Stochastische Prozesse und der Sieg des Sozialismus

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Die Idee lässt sich bis auf den Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) zurückverfolgen: Lasst uns ausrechnen, was das Beste für die gesamte Gesellschaft ist! Setzen wir alles, was die Menschen können und wollen, in Zahlen um, bilden eine gigantische Funktion, die das Wohlergehen der gesamten Gesellschaft (oder auch der gesamten Menschheit) beschreibt, und dann variieren wir die Parameter, von denen die Funktion abhängt, so, dass diese Funktion ein Maximum erreicht. Das wäre dann eine klassische Optimierungsaufgabe. Mit Nebenbedingungen wie Einhaltung der Menschenrechte. Das ganze politische Gezänk hätte ein Ende, weil man die optimale Politik einfach ausrechnen würde. Das einzige, über das man sich noch streiten könnte, wären Rechenfehler. Und solche Streitigkeiten sind bekanntlich rasch und mit eindeutigem Ergebnis zu beenden.

Warum funktioniert das nicht? Schon weil die Menschen die größten Schwierigkeiten hätten, das, was sie wollen (und was sie dafür zu tun bereit wären), in Zahlen auszudrücken. Außerdem ändern sich Präferenzen mit der Zeit, mit der Mode und mit den Präferenzen der Mitmenschen. Und selbst wenn alle diese Probleme überwunden wären, dann könnte vielleicht ein gigantischer Computer mit gigantischem Aufwand eine konkrete Lösung berechnen (die alsbald veralten würde), aber für allgemeine Aussagen (Welche Steuerquote ist optimal? Was ist ein gutes gesetzliches Rentenalter? Soll man einen Mindestlohn verordnen? Wie soll das Aufziehen von Kindern honoriert werden?) wäre die Sachlage immer noch viel zu kompliziert.

Wer ein handhabbares Modell einer menschlichen Gesellschaft aufstellen will, muss also radikal vereinfachen, und zwar so, dass die Eigenschaften, auf die es ankommt, erhalten bleiben – das Dilemma jeder mathematischen Modellierung. Das Modell, das ich Ihnen hier vorstellen möchte, vereinfacht in der Tat so radikal, dass einem gelegentlich die Spucke wegbleibt; gleichwohl kommt es zu bemerkenswerten Schlüssen. Der Statistiker F. Thomas Bruss, der bis zu seiner Emeritierung an der Université Libre de Bruxelles arbeitete, hat es in jahrzehntelanger Arbeit entwickelt. An der Endfassung war sein Mitarbeiter Mitia Duerinckx beteiligt (F. Thomas Bruss, Mitia Duerinckx: Resource dependent branching processes and the envelope of societies. Ann. Appl. Probab. 25(1), 324–372 (Februar 2015); F. Thomas Bruss: Grenzen einer jeden Gesellschaft. Jahresberichte der Deutschen Mathematiker-Vereinigung 2014).

Es handelt sich um ein stochastisches Modell. Das heißt, der Modellierer erhebt gar nicht erst den (hoffnungslosen) Anspruch, das Verhalten jedes einzelnen Menschen zu beschreiben. Vielmehr sind die Einzelpersonen des Modells Zufallsvariable: Man kennt von ihren Eigenschaften so etwas wie den Durchschnittswert und vielleicht noch die durchschnittliche Abweichung vom Durchschnitt (die Varianz). Im Übrigen glaubt man daran, dass jeder Einzelmensch eine Stichprobe aus ein und derselben (bekannten) Wahrscheinlichkeitsverteilung ist. Entsprechend gibt es auch keine Prognosen über Einzelschicksale, sondern nur allgemeine Aussagen darüber, wie sich die Gesellschaft wahrscheinlich entwickeln wird.

Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden. Was man nicht weiß (und der Einfachheit zuliebe auch gar nicht wissen will), nennt man Zufall und beschränkt sich auf Durchschnittsaussagen – ein etabliertes Verfahren.

Die nächste Modellannahme könnte schon etwas mehr Kopfschütteln erregen: „asexuelle Reproduktion“. Man mag den Menschen ja in Bezug auf Sex einiges nachsagen, aber wie die Bakterien treiben wir’s nun wirklich nicht. Dennoch: Die Annahme ist vollkommen unproblematisch. Bei dem globalen Blickwinkel des Modells kommt es überhaupt nicht darauf an, dass sich für einen neuen Menschen zwei bereits vorhandene zusammentun müssen. Nur die Geburtenrate muss stimmen.

Wir treiben’s auch nicht wie manche Insekten, bei denen zu jedem Zeitpunkt nur die Mitglieder einer Generation leben und die Nachkommen von den Vorräten zehren, die die Vorfahren letztes Jahr angehäuft haben. Genau das unterstellt jedoch das Modell. Na gut, dann kann es die Verwerfungen wie die Überalterung der Gesellschaft, die gegenwärtig durch den demografischen Wandel entstehen, nicht abbilden. Stattdessen findet der Generationenwechsel nicht, wie in der Realität, die ganze Zeit ein bisschen statt, sondern auf einen Schlag. Das ist das, was man den Diskretisierungsfehler nennt: Man unterstellt entgegen der Realität, dass alles Wesentliche nur zu bestimmten („diskreten“) Zeitpunkten passiert. Wenn das Zeitintervall zwischen diesen Ereignissen kurz ist gegen die Zeit, auf die es ankommt – was in diesem Modell ungefähr die Ewigkeit ist –, hält sich der Diskretisierungsfehler in Grenzen.

Jeder der gedachten Menschen kommt mit drei Eigenschaften auf die Welt, in einem Ausmaß, das jeweils aus einer geeignet definierten Zufallsverteilung gezogen wird: „Fleiß“, die Menge an Ressourcen, die er dem Bruttonationalprodukt durch seine Arbeit hinzufügt; „Fruchtbarkeit“, die Anzahl seiner Nachkommen; und „Anspruch“, das ist der Anteil am Volksvermögen, den er für sich begehrt. Die letzte Eigenschaft erlaubt verschiedene Interpretationen; eine mögliche ist „Einkommen vor Steuern und Abgaben“, eine weniger freundliche: das, was der Mensch durch Arbeit, Ausnutzen einer Machtposition oder ererbtes Vermögen erwirbt und vorläufig sein eigen nennt – oder auch nur davon überzeugt ist, dass es ihm zusteht.

Hier wird es bereits problematisch, denn alle drei Eigenschaften sind in der Realität nicht Konstanten des Lebens, sondern ändern sich zum Teil erheblich, gerade bei den Ansprüchen durch sehr komplizierte gesellschaftliche Aushandlungsprozesse. Die im Modell abzubilden ist aussichtslos; im Gegenzug muss man in Kauf nehmen, dass das Modell nur ungefähr abbildet, was in der Gesellschaft bisher üblich ist, und jeden gesellschaftlichen Wandel außer Acht lässt.

Jetzt kommt der Staat und verteilt das gesamte Volksvermögen um. Da denkt man natürlich sofort an das Finanzamt oder die Rentenversicherung. Aber das Konzept ist allgemeiner und bezieht auch gewisse gesellschaftliche Aushandlungsprozesse mit ein, die bei den oben genannten Eigenschaften unter den Tisch gefallen waren. Im Konzept von Bruss verfügt eine Gesellschaft über einen gewissen Weitblick und hat zwei Ziele:
(1) das eigene Fortbestehen in der Zukunft;
(2) das Wohlergehen ihrer Mitglieder.
Dabei hat Ziel 1 im Konfliktfall Vorrang. Und der Konflikt ist nicht zu übersehen: Ziel 2 würde am besten dadurch verfolgt, dass die gegenwärtige Generation ihre Reichtümer verprasst und ihre Nachfahren – zu denen sie wegen der Diskretisierungsannahme ohnehin keinen Kontakt hat – dem Hungertod aussetzt. Das wollen reale Gesellschaften in der Tat nicht.

Um ihre Ziele zu erreichen, betreibt die Gesellschaft das, was Bruss eine Politik nennt und was in der Tat auf eine Art Umverteilung hinausläuft. Wenn die Menschen fleißig, bescheiden und nicht allzu fruchtbar sind – genauer: wenn jeder durch seine Arbeit mehr erwirtschaftet, als seine Nachkommen zu konsumieren beanspruchen –, dann befindet man sich in einer Überflussgesellschaft: Die Summe der ererbten und erarbeiteten Güter minus dem Eigenverbrauch ist größer als die Summe aller Ansprüche. In diesem Fall ist die Politik einfach und konfliktfrei: Jeder kriegt, was er beansprucht, alle sind glücklich, und für die Nachkommen bleibt auch noch etwas übrig.

Wenn es aber, wie meistens, nicht für alle reicht? Dann ist Umverteilung angesagt. Im Modell von Bruss geschieht das auf eine merkwürdige Art: Die Politik bringt die Menschen in eine Reihenfolge und befriedigt jeden Anspruch vollständig, bis das Volksvermögen alle ist. Wenn nicht gerade Überfluss herrscht, gehen dabei einige Mitglieder der Gesellschaft leer aus. Ihnen bleibt nur die Option auszuwandern oder zu verhungern. Andere Methoden des Protests sind denkbar, aber nicht Bestandteil des Modells. Mildere Formen – den Reichen ein bisschen wegnehmen und den Armen ein bisschen Hartz IV spendieren – kommen nicht in Frage.

