Congratulations, Jesco von Puttkamer!
BLOG: Labyrinth des Schreibens
In diesem Blog war schon des öfteren von etwas die Rede, das nicht zufällig auch seinen Untertitel abgibt: “Die Suche nach dem roten Faden“. Zu berichten ist von einem Leben, dessen “roter Faden” mit seltener Deutlichkeit von einem zentralen Motiv gesponnen wurde: von der Raumfahrt.
Genauer: Zu berichten ist von der Realisierung einer Vision, die man ganz vortrefflich bei einer der zentralen Figuren der Labyrinthiade festmachen kann: bei Daidalos, dem ersten Flieger und Stammvater aller Ingenieure.
Jesco von Puttkamer, der ein würdiger Vertreter dieser Rasse der Daidaliden genannt werden kann, wurde 1933 in Leipzig geboren und feiert dieser Tage seinen 75. Geburtstag – allerdings nicht in seiner Geburtsstadt, sondern in Washington, wo er seit den frühen 1960-er Jahren lebt. Dorthin holte ihn Wernher von Braun, sein großes Vorbild als Raumfahrtpionier und bald auch persönlicher Mentor bei der NASA. Dort trug er maßgeblich zu den Apollo-Flügen mit der ersten Landung von Menschen auf dem Mond bei und ist heute an vorderster Stelle beteiligt an der Planung des ersten bemannten (beweibten?) Fluges zum Mars.
Abb.1: Jesco von Puttkamer 1971 im Raumanzug des SkyLab
Am 6. Dezember würdigte man ihn mit einer sehr seltenen Auszeichnung: die German-American Heritage Foundation (GAHF) ernannte ihn zum Distinguished German-American of the Year: 2008. Ich will hier nicht die ganze Geschichte dieses langen und ereignisreichen und immens erfolgreichen Lebens ausbreiten – das kann man an anderer Stelle tun, auf meiner Website in den unten in den Quellen angeführten Beiträgen. Stattdessen zitiere ich aus der Pressemeldung der GAHF:
Die Auszeichnung zum Deutsch-Amerikaner des Jahres wird in Anerkennung außergewöhnlicher Verdienste und Leistungen im Bereich der Wirtschaft, der Kunst und Kultur, der Bildung, der Wissenschaft, der Politik und der Gesellschaft an Amerikaner deutsch-sprachiger Abstammung verliehen. Dr. Jesco von Puttkamer blickt auf eine außerordentliche Karriere als Pionier und bedeutender Befürworter der bemannten Raumfahrt zurück. Er ist seit 46 Jahren leitender Mitarbeiter der U.S. Raumfahrtbehörde NASA und derzeitig als Programm Manager für die Internationale Raumstation ISS im Space Operations Mission Directorate (SOMD) im NASA Headquarters tätig.
Jesco von Puttkamer kam im Sommer 1962 auf persönliche Einladung von Dr. Wernher von Braun in die USA und arbeitete mit ihm zusammen als Mitglied des NASA Rocket Teams in Huntsville, Alabama. Stationen seiner Laufbahn waren unter anderem: Ingenieur bei dem APOLLO Lunar Landing Programm, anfänglich als Mitglied des SATURN Rocket Teams im Laboratorium für Aero-Astrodynamik, später dann am SKYLAB Space Station Programm und an den Anfängen des Space Shuttle Programms. Ab 1974 mitverantwortlich im NASA Hauptquartier in Washington im „Office of Manned Space Flight„ (OMSF) für die Konzeption, Durchführung und Kontrolle von langzeitlichen Studien zur Erforschung und Entwicklung der Raumfahrt.
Dr. von Puttkamer hat viele Auszeichnungen erhalten, u.a. für seine Mitwirkung an der SATURN V-Mondrakete und an den APOLLO- und SKYLAB-Programmen. 2004 erhielt er die NASA Medal for Exceptional Service und 2007 den NASA Honor Award für seine erfolgreichen Initiativen auf dem Gebiet der russisch-amerikanischen Zusammenarbeit in der Raumfahrt.
Er hat viel publiziert, darunter rund ein Dutzend Fachbücher über Raumfahrtthemen, und ist ein weltweit gefragter Dozent zu Themen der Raumfahrt. Dem deutschen Publikum ist er als „Mr. NASA“ vom Fernsehschirm her und als Buchautor bestens bekannt. Ende der 70er Jahre war er ausserdem als Berater an dem Paramount Film “STAR TREK-The Motion Picture” beteiligt.
