Tiefseebergbau: Bedrohung für Quallen und Co

Tiefseebergbau soll uns bei der Dekarbonisierung helfen – dazu sollen Metallknollen voller Mangan und anderer wichtiger Metalle sowie sogenannte seltene Erden von den Böden der Tiefsee gefördert werden.
MeereswissenschaftlerInnen, MeeresschützerInnen und viele Anwohner der betroffenen Meeresgebiete halten diesen Tiefseebergbau jedoch für keine gute Idee, da er nicht nur die Lebensgemeinschaften der Meeresböden und ihre Kohlestoffspeicherung bedroht, sondern auch viele Tiere in den darüber liegenden Wasserschichten – die die Ernährungsgrundlage auch vieler Menschen sind.

Die Auswirkungen auf das ökologische Gefüge der mittleren Wasserschichten (Midwater) hat ein Team unter der Leitung von Wissenschaftlern des deutschen Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR) genauer untersucht und jetzt in „Nature Communications“ publiziert: Durch das Einsammeln der Mineral- und Metallknollen und ihr Hochpumpen aufs Mutterschiff würde das feine Sediment des Meeresgrunds aufgewirbelt, diese großen Sedimentschleppen und -fahnen würden sich nur langsam wieder absetzen.
Außerdem würde das mit den Knollen hochgepumpte feine Sediment vom Schiff wieder ins Meer eingeleitet werden, wodurch noch mehr Sedimentschleppen über ein weiteres Areal von mehreren Quadratkilometern verbreitet werden. Wie zarte Schleier bleiben die feinsten Körnchen lange mitten im Meer stehen, aufgrund ihrer geringen Masse sinken sie sehr langsam zurück. Da es derzeit keine Vorschriften darüber gibt, in welcher Wassertiefe das Sediment freigesetzt werden soll, können sich die entstehenden Schleier über Dutzende bis Hunderte von Kilometern durch die Wassersäule erstrecken, so die Wissenschaftler.

MIT Mechanical Engineering: Visualizing Deep-sea Mining

Sedimentschleier als Grabtuch

Die trüben Schleier mitten im Meer beeinträchtigen die Lebensgemeinschaften des offenen Ozeans, in der Wassersäule über dem Tiefseebergbaugebiet. Dieser Bereich, der im Englischen passend Midwater heißt, zwischen dem 4000 Meter tiefen Boden und der sonnendurchschienen Oberfläche, ist ein riesiges Ökosystem mit zwei besonders wichtigen Funktionen: Zum einen ist es entscheidend für die Fähigkeit des globalen Ozeans zur Kohlenstoffspeicherung. Zum anderen lebt dort ein ganzes ökologisches Netzwerk voller unterschiedlich großer Arten, die die Hauptnahrungsquelle für viele Fisch-, Tintenfisch- und Meeressäugetierarten sind. Damit sind sie sind ein entscheidendes Glied im marinen Nahrungsnetz. Darunter sind viele Arten gerade von Fischen und Tintenfischen wichtige Nahrungsressourcen auch von Menschen. Anwohner von Südseeinseln fischen dort direkt im kleinen Maßstab für die regionale Versorgung, außerdem werden die Fischereirechte solcher Meeresgebiete oft an große Fischereischiffe und -flotten zahlungskräftiger Industriestaaten verkauft und sind eine wichtige Einnahmequelle kleiner Inselstaaten.
Dieses Artengeflecht hat sich unter stabilen Umweltbedingungen wie der konstante Nahrungsknappheit entwickelt und könnte dadurch daher anfälliger für Änderungen der Umweltparameter sein. Außerdem leben in diesem Bereich besonders viele zerbrechliche, transparente, gallertartige und manchmal riesige gallertige Organismen (Gelata) mit niedrigen Stoffwechselraten, die besonders anfällig für Störungen wie den Tiefseebergbau sind.

