Pornografie – so schlecht wie ihr Ruf? Teil 2

In Teil 1 dieses Artikel-Duos zum Thema Pornografie ging es neben der grundsätzlichen Begriffsklärung vor allem um die beiden Fragen, wer eigentlich genau Pornos schaut und wie sich der Konsum auf Jugendliche auswirkt. Hier soll es heute vor allem um Auswirkungen des Pornokonsums auf Erwachsene sowie auf romantische Partnerschaften gehen. Außerdem unternehmen wir zusätzlich noch einen kurzen Ausflug in die Geschichte der Pornografie und betrachten die Rolle der Pornografie im Feminismus.
 
Nahaufnahme der Körpermitte eines heterosexuellen Paares in Unterwäsche
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Geschichte der Pornografie

Anfang des 18. Jahrhunderts gruben Archäologen am Fuße des Vesuvs die 79 n. Chr. nach einem Ausbruch verschüttete antike römische Stadt Pompeji aus. Dabei entdeckten sie auch immer wieder gut erhaltene sexuell explizite Darstellungen auf Öllampen, sexuell eindeutige Wandgemälde in Privathäusern und auch an und in öffentlichen Gebäuden sogenannte Graffiti mit sexuellem Inhalt, die auch belegen, dass es schon in der Antike Bordelle gab und Prostitution unter allen Geschlechtern üblich war (Seewald, 2019). Laut dem Kulturanthropologen und Sexualforscher Jakob Pastötter wurden diese Darstellungen in Privathäusern jedoch nicht zur Masturbation genutzt, sondern dienten vor allem der Zurschaustellung von Reichtum und Luxus und vielleicht noch dessen, was als gute und erfüllende Sexualität angesehen wurde (Quarks & Casper, 2017a). Das antike Rom schien also in Sachen Sexualität recht freizügig gewesen zu sein. Die Funde erschreckten die Archäologen jedoch so sehr – schließlich schrieben wir das 18. Jahrhundert und damit eine sexuell repressive Zeit, in der die Angst vorherrschte, dass man dem Volk solche Darstellungen nicht zeigen habe können, weil es dann seine Lust und Triebe nicht mehr im Zaum hätte halten können – dass sie die Darstellungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Geheimen Kabinett des Archäologischen Nationalmuseums in Neapel lagerten. Erst 2000 wurde die Sammlung öffentlich zugänglich gemacht (F. Stark, 2015).

Zur Etymologie des Porno-Begriffes

Und so hängt dann auch die Etymologie des Begriffes Pornografie eng mit den Ausgrabungen von Pompeji zusammen: Der Altphilologe und Mitbegründer der Klas- sischen Archäologie Karl Otfried Müller (∗1797, †1840) hatte Zugriff auf die Funde in Pompeji und war auf der Suche nach einer passenden Bezeichnung dazu. Pornografie ist dabei ein Kunstwort, das sich aus dem Altgriechischen Wort für Dirne (pórn ̄e, alt- griechich: πόρνη) und dem für schreiben, malen oder zeichnen (gráphein, altgriechisch: γράφειν) zusammensetzt. Erstmals mit Definition abgedruckt findet es sich in Müllers (1830) zunächst auf Deutsch und 1850 auf Englisch erschienenem Werk Handbuch der Archäologie der Kunst und wurde mit folgender Definition 1864 schließlich auch in Webster’s Dictionary (Oxford English Dictionary, 1989) aufgenommen (hier in deutscher Übersetzung wiedergegeben):
 
„Pornographie: Freizügiges Gemälde zur Ausschmückung der Wände in Räumen, die bacchanalischen Orgien gewidmet sind. Beispiele sind in Pompeji vorhanden.“
 
Zugleich findet sich einzig im Gastmahl der Gelehrten von Athenaios ein Beleg für die Verwendung eines ähnlichen Begriffs. Hier wird vom pornográphos (altgriechisch: πορ- νογράφος) als Biograph oder Maler einer bekannten Hetäre (hetairai, altgriechisch: ἑταῖρα) gesprochen. Im Gegensatz zu Huren waren Hetären im Altertum sozial anerkannte sexuelle Gespielinnen, die neben sexuellen Dienstleistungen auch in Tanz und Gesang ausgebildet waren.

Ruf der Pornografie im Feminismus

Im Feminismus lassen sich zwei fast schon diametral auseinander stehende Positionen zur Pornografie identifizieren.

Alice Schwarzer und PorNO

Alice Schwarzer (∗1942 in Wuppertal) gilt als eine der bekanntesten europäischen Vertreterinnen, vor allem der zweiten Welle des Feminismus. 1987 erschien im EMMA-Verlag eine deutsche Übersetzung des in den USA bereits unter dem Titel „Pornography: Men possessing women.“ erschienenen Werkes der US-amerikanischen Radikalfeministin Andrea Dworkin. Eine der Kernthesen im Buch lautet, Pornografie sei die Theorie und Vergewaltigung die Praxis. In ihrem Vorwort betont Schwarzer, Pornografie sei durchweg frauenfeindlich und es ginge vor allem um Herrschaft, Macht und Dominanz, nicht um Sex:
 
„Pornographie ist die moderne Propaganda von der Minderwertigkeit der weiblichen Menschen.“ (Schwarzer, 1987, S. 9f.)
 
Die Zunahme von pornografischem Material sei die direkte Antwort des Patriarchats auf die Frauenbewegung und alles, was sie bis dahin erreicht habe (Schwarzer, 1987). Sie bemängelt eine durchgehende „[…] Pornographisierung der gesamten Sexualität und des ganzen Alltags […]“. Schon 1978 hatte Schwarzer im Verbund mit neun anderen Feministinnen mit ihrer Sexismus-Klage gegen die Zeitschrift Stern Aufsehen erregt, die damit erfolglos die ihrer Meinung nach sexistischen Darstellungen von Frauen als bloßem Sexualobjekt auf den Titeln des Blattes Einhalt gebieten wollten (Schymura, 2013).
 
Pornographie: Männer beherrschen Frauen (Dworkin, 1987) legte sodann den theoretischen Unterbau für die ebenfalls 1987 von Schwarzer gestartete PorNO-Kampagne, deren erklärtes Ziel ein neues Anti-Porno-Gesetz mit der Endkonsequenz eines ganzheitlichen Pornografieverbots war. Als Inspiration für das Gesetz diente der Entwurf eines Bürgerrechtsgesetzes gegen Pornografie von Andrea Dworkin und Catharine A. MacKinnon (Dworkin-MacKinnon Antipornography Civil Rights Ordinance, 1988). Die dem deutschen Gesetzesentwurf (EMMA, 1987) zugrundeliegende Definition wollte Pornografie als Verstoß gegen die Menschenwürde verstanden wissen. Es kam zwar zu einer Anhörung in Bonn, mehr (gesetzgeberische) Erfolge hatte die Kampagne jedoch nicht. 2007 resümiert Schwarzer in einem Dossier selbst die (Miss-)Erfolge der Kampagne über die Jahrzehnte – 1998 hatte sie es erneut mit einem Relaunch versucht – und hält darin weiter an der prinzipiellen Verdammung von Pornografie fest.