Verglichen damit kann man die zahlreichen Abzüge auf der eigenen Gehaltsabrechnung ja richtig nett finden. Wie kommt Bruss zu einer derart brutalen und realitätsfernen Form von Umverteilung? Ich fürchte, der Grund ist rein pragmatisch: Man kann sie besser rechnen. Und das Argument ist alles andere als nebensächlich. Das Modell ist schon jetzt sehr kompliziert und überfordert die klassischen Methoden. Wer da überhaupt noch etwas aussagen will, hat nicht mehr viel Auswahl bei der Modellierung seines Umverteilungsverfahrens.

Welche Möglichkeiten hat die Politik, die Menschen in eine Reihenfolge zu bringen? Sie könnte zum Beispiel auf jede Steuerungsmöglichkeit verzichten und die Ressourcen nach dem Zufallsprinzip zuteilen. Oder sich alle möglichen, sinnvollen wie absurden, Auswahlmechanismen ausdenken. Zwei Extremfälle verdienen allerdings besondere Beachtung:
„Strongest first“: Diejenigen mit den höchsten Ansprüchen werden zuerst bedient;
„Weakest first“: Die mit den niedrigsten Ansprüchen werden zuerst bedient.
Die Idee ist, dass die mit den niedrigsten Ansprüchen zugleich die Ärmsten sind oder, sagen wir, diejenigen, die beim Kampf um den Platz an der Sonne den Kürzeren gezogen haben: die Schwächsten halt. Entsprechend sind die Leute mit den höchsten Ansprüchen die Mitglieder der herrschenden Klasse. Und so gesehen drängt sich die Interpretation geradezu auf: „Strongest first“ ist der Kapitalismus, „Weakest first“ der Sozialismus, beides in Ausprägungen, die so krass bislang in keiner Gesellschaft realisiert sind. Der Kapitalismus legt den größten Wert auf Ziel 2, der Sozialismus auf Ziel 1.

Was für Ergebnisse liefert dieses so aufwendig erstellte Modell? Keine konkreten Prognosen, sondern allgemeine Aussagen für lange Zeiträume, wie sie für die Statistik typisch sind. Beispiele: Der Betrunkene, der mit jedem Schritt in eine zufällige Richtung torkelt, ist nach \(n\) Schritten annähernd \(\sqrt n\) Schrittlängen von seinem Ausgangspunkt entfernt. Wer lange genug Roulette spielt, geht mit Wahrscheinlichkeit 1 irgendwann pleite.

In Bruss’ Modell gibt es genau zwei Möglichkeiten für das Langzeitverhalten: Die Bevölkerungszahl geht gegen null oder gegen unendlich. Entweder stirbt die Gesellschaft aus, oder sie wächst über alle Grenzen. Letzteres ist wenig verwunderlich: Irgendwelche Grenzen des Wachstums sind nicht Bestandteil des Modells. Man darf diesen Fall also getrost als den günstigen Ausgang der Geschichte auffassen. Es stellt sich heraus, dass die beiden extremen Politiken auch in ihren Auswirkungen die Grenzen des Möglichen markieren: Keine Gesellschaft kann eine größere Überlebenswahrscheinlichkeit haben als die sozialistische, und keine kann ihre Mitglieder besser stellen als die kapitalistische. Nur ist diese mehr als alle anderen vom Aussterben bedroht, weil sie in Notzeiten sehr viele ihrer Mitglieder hinauswirft und ihr daraufhin vielleicht eine ungünstige zufällige Schwankung den Rest gibt.

Demnach müssten auf lange Frist die kapitalistischen Gesellschaften untergehen und nur noch die sozialistischen übrigbleiben. Das ist offensichtlich nicht, was man beobachtet.

Immerhin: Dass im Kapitalismus die Bevölkerung sinkt – durch Hungersnot oder Auswanderung –, das kommt vor. Was macht eine kapitalistische Gesellschaft in solchen Fällen? Sie ändert ihre Politik. Möglichst so, dass die Herrschenden nicht allzu viel abgeben müssen, aber merklich. Das erklärt die erstaunliche Langlebigkeit des kapitalistischen Systems.

Wohlgemerkt: Diese Tatsache widerlegt nicht das Modell von Bruss und Duerinckx. Sie macht nur klar, wie man es verwenden soll: Das Modell liefert eine Langzeitprognose unter der Voraussetzung, dass die gesellschaftlichen Grundeinstellungen – Fleiß, Fruchtbarkeit, Anspruch – ebenso unverändert bleiben wie die Politik. Wenn die Prognose so abschreckend ausfällt, dass die Gesellschaft sich genötigt sieht, an den Daten – Grundeinstellungen und/oder Politik – etwas zu ändern, trifft sie zwar nicht ein, hat aber genau deswegen ihren Zweck erfüllt.

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Christoph Pöppe (Jahrgang 1953) hat Mathematik und Physik studiert und über allerlei partielle Differenzialgleichungen geforscht, bis er 1989 ziemlich plötzlich Redakteur bei „Spektrum der Wissenschaft“ wurde. Fast 30 Jahre lang hat er für diese Zeitschrift Texte bearbeitet und selbst geschrieben, vornehmlich über Mathematik und verwandte Gebiete. Nach wie vor schreibt er gelegentlich Beiträge für die Rubrik „Mathematische Unterhaltungen“. Seine Liebe zum Fach lebt er auch in allerlei geometrischen Objekten aus, die gelegentlich – in Großveranstaltungen mit vielen Beteiligten – ziemlich monumental geraten. Nebenher bietet er in einem Internet-Laden Bastelbögen für allerlei geometrische Körper an.

49 comments

  1. “Keine Gesellschaft kann eine größere Überlebenswahrscheinlichkeit haben als die sozialistische, und keine kann ihre Mitglieder besser stellen als die kapitalistische.”

    Wenn GRUNDSÄTZLICH alles Allen gehören darf, auf der Basis eines UNKORRUMPIERBAREN Menschenrecht zu KOSTENLOSER Nahrung, MIETFREIES Wohnen und ebenso KASSEN-/KLASSENLOSER Gesundheit, so daß die wettbewerbsbedingte Symptomatik in “Wer soll das bezahlen” und unternehmerischen Abwägungen von/zu “Arbeit macht frei” keine Macht mehr hat, dann ist Steuern zahlen und … absoluter Blödsinn, jede leistungsgerecht-entlohnte Arbeit geradezu unendlich teilbar OHNE Verluste, aber vor allem sind Werte wirklich-wahrhaftig Werte OHNE Manipulation von Kommunikation in Abhängigkeit, Erpressung, Unterdrückung – Das / ein solches Gemeinschaftseigentum schafft die kapitalistische “Werteordnung” nicht annähernd.

    • Der Grundfehler des Modells von Bruss liegt in der Annahme, es gebe a priori ein feststehendes gesellschaftliches oder gar Menschheitsziel und dieses Ziel müsse man mit den richtigen Mitteln anstreben.

      Im Kern ist das Bruss-Modell statisch (denn das Ziel, etwa zu umschreiben als das Glück möglichst vieler unter den momentanen Umständen, ist statisch). Doch das trifft die menschliche Wirklichkeit in keiner Weise. Denn eine menschliche Grunderfahrung ist gerade, dass sich alles ändern kann, sogar die Umwelt und insgesamt die Welt in der wir leben und bewegen.
      Beispiel: In einer von Kohle, Öl und Erdgas bestimmten Welt ist es ein sinnvolles gesellschaftliches Ziel, möglichst guten Zugang zu diesen fossilen Rohstoffen zu erwerben. In einer Jäger-und-Sammler Gesellschaft dagegen könnte das beste Ziel sein, den Lebensraum, der einem die nötigen Ressourcen verschafft, zu verteidigen. Mit dem Ende der Jäger und Sammler – Gesellschaften enden auch die Ziele dieser Gesellschaften, denn unter den neuen Umständen machen sie keinen Sinn mehr. Das gleiche gilt für die von Kohle, Erdöl und Erdgas lebenden Gesellschaften.

      Wer den Grundgegensatz in den Gesellschaftsmodellen von Kapitalismus und Sozialismus sieht, der denkt nichts anderes als dass es in einer Gesellschaft um den Kampf um Macht geht, also um die Frage: Sollen Individuen mit günstigen Startumständen die Gesellschaft führen oder soll das Gemeinwohl den Ausschlag geben und sollen Menschen, die behaupten im Interesse des Gemeinwohls zu handeln, die Oberhand gewinnen. Sozialisten und Kommunisten sind sich aber darin einig, dass das wichtigste gesellschaftliche Ziel die Erarbeitung von Wohlstand ist. Die Kapitalisten wollen diesen Wohlstand vor allem für sich selbst, die Sozialisten aber für alle.

