TV-Doku: Galaktische Super-Bubble

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In meiner neuen Doku „Galaktische Mega-Bubble – Röntgenstrahlung der Superblase entdeckt, aber vielleicht auch nicht!“ berichte ich über die Superblase im Zentrum der Milchstraße und über die Entdeckungen dazu durch die Auswertung der Daten der ersten Himmelsdurchmusterung des Röntgen-Satelliten eRosita. Ausführliche Statements vom wissenschaftlichen Projektleiter von eRosita, Peter Predehl, sowie dem Hochenergie-Astrophysiker Michael Freyberg geben interessante Einblicke in die großen Herausforderungen, die die Erforschung solcher hochenergetischen Blasenstrukturen an die Wissenschaftler stellt.

Die Superblasen-Doppelstruktur ist als „Fermi-Blase“ bekannt, 2012 vom  gleichnamigen Gammateleskop der NASA entdeckt. Hinsichtlich ihrer Abmessungen  sprengt sie alles, was davor für vorstellbar gehalten wurde. Sie dehnt sich rund 50.000 Lichtjahre in den Nord- und Südhimmel aus. Materie muss dabei mit hoher Geschwindigkeit in die Gashülle um unsere Milchstraße geschleudert worden sein.  Die Fermi-Blasen wurden schnell als sensationelle astrophysikalische Entdeckung gefeiert. 

Klar ist, dass die Fermi-Blasen durch Vorgänge im Zentrum der Milchstraße entstehen. Dennoch ist ihr genauer Ursprung bis heute strittig. Es kursieren divergierende Erklärungsmodelle dafür: War es der Ausbruch eines Superjets des heute passiven Schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie? Ist es vor etlichen zehn Millionen Jahren ein aktives Schwarzes Loch gewesen und die Mega-Blase ein Phänomen, wie es in aktiven Galaxien beobachtet werden kann? Andere Interpretationen halten die Superblasen für das Ergebnis einer kaskadierenden Folge zahlreicher Supernovae im Zentrum der Galaxis, die sich zu einer Megablase aggregierten. Und wieder andere Forscher sehen in den Gammawolken die Wirkung  großräumiger, bisher aber nicht messbarer Magnetfelder, in denen sich kosmische Strahlung verfängt und zu leuchten beginnt.

Der Röntgenhimmel wird dreißig Jahre nach dem äußerst erfolgreichen Rosat derzeit erneut komplett durchmustert: von eRosita  – seit 2019 der neue Star des  Röntgenhimmels. Sofort nach dem Abschluss der ersten sechsmonatigen Himmels-Durchmusterung 2020 hielten die eRosita-Spezialisten in den gesammelten Daten auch Ausschau nach Röntgenstrahlung im Bereich der großen Blase – und konnten sowohl am Nord-, wie am Südhimmel Röntgenstrahlung im Bereich der Fermi-Blasen ausmachen. Die neu entdeckten eRosita-Blasen könnten also wie die Fermi-Blasen auf gewaltige Ereignisse im Zentrum der Galaxis zurückgehen. Doch sind eRosita- und Fermi-Blasen tatsächlich eins   – oder sind sie von getrennten Himmelsereignissen verursacht? Und stammt diese Röntgenstrahlung überhaupt aus dem Zentrum der Milchstraße? Um ihren Ursprung wird derzeit noch wissenschaftlich gerungen.  Niemand kann sie heute mit Sicherheit bestimmen.

Das Problem: Röntgenphotonen können bei Durchmusterungen von eRosita zwar mit vielen Details gemessen werden, nicht aber hinsichtlich ihrer Entfernung. Die Forscher haben als erstes Ergebnis nur eine zweidimensionale Projektion, einen Himmelsatlas, der keinen Aufschluss über die Entfernung der Strahlungsquelle geben kann. Sie kann aus dem Zentrum der Milchstraße zu uns kommen – oder auch aus nächster Umgebung. So kam es zu dem kuriosen Phänomen, dass fast  gleichzeitig und unabhängig zur eRosita-Blasen-Veröffentlichung von einer Forschungsgruppe eine ganz andere Theorie gestützt wurde. Die gleichen Daten werden in dieser Arbeit einer wesentlich näher gelegenen, aber weitgehend unsichtbaren heißen Wolke zugeordnet, der sogenannten lokalen Blase. Sie entstand aus  mehreren Supernovae, die  sich zu dieser Blase formten. Dazu mehr in einer folgenden Sendung. Stößt die lokale Blase in dieser Zone mit einer Nachbarblase zusammen? Handelt es sich also bei den eRosita-Blasen gar nicht um ein Phänomen in der zentralen Region der Milchstraße, sondern um die im Röntgenlicht leuchtende Grenzzone von zwei kollidierenden Explosionswolken im Vorgarten des Sonnensystems? Für die Forscher, so meint Peter Predehl, sind die Daten noch „verwirrend“. Es könnte sein, dass sich die Röntgenstrahlung nur scheinbar direkt an den äußeren Bereich der Fermi-Blase anschmiegt, die Strahlung in Wirklichkeit aber gar nichts mit dem Phänomen im Zentrum der Milchstraße zu tun hat.