Moderne Strömungen der PorYES-Bewegung

Schon in den 1980er Jahren bildete sich als Gegenbewegung zum Dworkin/Schwarzerschen Schwarz-Weiß der Täter-Opfer-Sicht auf Pornografie in den USA der sexpositive Feminismus heraus, dessen Perspektive auf Pornografie eine im Gegensatz dazu sehr entspannte ist: Pornografie wird von Vertreter·innen als „erotische Gebrauchskunst“ (S. 131) für jede Person verstanden (Schmidt, 2014). Die Juristin Nadine Strossen argumentierte bereits 1995 überzeugend, warum das von den „MacDworkinites“ geforderte Verbot von Pornografie nicht zu einer Reduktion von Unterdrückung von und Gewalt gegen Frauen beitragen würde. Diese sexpositive Bewegung fasste in Deutschland erst etwas später Fuß, hat sich aber inzwischen etabliert. So wird etwa seit 2009 in Berlin zweijährlich der feministische Pornofilmpreis PorYES Award verliehen, der Filmemacher·innen für herausragende sexpositive Pornofilme ehrt, die Sexualität in all ihrer Vielfalt darstellen und besonderen Wert auf Gleichberechtigung und faire Bezahlung sowie die Beteiligung von Frauen im gesamten Entstehungsprozess legen.
 
Die Auslobenden wollen damit explizit einen „Kontrapunkt zur sexistischen Mainstream-Pornografie“ (PorYes, 2019a) setzen und positionieren sich in ihren FAQ’s entsprechend auch nicht gegen die PorNO-Bewegung, sondern solidarisieren sich mit ihr. Als Antwort auf die Frage, ob PorYES die Antwort auf PorNO ist, heißt es dort: 
 
„Nein, wir unterstützen die PorNo-Kampagnen von Alice Schwarzer, richten uns gemeinsam gegen Diskriminierungen, sexistische und rassistische Darstellungen und die Pornografisierung im Alltag. Wir ziehen allerdings andere Schlüsse: wir wollen einvernehmliche Sexualität von Erwachsenen positiv dargestellt sehen und künstlerische sexuelle Ausdrucksweisen honorieren. Wir wollen alle Personen jeglichen Alters, Geschlechtes, Herkunft, Identität in der Entfaltung ihrer Sexualität unterstützen.“ (PorYes, 2019b)
 
Künstlerische Abbildung eines Paares in sexueller Ekstase
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Auswirkungen von Pornografiekonsum

Inzwischen gibt es so viel publizierte Forschung zu den Auswirkungen von Pornografiekonsum, dass sehr viele peer-reviewed Literaturreviews, sowohl narrativ-qualitativ als auch quantitativ in Form von Meta-Analysen, zur Verfügung stehen. Wenn auch beide Formen der Zusammenfassung von Einzelstudien nicht frei von Kritik sind, so sind diese Überblicksarten dennoch verlässlicher als empirische Einzelarbeiten. Schauen wir uns die wichtigsten Erkenntnisse also einmal an.

Physiologische Auswirkungen

In ihrer Meta-Analyse betrachteten Allen et al. (2008) den Zusammenhang zwischen selbst-berichteter oder mit objektiven Daten erhobener sexueller Erregung nach dem Konsum von pornografischem Material und psychologischen Reaktionen auf das Material. Besonderes Augenmerk lag hier auf dem Geschlecht der Versuchspersonen. Insgesamt und über alle Studien hinweg (k = 33 Studien gingen in die Analyse ein) zeigte sich unabhängig vom Geschlecht ein schwacher positiver Zusammenhang zwischen physiologischer Erregung und positiven Emotionen nach dem Konsum sexuell expliziten Materials (r = .212, N = 2.552). Der Zusammenhang zu positiver Emotionalität als Reaktion war stärker, wenn sexuelle Erregung objektiv statt subjektiv im Selbstbericht gemessen wurde (r = .195 vs. r = .289), wenn der Unterschied auch knapp nicht statistisch signifikant war (p = .052). Männer wurden insgesamt physiologisch stärker durch sexuell explizites Material erregt als Frauen. Außerdem zeigte sich für Männer folgendes: Je erregender sexuell explizites Material für Männer ist, desto positiver sind auch ihre psychologischen, emotionalen Reaktionen darauf. Zudem berichteten weibliche Proband·innen stärkere negative Emotionen als Reaktion auf sexuelle Stimuli als Männer – Frauen reagieren also emotional weniger positiv auf die durch pornografisches Material induzierte körperliche Erregung. Erklären lässt sich das teilweise mit der von Mosher (z.B. 1973) postulierten sex guilt response, da es sich gesellschaftlich ja nicht gehöre, als Frau sexuell explizites Material zu betrachten, geschweige denn zu genießen. Analog lässt sich hier mit Geschlechterrollen und unterschiedlichen (verinnerlichten) Erwartungen an die Geschlechter im Kontext von Sexualität argumentieren (z.B., Eagly & Wood, 1999).

Aggression

Einen schönen Überblick über konfligierende Ansichten zu Pornografie bzw. ihrem Zusammenhang mit Aggression liefern Malamuth, Addison und Koss (2000). Sie unterscheiden folgende, einander teilweise widersprechende, drei Ansichten zu dem Thema: 
  1. Pornografie ist nichts als eine Form Sexueller Kommunikation.
  2. Pornografie trägt zu einer gesteigerten Aggressivität gegen Frauen bei. Hier wird in Pornografie-Konsum eine Ursache für aggressives Verhalten gegen Frauen gesehen. 
  3. Die interindividuell variierende Eigenschaft Aggressivität verursacht das Interesse an Pornografie. Vertreter·innen dieser Ansicht postulieren, im Gegensatz zu Position (2), dass Aggression als Eigenschaft für das Interesse an und den Konsum von Pornografie ursächlich sei.
Es bleibt zu bemerken, dass die drei Positionen nicht unvereinbar sind, sondern zu einem gewissen Teil alle zutreffen können, was auch die Analysen von Malamuth und Kolleginnen zu implizieren scheinen.
 
Nachfolgend sollen die wichtigsten meta-analytischen Befunde zum Zusammenhang zwischen Aggression und Pornokonsum zusammenfassend dargestellt werden.
 