      Was nun ist die wirklichkeitsnaheste Sicht, wenn es um Gesellschaften und Ziele geht? Ich selber sehe das eher biologisch/evolutionär und meine, dass sich Gesellschaften ähnlich entwickeln wie biologische Arten und dass dabei Zufälle und evolutionäre Innovationen eine entscheidende Rolle spielen. Das heisst:
      1) warum soll es nicht ganz verschiedene Gesellschaften geben wie es verschiedene Arten gibt.
      2) Gesellschaften wollen sich wie Arten selbst am Leben erhalten. Doch gesellschaftlicher Fortschritt oder auch nur Weiterexistieren ist oft nur möglich wenn bestimmte Arten/Gesellschaften verschwinden und neue entstehen
      3) die Evolution kennt die Zukunft nicht. Vielmehr ist sie bereit für jede Zukunft solange die Bedingungen in einem gewissen lebensverträglichen Rahmen bleiben. Das gleiche gilt für menschliche Gesellschaften. Sie kennen die Zukunft nicht – nicht einmal, wenn sie die Zukunft selber schaffen. Nehmen wir einmal an, in naher Zukunft müsse man in den heutigen Industriegesellschaften nicht mehr arbeiten und es gebe dort und dann mehr Roboter als Menschen. Wir wissen noch gar nicht, was das für uns Nicht-Roboter bedeuten würde, denn es gibt viele Möglichkeiten wie folgende Alternativen zeigen:
      1) In der von Robotern bevölkerten Zukunft nehmen die Roboter die gleiche Stellung ein wie die Sklaven in der Antike
      2) In der von Robotern bevölkerten Zukunft bestimmen die Roboter über die Menschen
      3) In der von Robotern bevölkerten Zukunft gehören die Roboter den Mächtigen, die sich mit ihnen den Plebs vom Halse halten.

      Und nun kommt der mir wichtige Punkt: Warum soll es in Zukunft nur eine Gesellschaft geben, die einen dieser Alternativen wählt. Wenn doch Gesellschaften mit biologischen Arten zu vergleichen sind, dann kann es parallel meherere Gesellschaften geben und jede dieser Gesellschaften kann eine andere der oben aufgezählten Alternativen wählen.

      • Der Grundfehler des Modells von Bruss liegt in der Annahme, es gebe a priori ein feststehendes gesellschaftliches oder gar Menschheitsziel und dieses Ziel müsse man mit den richtigen Mitteln anstreben.

        Korrekt, es darf kein “gesellschaftliches” Ziel geben. Und ein Menschheitsziel eigendlich auch nicht. Aber da kann man ja gerne ins Träumen geraten – etwa die Interstellare Zivilisation und sowas.

        Aber die Kernmotivation sei immer im Individuum und von da aus zu denken. Oder mindestens, solange nicht andere Notwendigkeiten dadurch in der Mindestverwirklichung/Aufrechterhaltung eingeschränkt werden.

        Es war eines der traumatischsten Ereignisse, als damals der Steinzeitmensch/Sippe / der Stammesmensch in urbanen Gesellschaften überging. Und die traumatisierungen sind bis heute nicht überwunden. Ganz im Gegenteil: Sie sind um so schlimmer/einschneidender, je urbaner die Zivilisation.
        Gleichzeitig wird immer wieder der Eindruck erweckt, das die Menschwerdung nur üebr solche Entwicklungen möglich werde. Dabei wird verleugnet, das dies auch für den Humanoiden nicht “artgerecht” ist, wie wir heute leben. Sondern höchstens noch für das Kind des Menschen, das auf Zuwendung und Schutz angewiesen ist, bis es selbstständig dafür sorgen kann. Und solche Schutzbedürfnisse scheinen eben nur in Großgesellschaften effizient ermöglicht werden zu können. Abe rder Schein trügt, wenn man nicht genauer hinschaut: Denn der Vorteil ist ein anderer. Nänlich von vornherein die Kinder auf gesellschaftliche Imperative zu konditionieren, anstatt wirklich auf Souveräntität zu erziehen. Das ist, was Kant im weitesten mit der Phrase der “selbstverschuldeten Unmündigkeit “ansprechen wollte. Denn die “Selbstverschuldung” kommt auch deswegen zu stande, weil die Gesellschaft es Menschen (Kindern) zu bequem macht, weshalb ein wirklichkeitsgetreuer Konditionierungsdruck gar nicht erst entsteht.
        Aber andererseits funktioniert eine “Gesellschaft”, die aus 100 % “Souveränen” besteht, gar nicht. Das wäre wie eine typische Tierpopulation, wo jeder sich selbst der Nächste sei. Und ansonsten “Gemeinschaft” nur zur Paarungszeit und anschliessender Aufzucht des Produktes dieser stattfindet. Allerdings, wie üblich bei Topprädatoren: jeweils unabhängig voneinander. Wo “Gesellschaft” und Gemeinschaft stattfindet, da ist schon Anpassungsdruck für die “Kultur” verantwortlich (Vögel, die als Gewinner der verlierer (Dinosaurier) bis heute überlebt haben, aber gemeinsame Aufzucht betreiben, während echte “Souveräne” Lebensweisen solche Strategien nicht praktizieren – wie Tiger, Löwen, …und Oktopoden im Extrem).

        Und nun kommt der mir wichtige Punkt: Warum soll es in Zukunft nur eine Gesellschaft geben,

        Das ist eine einfache Frage: Weil es die Idee des “Einen Gottes” gibt, die auch nur eine Perspektive erzwingt. Und es gibt eine Grundlage, die das auch erzwingen kann. Das Metall in den Gehirnen, das Menschen dazu zwingt, etwas zu denken, was sie nicht wollen/einst nicht wollten. Allein über Assimilierung wird dieser “Ein Gott” Zustand erreicht.
        Sie können durchaus “warum” fragen, aber das Problem ist, das sie nie zu einer Antwort kommen werden, weil, wenn dann die Assimilierung vollendet ist, scheint die Frage beantwortet und sie vergessen die eigendliche Motivation und Hintergrund der Eingansgfrage und leben weiter, als wäre nichts geschehen, obwohl sie fundamental manipuliert wurden. Sie bilden sich dann ein / glauben dann, das sie richtig gewählt haben, obwohl es duchaus auch anders hätte gehen können/sollen.
        Und irgendwie sind aus gewisser Persektive Punkt 2 und 3 ununterscheidbar.
        Insofern würde es dann klar sein, wer wen assimiliert hat oder wer wen unterdrückt. Und wer in diese Situation hineinlebt, der bemerkt es nur rudiemtär, was eigendlich abläuft. So war das ja jahrunderte mit dem Feudal- und Theologie-system, das niemand infrage stellen konnte (nicht nur, weil gegenwehr, sondern auch, weil die Intention und Idee davon fehlte).

        Was insofern bedeutet, das, wenn man nicht sehr gut aufpasst, in was man sich hineinbegibt, Kants “selbstverschuldete Unmändigkeit” unbemerkt wirklichkeit wird und aber die “Verantwortlichen” für diese Situation immer sagen werden, das ihr Leben in allen Bedingungen immer “selbstverantwortlich” und frei sei. Eben, um niemals Zeifel aufkommen zu lassen.

  2. Ersetzt man Volksvermögen mit globalem Gemeinschaftseigentum, dann ist Demokratie nicht mehr ein regierender Teil der wettbewerbsbedingten Symptomatik, sondern die Organisation der reinen Vernunft!

  3. “Das erklärt die erstaunliche Langlebigkeit des kapitalistischen Systems.”

    Das kapitalistische System / der zeitgeistlich-reformistische Kreislauf des imperialistisch-faschistischen Erbensystems, heute als “freiheitlicher” Wettbewerb propagiert, erklärt sich durch die Pflege der gleichermaßen unverarbeiteten Bewusstseinsschwäche in Angst, Gewalt und egozentriertem “Individualbewusstsein”, was ein Erbe unseres Instinkt seit der “Vertreibung aus dem Paradies” (Mensch erster und bisher einzige geistige Evolutionssprung) ist.

  4. Zuerst mal zu Leibniz. Wir wohnen doch schon in der besten aller möglichen Welten. Geht es noch besser ?
    Nach der Meinung der Sozialisten, Ja, leider sind nicht alle Sozialisten.

    Um nur einen Punkt herauszugreifen. Die Verteilung der Güter, wenn es für alle nicht reicht. Das hatten wir in England und Irland. Die Besitzlosen wurden zum Auswandern gezwungen.

    Der letzte Punkt, wer kontrolliert die Verteiler ? Es gibt sogar ein Buch dazu: A brave new world. Darin wurden die Alten, die nicht mehr arbeiten können einem “friedlichen Euthanasietod” unterzogen. Macht man in Afrika teilweise immer noch. Der Alte setzt sich abends auf einen Baumstumpf außerhalb des Dorfes. Dann kommt der Löwe, der lautlos tötet.

    Der allerletzte Punkt: Wo sind die Wünsche der Tierwelt aufgelistet ?

    • Wir wohnen doch schon in der besten aller möglichen Welten.

      Also, ich würde ja lieber darin leben wollen, anstatt nur wohnen.

      (und war das nicht mal ein Ikea-Werbeslogan: “Wohnst du noch, oder lebst du schon?”)

      Auswandern ist nicht mehr, denn die Welt ist “voll”. Oder wenigstens gibt es kein Land mehr, das nicht “unbeansprucht” ist und über dem eine “Hoheit” existiert. Und dazu wissen wir auch noch, das sie sich alle nicht besonders unterscheiden, was die Probleme angeht. Das jedenfalls macht es nicht so erstrebenswert, auszuwandern.
      Höchstens noch für Afrikaner, die aus der Sahelzone vertrieben werden. Oder aus Nordkorea fliehen.

