießen kann.
    Nach einigen Runden bricht dann der T.rex zusammen, was natürlich nicht sehr tierfreundlich ist.

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