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Akzeptanz von Vergewaltigungsmythen

Allen, Emmers, Gebhardt und Giery (1995) untersuchten meta-analytisch, inwieweit der Konsum von Pornofilmen die Akzeptanz von Vergewaltigungsmythen fördert. Theoretisch argumentierten die Autor·innen zweischneidig: Die Kernidee der Social Learning Theory ist, dass wir unter anderem über die von uns konsumierten Massenmedien lernen, welche Formen von Verhalten (un)angemessen sind (Check & Malamuth, 1985). Aggressionsansätze hingegen besagen, dass nicht der sexuelle Inhalt in Material per se für negative Effekte von Pornografie verantwortlich sei, sondern aggressive, gewaltvolle Elemente in dem pornografischen Material (Allen, Emmers et al., 1995). Üblicherweise wird die Akzeptanz von Vergewaltigungsmythen mit der Rape Myth Acceptance Scale oder einem vergleichbaren Instrument abgefragt. Dabei werden den Proband·innen eine Reihe von Aussagen vorgelegt, die empirisch widerlegt, also objektiv falsch, sind. Zu jeder Aussage wird die individuelle Zustimmung abgefragt. Eine Beispielaussage lautet: „When women go around braless or wearing short skirts and tight tops, they are just asking for trouble [Deutsche Übersetzung: Wenn Frauen ohne BH oder mit kurze Röcken und engen Tops draußen herumlaufen, kann das ja nicht gut gehen.]“. Experimentelle und nicht-experimentelle Studien gingen in die Analyse ein: Es resultierte ein k von 24 Studien mit insgesamt 4.268 Proband·innen. Während der Zusammenhang zwischen selbstberichtetem Pornokonsum und der Akzeptanz von Vergewaltigungsmythen in den korrelativen Studien praktisch nicht vorhanden war (k = 6, N = 1.465, r = .018, Signifikanzniveaus werden nicht berichtet), lag der Zusammenhang bei den experimentellen Studien bei einem kleinen Effekt von r = .146 (N = 2.248). In den experimentellen Untersuchungen wurde zudem zwischen dem Konsum von Kontrollfilmen ohne pornografische Inhalte, nicht-gewaltvollen Pornos und Pornofilmen mit gewaltvollem Inhalt unterschieden, bevor die Akzeptanz von Vergewaltigungsmythen abgefragt wurde. Der Effekt der größeren Akzeptanz der Mythen nach dem Konsum von Pornofilmen im Vergleich zu Kontrollfilmen zeigte sich in beiden Gruppen von Pornofilmen, wenn der Effekt bei gewaltvollten Inhalten auch größer war. Hier ist die Befundlage also eher uneindeutig, gefundenen Effekte schwach.

Tatsächliche Aggression

In einer weiteren Meta-Analyse von 1995 untersuchten Allen, D’Alessio und Brezgel den Zusammenhang zwischen Pornografie und tatsächlichem aggressiven Verhalten. Als weitere theoretische Grundlage wurde hier die Excitation Transfer Theory herangezogen, die vorhersagt, dass
 
„the observed effects of aggressive communication are not so much the consequences of exposure to aggressive stimuli per se as they are the result of the excitatory potential associated with these communications [Deutsche Übersetzung: die beobachteten Effekte aggressiver Kommunikation sind nicht so sehr die Folgen der Exposition gegenüber aggressiven Reizen an sich, sondern vielmehr das Ergebnis des mit dieser Kommunikation verbundenen Erregungspotenzials.“ (S. 286, Zillmann, Hoyt & Day, 1974).
 
Datenanalytische Grundlage bildeten experimentelle Arbeiten, in denen nach Präsentation eines pornografischen (oder neutralen Kontroll-)Stimulus – auch der Effekt der Art des pornografischen Materials wurde quantifiziert – gemessen wurde, inwieweit die Proband·innen im Anschluss willens waren, eine andere Person physisch, materiell oder psychisch zu verletzen. Nacktheit allein reduzierte nachfolgendes aggressives Verhalten (r = −.137, k = 9, N = 403), während nicht-gewaltvolle (r = .171, k = 24, N = 1.229) und gewaltvolle pornografische Inhalte (r = .216, k = 7, N = 353) das Level an nachfolgendem aggressiven Verhalten erhöhten. Der Unterschied zwischen den letzten beiden Bedingungen war, im Gegensatz zu den Befunden von Allen, Emmers et al. (1995), nicht signifikant. Die Befunde zu tatsächlicher Aggression im Zusammenhang mit Pornokonsum sind zwar konsistenter, aber auch durchgehend schwach. Es bleibt jedoch fraglich, ob und inwieweit Befunde experimenteller Studien zu tatsächlicher Aggression nach Pornokonsum auf das echte Leben übertragbar sind.

Tatsächliche Akte sexueller Aggression

Eine recht aktuelle Meta-Analyse von Wright, Tokunaga und Kraus (2016) untersuchte die bedeutendste Frage im Kontext von Pornografie und Aggression: Inwieweit hängt Pornokonsum mit tatsächlichen Akten sexueller Aggression zusammen? 22 Studien mit insgesamt N = 20.820 (davon 13.234 männlich, 7.586 weiblich) Teilnehmenden gingen in die Studie ein. Der mittlere Effekt zwischen Pornokonsum und sexueller Aggression lag bei r = .28, was etwa einem mittleren Effekt entspricht (p < .001) und war unabhängig von Geschlecht, Alter, Nationalität, Publikationsjahr, Natur der Daten (quer- oder längsschnittlich) und Publikationsstatus des Manuskripts (publiziert oder unpubliziert). Es zeigte sich jedoch ein höherer Zusammenhang zwischen Akten verbaler als körperlicher (r = .30 vs. r = .20) sexueller Aggression und eine Tendenz für einen höheren Zusammenhang, wenn die Art der konsumierten Pornografie eher gewalttätig war (r = .37 vs. r = .26).