Jesco von Puttkamer ist Diplomingenieur für Maschinenbau und Flugzeugtechnik der Fachhochschule Aachen, ausserdem Ehrendoktor der Philosophie der Universität von Saarbrücken und war auch für 15 Jahre Professor an der Fachhochschule Aachen (FHA). Er wurde am 22. September 1933 in Leipzig geboren und kam 1962 in die Vereinigten Staaten, wo er 1967 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Für seine Leistungen im U.S. Space Program und seine langjährigen Bemühungen um die Förderung deutsch-amerikanischer Beziehungen ist es uns eine Ehre Prof. Dr. Dipl.-Ing. Jesco Freiherr von Puttkamer die Auszeichnung des “Distinguished German-American of 2008” zu verleihen.
Abb. 2: Verleihung des Ordens für Verdienste um die NASA an Jesco von Puttkamer im Juni 2006
Abb 3: Auch Präsident George W. Bush hat 2008 gratuliert . . .
Abb. 4: . . . und der Chef der NASA, Michael D. Griffin, sowieso
Auch Jesco von Puttkamer bloggt
In seiner jüngsten Mail schreibt er mir:
“Lieber Jürgen,
[Auf der Site der NASA] kannst Du lesen, was ich u.a. jeden Tag produziere: diese Berichte gehören zu meinen Pflichten und ich schreibe sie alle selber, 365 Tage im Jahr, inkl. Wochenenden und Urlaube (dank Internet auch aus Kasachstan, wenn’s sein muß).
[. . .] Die NASA-Website selbst ist hier zu finden: NASA. Die nächste „Unter“-site ist NASA: Related Links, auf der sich sehr viele Raumfahrt-Links finden lassen, manche davon mit meiner Zuständigkeit (die mit „NEW“ gekennzeichneten).
Die täglichen Berichte sind dann bei NASA: ISS: Tägliche Berichte zu finden und die archivierten früheren sind durch Anklicken des auf dieser Seite oben rechts gezeigten Link erreichbar.”
Warum ich all dies in meinem Labyrinth-Blog mitteile?
Dass es sich bei dem hier gewürdigten Leben um ein sehr schönes Beispiel für roten Faden handelt und noch dazu um ein sehr daidalidisches habe ich schon eingangs erwähnt. Aber da gibt es noch einen sehr persönlichen Bezug: Seit wir uns um 1957 im Science Fiction Club Deutschland kennengelernt haben, wo wir dieses Hobby teilten, kreuzten sich unsere Wege immer wieder.
Abb.5: Jesco von Puttkamer, Jürgen vom Scheidt und Waldemar Kumming in den Räumen des satirischen SF-Fanzines Munich Round Up 1969 (kurz nach der ersten Mondlandung) in München
° Es war nicht nur das gemeinsame Interesse an dieser – damals noch sehr scheel betrachteten – utopischen Literaturgattung (“Schmutz und Schund”, nannte man das) und an der Raumfahrt, an der Astronomie und vielen anderen wissenschaftlichen bzw. technischen Themen,
° oder das aktive Schreiben von Zukunftsromanen (wie man das damals nannte);
° sondern es war ein humanitärer Ansatz, der in der Raumfahrt nicht nur die rein technische Seite sah (und natürlich auch die militärischen Möglichkeiten), sondern immer wieder auch die Chance für eine positive Entwicklung der Menschheit, nicht zuletzt in dem Sinne, den Eugen Sänger (ein anderer Raumfahrtpionier) geradezu beschwörerisch so umriss: Raumfahrt – Überwindung des Krieges.
Die internationalen Anstrengungen, welche zum Bau der ersten bemannten Weltraumstation ISS geführt haben (zu Beginn der 1950-er Jahre von Wernher von Braun schon sehr detailliert entworfen, wenngleich in völlig anderer Form: als radförmiger Körper) sprechen sehr für diese utpisch-technische Hoffnung und Vision.
Unsere Wege haben sich später weit auseinanderbewegt: Jesco von Puttkamer studierte die Ingenieurswissenschaften mit Schwerpunkt Raketentechnik und stieg in den USA tatkräftig in die Gestaltung der Raumfahrt ein – ich studierte Psychologie und konzentrierte mich mehr auf die Erforschung des Inneren Weltraums. Das gab naturgemäß, aufgrund unserer verschiedenen déformations professionelles immer wieder mal Anlass zu lebhaften Diskussionen bei seinen Besuchen in München oder in eMails – deren intellektuelles Feuer allerdings spätestens ein kühles Bier im Schwabinger “Seehaus” am Kleinhesseloher See wieder löschte.