      Wünsche in der Tierwelt?
      Frei sein und nicht domestiziert werden! Was aber nicht so schlimm ist, denn wer domestiziert ist, dem fällt seine Unfreiheit ja nicht mehr auf. Kann man sogar am Menschen sehen…. nur logisch, weil ist ja letztlich auch nur ein Tier (gewesen).

  5. Demnach müssten auf lange Frist die kapitalistischen Gesellschaften untergehen und nur noch die sozialistischen übrigbleiben. Das ist offensichtlich nicht, was man beobachtet.

    Also “umso schlimmer für die Tatsachen”? Der Sozialismus funktionierte bis jetzt nur in der Theorie. Offensichtlich ist der “Kapitalismus” anpassungsfähiger als die theoretischen Modelle es vermuten lassen.

    Übrigens von welchem “Kapitalismus” sprechen wird denn? Es gibt doch wohl offensichtliche Unterschiede zwischen den USA von 1970 und Schweden von 1970. Vom Unterschied zwischen dem Kapitalismus der USA von 1900 und 1970 ganz abgesehen.

    Immerhin: Dass im Kapitalismus die Bevölkerung sinkt – durch Hungersnot oder Auswanderung –, das kommt vor. Was macht eine kapitalistische Gesellschaft in solchen Fällen? Sie ändert ihre Politik.

    In den westlichen Ländern hat man in der Tat eine niedrige Geburtenrate, die auch eine Verringerung der Bevölkerung brachte. Übrigens auch durch staatliche Maßnahmen.

    Gruß
    Rudi Knoth

    • Howdy, Herr Knoth und hierzu kurz :

      Der Sozialismus funktionierte bis jetzt nur in der Theorie.

      Der Sozialismus ist sozusagen der Urzustand des hier gemeinten Hominiden, er ist dann von Marx et al. besonders theoretisiert worden, auch bestimmte politische Richtung meinend, er war aber immer da, funktionierte sozusagen. [1]
      Hier, bei – ‘Immerhin: Dass im Kapitalismus die Bevölkerung sinkt – durch Hungersnot oder Auswanderung –, das kommt vor. Was macht eine kapitalistische Gesellschaft in solchen Fällen? Sie ändert ihre Politik.’ – musste Dr. Webbaer ein wenig schmunzeln, denn der “Kapitalismus” scheint, zumindest : aktuell, nicht in der Lage zu sein tragfähige Geburtenrate zu generieren.
      “Die Politik” reagiert offensichtlich unzureichend.

      MFG
      WB

      [1]
      Die Welt scheint mehr als zehn Milliarden Jahre alt zu sein, dieser Planet mehr als vier Milliarden Jahre, der hier gemeinte Primat steht, als sog. Cro-Magnon-Mensch seit vielleicht 12.000 Jahren bereit und seine Schrift ist vielleicht 6.000 Jahre alt, der Buchdruck vielleicht 500 Jahre alt und das Web vielleicht, gesamte netzwerkbasierte Kommunikation meinend, 50 bis 60 Jahre alt, vgl. auch mit diesem netten Film :

      -> https://www.youtube.com/watch?v=DZC-o6FmkNE

  6. @Rudi Knoth: “Übrigens von welchem “Kapitalismus” sprechen wir denn?”

    Wer da glaubt die “soziale” Marktwirtschaft wäre nicht mitverantwortlich für Ausbeutung und Unterdrückung in wettbewerbsbedingtem Krieg und “Frieden”, der/die … 😉

    Wie tief steckt Dein Bewusstsein in konsum- und profitautistischer Bewusstseinsbetäubung???

    • Wie tief steckt Dein Bewusstsein in konsum- und profitautistischer Bewusstseinsbetäubung???

      Da wir uns wohl nicht persönlich kennen und hier Sie eher verwendet wird, will ich mit Ihnen per Sie sein.

      Ihre “Küchenpsychologie” können Sie hier mal sein lassen. Es braucht doch keine “Bewusstseinsbetäubung” um festzustellen, daß es bei den “realsozialistischen Ländern” es nicht so gut funktionierte. Und Unterdrückung gab es vor allem in diesen Ländern anders als in den “kapitalistischen Ländern”. UN welche “Kriege führte denn die “kapitalistische” Schweiz oder das “kapitalistische” Schweden in den letzten 100 Jahren?

      Gruß
      Rudi Knoth

  7. Christoph Pöppe schrieb (26. May 2021):
    > […] ein stochastisches Modell […] Überlebenswahrscheinlichkeit […]

    Wer (insbesondere im Zusammenhang mit einem Anspruch an “Wissenschaftlichkeit”) darauf besteht, dass jedes Modell einzeln falsifizierbar sein soll (durch Vergleich von wahren, gemessenen Werten mit den im jeweiligen Modell angenommenen oder entsprechend den berechneten oder simulierten oder durch Stichproben erhaltenen Modell-Resultaten; z.B. hinsichtlich der Booleschen Messgröße “Richtig oder Falsch? — Nach einer bestimmten, endlichen Anzahl \(n\) von Generationswechseln gibt es keine Nachkommen mehr.”)
    kann stattdessen von einer “stochastischen Familie von Modellen” sprechen.

    • ‘Modelle’, wie auch naturwissenschaftliche Theorie generell, haben einen Scope, wie ein (idR ungenanntes) Verfallsdatum; Naturwissenschaft ist, im Sinne der Europäischen Aufklärung, Sapere-Aude! und so, ergebnisoffen.

      Und wenn Sie die Prädiktion meinen, Herr Dr. Wappler, ist es so, dass (naturwissenschaftliche) Theorien beschreiben, erklären und die Prädiktion erlauben.
      Wobei eines (!) dieser Merkmale genügt, damit von einer Theorie (“Sicht” – wir vergleichen : ‘Theoretisierung’ = ‘Sichtenbildung’) geredet werden kann.

      Die Ratelehre, auch Stochastik genannt, vielen Dank für diesen Hinweis, Herr Dr. Wappler, ist gesellschaftlich idR nicht anleitend, weil der gesellschaftliche Zusammenhang idR zu komplex ist.
      Die Mathematik, die Formalwissenschaft generell, hier sozusagen mit “zu kurzen Ärmchen” am Start ist.

  8. Der Grundfehler des Modells von Bruss liegt in der Annahme, es gebe a priori ein feststehendes gesellschaftliches oder gar ein Menschheitsziel und dieses Ziel müsse man mit den richtigen Mitteln anstreben.

    Im Kern ist das Bruss-Modell statisch (denn das Ziel, etwa zu umschreiben als das Glück möglichst vieler unter den momentanen Umständen, ist statisch). Doch das trifft die menschliche Wirklichkeit in keiner Weise. Denn eine menschliche Grunderfahrung ist gerade, dass sich alles ändern kann, sogar die Umwelt und insgesamt die Welt in der wir leben und bewegen.
    Beispiel: In einer von Kohle, Öl und Erdgas bestimmten Welt ist es ein sinnvolles gesellschaftliches Ziel, möglichst guten Zugang zu diesen fossilen Rohstoffen zu erwerben. In einer Jäger-und-Sammler Gesellschaft dagegen könnte das beste Ziel sein, den Lebensraum, der einem die nötigen Ressourcen verschafft, zu verteidigen. Mit dem Ende der Jäger und Sammler – Gesellschaften enden auch die Ziele dieser Gesellschaften, denn unter den neuen Umständen machen sie keinen Sinn mehr. Das gleiche gilt für die von Kohle, Erdöl und Erdgas lebenden Gesellschaften.

    Wer den Grundgegensatz in den Gesellschaftsmodellen von Kapitalismus und Sozialismus sieht, der denkt nichts anderes als dass es in einer Gesellschaft um den Kampf um Macht geht, also um die Frage: Sollen Individuen mit günstigen Startumständen die Gesellschaft führen oder soll das Gemeinwohl den Ausschlag geben und sollen Menschen, die behaupten im Interesse des Gemeinwohls zu handeln, die Oberhand gewinnen. Sozialisten und Kommunisten sind sich aber darin einig, dass das wichtigste gesellschaftliche Ziel die Erarbeitung von Wohlstand ist. Die Kapitalisten wollen diesen Wohlstand vor allem für sich selbst, die Sozialisten aber für alle.

    Was nun ist die wirklichkeitsnaheste Sicht, wenn es um Gesellschaften und Ziele geht? Ich selber sehe das eher biologisch/evolutionär und meine, dass sich Gesellschaften ähnlich entwickeln wie biologische Arten und dass dabei Zufälle und evolutionäre Innovationen eine entscheidende Rolle spielen. Das heisst:
    1) warum soll es nicht ganz verschiedene Gesellschaften geben wie es verschiedene Arten gibt.
    2) Gesellschaften wollen sich wie Arten selbst am Leben erhalten. Doch gesellschaftlicher Fortschritt oder auch nur Weiterexistieren ist oft nur möglich wenn bestimmte Arten/Gesellschaften verschwinden und neue entstehen
    3) die Evolution kennt die Zukunft nicht. Vielmehr ist sie bereit für jede Zukunft solange die Bedingungen in einem gewissen lebensverträglichen Rahmen bleiben. Das gleiche gilt für menschliche Gesellschaften. Sie kennen die Zukunft nicht – nicht einmal, wenn sie die Zukunft selber schaffen. Nehmen wir einmal an, in naher Zukunft müsse man in den heutigen Industriegesellschaften nicht mehr arbeiten und es gebe dort und dann mehr Roboter als Menschen. Wir wissen noch gar nicht, was das für uns Nicht-Roboter bedeuten würde, denn es gibt viele Möglichkeiten wie folgende Alternativen zeigen:
    1) In der von Robotern bevölkerten Zukunft nehmen die Roboter die gleiche Stellung ein wie die Sklaven in der Antike
    2) In der von Robotern bevölkerten Zukunft bestimmen die Roboter über die Menschen
    3) In der von Robotern bevölkerten Zukunft gehören die Roboter den Mächtigen, die sich mit ihnen den Plebs vom Halse halten.