Woher also stammt die Röntgenstrahlung? Heute fehlen weitere Messungen aus anderen Wellenbereichen, um mehr über den tatsächlichen Ursprung der eRosita-Blase aussagen zu können. So hofft die Forschung auf die noch kommenden Folge-Auswertungen in der Multiwellenlängen-Astronomie. Der am eRosita-Projekt beteiligte Hochenergie-Astrophysiker Michael Freyberg berichtet, dass diese Auswertungsarbeit  erst ganz am Anfang steht und noch Jahre beanspruchen wird. Sie wird weiteren Aufschluss über den Ursprung der  Röntgenstrahlung geben. Zuletzt wird sich die Frage des Ursprungs der eRosita-Blasen klären lassen, davon ist Freyberg jedoch überzeugt. Und für ihn muss bei dieser Klärung nicht einmal ein Entweder-oder herauskommen. Es könnte sich mit den Folge-Messungen sogar klären, dass ein Teil der Röntgenstrahlung aus dem Zentrum der Milchstraße stammt, und ein anderer Teil – im zweidimensionalen Atlas diese überlagernd – von Strahlung lokaler Blasen in unserer Nachbarschaft herrührt.

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Ich habe viele Jahre journalistisch im Bereich Wissenschaft und Technologie gearbeitet, später dann mit meiner kleinen Beratungsfirma als Medienexpertin. 2010 erfüllte ich mir meinen großen Traum und gründete den Spartensender HYPERRAUM.TV, für den ich eine medienrechtliche Rundfunklizenz erteilt bekam. Seither mache ich als One-Woman-Show mit meinem „alternativen TV-Sender“ gewollt nicht massentaugliches Fernseh-Programm. Als gelernte Wissenschaftshistorikern habe ich mich gänzlich der Zukunft verschrieben: Denn die Vergangenheit können wir nur erkennen, die Zukunft aber ist für uns gestaltbar. Wir sollten versuchen, nicht blind in sie hinein zu stolpern!

4 Kommentare

  1. eROSITA-Blase = FERMI-Blase?
    eRosita=Fermi? Das ist hier die Frage. Wie eine grosse Haube umschliesst die eROSITA-Blase die FERMI-Blase. Aber eigentlich sind es ja 2 Blasen, eine im Südhimmel und eine im Nordhimmel, oder es sind gar 4, denn sowohl die Nord-, als auch die Süd-Fermiblase hat jeweils eine eRosita Haube. 45 Millionen Lichtjahre ist die eRosita-Nordblase hoch und breit – also fast so hoch und breit wie ein Radius unserer Milchstrasse. Sowohl die Fermi- wie die Rosita-Blasen zeigen scharfe Grenzflächen – Grenzflächen, die wohl den Orten der Schockwellen entsprechen, die entstehen, wenn die vom Milchstrassenzentrum herausschiessende Materie auf die das Milchstrasse umgebende Gashalo trifft.

    Doch was, wenn das eben entworfene suggestive Bild von 4 Blasen mit dem gleichen Ursprung, der gleichen Ursache täuscht? Ja, es könnte täuschen, denn was im Artikel von Susanne Päch und im Kommentar hier beschrieben ist, nämlich ein 3-dimensionales Bild mit einer Galaxienscheibe und den nach oben und unten sich ausdehnenden Blasen, das ist ja nur ein Bild das wir uns selber machen – genau wie wir uns ein dreidimensionales Bild machen, wenn die Sonne hinter dem Berg verschwindet. Nur ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns beim Verschwinden der Sonne hinter dem Berg ein richtiges Bild machen, sehr viel wahrscheinlicher als das bei einem kosmischen, mindestens aber galaktischen Prozess ist. Denn die Erde und ihre Nachbarn Sonne und Mond kennen wir recht gut und haben wir auch schon aus allen möglichen Richtungen gesehen. Aber die Fermi und eRosita-Blasen, die sehen wir nur gerade von unserem Standort am Rande der Milchstrasse und wissen nicht wirklich, ob das 3D-Bild, das wir uns machen richtig ist.

    Das Problem der richtigen dreidimensionalen Interpretation der eROSITA und FERMI-Blasen macht uns also wieder einmal bewusst, dass wir auf der Erde nur einen Standort im Himmel haben und dass uns niemand bestätigen kann, was wir sehen und interpretieren – weil es niemand anderen gibt.

    • ja, schon drei Dimensionen sind in der Röntgen- und Gammaastronomie ein Problem. Bald kommt noch was zur lokalen Blase, da wird’s dann noch schwieriger!

  2. scio-nescio
    leider lässt die Rechtschreibung bisweilen zu wünschen übrig, was aber den Erkenntnissen keinen Abbruch tut (Min 8:05 “sporn”, Min 8:35 ‘Lichtjahre’, Min 9:05 ‘Betelgeuze’. Min 9:30 ‘Simulation’ usw.

  3. o je, tut mir leid. Ich mühe mich redlich, aber die vielen Daten und Zahlen, die ich reinpacke, überfordern mich manchmal. Man wird einfach betriebsblind … und hier ist leider keine Redaktion, die das noch mal anschauen und dann unvoreingenommen viel leichter sehen würde. Muss ja alles allein bewältigen – mit gewissen Defiziten. Danke fürs Verständnis.

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