Zwischenfazit

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Auf den ersten Blick klingen die Befunde, auch wenn sie überwiegend schwach sind, nicht so rosig. Insbesondere die Befunde zu tatsächlichen Akten sexueller Aggression geben Anlass zum Nachdenken. Was allerdings auch mitgedacht werden sollte: Die Trias von Sex – Porno – Gewalt wird gerade von Pornografie-Gegner·innen häufig aufgemacht (Quarks & Caspers, 2017b). Wenn der Konsum von Pornografie wirklich zu mehr sexueller Gewalt gegen Frauen führt, sollte sich das auch in offiziellen Kriminalitätsstatistiken niederschlagen. Tatsächlich waren aber die Raten sexuell motivierter Straftaten in Deutschland und international auch mit immer stärker zunehmender Verfügbarkeit von Pornografie in den letzten Jahrzehnten rückläufig oder mindestens stabil (Diamond, 2009; Kutchinsky, 1991). Das ist natürlich nur ein indirekter Test der Hypothese. Außerdem lässt sich damit auch die Frage nicht beantworten, ob die Zahlen noch stärker rückläufig wären, wenn Pornografie weniger verfügbar wäre. Wenn wir in Deutschland etwas genauer hinsehen, zeigt sich nach gleichbleibendem Niveau von 2009 bis 2016 in den letzten drei Jahren jedoch wieder eine Zunahme von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (Bundeskriminalamt, 2020). Dieser Anstieg lässt sich jedoch statt mit einer höheren Verfügbarkeit von Online-Pornografie besser mit der Reform des Sexualstrafrechts Ende 2016 erklären. Seit 10. November 2016 gilt im verschärften §177 StGB (Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung) der Grundsatz „Nein heißt Nein.“. Damit ist für die Strafbarkeit eines Übergriffs nicht mehr Bedingung, dass Gewalt angedroht oder ausgeübt wurde, sondern dass dieser vom Opfer nicht gewollt wurde (Bundesrecht, 2016).

Suchtpotential

Das 10. Manual der International Classification of Diseases wurde seit 2007 unter Mitarbeit von insgesamt 96 Mitgliedsstaaten überarbeitet und die 11. Version im Mai 2019 verabschiedet. Seit 01. Januar 2022 ist sie in Kraft und enthält unter dem Diagnoseschlüssel 6C72 nun auch Zwanghafte sexuelle Verhaltensstörungen die zur Familie der Impulskontrollstörungen gehören. Differentialdiagnostisch sind Paraphilien auszuschließen. Die Definition laut ICD-11:
 
„Die Störung mit zwanghaften Sexualverhaltens ist durch ein anhaltendes Muster des Unvermögens gekennzeichnet, intensive, sich wiederholende sexuelle Impulse oder Triebe zu kontrollieren, was zu wiederholtem Sexualverhalten führt. Zu den Symptomen gehören u. a., dass wiederholte sexuelle Aktivitäten so sehr in den Mittelpunkt des Lebens der Person rücken, dass Gesundheit und Körperpflege oder andere Interessen, Aktivitäten und Verantwortlichkeiten vernachlässigt werden, dass zahlreiche erfolglose Bemühungen unternommen werden, um das wiederholte Sexualverhalten deutlich zu reduzieren, und dass das wiederholte Sexualverhalten trotz nachteiliger Folgen fortgesetzt wird oder wenig oder keine Befriedigung findet. Das Muster des Unvermögens, intensive sexuelle Impulse oder Triebe und das daraus resultierende repetitive Sexualverhalten zu kontrollieren, zeigt sich über einen längeren Zeitraum (z. B. sechs Monate oder länger) und verursacht ausgeprägten Leidensdruck oder erhebliche Beeinträchtigungen in persönlichen, familiären, sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen. Ein Leidensdruck, der ausschließlich mit moralischen Urteilen und der Missbilligung sexueller Impulse, Triebe oder Verhaltensweisen zusammenhängt, reicht nicht aus, um diese Anforderung zu erfüllen.“ (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2023)

Porno als supernormaler Stimulus?

Auch Pornosucht lässt sich unter diese Diagnose stellen – wichtig ist hier das Bestehen der Symptomatik von mindestens 6 Monaten, individueller Leidensdruck, Kontrollverlust und deutliche Beeinträchtigungen im familiären oder beruflichen Alltag. Im schlimmsten Fall kann das eine Depression zur Folge haben. Die Sucht nach Pornografie lasse sich aber sehr gut mit einer Verhaltenstherapie behandeln (R. Stark & Wehrum-Osinsky, 2016). Das Pornos süchtig machen können, implizieren auch bildgebende Studien, die zeigen, dass das Ansehen von Pornos unabhängig vom Geschlecht das dopaminerge Belohnungssystem aktiviert (z.B. R. Stark et al., 2019). Es wird außerdem argumentiert, dass Mainstream-Pornografie, wenn man sie als supernormalen Stimulus (Tinbergen, 1951; auf Deutsch auch als übernormaler Schlüsselreiz bezeichnet) auffasst, auch im Erwachsenenalter neuroplastische Effekte haben kann, was ihr Suchtpotential sogar noch verstärkt (Hilton, 2013). Tinbergen hatte ursprünglich gezeigt, dass man beispielsweise Vögel und Schmetterlinge dazu verführen kann, künstliche Eier oder künstliche Sexualpartner·innen den echten vorzuziehen die so designt waren, dass sie attraktiver schienen als das Original.

Eine hohe Nutzungsfrequenz allein macht noch keine Pornosucht

Eine aktuelle Studie zeigt auch, dass die Nutzungsfrequenz von Pornografie allein noch nicht viel darüber aussagt, ob es sich um problematische Pornografienutzung handelt oder nicht (Bőthe, Tóth-Király, Potenza, Orosz & Demetrovics, 2020). Konsistent über drei querschnittliche anonyme Fragebogenstudien hinweg fanden die Autor·innen mittels Latenter Profilanalyse drei Gruppen: Unproblematische Niedrigfrequenz-Nutzer·innen (68–73%), unproblematische Hochfrequenz-Nutzer·innen (19–29%) sowie problematische Hochfrequenz-Nutzer·innen (3–8%). Nur die letzte Gruppe zeigte Probleme in den Bereichen Hypersexualität, depressive Symptome, Selbstwert und unangenehme Gefühle im Hinblick auf Pornografie. Eine aktuelle Studie von Baranowski, Vogl und Stark (2019) aus Deutschland mit 485 ausschließlich weiblichen Teilnehmerinnen berichtet, dass etwa 3% der Frauen im Sample eine problematische Pornografienutzung aufwiesen.

Welche Rolle spielt moralische Inkongruenz?

Grubbs, Perry, Wilt und Reid (2019a) formulierten ein Modell, in dem sie subjektive pornografie-bezogene Probleme der Proband·innen – insbesondere das Gefühl pornosüchtig zu sein – vor allem auf moralische Inkongruenz zurückführten. Moralische Inkongruenz ist dabei die Abweichung zwischen dem eigenen Verhalten von den eigenen Überzeugungen (wir erinnern uns an die sex guilt response) die vor allem bei starker Religiosität besonders hoch ist, so dass der moralischen Inkongruenz hier eine Mittlerrolle zukommt. Sowohl ein narratives Review (Grubbs & Perry, 2019) als auch eine Meta-Analyse (Grubbs et al., 2019a; Grubbs, Perry, Wilt & Reid, 2019b) liefern vorläufige Evidenz für diese Theorie.