    Und nun kommt der mir wichtige Punkt: Warum soll es in Zukunft nur eine Gesellschaft geben, die einen dieser Alternativen wählt. Wenn doch Gesellschaften mit biologischen Arten zu vergleichen sind, dann kann es parallel meherere Gesellschaften geben und jede dieser Gesellschaften kann eine andere der oben aufgezählten Alternativen wählen.

    • @Martin Holzherr: Einschränkungen zum Bild einer möglichen pVielfalt der Gesellschaften.
      Alle menschlichen Gesellschaften teilen sich denselben Planeten. Und heute kann eine einzige Gesellschaft das Wohl aller anderen gefährden. Stellen wir uns etwa einen grossen Staat, eine grosse Gesellschaft vor, die weiterhin Kohle, Erdöl und Erdgas im grossen Massstab verbrennen will – gegen den Willen und das Interesse aller Anderen. Das muss und wird zu Konflikten führen.
      Die Globalisierung bedeutet auch, dass es nun viel mehr Berührungspunkte- und Konfliktpunkte zwischen Staaten, Kulturen und Gesellschaften gibt. Gesellschaften mit den Arten in der Biologie zu vergleichen wird unter diesen Umständen schwierig, denn die Umwelt in der sich die Gesellschaften bewegen ist weit weniger vielfältig und weit weniger gross als die natürliche Umwelt es für die Arten ist.

      Eine wirklich evolutive Auseinanderentwicklung menschlicher Gesellschaften ist vielleicht erst dann möglich, wenn menschliche Gesellschaften die Erde verlassen und die Menschheit eine multiplanetare Spezies wird.

  9. @Rudi Knoth

    Im politisch-sanktionierenden Wettbewerb (der Krieg mit “friedlichen” Mitteln) führt neben Geheimdiensten und Waffenhandel der Aktienmarkt den Krieg des Kapitals, was den “Sozialismus”, der mit Wettbewerb grundsätzlich nicht kompatibel ist, klein gehalten und scheinbar besiegt hat, denn die Chinesen, die der Kapitalismus in seiner Gier nicht richtig einschätzen konnte, hat das “Monopoly-Spiel” mit den ureigens-intriganten Methoden des Kapitals besiegt, so daß nun in naher Zukunft (Rückzahlung von Krediten und Inflation) die Frage nach wirklich-wahrhaftiger Kommunikation oder das Spiel “Mensch ärgere dich nicht” und eventuell Atomkrieg auf der Agenda steht!?

  10. Stochastische Prozesse und der Sieg des Neuen
    Wenn stochastische Prozesse nur Rauschen und Störsignale in einem ansonsten berechenbaren System sind, dann lassen sich die Störungen herausfiltrieren und ein Ω anstreben oder gar über optimierende Verfahren sehr schnell erreichen.

    Doch gerade das biologische Leben zeigt uns, dass aus stochastischen Prozessen, aus zufälligen Mutationen, auch etwas ganz Neues hervorgehen kann – etwas, was den Verlauf alles Weitere grundlegend verändert. Mit dem Auftauchen von immer mehr Sauerstoff in der Atmosphäre und im Meer vor 2.4 Milliarden beispielsweise wurde alles anders auf der Erde: erst dann wurde multizelluläres Leben möglich. Ohne solche alles verändernden, kaum voraussehbaren Prozesse, gäbe es nicht die Lebensformen, die es heute gibt.

    Und ist nicht auch die menschliche Kultur durch irreversible, alles bisherige umwälzende Ereignisse geprägt wie die agrarische, dann due industrielle und nun die digitale Revolution. Jedes Modell, das die Entwicklung der menschlichen Gesellschaften erfassen und gar optimieren will, müsste solche Revolutionen voraussehen. Denn selbst Gesellschaftsmodelle wie der Sozialismus sind nicht unabhängig vom Setting in dem man sich gerade befindet. Erst mit der Industriegesellschaft und dem Kapital, das nötig war um in die Produktivkräfte zu investieren ist das Gesellschaftsmodell Sozialismus überhaupt entstanden. Und es kann weitere Umwälzungen geben, die noch einmal ganz andere Gesellschaftsmodelle denkbar machen.

    Der Griff in die Wahlurne der möglichen Zukünfte
    Nick Bostrom hat die Hypothese der vulnerablen Welt aufgestellt, einer Welt in der weder der Einzelmensch noch der Durchschnittsmensch bestimmt wie es weitergeht, sondern der technologische Zufall. Jede neue Technologie, jede grundlegende neue Erfindung ist in diesem Modell nicht vorhersehbar – und noch weniger sind die Auswirkungen vorhersehbar. Zitat( übersetzt von DeepL):

    Eine Möglichkeit, die menschliche Kreativität zu betrachten, ist das Ziehen von Kugeln aus einer riesigen Urne.Die Kugeln stehen für mögliche Ideen, Entdeckungen, technische Erfindungen. Im Laufe der Geschichte haben wir sehr viele Kugeln herausgezogen – meist weiße (nützliche), aber auch verschiedene Grautöne (mäßig schädliche und gemischte Segnungen). Der kumulative Effekt auf das menschliche Dasein war bisher überwältigend positiv und könnte in Zukunft noch viel besser sein (Bostrom, 2008). Die Weltbevölkerung ist in den letzten zehntausend Jahren um etwa drei Größenordnungen gewachsen, und in den letzten beiden Jahrhunderten sind auch das Pro-Kopf-Einkommen, der Lebensstandard und die Lebenserwartung gestiegen.
    Was wir bisher nicht herausgeholt haben, ist eine schwarze Kugel: eine Technologie, die unweigerlich oder standardmäßig die Zivilisation zerstört, die sie erfindet. Der Grund dafür ist nicht, dass wir besonders vorsichtig oder weise in unserer Technologiepolitik waren. Wir haben einfach nur Glück gehabt.

    Was ist, wenn sich eine schwarze Kugel in der Urne befindet? Wenn die wissenschaftliche und technologische Forschung weitergeht, werden wir sie irgendwann erreichen und herausziehen. Unsere Zivilisation hat eine beachtliche Fähigkeit Bälle aufzuheben, aber keine Fähigkeit, sie wieder in die Urne zu legen. Wir können erfinden, aber wir können nicht un-erfinden. Unsere Strategie ist, zu hoffen, dass es keine schwarze Kugel gibt.

    Nick Bostrom frägt dann, was wohl geschehen wäre, wenn es ganz einfach wäre Atombomben zu bauen, wenn also selbst Terroristen eine Atombombe zusammenbasteln könnten. Und er kommt zum Schluss, dass dann unsere Gegenwart ganz anders aussehen würde. Und mächtige, zerstörerische Technologien, die selbst kleinen Forschungsgruppen zugänglich sind, sind in Zukunft sogar zu erwarten. Man denke nur an das Zusammenbasteln eines hochinfektiösen, tödlichen Virus – etwas was jetzt schon fast in Griffweite selbst eines Einzelforschers ist.

    Fazit: die bisherigen Menschenerfahrungen sprechen dagegen, dass die Welt und ihr zukünftiger Lauf vorausberechenbar ist. Allenfalls kann man gut abschätzen was die Menschen mit einer neuen Technologie alles anstellen werden. Aber man kann nicht abschätzen ob es eine solche neue Technologie bald geben wird. Die Zukunft ist offen und in wichtigen Teilen unbekannt. Auch das Ω ist unbekannt, wenn es es überhaupt gibt.

  11. Hier könnte ein Missverständnis vorgelegen haben :

    Und so gesehen drängt sich die Interpretation geradezu auf: „Strongest first“ ist der Kapitalismus, „Weakest first“ der Sozialismus, beides in Ausprägungen, die so krass bislang in keiner Gesellschaft realisiert sind.

    Der Sozialismus, insgesamt ist der Kollektivismus gemeint, sofern die Ausführungen hier korrekt verstanden worden sind, denkt in Gruppen, er ist auch gut darin Gruppen von Personen, Menschen sind gemeint, zu diskontieren, der Liberalismus (das Antonym zum Kollektivismus) kümmert sich sozusagen um jeden Einzelnen, er hat die Europäische Aufklärung stark bestimmt (die französische Linie der A. trug immer auch kollektivistisches Gut, korrekt) und neben sehr komplexer Liberaler Demokratie, die derart gemeinten Systeme sind komplex und waren nicht leicht aufzusetzen, auch die Menschenrechte entwickelt.

    Der Liberalismus ist um die Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz bemüht, erlaubt auch die Sich-Entfaltung, unternehmerisch, sozusagen zum Multimilliardär, ein “(Strongest) First”-Gedanke liegt ihm aber fern.
    So wie auch dem Kollektivismus nie der Gedanke des “Weakest-First” gekommen ist.

