Wechseljahre und Gehirn

Die Periode ist für viele Frauen eine Phase im Monat, die mehr als nur nervig sein kann. Abgesehen davon, dass Frau unkontrolliert Blut verliert, können noch Kopfschmerzen, Unterleibsschmerzen, Stimmungsschwankungen, Brain Fog, Konzentrationsschwierigkeiten und noch viele weitere individuelle Symptome dazukommen und den Alltag einer Menstruierenden belasten.
Wenn die Tage der fruchtbaren Jahre gezählt sind, legt die Periode noch einen dramatischen Abgang hin: die Wechseljahre. Symptome wie Hitzewallungen, Migräne und poröser werdende Knochen sind wohl einigen Menschen bekannt.
Doch wie steht es um das Gehirn während dieser Veränderung? Wenn der ganze Körper umgestellt wird, dann auch das Gehirn, oder? Sind Frauen deshalb anfälliger für kognitive Krankheiten?

Hinweis: In diesem Artikel wird vereinfacht von Frauen mit Menstruation und Wechseljahren gesprochen, obwohl sich nicht jede Person mit Menstruation/Wechseljahren als Frau identifiziert.

Was sind die Wechseljahre?

Die Wechseljahre oder Menopause ist die Phase im Leben einer Frau, wenn der Eisprung und damit die Periode seltener, oder mindestens 12 Monate nicht mehr stattfindet und sie unfruchtbar wird. Bei den meisten Frauen passiert das Mitte der 40er bis Mitte 50er Jahre.
Die Eierstöcke produzieren in der fruchtbaren Phase die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron. Diese sind dafür zuständig den Körper auf eine Schwangerschaft vorzubereiten. Östrogen ist wichtig für die Fruchtbarkeit und Progesteron bereitet die Gebärmutterschleimhaut vor, sodass sich eine befruchtete Eizelle einnisten kann.
Wenn sich keine Eizelle einnistet, fällt der Spiegel der Sexualhormone ab und es kommt zur Menstruation.
Wenn die Wechseljahre einsetzen, verringern die Eierstöcke die Produktion der Hormone und der Eisprung wird seltener und dadurch auch die Menstruation. Irgendwann kommt es gar nicht mehr zur Regelblutung und die Frau kann nicht mehr auf natürlichem Wege schwanger werden. 

Auswirkungen auf das Gehirn

Während der Perimenopause, der frühen Phase der Wechseljahre, klagen etwa zwei Drittel der Frauen über häufigeres Vergessen und mentale Trübheit, auch als “Brain Fog” bekannt. Sie haben das Gefühl neue Informationen weniger gut aufnehmen und verwenden zu können
Progesteron ist das erste Hormon, welches in den Wechseljahren abfällt und welches im Zusammenhang mit Stimmungsschwankungen und Brain Fog steht.
Ein fallender Östrogenspiegel kann Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Verwirrung auslösen. Eine Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen Hitzewallungen und Erinnerung und fand heraus, dass Frauen mit häufigeren Hitzewallungen schlechter bei einem Test abschnitten, bei dem sie sich Worte merken sollten.
Wenn man im zunehmenden Alter mehr und mehr vergisst, kann die Angst vor Demenz aufkommen. Jedoch sind die Vergesslichkeit und Brain Fog nur temporär und verschwinden nach einiger Zeit von selbst.

Östrogen und Energie

Bei jungen Frauen ist Östrogen der Hauptregulator für den Transport von Glukose zur Energiegewinnung im Gehirn. Während der Wechseljahre fällt dieser Regulator zunehmend weg und kann zu oben genannten Beeinträchtigungen führen. Synapsenbildung benötigt Energie. Wenn diese jedoch weniger wird durch den sinkenden Östrogenspiegel und Glukosestoffwechsel, können auch weniger Verbindungen zwischen den Neuronen entstehen. Im Laufe der Zeit findet der Körper Wege den Glukosestoffwechsel ohne Östrogen zu meistern.
Natürlich darf man nicht vergessen, dass Frauen im mittleren Alter eventuell in einer besonderen oder stressigen Lebenssituation befinden, die sich auf das Gedächtnis und Aufmerksamkeit auswirken können. Zum Beispiel ziehen die Kinder gerade aus oder die Eltern werden pflegebedürftig. Diese Umstände können sich allein oder zusätzlich auf die kognitiven Leistungen auswirken.

Alzheimer

Je älter man wird, desto höher steigt das Risiko an Alzheimer zu erkranken. Nicht nur das Alter ist ein Risikofaktor, auch das Geschlecht erhöht das Risiko. Frauen erkranken häufiger an dieser Form der Demenz als Männer. Aber warum ist das so?
Eine Hypothese versucht eine Antwort zu geben: die Menopausen-Hypothese. Demzufolge sind Gehirne in der Menopause anfälliger für Schäden. Östrogen steuert Mitochondrien, und somit den Energiehaushalt in den Nervenzellen und die Verbindung zwischen den Neuronen. Zudem wird der Glukosetransport vom Blut ins Gehirn durch Östrogen erleichtert.
Wenn durch geringeren Östrogenspiegel ein Energiedefizit eintritt, sucht sich das Gehirn eine andere Energiequelle. Eine alternative Energiequelle sind Ketonkörper. Diese bestehen  aus Fettsäuren und können zu Energie umgewandelt werden. Die Myelinschicht um Neuronen und die weiße Substanz wird aus diesen Fettsäuren gebildet.
Anscheinend geschieht dieser Abbau von Ketonkörpern auch bei älteren Frauen.
Beta-Amyloid Plaques sind Ablagerungen im Gehirn, die charakteristisch für Alzheimer sind. Man geht davon aus, dass sie der Hauptgrund dafür sind, warum Neuronen im Alzheimer-Gehirn zu Grunde gehen. Sie stören die Übertragung von Signalen zwischen den Neuronen. Diese Plaques können unter Umständen auch durch ein Energiedefizit ausgelöst werden.
Es schient schwierig diese Hypothesen mit Studien zu untermauern. Die Wechseljahre sind ein eher menschliches Phänomen, welches in der Tierwelt selten vorkommt. Deswegen ist es schwierig ein Tiermodell zu finden, an dem man gut zu diesem Thema forschen kann.

