Vor 40 Jahren: 18. Mai 1980 – Der Ausbruch des Mount St. Helens (Repost)

Der Ausbruch des Mount St. Helens am 18. Mai 1980. USGS

Heute, am 18. Mai, vor genau 40 Jahren brach der Mount St. Helens aus, nachdem er bereits am 16. März 1980 mit einem schwachen Erdbeben erste Lebenszeichen von sich gegeben hat. Aufsteigendes Magma beulte den Berg an seiner Nordseite deutlich aus. Am 18, Mai erschütterte ein Erdbeben der Magnitude 5,1 denn Berg und führte zu einem massiven Bergsturz. Der Druck auf dem aufsteigenden Magma wurde schlagartig erniedrigt, und die gelösten Gase und Wasserdampf entwichen in einer großen Explosion. Das funktioniert grob gesagt so, wie bei einer Sektflasche, die man vor dem Öffnen noch einmal stark schüttelt.

Ich weiß nicht, wie viele den Hollywoodfilm “Dantes Peak” im Kino oder  im Fernsehen gesehen haben. Die Geschichte eines erwachenden Vulkans und mehr oder minder sturer Waldläufer, denen heldenhafte Vulkanologen das Leben retten (oder es zumindest versuchen). Dieser Film hatte ein Vorbild. Den Mount St. Helens, der, dem Filmvulkan nicht ganz unähnlich, in einer touristisch genutzten Landschaft eingebettet lag.

Der Ausbruch des Mount St. Helens am 18. Mai 1980. USGS

Am 16. März 1980 begann der Vulkan Anzeichen zu zeigen, dass er bald erwachen würde. Erdbeben waren die ersten Anzeichen dafür, dass Magma aufstieg, einige Tage später, am 25. März erfolgten die ersten Eruptionen. Es wurde eine Sicherheitszone im Umkreis von 25 Kilometern um den Vulkan herum eingerichtet. Im April verstärkte sich die Aktivität noch ein wenig, sodass die Gouverneurin Bundesstaates Washington Dixy Lee Ray am 3. April den Ausnahmezustand ausrief und alle Menschen im Umkreis von 13 Kilometern um den Vulkan evakuierte. Der Lodgeverwalter Harry R. Truman war allerdings der Meinung, dass er nicht auf die Warnungen der Vulkanologen zu hören brauchte. Dies brachte ihm außer einem kurzzeitigen Medienruhm auch einen relativ spektakulären Tod ein.

Die Vulkanologen hatten nämlich wirklich besorgniserregendes bemerkt. Die nördliche Flanke des Vulkans begann sich aufzublähen. Ein gut 2,4 Kilometer Durchmesser Bereich hatte sich um 82 Meter verschoben, und diese Verschiebung wuchs bis Anfang Mai täglich um 1,5 bis 1,8 Meter. Das Volumen des Berges vergrößerte sich um 125 Mio. m3.  Entsprechend viel Magma war also in den Berg eingedrungen. Wenn die Stabilität der Vulkanflanke nicht mehr ausreichte, würde es eine große Explosion geben.

Computergrafik des Ausbruchs. Grün dargestellt ist der initiale Erdrutsch und rot der darauf folgende pyroklastische Strom. USGS image (by T.R. Alpha). Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons.

Dann,  am 18, Mai erschütterte ein Erdbeben der Magnitude 5,1 denn Berg und führte zu einem massiven Bergsturz an der Nordflanke. Der Druck auf dem aufsteigenden Magma wurde schlagartig erniedrigt, und die gelösten Gase und Wasserdampf entwichen in einer großen Explosion. Das funktioniert grob gesagt so, wie bei einer Sektflasche, die man vor dem Öffnen noch einmal stark schüttelt. Der Vulkanologe David A. Johnston, der im Auftrag des USGS die Samstagnacht-Schicht der Vermessung des Vulkans übernommen hatte, meldete die Eruption mit den Worten “Vancouver! Vancouver! This is it!“. Er selber überlebte die Eruption nicht. Insgesamt forderte die Eruption 57 Tote.

Durch die Explosion wurde ein enormer pyroklastischer Strom ausgelöst, der mit einer Spitzengeschwindigkeit von 1080 km/h zu Tal raste. Anders als im Film dürfte man also kaum eine Chance gehabt haben, dem im Auto zu entkommen. Die aus der Eruption resultierenden Lahare, (Schlammströme) füllten die Flüsse und Bäche der Region und zerstörten die Brücken. Umgerissene Baumstämme taten ein übriges bei dem Zerstörungswerk. Der zuvor so malerisch gelegene Spirit Lake war noch auf Jahre mit den Baumstämmen gefüllt.

So groß die zerstörerische Gewalt auch war, die Natur kehrte und kehrt immer noch in die verwüsteten Gebiete zurück.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

6 Kommentare

  1. Was ich mich schon lange frage: Wusste David Johnston, dass er es mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht überleben würde, wenn der Vulkan während seiner Schicht ausbricht? Dass sich die Bulge genau in Richtung seines Standortes wölbte und dass es einen lateralen Ausbruch geben könnte, kann ihm als Vulkanologen ja nicht verborgen geblieben sein.