Gerade Gelata bilden oft Hohlkörper, die fein austariert mitten im Ozean schweben – Sediment könnte ihre Schirme und Hohlkörper schwerer machen und sie absinken lassen. Das müssten sie durch stärkere Schwimmbewegungen kompensieren, was wieder viel Energie kostet. Eine andere Gefahr für die Gelata, zu denen auch die Larven Tiere wie Fische und Tintenfische gehören, ist, dass sie über Bioluminiszenz kommunizieren und sich so für ihre tägliche Nahrungswanderung, die Paarung und andere wichtige Verhaltensweisen verabreden. Die trüben Sedimentschleier würden dies erschweren oder gar verhindern.

Wann hat eine Qualle „Stress“?

„Bei der Erforschung des mittleren Meeresbereichs (Midwater) haben wir erst an der Oberfläche gekratzt, und der Großteil der Artenvielfalt ist immer noch unbekannt, ebenso wie ihre Funktion im Ökosystem und ihre Toleranz gegenüber Veränderungen“, erklärte Henk-Jan Hoving, leitender Autor der Studie, gegenüber der Presse. Um die Wissenslücke über die Reaktionen von Mittelwasser-Tieren auf Umweltstressfaktoren zu schließen, konzentrierten sich Hauss, Hoving und ihre Kollegen auf die Helmqualle Periphylla periphylla. Die tellergroßen gelatinösen Lebewesen sind im Meer allgegenwärtig und robust. Sie sind ein gutes Beispiel für die vielen anderen in 500 bis 700 Metern Meerestiefe lebenden Geleetiere (Jellies), also Quallen, Rippenquallen und Salpen, die vom Bergbau betroffen sein könnten. Außerdem kommen sie in den Tiefen der norwegischen Fjorde zahlreich vor.

Periphylla periphylla, the helmet jellyfish, feeding on a gonatid squid (Gonatidae), with a small narcomedusa (Aegina sp.) also captured (Wikipedia: C. Anela Choy, Steven H. D. Haddock and Bruce H. Robison, CC CC BY-SA 4.0)

Aber wie kann man wissenschaftlich nachweisen, dass eine Qualle gestresst ist?
Dafür fingen die Forscher mit feinmaschigen Netzen einige Exemplare lebendig und brachten sie unter Deck ihres Forschungsschiffs. Da die Helmquallen an das Leben in ewiger Dunkelheit angepasst sind, haben die Forscher sie in dunklen, nur mit rotem Licht beleuchteten Räumen gehalten und untersucht.
Dann setzten Biologen die Helmquallen im Aquarium feinen Sedimentwolken aus, vergleichbar mit denen, die in der Nähe von Tiefseebergbaustandorten zu erwarten sind.
Nach etwa 1,5 Stunden war die Reaktion der Quallen mit bloßem Auge sichtbar: Sie versuchten, sich von dem Sediment zu befreien. Dafür produzierten sie überschüssigen Schleim in weißen Strängen, was Vanessa Stenvers mit Zuckerguss vergleicht.
Andere Stressreaktionen traten auf molekularer Ebene auf, wobei mehrere Gene, die im Zusammenhang mit der Gewebereparatur und der Aktivierung des Immunsystems stehen, aktiviert wurden.
Der Schleim auf der Außenseite der Quallen enthält ihr artspezifisches Mikrobiom, also eine Ansammlung von Mikroben, die die zarten Gallerthülle schützt. Die kontinuierliche Schleimproduktion ist für die Qualle eine energetisch kostspielige Reaktion und könne einen erheblichen Teil des gesamten Quallen-Energiehaushalts beanspruchen. Zusammen mit der durch die Sedimentlast ausgelöste Reaktion von Genen, die mit der Atmung, dem Immunsystem und der Wundheilung zusammenhängen, ist klar, dass die Sedimentlast der Qualle Stress bereitet.
Ob und wann sich Quallen nach dem Sediment“bad“ erholen können, können die Biologen noch nicht einschätzen.