Aus diesen Gesprächen entstanden zwei Interviews für das Nachtstudio des Bayrischen Rundfunks, zum Sinn der bemannten Raumfahrt und zum geplanten Mars-Flug. Bei einem davon entdeckten wir, dass wir sogar eine gemeinsame Geburtsstadt haben: Leipzig.
Apropos Feuer: Wie haben – zusammen mit vier anderen SF-Schreibern – auch einmal an einem gemeinsamen Roman gearbeitet, einer total ausgeflippten Geschichte mit dem Titel Das unlöschbare Feuer. Sie wurde sogar veröffentlicht – ein herrlicher Spaß (wenngleich wohl nur für uns Autoren). Wer allerdings Jescos wirkliche Erzählkünste mit viel sense of wonder kennenlernen möchte (die er zunächst mit Übersetzungen der Werke von A.E. van Vogt ins Deutsche schulte), der lese seinen (antiquarisch via amazon oder ABEBooks sicher noch erhältlichen) SF-Roman Die Reise des Schlafenden Gottes, eine Space opera reinsten Wassers. Später schrieb er allerdings nur noch seriöse Sachbücher zu Themen der Raumfahrt (s.u.)
Kritiker bezweifeln immer wieder den Sinn der bemannten Raumfahrt, ja sogar der Raumfahrt überhaupt. Jesco von Puttkamer, fast von Anfang an bei der NASA in vorderster Front in der Entwicklung der amerikanischen Raumfahrt, analysiert hier diese Einwände und erwidert sachkundig darauf: “Menschen im All“. Die Palette der angesprochenen Themen kulminiert im aktuellen “Mars-Projekt” – dem ersten Flug von Menschen zum erdnächsten Planeten und – neben der Entwicklung “künstlicher Intelligenz (KI)” – wohl das größte technische Abenteuer der Menschheit in der nächsten Zukunft.
Was soll ich noch lange weiterschreiben:
Nachträglich alles gute zum 75. Geburtstag, lieber Jesco, und Congratulations zu Deiner Auszeichnung durch die German-American Heritage Foundation
– und mögen sich unsere Wege noch oft kreuzen! Unseren frühen Traum als Jugendliche, den wir ebenfalls teilten, werden wir wohl beide nicht mehr verwirklichen, weil wir inzwischen zu alt sind und auch sonst noch einiges dazwischensteht: Selbst einmal in den Weltraum zu fliegen. Aber wenigstens auf dem Papier (oder in spannenden Filmen wie Star Wars und Star Trek oder der Serie Babylon 5) wollen wir das ab und zu machen.
Und vielleicht, lieber Jesco, hast Du auch wieder mal Zeit und Muse, einen Science-Fiction-Roman zu schreiben – vielleicht über das Mars-Projekt?. Bei Deinem beruflichen Hintergrund würde das sicher ein Festessen!
Die Labyrinth-Geschichte könnte man übrigens gut als den ersten Science Fiction-Geschichte der Welt bezeichen – zumindestens den Teil, der von der Konstruktion der künstlichen Flügel durch Daidalos und seiner Flucht aus dem Labyrinth durch die Lüfte mit dem Sohn Ikaros handelt – s. Labyrinthiade. Anderer Kandidat als die erste SF-Story ist das Gilgamesch-Epos (entstanden um 2600 v.Chr.)
Abb. 6: Keine “Fahrt nach oben in den Weltraum” – aber noch immer tatkräftig aktiv die Schussfahrt zu Tal: Der NASA-Man im Winter 2006
Alle Abbildungen: (C) und Courtesy Jesco von Puttkamer
Quellen
Landfinder, Thomas (Hrsg.) Welt ohne Horizont. Würzburg 1975 (Arena)
Puttkamer, Jesco von: “Zu jung für die Ewigkeit” (Novelle). (UTOPIA-Magazin, 1955) Nachgedruckt in der Anthologie Landfinder 1975 (s.o.)
ders.: Die Reise des Schlafenden Gottes <auch: Der schlafende Gott>. München 1959 (Moewig Terra Großband)
ders.: “Columbia, hier spricht Adler”. Weinheim 1969 (Verlag Chemie)
ders.: Die Reise des Schlafenden Gottes. München 1959 (Moewig Terra Großband).