Auswirkungen auf romantische Partnerschaften

Auch die Frage, ob und wenn ja, wie sich individueller und/ oder dyadischer Pornokonsum auf romantische Partnerschaften auswirkt, wurde von Forschenden bereits gestellt. Es existieren nur drei narrative Literaturreviews, die erstaunlicherweise zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen. Rasmussen (2016) analysierte Studien seit den 1960ern und schließt, dass individueller Pornokonsum partnerschaftliche Zufriedenheit und das Commitment zur Beziehung durch Kontrasteffekte resp. erhöhte Attraktivität von Alternativen ggf. mit sexueller Untreue als Folge reduzieren kann. Einzige potentielle positive Folge, die er anhand der von ihm gesichteten Literatur Partnerschaften zugesteht, ist mehr sexuelle Abwechslung durch Inspiration. Ein narratives Literaturreview von Newstrom und Harris (2016) hingegen kommt zu dem Schluss, dass sich sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf romantische Partnerschaften identifizieren lassen, wobei die Richtung des Ausschlags vor allem davon abzuhängen scheint, inwieweit das Paar über eine gesunde Kommunikationskultur verfügt. Insgesamt analysierten die Autoren dafür 26 empirische Studien zwischen den Jahren 2000 und 2016. Tendenziell scheinen aber auch hier negative Effekte zu überwiegen. So scheint es beispielsweise negativ mit Selbstwert, subjektiv wahrgenommener Beziehungsqualität und sexueller Zufriedenheit von Frauen zusammenzuhängen, wenn sie ihre männlichen Partner beim Pornokonsum „ertappen“ bzw. wenn ihre Partner allein Pornos konsumieren (z.B. Stewart & Szymanski, 2012). Vorsicht allerdings bei einer kausalen Interpretation: Nur zwei der insgesamt 26 betrachteten Arbeiten basierten auf längsschnittlichen Daten. 
 
SW Foto der Körpermitte eines eng umschlungenen heterosexuellen Paares
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Bekannte Schwächen der Forschungsarbeiten zum Thema

Mehrere Arbeiten stellen in diesem Kontext entsprechend besonders die methodischen und theoretischen Schwächen der Forschung zu potentiellen Auswirkungen von Pornografie auf Partnerschaften heraus (Campbell & Kohut, 2017; Kohut et al., 2020): 
  1. Forschung hat sich in der Vergangenheit stark auf die potentiell schädlichen Folgen von Pornografie konzentriert, 
  2. die zugrundeliegenden Pornografie-Definitionen variieren stark, 
  3. es gibt nur wenige Studien mit längsschnittlichen bzw. 
  4. dyadischen Designs, 
  5. der Fokus liegt häufiger auf Individuen und schließlich
  6. mangelt es häufig an einem überzeugenden theoretischen Hintergrund. 
  7. Ich möchte noch ergänzen, dass dieser Bereich der Forschung sich nahezu ausschließlich auf heterosexuelle Partnerschaften mit cis-geschlechtlichen Personen konzentriert.
Einziges quantitativ-empirisches Review zu diesem Bereich ist eine Meta-Analyse von Wright, Tokunaga, Kraus und Klann (2017). 50 Studien mit insgesamt 37 extrahierten Effektstärken gingen ein, was in einer Gesamtstichprobengröße von N = 46.524 Personen resultierte. Über alle Studien hinweg fand sich ein signifikanter negativer Zusammenhang zwischen Pornokonsum und Beziehungszufriedenheit (r = −.09, p < .001) sowie sexueller Zufriedenheit (r = −.11, p < .001). Da beide Korrelationen nicht signifikant verschieden voneinander waren (p = .32), wurden die Zufriedenheitswerte anschließend zu einem interpersonalen Zufriedenheitswert zusammengefasst. Dieser negative Effekt ist jedoch interessanterweise ausschließlich durch die Männer in der Stichprobe zu erklären (r = −.13, p < .001), bei den Frauen ist der Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Pornokonsum praktisch nicht vorhanden (r = −.01, p < .001). Studiendesign (Längsschnitt, Querschnitt, Experiment), Publikationsjahr und Status hingegen moderierten den Zusammenhang nicht. Ob sexuell und emotional mit ihrer Beziehung unzufriedene Männer jedoch aufgrund ihrer Unzufriedenheit Pornografie konsumieren, ob der Zusammenhang umgekehrt oder vielleicht sogar wechselseitig ist, lässt sich auf Basis dieses Befundes nicht beantworten. Zudem ist der Effekt recht schwach.

Methodisch stärkere Einzelstudien

Maas, Vasilenko und Willoughby (2018) haben sich mit dyadischen Daten einer sehr großen Stichprobe von insgesamt 3.313 heterosexuellen Paaren auf die Suche nach vermittelnden Faktoren gemacht, die die scheinbar überwiegend negativen Effekte von Pornokonsum auf Beziehungszufriedenheit erklären könnten. Ohne weitere Variablen zu berücksichtigten, zeigte sich der bekannte Befund, dass Pornokonsum bei Frauen im Grunde überhaupt nicht mit deren Beziehungszufriedenheit zusammenhängt (r = −.04, p < .05), bei Männern war der Zusammenhang schwach negativ (r = −.14, p <. 01). Berücksichtigte man zusätzlich noch die individuelle Einstellung zu Pornografie wurde es nochmal spannend: Männer, die viel Pornografie konsumierten und eine positive Einstellung zu Pornografie hatten, waren zufriedener mit ihrer Partnerschaft; dagegen waren die Männer und Frauen mit höherem Konsum aber negativer Einstellung zu Pornografie unzufriedener! Dieses Ergebnis passt m.E. auch sehr gut zum von Grubbs et al. (2019a) im Kontext Pornosucht vorgeschlagenen Modell, dass die Rolle der moralischen Inkongruenz als Mittler bei problemhaften Empfindungen hervorhebt (ich schaue mir ständig Pornos an, obwohl ich die eigentlich total schlimm finde). Vielleicht ist also in erster Linie auch hier gar nicht der Konsum das Problem sondern die Sicht auf Pornografie? Auch wenn diese Studie mit großer Stichprobe und Daten von Paaren glänzen kann, liefert sie doch nur einen querschnittlichen Blick. 
 