Streß kostet Energie

Allerdings habe die Sedimentlast bei Helmquallen eine heftigere Reaktion ausgelöst, als ein Anstieg der Meerwassertemperatur um vier Grad (was man im Aquarium prima ausprobieren kann). Aktuelle Klimaprognosen gehen davon aus, dass die Meerestemperaturen in den nächsten 84 Jahren um ein Grad ansteigen werden, während ein Anstieg um vier Grad nur in den extremsten Szenarien der globalen Erwärmung vorhergesagt wird.
Die Autoren befürchten, dass solche Stressfaktoren, die zu einem erhöhten Energieverbrauch führen, auch einen höheren Energiebedarf bedeutet. Da die Nahrung in der Tiefsee und den mittleren Schichten generell knapp ist, könnte dies problematisch werden und Hunger bedeuten.
Die Stressreaktion der Helmquallen sei jedenfalls repräsentativ für andere gelatineartige Tiere der gleichen Ozean-Ökosysteme. Für andere Arten seien weitere Analysen und Experimente notwendig.
Allerdings reichen die vorliegenden Ergebnisse aus, um zur Vorsicht beim Tiefseebergbau zu mahnen. Bereits jetzt ist klar, dass die dadurch ausgelösten Zerstörungen am Meeresboden und Sedimentschleppen im Mittwasser viele wichtige Ökosystemleistungen der Tiefsee beeinträchtigen würden. Und damit auch die Nahrungsversorgung von Menschen und die Klimaschutzfunktion der Ozeane durch die Bindung von Kohlenstoff.
Die zusätzliche Sedimentlast dürfte die ohnehin schon durch menschliche Aktivitäten gestressten Ozean-Communitys weiter schwächen und ihre Regenerationsfähigkeit ausreizen.

Quallen als Gewinnerinnen der Klimakrise

Die roten Helmquallen sind in den norwegischen tiefen Fjorden nicht unproblematische Neuankömmlinge, sie gelten als invasive Spezies. Im Gegensatz zu anderen Quallen schlüpfen diese an Himbeergelee-Törtchen erinnernden Tiere direkt aus dem Ei als Jungtier, sie überspringen also das übliche Polypenstadium. Sie leben in allen Ozeanen außer der Arktis, sind aber in den letzten Jahren in die norwegischen Fjorde bis nördlich von Spitzbergen eingewandert und kommen dort mittlerweile in großen Mengen vor. Ihre schnelle Vermehrung und ihr Jagderfolg haben bei den Fischern einige Besorgnis erregt, dass diese leuchtenden nächtlichen Erscheinungen an der Oberfläche den gesamten jungen Kabeljau und Schellfisch auffressen würden. Diese Gefahr besteht auch in anderen Regionen der Meere, wo mit Hilfe der Erwärmung neue Quallen- und Rippenquallen-Arten mit großem Appetit einwandern. Wegen der Überfischung der Fische nehmen jetzt manche gallertige Arten die ökologische Position der Top-Prädatoren ein. Helmquallen kommunizieren über Lichtblitze und schweben als Gruppe koordiniert durch die Fjorde, vermutlich jagen sie so gemeinsam.
Allerdings bieten die unwillkommenen Helmquallen in den dunklen Fjorden jetzt Wissenschaftlern die bequeme Gelegenheit, Ökologie und Verhalten von Meereswesen zu untersuchen, die zuvor nur in der Tiefsee möglich war. Die roten Quallen werden (zurzeit) nicht wirtschaftlich genutzt und sind möglicherweise nicht gut für die Fjord-Ökosysteme, aber dafür gute Modellorganismen für andere Arten.

Quellen

Stenvers, V.I., Hauss, H., Bayer, T. et al. “Experimental mining plumes and ocean warming trigger stress in a deep pelagic jellyfish. Nat Commun 14, 7352 (2023). https://doi.org/10.1038/s41467-023-43023-6

Über Henk-Jan Hoving, den Leiter der Tiefseearbeitsgruppe des GEOMAR und seine Quallenforschung hatte ich den Leitartikel “Vom Licht ins Dunkelfür NATUR 08/2023 geschrieben, darin kommen auch die Helmquallen vor.

