Unter Zwang – Zwangsstörungen

Wasserhahn auf, Hände gut einseifen und wieder abwaschen. Wasserhahn auf, Hände gut einseifen und wieder abwaschen. Wasserhahn auf… Immer und immer wieder.
Etwa 1-3% der Menschen leiden unter Zwangsstörungen. Sie verspüren den Drang, mehrmals hintereinander das Gleiche zu tun oder zu denken.
Was genau passiert im Gehirn und wie kann diesen Menschen geholfen werden?

Was ist eine Zwangsstörung?

Die Zwangsstörung oder im Englischen: Obsessive Compulsive Disorder (OCD) ist eine chronische Störung. Der englische Begriff beschreibt das Krankheitsbild etwas treffender: Obsession (engl. Besessenheit) sind sich wiederholende Gedanken oder ein Drang. Typische Symptome können die Angst vor Keimen oder Ansteckung sein oder Abneigung gegenüber Asymmetrie jeglicher Art.
Compulsions (engl. Zwänge) sind sich wiederholende Handlungen, resultierend aus obsessiven Gedanken. Eine Person verspürt beispielsweise den Drang, sich ständig die Hände zu waschen oder Gegenstände in eine ganz bestimmte Art und Weise perfekt auszurichten.

Frauen und Männer durch alle gesellschaftlichen Schichten können gleichermaßen davon betroffen sein. Meistens tritt eine Zwangsstörung in jungen Jahren auf, also im Kindesalter oder als Teenager.
Neben den Zwangshandlungen leiden Betroffene meist auch unter Begleiterkrankungen. Das können beispielsweise Angststörungen sein oder emotionale Erkrankungen, wie Depressionen.
Sowohl die Zwangsstörung selbst, als auch die Komorbiditäten können die Betreffenden sehr in ihrem Alltag behindern.

Was passiert dabei im Gehirn?

Die Gründe, warum Menschen eine Zwangsstörung haben oder entwickeln werden noch immer untersucht. Eine Hypothese deutet auf Veränderungen im Cortico-Stratio-Thalamo-Corticalen (CSTC) Netzwerk im Gehirn hin. Dieses Netzwerk beschreibt die Verbindung zwischen Cortex (Hirnrinde) und Subcortikale Strukturen (hier Basalganglien), welches an verschiedenen Prozessen beteiligt ist, wie motorischen, kognitiven und emotionalen Prozessen. Dazu gehören beispielsweise Entscheidungsfindung, zielgerichtete Handlungen und Impulskontrolle.
Studien weisen darauf hin, dass das CSTC Netzwerk in OCD Patientinnen und Patienten hyperaktiv ist, was zu typischen Symptomen einer Zwangsstörung führt, wie Impulsivität und das „nicht-sein-lassen“ von Handlungen.
Auch können Tumore im Bereich der Basalganglien zu OCD führen.

Glutamat, Serotonin und Dopamin sind einige der wichtigsten Neurotransmitter im CSTC Netzwerk.
Eine weitere Veränderung die mit OCD in Verbindung gebracht wird, ist ein Ungleichgewicht von diesen Neurotransmittern.

Behandlung

Eine vorhandene Zwangsstörung sollte früh erkannt und behandelt werden. Dadurch kann eine Chronifizierungen, also eine längerfristige Erkrankungen, vermieden werden.
Als wichtiger Schritt wird eine kognitive Verhaltenstherapie empfohlen. Dabei sollen Patientinnen und Patienten ihre zwanghaften Denkmuster erkennen und verändern. Eine andere wichtige Technik der Verhaltenstherapie ist die Konfrontation mit einem Reiz und die darauffolgende Verhinderung der Reaktion. Wenn die Therapie jedoch nicht ausreichend wirkt, können auch Medikamente verschrieben werden.
Auch wenn OCD nicht heilbar ist, kann eine Verbesserung erzielt werden und somit der Leidensdruck der Betroffenen vermindert.
Wenn Patientinnen und Patienten nur schlecht auf Therapie und Medikamente ansprechen, kann auch die Tiefenhirnstimulation (DBS) zum Einsatz kommen, um die Zwänge zu reduzieren.

Referenzen

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Mein Name ist Ina Mayländer und studiere zurzeit Neurowissenschaften im Masterprogramm an der Universität zu Köln. Während meines Bachelorstudiums der Biowissenschaften in Heidelberg, habe ich meine Begeisterung für das Gehirn finden dürfen. Ich möchte das Geschehen in der Wissenschaft um das hoch komplexe Organ verständlich an interessierte Leser weitergeben.

2 Kommentare

  1. 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung leidet unter Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen. Das überrascht mich eigentlich am meisten: die Häufigkeit von ernsthaften psychischen Störungen in der Bevölkerung:
    – Mindestens eine Episode schwerer Depression USA: 8%
    – Mindestens eine Episode von Schizophrenie USA: 0.25 – 0.64 %
    – chronische Migraine (>= 15 Mal pro Monat) USA: 3-5%
    – Zwangsgedanken/Zwangshandlungen USA 1-2%

    Die eben genannten schweren psychischen Erkrankungen tauchen meist schon in der Jugend auf. Dazu kommt dann im Alter die senile Demenz (Alzheimer). Je älter jemand wird, desto grösser die Wahrscheinlichkeit, dass er Alzheimer entwickelt. Und Menschen werden in entwickelten Ländern ja immer älter.

    Was tun? Wir sollten alles tun um schwere psychische Krankheiten sich gar nie entwickeln zu lassen und sie wenn entdeckt möglichst früh fachgerecht behandeln. Denn weniges schränkt die Lebensqualität mehr ein als eine schwere psychische Störung.

  2. Das Gehirn (das Interface für Energien der Bewusstseinsentwicklung) ist nicht geschaffen für eine “individualbewusste” Intellektualität in/zu wettbewerbsbedingt-materialistischer “Absicherung” – Die Inkompatibelität ist mit der Internet-Kommunikation bewiesen, aber besonders durch die mathematisch-physikalischen Berechnungen, die uns und unser UNIVERSUM als höchstwahrscheinlich HOLOGRAPHISCHES ausweisen (nur die Schwarzen Löcher verhindern noch die letztendliche Bestätigung), deuten darauf, daß unsere illusionäre Ausrichtung falsch, bzw. immernoch instinktiv gesteuert ist.

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