Die Arbeit von Marie-Pier Vaillancourt-Morel und Kolleg·innen (2020) geht noch einen Schritt weiter und begleitet 217 hetero- und homosexuelle Paare über 35 Tage mit einer Tagebuchstudie. Frauen, die Pornos konsumierten hatten einen höheren Sex Drive und Partner·innen mit höherem Sex Drive sowie mehr Sex als Frauen, die im Zeitraum keine Pornos konsumierten. Männer, die Pornos konsumierten hatten eher Partner·innen mit geringerem Sex Drive. Heterosexuelle Männer mit Pornokonsum hatten zudem weniger Sex im beobachteten Zeitraum, während homosexuelle Männer mit Pornokonsum auch mehr Sex im Zeitraum berichteten. In der gesamten Stichprobe war Pornokonsum übrigens nicht mit Beziehungs(un)zufriedenheit assoziiert – was sich bislang nur für Frauen zeigte, zeigt sich hier also geschlechtsübergreifend. In dieser Arbeit scheint mir Pornokonsum also Ausdruck von nichts anderem als Horniness zu sein. Auch wenn methodisch stark und mit einem bezüglich der sexuellen Orientierung diverseren Sample als üblich, bedürfen diese Ergebnisse weiterer Überprüfung, im besten Fall einer Replikation mit einer größeren Stichprobe.

Fazit

In den vergangenen Jahrzehnten ist offensichtlich sehr viel Forschung rund um das Feld Pornigrafie betrieben wurden, nicht zuletzt vermutlich aus (übertriebener?) Besorgnis bezüglich antizipierter negativer Auswirkungen. Nun scheint die Befundlage aber dennoch nicht eindeutig in Richtung ausschließlich negativer Effekte zu weisen. Insgesamt scheint es in der Literaturzusammenschau Anzeichen für sowohl positive als auch negative Effekte von Pornografiekonsum zu geben (Short, Black, Smith, Wetterneck & Wells, 2012).
 
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Limitationen der Pornoforschung

Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Forschung noch an vielen Stellen krankt, wie an verschiedenen Stellen oben auch schon angedeutet:
  • Die Stichproben sind fast ausschließlich WEIRD, aus Staaten also die sich mit folgenden Merkmalen beschreiben lassen = westlich (western), gebildet (educated), industrialisiert (industrialized), reich (rich) und demokratisch (democratic). Zudem liegt der Fokus fast immer auf heterosexuellen cis-geschlechtlichen Stichproben mit besonderem Schwerpunkt auf männlichen Samples (zwei der wenigen Ausnahmen: Wright, Bae & Funk, 2013; Vaillancourt-Morel et al., 2020).
  • Studien unterscheiden sich massiv, was die zugrundegelegten Definitionen von Pornografie und Pornografienutzung angeht (Marshall & Miller, 2019; Short et al., 2012). Unterschiedliche Porno-Genres werden selten bis gar nicht unterschieden geschweige denn datenanalytisch berücksichtigt.
  • Analoges gilt, wenn Pornografie hinsichtlich ihrem Gewaltgehalt beurteilt wird. Ein besonders eklatantes Beispiel ist hier ein Vergleich zwischen den Befunden von McKee et al. (2008) und Bridges, Wosnitzer, Scharrer, Sun und Liberman (2010): Beide Studien analysierten den Gewaltgehalt von den 50 am häufigsten verkauften Pornofilmen in Australien respektive den USA und kommen zu massiv unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Während McKee et al. (2008; hier handelt es sich allerdings um eine Buchpublikation, die kein Peer-Review durchlaufen hat) unter den 838 analysierten Szenen lediglich 2% Gewalt finden, berichten Bridges et al. (2010) bei 88.2% der 304 analysierten Szene von physischer Aggression wie „spanking, gagging, and slapping“ sowie in 48.7% verbale Aggression. Die Täter waren in überwältigender Mehrheit männlich und die Empfänger·innen/ Opfer weiblich, die üblicherweise neutral oder mit Lust auf die Aggression reagierten.
  • Mitunter kam ich beim Lesen des einen oder anderen Artikels nicht umhin, mich zu fragen, inwieweit politische Agenden bei Fragestellung und Dateninterpretation eine Rolle spielten. Eine gewisse Scheinheiligkeit lässt sich hier vielleicht auch nicht von der Hand weisen, schließlich zeigen die Nutzerdaten eindeutig, dass die Mehrheit der Bevölkerung Pornografie konsumiert (Pornhub, 2023; Martyniuk & Dekker, 2018).
  • Auch gemeinhin akzeptierte Annahmen über Pornografie bedürfen immer wieder der rigorosen wissenschaftlichen Prüfung. So konnten Shor und Seida (2018) beispielsweise empirisch den Mythos entkräften, dass Mainstream-Pornografie über die Jahre immer härter geworden ist sowie dass das Publikum härtere Pornografie bevorzugt. Im Gegenteil, in der letzten Dekade hat der Gewaltgehalt von Pornos eher abgenommen und gewalthaltige Pornos sind auf den gängigen Online-Plattformen unbeliebter als ihre nicht-gewalttätigen Brüder und Schwestern.

Und nun?

Pornografie ist gekommen um zu bleiben bzw. die Funde aus Pompeji zeigen, dass sie schon ziemlich lange existiert. Während der gute alte heteronormative cis-geschlechtliche Mainstream-Porno (siehe auch Teil 1) ohne Frage an vielen Stellen patriarchale Strukturen und Machtkonstellationen reproduziert, ist das bei weitem nicht in jedem Porno der Fall. Pornos wird es vermutlich bis zum Ende der Menschheitsgeschichte geben, die Genres und Subgenres differenzieren sich immer weiter aus und der Porno wird damit so vielfältig, wie die menschliche Sexualität es ist. Wer weiß, vielleicht ist er es schon. Nun müssen wir es eben schaffen, uns so damit einzurichten, dass wir es gar nicht erst zu potentiellen negativen Effekten kommen lassen. Das geht im Adoleszentenalter beispielsweise mit besserer Medienregulierung und sexualpädagogischen Angeboten, die gezielt daran arbeiten, Pornografiekompetenzen zu fördern (z.B. mit Materialien von klicksafe, o. J.) und Eltern aufzuklären (siehe auch Teil 1). Die Aufnahme von sexuellen Süchten ins ICD-11 tut ihr übriges, um mit verhaltenstherapeutischen Angeboten aus dem Ruder gelaufene Konsummuster in den Griff zu bekommen.
 
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Und für uns Erwachsene heißt es: Indem wir Pornografie und ihre Inhalte kritisch rezipieren, darüber kritisch diskutieren und problematische Inhalte benennbar machen, sorgen wir dafür, dass die Pornografie ihren Weg von der unbesprechbaren Mitte der Gesellschaft in die besprechbare Mitte findet. Und dort darf sie meines Erachtens auch bleiben. Final bleibt noch zu sagen, dass mir „Die Dosis macht das Gift.“ oder „Everything in moderation.“ auch beim Pornokonsum sinnvolle Handlungsanweisungen zu sein scheinen.