Kate Golembiewski: “Mucus-Covered Jellyfish Hint at Dangers of Deep-Sea Mining“, NYT, Nov. 2023

Staff writer: “Deep-sea mining could severely affect jellyfish populations

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Auf dem Science-Blog „Meertext“ schreibe ich über meine Lieblingsthemen: Biologie, Zoologie, Paläontologie und das Meer. Wale, Fische und andere Meeresgetüme. Tot oder lebendig. Fossile Meere, heutige Meere und Meere der Zukunft. Die Erforschung, nachhaltige Nutzung und den Schutz der Ozeane. Auf der Erde und anderen Welten. Ich berichte regelmäßig über Forschung und Wissenschaft, hinterfrage Publikationen und Statements und publiziere eigene Erlebnisse und Ergebnisse. Außerdem schreibe ich über ausgewählte Ausstellungen, Vorträge, Bücher, Filme und Events zu den Themen. Mehr über meine Arbeit als Biologin und Journalistin gibt´s auf meiner Homepage “Meertext”.

9 Kommentare

  1. Beitrag nochmal Korrekturlesen, das verhindert, dass sich ganze Passagen wiederholen. Auch die Sätze nochmals durchlesen, damit offensichtliche Korrekturen auch verschwinden.
    Ansonsten guter Artikel

  2. Das Knollensammeln klingt ja erst mal super. Wenn man das irgendwie effizient hinbekäme, ohne den Boden aufzuwirbeln, wäre es bestimmt ein lohnenswertes Unternehmen.
    Das, was jetzt versucht wird, ist wie mit dem Häcksler durch den Wald fahren, um ein paar Pilze zu sammeln.

    • @Sascha: Eine effizient und nachhaltige Lösung ist nicht in Sicht. Ich hatte vor ca 3 Jahren eine BGR-Geologin interviewt, die mir erzählte, dass das Schürfen in alten Bergwerken an Land durchaus eine Alternative sein könnte. Dazu müsste wesentlich mehr recycelt werden.
      Mittlerweile sprechen sich immer mehr Staaten gegen den Tiefseebergbau aus, weil es auch völkerrechtlich immer noch nicht geklärt ist. Da stehen Vorwürfe von Neokolonialismus im Raum, die Angst, noch weitere Flüchtlingsströme zu generieren oder am Ende für Umweltschäden auf der anderen Seite des Globus doch zur Verantwortung gezogen zu werden.
      Ein weiterer Aspekt ist, dass die Lithium-Batterie wohl jetzt ernsthafte Konkurrenz bekommt – gerade chinesische Unternehmen produzieren bereits Batterien auf Natriumbasis.
      Zwei aktuelle Einschätzungen:
      https://www.heise.de/hintergrund/Batterien-fuer-Elektroautos-Teil-3-Die-Zukunft-Natrium-statt-Lithium-7492595.html
      https://taz.de/Chemieprofessor-ueber-Batteriealternative/!5971628/

      Ich hoffe, dass die schnell marktreif werden und sich der Tiefseebergbau dann einfach nicht mehr lohnt sowie politisch ein zu heißes Eisen wird.

      • @Gustav Boehm: Ich denke gerade, dass Dein Einwurf vermutlich auch anderen Personen durch den Kopf gegangen ist – wäre es für Dich o. k., wenn ich Deinen Einwurf und meine Antwort als Artikel hochlade?
        Das ist eine sehr wichtige Diskussion.

  3. Ich habe große Sorge, dass hier wieder eine Option zur Bekämpfung des Klimawandels verpasst wird. Wer sich damit beschäftigt, wie viele Rohstoffe wirklich zur vollständigen Wandlung aller (oder der meisten) fossil betriebenen Wirtschaft- und Privatbereiche hin zu erneuerbaren Energien notwendig sind, der wünscht sich, die Tiefseemetalle wären schon am Markt. Die Umweltschäden durch Klimaereignisse werden so hoch, das wir vieles bereuen werden, was wir nicht rechtzeitig in Gang gesetzt haben. Wir haben erst wenig % der weltweiten Primär-Energieversorgung auf Erneuerbare umgestellt. Ich frage mich, wer später die Verantwortung dafür übernimmt, dass man an vielen Stellen durch zu spätes agieren viele Menschen an Leib und Leben zu schaden gekommen sind.

    Wer sich z. B. die Workshops und Reports von The Metals Company ansieht oder durchliest, bekommt eine Ahnung, mit wieviel Aufwand dort versucht wird, wirklich alle Bedenken zu berücksichtigen. Viele Unis, Institute, Greenpeace etc werden auf die Schiffsexpeditionen eingeladen. Mehr kann man eigentlich nicht tun.