Hilft Hormontherpie?

Verschiedene Studien sollten untersuchen, ob Hormontherapie die Symptome von Hormontherapie lindern kann. Jedoch wurden diese vorzeitig abgebrochen. Die Teilnehmerinnen hatten in einer Studie ein erhöhtes Risiko an invasivem Brustkrebs zu erkranken, wenn sie in den Wechseljahren Östrogen- und Progesteronpräparate einnahmen. Eine spätere Studie, die sich lediglich auf Östrogenpräparate konzentrierte, wurde ebenfalls früher beendet, weil das Schlaganfallrisiko stark erhöht war. Kritikerinnen und Kritiker weisen darauf hin, die hohe Dosis an synthetischen Hormonen, die lange Dauer der Einnahme und das hohe Alter der Teilnehmerinnen würden zu diesen Ergebnissen beitragen. Zudem betrifft diese Gruppe an Studienteilnehmerinnen nicht die Zielgruppe der Frauen in den frühen Wechseljahren mit eben starker Symptomatik.
Ob eine Hormontherapie Alzheimer vorbeugen kann, ist noch nicht belegt.

Fazit

Wenn die Periode Abschied nimmt, hat das zahlreiche Konsequenzen. Durch den fallenden Hormonspiegel, kann es zu Veränderungen im Gehirn kommen. Ein wichtiger Faktor ist dabei, dass der Energiehaushalt sich verändert. Der Körper muss neue Quellen suchen, um das Defizit auszugleichen. Das benötigt jedoch einige Zeit und kann eventuell Schäden hinterlassen.
Folgen sind zum Beispiel temporäre Vergesslichkeit und Brain Fog. Möglicherweise steht das erhöhte Alzeheimer-Risiko bei Frauen mit fallendem Östrogenspiegel in Verbindung.
Ob einer Hormontherapie helfen kann, ist noch nicht abschließend geklärt.

Referenzen

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Menopause brain: the inability to think clearly is not ‘all in your mind’ | Menopause | The Guardian. (n.d.). Retrieved May 26, 2023, from https://www.theguardian.com/society/2021/oct/10/menopause-brain-the-inability-to-think-clearly-is-not-all-in-your-mind

Menopause und Alzheimer: Wie hängen Wechseljahre und Demenz zusammen? – Spektrum der Wissenschaft. (n.d.). Retrieved June 4, 2023, from https://www.spektrum.de/news/menopause-und-alzheimer-wie-haengen-wechseljahre-und-demenz-zusammen/1722972

Mosconi, L., Berti, V., Dyke, J., Schelbaum, E., Jett, S., Loughlin, L., Jang, G., Rahman, A., Hristov, H., Pahlajani, S., Andrews, R., Matthews, D., Etingin, O., Ganzer, C., de Leon, M., Isaacson, R., & Brinton, R. D. (2021). Menopause impacts human brain structure, connectivity, energy metabolism, and amyloid-beta deposition. Scientific Reports, 11(1), 10867. https://doi.org/10.1038/S41598-021-90084-Y

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Mein Name ist Ina Mayländer und studiere zurzeit Neurowissenschaften im Masterprogramm an der Universität zu Köln. Während meines Bachelorstudiums der Biowissenschaften in Heidelberg, habe ich meine Begeisterung für das Gehirn finden dürfen. Ich möchte das Geschehen in der Wissenschaft um das hoch komplexe Organ verständlich an interessierte Leser weitergeben.

2 Kommentare

  1. Howdy, sup !

    Hier – ‘Hinweis: In diesem Artikel wird vereinfacht von Frauen mit Menstruation und Wechseljahren gesprochen, obwohl sich nicht jede Person mit Menstruation/Wechseljahren als Frau identifiziert.’ – könnte auch schlicht von Frauen im biologischen Sinne geredet und geschrieben werden, auch sind Kritiker, streng genommen, nicht explizit männlich, das Genus meint nicht den Sexus.
    Und statt “Alzeheimer-Risiko” ginge auch ‘Alzheimer-Risiko’.
    Wobei “Alzheimer” ein vglw. gnädiger Tod sein könnte. wenn eben verglichen wird.

    Vielen Dank für Ihre Nachrichten, werte Frau Ina Mayländer, Dr. W “scannt” so gerne, lernt hinzu.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

  2. Der Artikel beleuchtet anschaulich die Auswirkungen der Wechseljahre auf das Gehirn und liefert wertvolle Einblicke in diesen wichtigen Lebensabschnitt, der oft unterschätzt wird. Eine informative und ermutigende Lektüre für Frauen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen.

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