Literatur

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Dr. phil. Jane Hergert erwarb ihr Diplom in Psychologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Für die Promotion ging sie ins Ruhrgebiet an die FernUniversität in Hagen an den Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie. Heute ist sie an der Universität Rostock als Postdoc, ebenfalls in der A&O-Psychologie, tätig. Entgegen der Denomination dieses Lehrstuhls interessiert sie sich in ihrer Forschung aber vor allem für das was uns Menschen zusammenhält bzw. gern auch mal auseinander treibt: Die Liebe und alles was damit im engeren und weiteren Sinne zu tun hat. In ihrer Dissertation, die von der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften der FernUniversität 2017 mit dem Dissertationspreis ausgezeichnet wurde, befasst sie sich beispielsweise mit den Ursachen sexueller Untreue.

10 Kommentare

  1. Es erfordert Mut, hier zu kommentieren. Ich befinde mich seit 15 Jahren in der selbst gewählten Mutschule. Ich konsumiere Porno, aber ganz bewusst nicht im Internet. Porno hilft mir, mein Sexleben zu regulieren. Ich bin der Sohn einer im 2. Weltkrieg damals im Alter von 13 Jahren missbrauchten Mutter. Da ich abgelehntes Kind dennoch als der kleine Psychotherapeut herhalten musste (die Kriegsgreuel, außer dem Missbrauch, den erfuhr ich erst nach dem Tod der Mutter, wurden mir im Alter von 6-7 Jahren jede Woche neu erzählt, ich konnte mich als Kind ja nicht rausnehmen), entwickelte ich ein negatives Selbstbild als Mann. Männer sind böse und schlecht und ich will der Mutter ja nicht auch noch Ärger machen. Das führte natürlich zu massiven Problemen in Partnerschaften und Suizidalität. Ich kann das jetzt als “mein Leben” akzeptieren und die vorhandenen emotionalen Möglichkeiten nutzen. Sie sind nach Lage der Dinge begrenzt. Härtere Pornos mag ich nicht, vielleicht hängt das mit dem Missbrauch meiner Mutter zusammen. Ich bin im Übrigen nicht das Ergebnis des Missbrauchs, aber der Sohn eines emotional abgelehnten Mannes. Das ganze wurde über Jahrzehnte zusammengehalten mit einer fundamentalistischen Religiosität. Diese konnte ich unter großen Schwierigkeiten ablegen. Deshalb habe ich auch keine moralischen Schwierigkeiten mit dem Konsum von für mich akzeptablen Pornos. Sie sind für mich eine Möglichkeit, mein schwieriges, aber spannendes und schönes Leben zu regulieren.

    • J.H.: “… beispielsweise mit den Ursachen sexueller Untreue.”

      Porno ist, zu sagen der Glaube ist Privatsache und sollte im stillen Kämmerlein bleiben – Die URSACHE aller bewusstseinsschwachen Probleme unseres symptomatisch-konfusen “Zusammenlebens”, ist der nun “freiheitliche” WETTBEWERB um die Deutungshoheit – denn nichts gehört dem “einzelnen/individualbewussten” Menschen allein, sogar unsere Gedanken nicht, weil diese auch immer abhängig von Geist und Gemeinschaft geprägt wachsen.

      “Sexuelle Untreue” ist …!?👋😇

  2. Wenn sie Pornos verbieten wollen ist das so wie mit dem Alkoholverbot in den zwanziger Jahren in den USA: Es wird unterm Ladentisch heimlich gehandelt. Zu DDR Zeiten -auch hier war Pornographie verboten- wurden pornographische Schriften heimlich vervielfältig und gehandelt und selbst der Staatsratsvorsitzende Erich Honecker soll angeblich in seinem Privatkino ähnliche erotische Filme gehabt haben .Diese Art der öffentlichen Diskussion scheint mir also von einer Scheinmoral und Heuchelei betroffen zu sein: Alle sind dagegen aber heimlich schaut man diese Sachen an und lebt eine “vorbildliche “Ehe in der lt. Statistik ja jeder Zweite fremdgehen soll. Fällt letzteres unter Menschenwürde oder Betrug oder ist es der Beichtstuhl in der KIrche wo man seine sexuellen Verfehlungen beichtet um sich danach frisch und unschuldig den neuen Versuchungen zu widmen.

  3. Wenn Verbote ausgesprochen werden, stimmt etwas grundsätzlich nicht – In einem KONFUSEN System des leicht korrumpierbaren “Zusammenlebens”, wo die GEBILDETE Hierarchie der Bewusstseinsbetäubung in materialistischer “Absicherung” gepflegt wird, da ist …!?👋😇

  4. Im 4. und 5. Jahrhundert wurden in Europa fast alle Bücher von Autoren, die keine Christen waren, vernichtet, meist verbrannt und gingen für immer verloren. Die Feinde des christlichen Gedankenmonopols wurden entsprechend “katalogisiert”. Siehe die Liste der von der katholischen Kirche verbotenen Bücher: Index Librorum Prohibitorum (kurz Index Romanus), sie umfasste etwa 6000 Werke von Autoren wie Pascal, Bacon, Descartes, Kant, Kopernikus, Galileo, Diderot, D’Alembert, Comte, Defoe, Balzac, Flaubert, Hugo, Heine, Zola, Maeterlinck, Sartre, Simone de Beauvoir, …, die von der Kirche als antichristlich angesehen wurden. Diese Liste wurde bis 1965 offiziell aktualisiert. Die 1954 gegründete deutsche Bundesprüfstelle (für jugendgefährdende Schriften, bis April 2021 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM), jetzt Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ)) war mit einer zeitlichen Überschneidung von fast 10 Jahren, der deutsche Nachfolger des Index Romanus, im Sinne der kirchlichen Moralvorstellungen.

    Je stärker Menschen ihre sexuellen Begierden bekämpfen, desto unerbittlicher werden ihre Moralforderungen. Die Erniedrigung, Missachtung, Beschmutzung der Sexualität ging u.a. von Zölibatären aus, die einen harten Kampf gegen ihre eigene Sexuallust führen mussten. Die harten Sexualgesetze sollten die Bürger vor Gottes Bestrafung (Sturm, Feuer, Hungersnot, Pestilenz, Erdbeben) als Folge heidnischer Schandtaten wie Homosexualität und Ehebruch bewahren. Nach wie vor triumphiert die jüdisch-christliche Reduzierung der Sexualität auf ihre Zeugungsfunktion. Bis heute bildet sie die Grundlage der westlichen Sexualmoral.

    Pornografie und Katechismus der Katholischen Kirche als Maßstab

    1973 wurde der Begriff der »unzüchtigen Schrift« durch den gleichfalls unbestimmten Begriff »Pornografie« ersetzt. Die gängige Beschreibung der Pornografie leitet sich aus dem Katechismus der Katholischen Kirche (kurz KKK) ab.