    Sorry, als Ingenieur muss ich leider sagen, dass hier Optionen verloren gehen. Wir spielen hier mit dem Leben der nächsten Generationen. Auf “Nichthandeln” kann großen Schaden anrichten.

    • @Gustav Boehm: Danke, das ist ein extrem wichtiger Aspekt!
      Ich denke, wie üblich, wird niemand die Verantwortung dafür übernehmen. Wie sonst auch. Extremwetter, Vertreibung, Armut, Nahrungsmittel- und Wasserengpässe werden für noch viel mehr Menschen das neue Normal. Jüngere Generationen kennne es dann gar nicht mehr anders, in der Biologie nennen wir das “Shifting Baselines”. Statt eines friedlichen kooperativen Zusammenlebens für viele Menschen werden sich die wohlhabenderen weiterhin vergrnügen u abgreifen, was geht. Vermutlich werden sie sich hinter bewaffneten Milizen und großen Zäunen verstecken.
      Bei dem COP-Theater sehe ich einfach keinen Willen, irgend etwas auf die Wissenschaft zu geben oder großskalig etwas ändern zu wollen. Es erinnert mich gerade mit der Veranstaltung in Dubai, die offenbar zur Fossil-Deal-Veranstaltung karikiert wird, an absurdes Theater.
      Im Moment überlege ich, ob ich auf eine Klima-Guerilla nach dem Vorbild von Kim Stanley Robinsons “Ministerium der Zukunft” hoffe.

      Green peace habe ich, glaube ich, noch nie auf Meertext zitiert. Ich halte sie eher für aktivistisch, als wissenschaftsbasiert.
      Sehr gute Info zum Tiefseethema, wissenschaftsbasiert haben NGOs wie Pew-Trust oder WWF.
      Aber auch die will ich hier nicht zitieren.

      Mit dem Deep Sea Mining bin ich erstmals ca 1994 in einer Ringvorlesung von Prof. Hjalmar Thiel in Hamburg in Kontakt gekommen, seitdem forschen unsere Unis u Institute daran.
      1989 wurde das Discol-Projekt
      https://www.discol.de/
      gestartet: Simulierte Pflugspuren auf dem Tiefseeboden.
      Als die Forschenden nach 26 Jahren wieder nachschauten, waren die Spuren nahezu unverändert:
      https://www.spektrum.de/news/welche-oekologischen-folgen-hat-der-tiefseebergbau/2161158

      Ich erinnere mich deutlich, dass Antje Boetius, die AWI-CHefin, darauf fassungslos reagiert, weil weder sie noch jemand anders das erwartet hatte.
      https://www.spektrum.de/news/welche-oekologischen-folgen-hat-der-tiefseebergbau/2161158
      Beim Tiefseebergbau werden nicht nur größere Tiere zertöppert, sondern eben auch die Manganknollen selbst abgeräumt, die ein wichtiger Lebensraum sind.
      Ohne Knollen kein Festsubstrat und keine Biodiversität
      https://www.spektrum.de/news/welche-oekologischen-folgen-hat-der-tiefseebergbau/2161158

      Außerdem kompaktieren die Roboter den eigentlich lockeren Tiefseeboden, der meterdickes feines Sediment als Übergang zwischen Grund und Ozean ist. Er steckt voller Myriaden von Mikroorgansimen, die die CO2-Binden des Tiefseebodens ausmachen.
      https://www.mpg.de/15508979/1009-mbio-128775-simulierter-tiefseebergbau-stoert-das-nahrungsnetz-am-meeresboden-langfristig

      Die Tiefsee ist ein seit Jahrtausenden ungestörter Bereich, kalt, dunkel und nahrungsarm funktioniert dort alles extrem langsam (Fortpflanzung und Wachstum), dafür werden die Tiere extrem alt, Jahrhunderte, Jahrtausende alt.
      Das bedeutet, der Lebensraum erholt sich, anders als die meisten Landlebensräume auch extrem langsam.
      Ihre gezielte Renaturierung ist ausgeschlossen (wie etwa Tagebaue an Land).

