Von Leuchttürmen und zweiten ersten Malen

BLOG: Heidelberg Laureate Forum

Laureates of mathematics and computer science meet the next generation
Heidelberg Laureate Forum

Zurück in Heidelberg, zurück beim Heidelberg Laureate Forum. Nach meiner Teilnahme als Doktorand und Blogger beim ersten HLF 2013 bin ich seit Samstagnachmittag wieder für eine Woche im deutschen Blog-Team des Laureate Forums in der Universitätsstadt am Neckar. Und obwohl mir einige Szenen während der Anreise angenehm vertraut vorkamen—so beispielsweise die wiederholten Fragen von Seiten junger, offensichtlich internationaler Besucher am Mannheimer Bahnhof nach der richtigen S-Bahn in Richtung “Heidelberg, to the Laureate Forum”—so fühlt es sich dennoch nicht nach einer Wiederholung an. Im Gegenteil, das Bauchgefühl entspricht vielmehr dem eines quasi paradoxen zweiten ersten Mals.

Woran dies liegen mag? Ich vermute, teilweise an mir selbst, und teilweise an dem, in wie sich das Heidelberg Laureate Forum inzwischen verwandelt hat. Ich selbst bin in der Zwischenzeit vom Doktoranden zum PostDoc geworden, habe einiges mehr an Konferenzerfahrung und Flugmeilen gesammelt, Forschungsanträge geschrieben, und eigene Ergebnisse veröffentlicht. Das HLF geht gerade in die dritte Auflage, und hat sich in der kurzen Zeit von einer in der Mathematik- und Informatikcommunity bekannten Veranstaltung in ein von der breiten Öffentlichkeit international beachtetes und diskutiertes wissenschaftliches Großereignis—quasi einen “Wissenschaftsleuchtturm” auf Augenhöhe mit dem legendären Lindauer Nobelpreisträger-Treffen—entwickelt.

War mein Zusammentreffen mit den Laureaten und Teilnehmern des Jahres 2013 noch geprägt von der Weltsicht eines PhD-Studenten in der Mitte seiner Promotionsphase, der die Gelegenheit bekommt, gemeinsam mit anderen jungen Forschern in vergleichbarer Lage den berühmtesten und höchstdekorierten Vertretern seines Faches zu begegnen, so haben mir die letzten zwei Jahre einen (wenn auch nur verschwindend kleinen) Eindruck davon vermittelt, wie groß die von den Laureaten vollbrachten Leistungen tatsächlich sind:

  • Was es bedeutet und welche Verantwortung es mit sich bringt, ein wissenschaftliches Feld zu führen;
  • was dazugehört, Forschungsgruppen aufzubauen, zu leiten, und schlicht und einfach auch zu finanzieren;
  • wie viel Einsatz, Überzeugung, und ebenso Frustrationstoleranz es benötigt, sich für die eigene Idee ein- und gegen widersprechende andere Theorien durchzusetzen;
  • und wie bemerkenswert es ist, sich dabei dennoch die Energie und Freude zu bewahren, die eigenen Einsichten mit den nächsten Generationen zu teilen und diesen als Leitbilder und tatsächlich “greifbare” Mentoren zur Seite zu stehen.

Aber auch das Heidelberg Laureate Forum selbst ist “erwachsener” geworden—weniger in der Professionalität oder Attraktivität des Programms und der Organisation, welche seit jeher ungemein hoch waren, sondern mehr darin, was das HLF inzwischen für die beteiligten Fachcommunities ist und welche Stellung es hat. Während das erste Forum 2013 bereits in Teilen der angesprochenen Wissenschaftsdisziplinen überaus positiv wahrgenommen und begrüßt wurde, so wusste inzwischen jeder meiner diesbezüglichen Gesprächspartner der vergangenen Wochen, worum es sich bei der Veranstaltung handelt. Egal ob Nachwuchswissenschaftler deutscher Universitäten, WWW-Unternehmer aus dem Silicon Valley, oder der Dekan einer großen Informatikfakultät im Süden Brasiliens, das Heidelberg Laureate Forum ist in (für ein derartiges Ansinnen) kürzester Zeit zu einem weithin sichtbaren und gesehenen Leuchtturm für die öffentliche Wahrnehmung der Mathematik und Informatik geworden.

Und gerade solche Leuchttürme sind es, die benötigt werden. Zum einen natürlich innerhalb der Fachgebiete, als Austauschstelle und Impulsgeber für aktuelle thematische Diskussionen, aber auch als Treffpunkt für die verschiedenen Generationen innerhalb der Wissenschaftsgemeinschaften. Zum anderen, und dies wird im allgemeinen wissenschaftlichen Tagesbetrieb in meinen Augen nach wie vor häufig allzu stiefmütterlich als Nebenaspekt gesehen, als Ausstrahlungspunkt ebenso in die breitere Öffentlichkeit—und zwar nicht nur um aktuellen Initiativen wie “citizen science” gerecht zu werden (was sich in der Mathematik und Informatik häufig als alles andere als trivial herausstellt), sondern tatsächlich auch um eine Anlaufstelle für den Transfer von fachlichem Wissen und (ebenso wichtigen) konzeptuellen Sichtweisen zwischen den Partnern Wissenschaft und Gesellschaft zu errichten.

Informatik und Mathematik sind zu integralen Teilen unserer Lebenswelt geworden: Häufig nicht bewusst wahrgenommen, aber dennoch fast überall präsent. Insofern ist das Heidelberg Laureate Forum mit seiner versammelten fachlichen Kompetenz und der medialen Aufmerksamkeit ein idealer Ort, aktiv den zugehörigen Diskurs mit der Öffentlichkeit zu suchen (wie es etwa mit dem Schwerpunktnachmittag zur “Brave New Data World” am Dienstag der Fall sein wird) und dadurch auch als Gemeinschaft von Experten für die jeweiligen Themen der eigenen Verantwortung gerecht zu werden.

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arbeitet als PostDoc zu verschiedenen Themen aus dem Dunstkreis "Künstliche Intelligenz und Künstliche Kreativität" am Institut für Kognitionswissenschaft der Universität Osnabrück. Vor seiner Promotion in Kognitionswissenschaft hatte er Mathematik mit Nebenfach Informatik studiert, und ein einjähriges Intermezzo als "Logic Year"-Gaststudent an der Universität Amsterdam verbracht. Neben seiner eigentlichen Forschungsarbeit engagiert er sich als Wissenschaftskommunikator (zweiter Gewinner des 2013er Falling Walls Lab "Young Innovator of the Year"-Preises), Mitveranstalter von Wissenschaftsevents und gelegentlicher Autor des Analogia-SciLogs-Blog tätig.

1 comment

  1. Ist das HLF ein Leuchtturm oder nicht vielmehr vor allem ein Treffpunkt? Die Art von Austausch und Beschnupperung wie sie hier beschrieben wird, scheint übrigens eines der Kernelemente des Silicon-Valleys zu sein, wo jeder jeden kennt und jeder weiss was der andere tut. Sachlich scheint ein solcher Austausch in den theoretischen Wissenschaften weniger wichtig, denn – könnte man meinen – das Fachgebiet selber und seine ungelösten Probleme und Fragestellungen lenken und orientieren die Arbeit. Doch so ist es wohl nicht und war es noch nie, denn Forschen und Entwickeln ist und bleiben immer ein Abenteuer mit Ereignissen und Weggabelungen, die sich nicht voraussehen lassen und mit Fokussierungen, die in einem aktiven Aushandlungsprozess zwischen Menschen unterschiedlichsten Hintergrunds entstehen.

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