    KKK 2354 Pornographie besteht darin, tatsächliche oder vorgetäuschte geschlechtliche Akte vorsätzlich aus der Intimität der Partner herauszunehmen, um sie Dritten vorzuzeigen. Sie verletzt die Keuschheit, weil sie den ehelichen Akt, die intime Hingabe eines Gatten an den anderen, entstellt. Sie verletzt die Würde aller Beteiligten (Schauspieler, Händler, Publikum) schwer; diese werden nämlich zum Gegenstand eines primitiven Vergnügens und zur Quelle eines unerlaubten Profits. Pornographie versetzt alle Beteiligten in eine Scheinwelt. Sie ist eine schwere Verfehlung. Die Staatsgewalt hat die Herstellung und Verbreitung pornografischer Materialien zu verhindern.

    Der deutsche Gesetzgeber hat das Weltbild der Katholischen Kirche, trotz gebotener Weltanschauungsneutralität und angeblicher Trennung von Staat und Kirche mittels Bundesprüfstelle umgesetzt.

    Nicht die Dokumentation eines Blutbades, Abbildungen von Selbstverbrennungen, Folter, Exekutionen, Mord und Totschlag, schwere Unfälle, Krieg, Verstümmelte, psychisch Kranke und Verwahrloste in Wort und Bild schockieren den Neuzeitmenschen. Diese Inhalte sind Tagesgeschäft in Nachrichtensendungen, Print- und Online-Medien. Allen voran youtube. Diese Abbildungen grausamer Realität werden vervollständigt durch ein omnipräsentes Angebot von inszenierter Gewalt in Fernsehserien, Kinofilmen und Computerspielen. Gewaltabbildungen sind das täglich Brot der Medien und deren Konsumenten. Nichts ist so weltumspannend, wie die Gier nach Leid und Elend. Schon Kleinkinder werden diesem Medienterror ausgesetzt.

    Was ist die Botschaft, wenn Gewaltverherrlichung fester Bestandteil der Abendunterhaltung ist, aber die menschliche Sexualität kategorisch nicht abgebildet wird? Implizit wird hier suggeriert das explizite Abbildungen sexueller Lust negativer sind als Abbildungen exzessiver Gewalt. Gewalt wird hier als Sehenswertes glorifiziert, Sexualität als unzeigbar dämonisiert. Das ist nicht nur a-sozial sondern auch im höchsten Maße menschenverachtend.

  5. Die Sexualmoral steht nicht im leeren Raum sondern ist eingebettet in unser tägliches Kulturleben. Und die Kultur hat die Form eingenommen, die für ihre Menschen den größtmöglichen Schutz und gleichzeitig die größtmögliche Freiheit ermöglicht.
    Und bei der Sexualmoral geht es um den Schutz unverheirateter Frauen vor ungewollter Schwangerschaft. Im Mittelalter waren unverheiratete Frauen mit Kind schutzlos.

    Der Straßenverkehr braucht Regeln. Es gibt dabei Gebote und es gibt Verbote.
    Im Kulturleben wären das, “du sollst heiraten”, und “du sollst nicht Ehebrechen”.
    Die passende Verbotsregel ist dann das Verbot von Pornografie in der Öffentlichkeit.

  6. Vely well mit Quellen abgedeckt, dieser Artikel, der Schreiber dieser Zeilen will gerne ‘Pornografie’ definieren – damit gewusst wird, worüber geredet wird :


    Die Präfix ‘Por’ oder ‘Per’ meint tatsächlich die Person, diese Person ist sozusagen personell an Replikations-Erfolg gebunden, ansonsten gäbe es sie nicht, wobei für diese Durchmischung der Gene, der Lebensdatenhaltung, genau zwei Geschlechter ausreichen.
    UND die audiovisuelle Beschreibung jener Fortentwicklung.


    Was vglw. cool ist, also, wenn sozusagen Intelligenzen gemischt werden, sich nicht jeder soz. einen abrubbelt, sich “1:1” in nachfolgender Generation wiedergibt (Geht ja auch gar nicht.), sondern eben gemischt wird, natürliche Variabilität hinzugebaut wird.

    MFG – WB

    • Dr. W,
      Pornografie ist Schweinekram. Und wer schon ein Schwein ist, für den gibt es die Pornografie nicht.
      Der Staatsanwalt sieht das etwas anders. So ist das nun mal .

  7. Chickie, darf Dr. W Sie so vertrauensvoll [1] anreden ?

    Also es ist so , dazu :

    Seit 10. November 2016 gilt im verschärften §177 StGB (Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung) der Grundsatz „Nein heißt Nein.“. Damit ist für die Strafbarkeit eines Übergriffs nicht mehr Bedingung, dass Gewalt angedroht oder ausgeübt wurde, sondern dass dieser vom Opfer nicht gewollt wurde (Bundesrecht, 2016).

    Vorsicht bei derartiger Gesetzeslage mit sich anschließender Rechtssprechung!
    Dr.. W ist “ein wenig” älter und hat i.p. sexuelle Revolution, so hieß dies damals, 68er und so, Herbert Marcuse mit “Eros and Civilization”, so einiges erlebt.

    MFG – WB (cool übrigens, dass Sie sich NICHT, “Chickie”, soz. verbarrikadieren)

    [1]
    ”Chickie’ ist nicht despektierlich, Dr. W mag Ihre, die werte Inhalte-Geberin, sozusagen in ihrer Säuigkeit, no problema hier, Verständigkeit ist diesseitig festgestellt worden.
    Keine Herabsetzung war SPRACHLICH beabsichtigt,
    Dr. W ist old-school.

  8. Binuskommentar hierzu :

    Und für uns Erwachsene heißt es: Indem wir Pornografie und ihre Inhalte kritisch rezipieren, darüber kritisch diskutieren und problematische Inhalte benennbar machen, sorgen wir dafür, dass die Pornografie ihren Weg von der unbesprechbaren Mitte der Gesellschaft in die besprechbare Mitte findet. Und dort darf sie meines Erachtens auch bleiben.

    Sie, werte Frau Inhaltegeberin sind vely klug, irgendwie so scheint es in Ihrem Fachbereich ein soz. Nest kluger Frauen zu geben.
    Die auch publizieren, denk-barerweise : un-abgesprochen,.soz. grundfrei.

    Die Sexualität ist insofern “Nur” eine Veranstaltung, Nachfolgeschaft darf bereitet werden.
    Muss aber nicht,. bei der hiesigen mit dem Mund offenen Dame, so visualisiiert, würde selbst Old Webbaer womöglich aktuelle ungünstig werden.

    Dazu noch kurz :

    Nachfolgend sollen die wichtigsten meta-analytischen Befunde zum Zusammenhang zwischen Aggression und Pornokonsum zusammenfassend dargestellt werden.

    … der Mann fickt halt gerne.

    MFG – WB

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