      Diese Fakten führen dazu, dass Tiefseebergbau ein größeres Ökosystem ziemlich stark für vermutlich Jahrhunderte oder länger verwüsten wird.
      Die tonnenschweren Roboter werden das gefangene CO2 aus dem Boden lösen. Ich möchte gar nicht wissen, was das in der Wassersäule anrichtet, etwa die kohlensäure-basierte Auflösung von Coccolithophoriden u a kalkigen Mikroorgansimen nahe der Oberfläche.
      Die Rückgänge der Fischereierträge würden wieder Migrationsbewegungen ärmerer Menschen, die ihre Lebensgrundlage verloren haben, auslösen.

      Aus all diesen Erwägungen heraus, komme ich zu dem Schuß, dass der Benefit des Tiefseebergbaus für Klimaschutz und Dekarbonisierung vermutlich geringer ausfallen dürfte, als die langfristige Klimaschutzfunktion des Ozeanbodens und des Ozeans.
      Zumal es bereits Alternativen gibt.
      – Ersatz von Mangan, Lithium & Canderer kritischer Elemente/Stoffe durch problemlos verfügbare Elemente (Darum nannte ich die Batterien auf Natriumbasis, die in China längst serienreif sind)
      – Reduzierung der eingesetzten Mengen kritischer Elemente
      – Förderung kritischer Elemente durch bessere Ausbeutung alter und Suche neuer Minen an Land oder durch andere Quellen, laut Auskunft der BGR.
      https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Nachrichten/Aktuelles/2023/2023-09-25_bgr-testet-erstmals-lithiumgewinnung-aus-tiefenwaessern-in-norddeutschland.html
      https://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DE/Gemeinsames/Oeffentlichkeitsarbeit/Pressemitteilungen/BGR/bgr-2021-10-26_lithium-potenziale-deutschland.html
      In alten Minensystemen sind ohnehin keine alten Ökosysteme mehr. Neue Minen könnten ggf renaturiert werden, um wieder Biodiversität zu entwickeln und CO2 zu binden.

      Das hatte ich in diesem aktuellen Beitrag nicht alles offengelegt, vieles davon steht auf dem alten Meertext-Blog.
      Meine Schlußfolgerung ist:
      Wir wüssen bei jeder Maßnahme zur Dekarboniserung sorgfältig Kosten und Nutzen abwägen.
      In ganz vielen Fällen müssen wir statt “Entweder oder” endlich zu “Sowohl als auch”-Lösungen kommen.
      D h hier: Alle drei genannten Alternativen zur Förderung von Li & Co UND der Ersatz können die besseren Lösungen statt des Tiefseebergbaus sein.
      Wie viele andere ist dieses Thema halt sehr komplex, sorry für die lange Antwort.
      Viele Indsutrieunternehmen und ihre Lobby-Gruppen versuchen mit “Entweder oder” Entscheidungen mit Druck herbeizuführen und politische ENtscheidungen zu ihren Gunsten zu erzwingen.
      Dass kompexe Probleme meist mit einem Bündel kleinerer Löungen am besten gelöst werden, geht dadurch unter.
      Genauso wie die Forderung nach Technologieoffenheit oft gezeilt eingesetzt wird, jetzt vorhandene Lösungen umzusetzen.

      Als Biologin möchte ich auch, dass endlich alles zum Klimaschutz getan wird.
      (Mein Mann ist Ingenieur, wir diskutieren oft über die unterschiedlichen Perspektiven. So bin ich z B trotz meiner eigentlichen Ablehnung der Atomkraft mittlerweile der Meinung, dass AKWs für mehr Klimaschutz notwendig wären, um Kohlekraftwerke, u a CO2-Schleudern schneller abschalten zu können. Dass Holzheizungen als klimaschonend gelten, verursacht bei mir Schreikrämpfe – wir brauchen funktionierende Wälder für Klimaschutz, keine Baumplantagen zum Verheizen).

  4. Sorry für die Schreibfehler in meinem Beitrag vorher. Ich hätte es nicht neben einer anderen Arbeit her schreiben sollen.

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