    • Er war sich sicher des Risikos bewusst. Das Ausmaß der Eruption dürfte er sicher unterschätzt haben, schließlich war er nicht lebensmüde. Der Posten war ja gut 10 km vom Vulkan entfernt, so hoffte er wohl auf eine gute Beobachtung der Vorgänge. Es war umstritten, wie stark der Ausbruch zur Seite geht. Eine These war, iirc, dass der erste Schlag seitwärts, dann aber rasch aufwärts geht. Auch die Stärke hat man unterschätzt. Die Kraft des Ausbruches hat sämtliche Bomben des 2. Weltkrieges um ein vielfaches (ich meine mal gelesen zu haben, um das 8-fache) überschritten, inklusive der beiden Atombomben. Und die pyroklastischen Ströme hatte man damals ebenfalls nicht so gut verstanden wie heute. Das Phäönomen war noch relativ neu für die Forschung

      • Das Ausmaß der Eruption dürfte er sicher unterschätzt haben, schließlich war er nicht lebensmüde.

        Was das unterstützen würde: Auf der von dir verlinkten Seite wird von einem Ausbruch vor 1100 Jahren berichtet, der ebenfalls lateral und in die gleiche Richtung stattfand, aber im Vergleich zur Eruption von 1980 weit schwächer war und dessen pyroklastischer Strom nur ein Drittel des Weges zurücklegte, der 1980 auftrat. Wenn Johnston diesen alten Ausbruch als Referenz nahm, kann ich mir in der Tat gut vorstellen, dass er sich einigermaßen sicher gefühlt hat.

  2. @Gunnar Ries

    »Durch die Explosion wurde ein enormer pyroklastischer Strom ausgelöst, der mit einer Spitzengeschwindigkeit von 1080 km/h zu Tal raste.«

    Wie verlässlich ist diese Angabe von 1080 km/h?

    Der angegebene Link zu usgs.gov funktioniert bei mir leider nicht; diese Zahl hat mich aber doch verwundert und zu einer kleinen Webrecherche inspiriert. Gefunden habe ich dabei dann folgendes [1, p.148]:

    The front of the 1980 Mount St Helens lateral blast travelled at speeds up to 150 m/s (Moore & Rice 1984), although the internal velocity may have reached 235 m/s (Kieffer & Sturtevant 1988).

    Das wären dann 540 km/h für die v_max der Front des pyroklast. Stroms. Letzteres erscheint mir realistischer, aber ich mag mich täuschen — deshalb die Rückfrage.

    [1] Druitt, T. H. (1998). Pyroclastic density currents. Geological Society, London, Special Publications, 145(1), 145-182. DOI 10.1144/GSL.SP.1996.145.01.08

    • Danke für den Hinweis, ich hatte den link vom ursprünglichen Posting übernommen, ohne ihn zu checken. Ist anscheinend zwischenzeitlich umgezogen, wer konnte denn nach der Zeit damit rechnen 😉
      Ich hab ihn aktualisiert. Dort ist von 670 Meilen/Stunde, also ca.1078 km/h die Rede. Wie exakt das ist, kann ich nicht sagen. Aber prinzipiell ist auch 540 wohl für jeden Sportwagen eine tödliche Herausforderung. Das Teil ist auf jeden Fall verdammt schnell gewesen.
      Ich persönlich vermute, dass Druitt wohl genauer liegt, da der USGS keine Quelle oder Berechnungsgrundlage angibt.

  3. @Gunnar Ries

    Nachträglich hatte ich doch noch eine Quelle gefunden, wo die fraglichen 1080 km/h sogar noch überboten werden. J.P. Lockwood & R.W. Hazlett (Volcanoes, Wiley-Blackwell, 2010) schreiben zu diesem directed blast der Eruption des Mt. St. Helens von 1980:

    Lateral expansion of the blast cloud increased its speed to 325 m/s, and it retained enough momentum to overtop an opposing 380 m high barrier, now known as Johnston Ridge, at an estimated 235 m/s (Moore & Rice 1984). Blast materials reached supersonic speeds as they accelerated during flow (Kieffer 1981a, b) and quickly overtook and outran the initial debris avalanche.

    Es leuchtet allerdings ein, dass die innere Strömungsgeschw. einer turbulenten Glutwolke lokal höher sein kann als die Ausbreitungsgeschw. ihrer Front, und mir ist dann nicht immer so ganz klar, was genau gemeint ist.

    Spitzenwerte von ca. 200 m/s oder 700 km/h findet man in etlichen Quellen genannt, wie e.g. hier [Pyroclastic Flows]. Das wäre dann sicherlich als die Geschwindigkeit der Front zu verstehen.

    Wie auch immer, für eine typische Hollywood-Dramaturgie ist das alles doch etwas zu heftig. Da kommt keiner mit einem SUV mehr lebend raus.

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