    Bezüglich dieses Text-Fragments rät Dr. Webbaer an :

    Keine Gesellschaft kann eine größere Überlebenswahrscheinlichkeit haben als die sozialistische, und keine kann ihre Mitglieder besser stellen als die kapitalistische. Nur ist diese mehr als alle anderen vom Aussterben bedroht, weil sie in Notzeiten sehr viele ihrer Mitglieder hinauswirft [Hervorhebung : Dr. Webbaer, kann nicht stimmen, diese Einschätzung, oder?] und ihr daraufhin vielleicht eine ungünstige zufällige Schwankung den Rest gibt.

    … nicht mit dem Begriff des ‘Kapitalismus’ zu hantieren, wenn Liberale Demokratie (versus u.a. Demokratischer Sozialismus) gemeint ist, die Marktwirtschaft mit oder ohne Attribut.
    Das Attribut ‘sozial’ hat sich aber durchgesetzt, der Ordoliberalismus hat sozusagen gewonnen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

    • Achso, es wurde auf einer Arbeit von F. Thomas Bruss herumgeritten, vermutlich war der Text für mich zu schlau, u.a. hier musste ich schmunzeln :

      Die nächste Modellannahme könnte schon etwas mehr Kopfschütteln erregen: „asexuelle Reproduktion“. Man mag den Menschen ja in Bezug auf Sex einiges nachsagen, aber wie die Bakterien treiben wir’s nun wirklich nicht. Dennoch: Die Annahme ist vollkommen unproblematisch.

      Klonen‘ ist denkbar, steht sozusagen vor der Tür, Dr. W regt an Frau Dr. Angela Dorothea Merkel tausendfach zu “klonen”, in Tierkörpern ausgetragen.
      Damit die Zukunft besser wird.

  12. Damit die Zukunft besser wird

    Das ist Der Spruch für die Menschheit im geistigen Stillstand seit der “Vertreibung aus dem Paradies”🤤🤣

  13. Stochastische Prozesse und der Sieg des Sozialismus

    Von Lev Landau stammt eine ganz banale Einsicht warum es mit dem Sozialismus am Ende wieder nicht klappt. Stochastik wendete er keine an. Seine Einsicht war immerhin so bedeutend, dass sich der KGB damit eingehend befasste und nach ganz oben berichtete:

    Talking of the policy of the Soviet government on this issue, he declared:
    “… They have decided to bespatter themselves with blood.
    … The people running our country are criminals.”

    When asked, “So the whole idea is flawed?” Landau replied, “Of course.”
    “I consider that as long as this system exists there will never be any hope of it leading to something decent. The very idea is comical. I’m not counting on it.

    https://bukovsky-archive.com/2016/07/01/19-december-1957-no-number/

    PS: Obwohl Landau unbehelligt blieb sollte man es besser nicht selbst ausprobieren. Wie das aktuelle Geschehen zeigt bestehen Risiken und Nebenwirkungen.

    • Die sowjetische Form des Sozialismus ist sowieso kompromittiert. Und das wohl auch für Immer-noch Anhänger von sozialistischen Ideen. Und die gibt es bis heute, ja sie kehren wie Phönix aus der Asche immer wieder zurück.

      Lange Zeit galt ja die US-Bevölkerung immun gegenüber sozialistischen Ideen. Bis dann der Gegenbeweis in Form der Bernie Sanders – Jünger kam.

      • Der hier gemeinte Kollektivismus lebte en gros davon :

        -> https://de.wikipedia.org/wiki/Roter_Terror

        -> https://de.wikipedia.org/wiki/Großer_Terror_(Sowjetunion)

        Die Ideenmengen waren im post-feudalistischen Russland fein gewählt, ihr Erfolg bestand letztlich in der Abwehr deutscher Aggression. [1]
        Hier darf, wie einige finden, auch geschichtswissenschaftlich vergleichend vorgegangen werden, wie bei Mao und China, das so zivilisiert und vor allem auch beherrscht werden konnte.
        Ohne Schrecken kann kein kollektivistisches Regime funktionieren.

        Mathematik, Stochastik, um so mit aufklärerischen Gesellschaftssystemen zu vergleichen suchen, mag Dr. Webbaer insofern nicht sonderlich.
        Weiß abär nicht. wie der dankenswerterweise von Herr Dr. Pöppe beigebrachte Text genau gemeint war,

        MFG
        WB

        [1]
        Stalin, “Uncle Joe”, war nicht schlechter als seine Praedecessoren, er hat Russland gerettet, die Nationalsozialisten hätten ansonsten großes Unheil angerichtet.
        In China wird insofern, falls Dr. Webbaer korrekt informiert ist, ähnlich relativiert, es wird zwischen dem “alten” Mao, der China zu vereinigen gewusst hat und soziale Standards hat durchsetzen können, und dem kulturrevolutionären Mao, der auch gerne mal Millionen Menschen verhungern ließ, ob einer Idee, unterschieden.

        Dr. W mag kollektivistisches Herrschen nicht, dies als Disclaimer.

      • @Holzherr

        Ja “kompromittiert”, so wie der christliche Sozialismus / wie das wirklich-wahrhaftige Christentum, wo man weiss, dass Gott Vernunft ist, und an den Sinn glaubt.😎

  14. Der Sozialismus ist wohl -wie die Religionen- eine Idee hinter der sich die Vorstellung von einer besseren Welt verbindet. Sobald diese Ideale gelebt werden sollen, sich der Mensch also ihrer annimmt, werden sie zur unrealen Doppelmoral und Heucheleien da Menschen wohl mehr Egoisten sind, also zuerst an die Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse denken. Die bessere Welt wird es kaum geben da der Mensch im Prinzip nie zufrieden ist, nicht mit der gegenwärtigen Welt und nicht mit sich . Im Prinzip wird er immer getrieben von der eigenen Gier und anderer Süchte und Triebe. Solange der Mensch diese bessere Welt über den Besitz materieller Werte definiert , wird der Kapitalismus dominieren .Die DDR wollte ihre Vorstellung vom “Sozialismus” über das Bewusstsein steuern was unreal war denn das “Bewusstsein” wird über das Geld gesteuert, also über den Besitz nach mehr und mehr…

  15. @Golzower

    Wenn man es ganz genau nimmt, dann hast Du grad ein Plädoyer gegen die Bildung / gegen die Wissenschaft erstellt.

    • Wenn man es ganz genau nimmt, dann hast Du grad ein Plädoyer gegen die Bildung / gegen die Wissenschaft erstellt.

      Welche Wissenschaft denn? Die des “wissenschaftlichen Sozialismus”, der wohl nicht so funktionierte?

      Gruß
      Rudi Knoth

      • Na die Wissenschaft die sich zuerst immer für Waffen und Profit einspannen läßt und sich an der wettbewerbsbedingten Symptomatik “Wer soll das bezahlen?” abarbeitet.

  16. Egal welche “Idee”, der zeitgeistlich-reformistische Kreislauf des imperialistisch-faschistischen Erbensystems hat bisher noch alles konfusioniert und in Unwahrheit assimiliert.

  17. Wir erleben mit der Klimaveränderung gerade, dass wir Menschen durch Überbevölkerung die eigenen Lebensgrundlagen zerstören.
    Rechenmodelle die nicht berücksichtigen dass alle Menschen Rohstoffe, Wasser und Nahrungsmittel benötigen – haben allenfalls akademischen Wert.

    • @KRichard

      Die üble Propaganda Überbevölkerung, trifft nur auf die sanktionisierend-wettbewerbsbedingte Symptomatik und ihre Profitler zu 😤😠😡

  18. Dr. Webbaer schrieb (27.05.2021, 09:31 o’clock)

    ( … und ich nehme das gerne auch als Kenntnisnahme bestehenden Klärungsbedarfes mit flotteren Mitteln …):

    > […] Scope, wie ein (idR ungenanntes) Verfallsdatum […]

    (Ergänzend weise ich auf https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCltigkeit#Gültigkeit_und_Gültigkeitsbereich hin …)
    (Mir fallen dazu auch die Begriffe “Bedingung” bzw. “Bedingtheit” ein …)

    Ja: Gültigkeits-Bedingungen können implizit gestellt werden (bzw. deren Überschreitung in Aussicht gestellt werden); z.B.

    – “bis zum Beweis des Gegenteils” (etwa hinsichtlich einer Unschuldsvermutung),

    – “bis er bricht” (hinsichtlich des sprichwörtlichen Studenten, der zum Zweck der Nahrungsaufnahme in die Mensa geht; oder auch hinsichtlich des womöglich noch sprichwörtlicheren Kruges, der zum Brunnen geht).

    Gültigkeits-Bedingungen können aber auch eher explizit gestellt werden; z.B.

    – “sofern die Versuchsanordnung begriffen und befolgt bzw. erfüllt wurde”.

    Die (Mess-)Methodik, durch deren Anwendung jeweils (operational definiert ist und) Fall für Fall überhaupt erst festgestellt werden soll, ob ein bestimmter “scope” eingehalten oder überschritten wurde, darf aber nicht wiederum den selben “scope” oder sogar einen “noch engeren scope” haben und voraussetzen;
    sondern mindestens “einen erweiterten scope”, und in letzter Konsequenz gar keinen “scope” (womit sie also unbedingt/absolut nachvollziehbar und gültig wäre).

    > Naturwissenschaft ist […] ergebnisoffen.