ders.: Elektronengehirne, Wurmlöcher und Weltmodelle. Rastatt 1985 (Moewig)
ders.: Rückkehr zur Zukunft. Bilanz der Raumfahrt nach Challenger. Frankfurt a.M. 1989 (Umschau)
ders..: Jahrtausendprojekt Mars. München 1996 (Langen Müller)
ders.: Von Apollo zur ISS. Eine Geschichte der Raumfahrt. Aus meinem Weltraumjournal. München Aug 2001 (Herbig)
ders.: Der Mensch im Weltraum. 04862 Klitzschen Okt 2005 (Elbe-Dnjepr-Verlag) – 183 S. / ISBN-10: 3933395763 – ISBN-13: 978-3933395764
ders.: “Brunnenkresse und Raketen”
ders.: “Menschen im All”
Sänger, Eugen: “Raumfahrt – Technische Überholung des Krieges”. In: Aussenpolitik – Zeitschrift für internationale Fragen, 1958, Heft 4
Scheidt, Jürgen vom (Interview): “Raumfahrt als Über-Blick: Jesco von Puttkamer – Raumfahrtingenieur in Washington”. in: ders. (Hrsg.): Konzepte für die Zukunft. Stuttgart München Landsberg Juni 1990 (Bonn aktuell)
Upton, Munro R. (d.s.. Jesco von Puttkamer, Walter Ernsting alias Clark Darlton W.W. Shols, Walter Reinecke, Waldemar Kumming, Matthias R. Unglaub und J. vom Scheidt): Das unlöschbare Feuer. Menden 1962 (Bewin). (Entstehungsgeschichte: Making of DAS UNLÖSCHBARE FEUER / Leseprobe: DAS UNLÖSCHBARE FEUER)
135 / #536 Jvs /384 SciLogs / BloXikon: Selbsterfahrung,Science Fiction / Letzte Aktualisierung: 01. Juli 2013 / / v06
Ich gratuliere ebenfalls.
Ich versuche aber probeweise auf einige weitere bahnbrechende Leistungen von Jesco von Puttkamer im Bereiche der Science Fiction hinzuweisen:
Das Zeit-Manuskript, Die sechste Phase, und Das unsterbliche Universum.
Alle diese Geschichen weisen sehr hübsche, und sehr hübsch logische Zeitverknotungen auf.
Was den Mars anbelangt, dieser ist nicht wirklich leer:
http://members.chello.at/….bednarik/DSMABIKL.jpg
(Frage: Wer kennt die Kopierer-Firma, die diesen Spot verwendet hat?)
Ich finde den Mann auch großartig, ein echter Visionär. Erinnert mich auch immer wieder daran, wie inhaltsleer moderne Sci-Fi inzwischen geworden ist – oder kommt mir das nur so vor?
Die moderne Science Fiction
ist zu schnell, weil die NASA zu langsam ist.
Die NASA schafft jetzt nicht einmal mehr einen Flug zum Mond, während in der modernen Science Fiction die Überlicht-Schiffe ihre Schlachten in der Andromeda-Galaxie abhalten.
Da haben doch beide Seiten einen ziemlichen Realitätsverlust.
Ein kerniges Antriebssystem:
http://de.wikipedia.org/wiki/Orion-Projekt
http://www.youtube.com/…amp;feature=channel_page
Das unlöschbare Feuer
Ja, man kann diesen vergessenen Roman nicht oft genug wieder ins Licht der SF-Welt hervorziehen.
Und gerne gebe ich zu, eines der letzten 3 Exemplare in meiner Bibliothek zu besitzen.
Ad astra und durch den Dreck zum Speck
Marc
Karl-Jesko von Puttkamer
In welchem verwandtschaftlichen Grad ist Jesko von Puttkammer mit Karl-Jesko von Puttkamer verwandt.
Verwandtschaft von Jesko mit Karl-Jesko
Sie stammen aus unterschiedlichen Zweigen des Geschlechts der Puttkamer: Prof. Dr.phil.h.c. Dipl.-Ing. Jesco Hans Heinrich Max Frhr .v. Puttkamer aus dem Zweig Wollin – jüngeres Nossin /Jassen und Karl-Jesko Otto Robert v. Puttkamer aus dem Zweig jüngeres Nossin / Eugen. Ein Verwandschaftsgrad lässt sich deshalb nur schwer ermitteln.
geschichte
waere es moeglich dass Dr.J.v.Puttkamer in den fruehen 50er Jahren in Brasilien lebte.Wuerde mich sehr um eine Antwort freuen.
50er Jahre
Waehre es moeglich dass Dr.J.v.Puttkamer in den freuhen 50er Jahren in Brasilien war?