    Messung, also die Ermittlung jeweils eines Messwertes/Befundes, ist ergebnisoffen.
    (Und damit haben Erwartungen bzw. Vorhersagen bestimmter Messwerte/Befunde jeweils “impliziten scope” im obigen Sinne.)

    Die operationale Definition und die Auswahl der betreffenden Messgröße ist aber jeweils eine Festsetzung, die vor der Messung erfolgen muss (und zwar konsequent unbedingt) und an der auch nach Ermittlung jeweils eines Messwertes/Befundes festzuhalten ist (ebenfalls konsequent unbedingt).

    > dass (naturwissenschaftliche) Theorien beschreiben, erklären und die Prädiktion erlauben.

    Diese Charakterisierung akzeptiere ich nur mit Präzisierungen (Einschränkungen):
    Naturwissenschaftliche Theorien beschreiben jeweils, wie (durch Anwendung welcher nachvollziehbaren Messmethodik) Befunde jeweils ermittelt werden sollen;
    und ausschließlich dadurch und in diesem allgemeinen Sinne “erklären” sie (insbesondere die derart erhaltenen Befunde) bzw. “erlauben sie Prädiktion” (hinsichtlich irgendwelcher Werte aus dem Wertebereich der betreffenden Messgröße).

    Konkrete Beschreibungen (genau welche Messwerte/Befunde schon durch Anwendung der festgesetzten Messoperation ermittelt wurden) und konkrete Erwartungen bzw. Vorhersagen (genau welche Messwerte/Befunde durch Anwendung der festgesetzten Messoperation noch erhalten werden) werden dagegen als (naturwissenschaftliche) Modelle bezeichnet.

    (Und neben den Begriffen “festgesetzte Theorie/Messgrößen” und “gewähltes, ggf. bislang korroboriertes Modell” erscheint der Begriff “Erklärung” redundant.)

    Anstatt von “Theorie” könnte man jeweils auch vom “formal-wissenschaftlichen Kern einer bestimmten Naturwissenschaft” sprechen;
    und anstatt von “Modell” meinetwegen von deren “prüfbarer empirischer Ausprägung”.

    p.s.
    > […] gesellschaftlich idR […]

    Das Aufstellen von empirischen Regeln und von Vorhersagen, die sich als zuverlässig bzw. wett-sicher erweisen würden, ist schwierig —
    besonders wenn sie selbständig unberechenbar-kreative Agenten betreffen sollen, die miteinander im Wettbewerb stehen.

    • Howdy, Herr Dr. Wappler, hierzu :

      Anstatt von “Theorie” könnte man jeweils auch vom “formal-wissenschaftlichen Kern einer bestimmten Naturwissenschaft” sprechen;
      und anstatt von “Modell” meinetwegen von deren “prüfbarer empirischer Ausprägung”.

      Sie sind ja bekloppt, Autist, Dr. W hat im diesbezüglichen Umgang keine besonderen Probleme, konzentriert sich insofern auf Zitiertes :

      Theorie meint die Sicht, Theoretisierung die Sichtenbildung.
      Die Sicht des erkennenden Subjekts meint Erkenntnis (vs. “Wissen”) , es liegt naturwissenschaftlich, philosophisch sowieso, eine Veranstaltung

      Ganz genau.

      MFG
      WB

      • Dr. Webbaer schrieb (27.05.2021, 15:23 o’clock)

        ( … etwas weniger “flott” hätte gewiss auch gereicht …):

        > […]

        Eben:
        selbständig unberechenbar-kreative Agenten, die miteinander im Wettbewerb stehen.
        (Und die ihre jeweiligen Wettbewerbe ggf.-taktisch-kreativ jeweils auch HaufenHäufchen-weise kooperativ bestreiten mögen.)

    • Bonuskommentar hierzu :

      [….] dass (naturwissenschaftliche) Theorien beschreiben, erklären und die Prädiktion erlauben. [Zitat Dr. Webbaer, Ergänzung : Dr. Webbaer]
      Diese Charakterisierung akzeptiere ich nur mit Präzisierungen (Einschränkungen):
      Naturwissenschaftliche Theorien beschreiben jeweils, wie (durch Anwendung welcher nachvollziehbaren Messmethodik) Befunde jeweils ermittelt werden sollen[.]

      So funzt es, es ist so angelegt, auch Veranstaltung meinend,

      MFG
      WB

      • Dr. Webbaer schrieb (27.05.2021, 15:46 o’clock):
        > […] So funzt es […]

        Na, schön.

        Und wer diese funzenden Systeme aus

        – festgesetzten Definitionen von Messmethodiken,

        – den logischen Konsequenzen, die sich aus deren (begrifflichen) Zusammenhängen folgern lassen,

        und nicht zu vergessen

        – den (so gut wie) undefinierten Begriffen, die zur Formulierung der betreffenden Definitionen benutzt werden

        eben nicht “Theorien” nennen will,
        sollte sich dafür wenigstens ein anderes, noch nicht anderweitig benutztes Kurzwort einfallen lassen.

        • p.s.
          Ich dreh mir (uns ?) sogar das Wort “Sicht” zurecht:
          Nimm’s im Sinne von “Ausschau halten” bzw. “mal nachsehen”;
          nicht als “genau und konkret nur das, was man dabei gesehen hat (oder noch zu sehen erwartet)”.

  19. Gehen wir einmal das menschliche Zusammenleben von der anderen Seite an. Vom Staat.
    Das haben die englischen Philosophen gemacht und haben dabei das „Parlament“ entdeckt, das Parlament, das die Rechte des Königs durch das Parlament in der Form einer Verfassung beschränkt.
    Diese Gewaltenteilung hat sich weltweit bewährt.
    Auf dieser Grundlage kann man sich Gedanken machen . Gedanken, die die Machtverteilung zwischen Staat und Individuum betrifft.. Das ist auch schon geschehen in der Form von öffentlichem Recht und Privatrecht.

    In der arbeitsteiligen Gesellschaft gilt es jetzt das dritte Problem anzugehen, die Rechte zwischen den Arbeitern und Angestellten bezüglich den Kapitalgesellschaften in der verschärften Form , der internationalen Konzerne.

    Diese Aufgabe lässt sich nicht mehr auf nationaler Ebene befriedigend lösen, das geht nur noch in Staatenbünden, also der EU in unserem Falle.

    • @hwied (Zitat): In der arbeitsteiligen Gesellschaft gilt es jetzt das dritte Problem anzugehen, die Rechte zwischen den Arbeitern und Angestellten bezüglich den Kapitalgesellschaften in der verschärften Form , der internationalen Konzerne.

      Nein, das ist doch gar kein Problem, denn Konzerne und Firmen müssen sich egal ob sie national oder international agieren an die Gesetze des Landes halten, in dem sie ihre Niederlassungen haben.

      Wenn schon gibt es bei internationalen und bei grossen Konzernen ein anderes Problem, eines das sie nicht genannt haben: Sehr grosse Firmen haben allein über ihre Grösse eine Macht, die sie zu ihren Gunsten (und gegen die Interessen der kleineren Konkurrenten) ausnützen können und oft auch ausnützen. Und die Politik macht mit und bietet Grossfirmen beispielsweise Steuervergünstigungen, beschleunigte Zulassungsverfahren oder beschleunigte Baugenehmigungen, wenn sie sich dort niederlassen wo es die Politiker gerne hätten.

      Das widerspricht demokratischen Grundsätzen, wenn man Firmen als juristische Personen betrachtet, die mit gleichem Rechten ausgestattet sind unabhängig von ihrer Grösse.

  20. Martin Holzherr,
    Ihre Argumente sind richtig. Was jetzt das Arbeitsrecht betrifft, auch gegen das wird verstoßen beim Mindestlohn.
    Das Thema von Herrn Pöppe haben wir dabei noch gar nicht berührt.
    Es ist das gleiche Thema wie vor 100 Jahren, es geht um die soziale Verelendung der Unterschicht, die man staatlicherseits abfedern muss, wenn man die Unterschicht als Wählerreservoir erhalten will.
    Dafür einen Plan zu erarbeiten, das ist richtig. Ob das jetzt ein Computerprogramm sein muss, ein Parteiprogramm, oder ein radikaler Umbau in der Sozialgesetzgebung, darüber kann man nicht entscheiden, darüber entscheidet letztlich der Wähler.

    • @hwied(Zitat): es geht um die soziale Verelendung der Unterschicht, die man staatlicherseits abfedern muss, wenn man die Unterschicht als Wählerreservoir erhalten will.
      ?? Die „Unterschicht“ muss man nicht darum vor Verelendung bewahren, weil ihre Vertreter Wähler sind, sondern darum, weil sie Mitbürger und Einwohner des gleichen Landes sind.

      Ich behaupte: heute ist in allen westlichen Staaten, besonders aber in Europa, die Bereitschaft, Mitbürger vor dem Schlimmsten zu bewahren viel grösser als noch vor 70 oder gar 140 Jahren. Sogar Nachbarländern wird heute geholfen. Das war früher ganz anders. Bei der grossen Hungersnot in Irland 1845 bis 1849 verhungerten 1 Million Iren und 2 Millionen wanderten nach Amerika aus. Das Nachbarland Grossbritannien/England war überhaupt nicht betroffen und half den Iren trotzdem überhaupt nicht. Für die damaligen Engländer war das ein rein irisches Problem, das sie nichts anging.

      Heute leben wir in Europa im Vergleich dazu in einer völlig anderen Welt.

  21. Martin Holzherr,
    zum Thema Nächstenliebe.
    Zur Hungersnot in Irland muss man wissen, dass die Landlords Engländer waren. Irland war praktisch Besatzungsgebiet. Den Engländern war das nicht nur egal, es lag in ihrer Absicht, die menschenleeren Gebiete mit englischen Siedlern zu füllen, was ihnen in Ulster ja auch gelungen ist.
    Beispiel Deutschland, ganz konkret die Explosion der Mieten. Ganz konkret, der Aufkauf von Mietshäusern durch Kapitalgesellschaften.
    Die Duldung von Firmen, die keine Betriebsräte zulassen.
    Ganz konkret gibt es in kleinen Ortschaften , sogar bis 1000 Einwohner keine Lebensmittelläden mehr. Die Älteren ohne Auto, die werden alleingelassen.
    Die Nächstenliebe zeigt sich auch bei staatlichen Institutionen, die sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben. Vom Sozialamt müssen sich die Hartz4 Empfänger sagen lassen : Gehen Sie doch zur Tafel.
    In den Medien scheint ja Nächstenliebe hoch gehalten werden, bei den Spendenaktionen für bedürftige Familien. Welch ein Witz, das ist die Aufgabe des Sozialstaates Familien nicht bedürftig werden zu lassen.

  22. Also, erstens muß… ja, muß… der Terminus “Gesellschaft” gegen den Terminus “Gemeinschaft” ersetzt werden und dann nochmal die ganze Berechnung neu.
    Und man muß das Berechnungsmodel so konstruieren, das man es nicht missbrauchen kann. Was allerdings bei jedem Modell wohl unmöglich sei.

    Das Problem an “Gesellschaft” ist, das es eine zu “unbestimmte” Gruppe meint. Gesellschaft ist alles, was zu einem gegebenen Zeitpunkt eine vermeindlich gegebene Gruppe bildet. Gemeinschaft bezieht sich wirklich auf sich, Gesellschaft nicht, sondern, wie in den abstrakten Modellen, auf eine unbenannte Gruppe, zu der alle oder niemand dazugehören kann. Insofern sind solche Modelle, in denen unklar bleibt, wer dazugehört, ungeeignet. Weil: sie sind opportunistisch an der falschen Stelle. Niemand verstößt seinen Sohn, weil der nicht “funktioniert”, aber jeder würde irgendeinen Sohn verstoßen, wenn er nicht funktioniert (im System). Das in diesem System natürlich bidirektionale Wechselwirkungen stattfinden, die innerhalb Gemeinschaften besser wechselwirken, als innerhalb unpersönlicher Gesellschaften, sollte bedacht werden.

    Interessant und subtil ist, das hier der Vorteil des Sozialismus darin herrausgestellt wird, das er dem kapitalistischen System in einer Sache immer überlegen sein wird. Aber gleichzeitig wird erklärt, das dieses Model nicht dazu verwendet werden kann, um die “Wirklichkeit” hinreichend zu vorherzusagen, weil es die Wirklichkeit gar nicht genau genug erfasst.

    Das ist ein Einfallstor dazu, die Zustimmung derer zum Modell zu erschleichen, die dem Sozialismus zugeneigt sind, um dann, wenn die Zustimmung da ist, mit dem Model den anderen Weg, der möglich sei, konsequent durch zu ziehen.

    Was dann darauf hinausliefe, das es regelmäßig zu “Aussterbeereignissen” kommen wird (welche im Beitrag oben dann nach dem Modell ein wenig, aber faktisch unwirksam, abgemildert werden).

    Und da dieses System/Model sich nicht an Gemeinschaften, sondern an abstraken Gesellschaften orientiert, sind nie alle vom Aussterben betroffen.
    Und in der speziellen Szenerie der Zustimmungserschleichung derer, die dem Sozialismus zugeneigt sind, kann erwartet werden, das die es sind, welche aussterben. Anders ausgedrückt: Sozialisten sind Sozialisten, weil sie schwach sind (im kapitalistischen System) und deswegen werden sie auch in diesem Modellsystem aussterben.

    Und das ist das Kernproblem. Es ist beschleunigt Evolution, und nicht, wie es die eigendliche Funktion von Zivilisation sei: die Verlangsamung (oder völligees unwirksam machen) von Evolution.

    Und weil “Auswandern” als ein Ausweg für in Gesellschaften “Versagende” genannt wurde: Die notwendig zu erwartende Folge der Fortsetzung solcher Selektionsmechanismen erzeugt maximale Ungleichheiten auf globaler Ebene und… wiederum das Aussterben von Menschen, deren Eigenschaften und auch Humankapital oder Biopotenz. Und das allein wegen deren Dysfunktionalität in nach abtrakten Systemmodellen “betriebenen” Gesellschaften.

  23. Swen Romanski fragt: Wenn ich mit dem Modell von Bruss und Duerinckx eine Prognose erstellen wollte, wie lang sollte der Prognosezeitraum mindestens gewählt werden, damit der Diskretisierungsfehler (der sich aus der Annahme eines diskreten Generationenübergangs ergibt) nicht wesentlich zum Tragen kommt?

    Antwort: Aus den Veröffentlichungen von Bruss und Duerinckx geht eine Antwort auf Ihre Frage nicht hervor. Wenn ich deren Gedankengänge weiterzudenken versuche, komme ich auf “sehr lange”.
    Wie komme ich darauf? Es handelt sich um ein stochastisches Modell. Das bezieht die Unsicherheiten, die in jeder Prognose stecken, zwar mit ein, beschränkt sich aber eben auch auf Aussagen, die von diesen Unsicherheiten unabhängig sind. Da kommt dann zum Beispiel beim Roulettespielen eine Aussage heraus wie “Auf die Dauer gehst du mit Wahrscheinlichkeit 1 pleite”, aber schon über den Zeitraum bis zur Pleite gibt es kaum konkrete Aussagen. Entsprechend kann man das Bruss-Duerinckx-Modell zwar für eine Prognose nutzen, was passieren würde, wenn man ewig so weitermacht wie vorgeschlagen. Wann genau diese Folgen eintreten, ist wieder von diesen Zufällen abhängig.
    Etwas konkreter: Wir befinden uns zur Zeit in einem demographischen Übergang, der sich schon bald als Problem der Rentenfinanzierung dramatisch bemerkbar machen wird. Als Ursache könnte man im Bruss-Duerinckx-Modell ausmachen, dass sich der Parameter “Fruchtbarkeit” massiv nach unten verändert hat. Das in die Zukunft extrapoliert bedeutet “Die Deutschen sterben aus”. Für diesen Schluss kommt es nicht sonderlich darauf an, ob man die Generationenfolge diskret oder kontinuierlich behandelt. Meine persönliche Prognose: Das wird nicht passieren. Erstens wegen der Einwanderung, zweitens weil sich die Gesellschaft bemühen wird, das Aufziehen von Kindern finanziell weniger kostspielig zu machen. (Ja, die derzeitigen Bemühungen sind sehr zaghaft, aber ich erwarte, dass sie zunehmen werden, wenn das Problem hinreichend ins allgemeine Bewusstsein vorgedrungen ist.) Das würde dann heißen: Dadurch, dass das Bruss-Duerinckx-Modell (in diesem Fall tut’s auch schon ein weniger anspruchsvolles) eine Prognose erstellt, widerlegt es sich selbst, indem es Aktivitäten auslöst, die die befürchteten Folgen abwenden.
    Die Politik einer Gesellschaft unterliegt häufigen Revisionen — wesentlich häufiger als die Generationenfolge von, sagen wir, 30 Jahren. Also: Das Modell sagt voraus, was in einer sehr fernen Zukunft passieren könnte; dafür kommt es auf einen Fehler in der Größenordnung von 30 Jahren nicht an. Aber alle, sagen wir, vier Jahre ist sowieso ein neues Modell fällig.
    Die Antwort auf Ihre Frage ist also eher unbefriedigend. 1) “Weiß nicht genau”; 2) “Kommt auch nicht so genau drauf an”. Aber ich fürchte, so ist es.

  24. Christoph Pöppe schrieb (21.06.2021, 12:52 o’clock):
    > […] Dadurch, dass das Bruss-Duerinckx-Modell […] eine Prognose erstellt, widerlegt es sich selbst, indem es Aktivitäten auslöst, die die befürchteten Folgen abwenden.

    Dieser Auffassung von Widerlegung eines Modells ist entgegenzusetzen:
    Das Bruss-Duerinckx-Modell macht Prognosen, die (in relevanten Akteuren Befürchtungen vor dem Eintreffen dieser Prognosen und deshalb) Aktivitäten auslösen (bzw. Verhaltensweisen nahelegen), die das Eintreffen gegenteiliger, weniger befürchteter Prognosen erwarten lassen.

    Im Rahmen von Modellen, die prognostizierende Akteure einbeziehen, besteht also die Erwartung, dass das Bruss-Duerinckx-Modell falsche Prognosen macht (und sich folglich als falsch erweist).

    Widerlegen lässt sich eine Modell-Prognose allerdings nur durch Vergleich mit dem im entsprechenden Versuch eingetroffenen Sachverhalt (dem Messwert).

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